ICOM Comic!-Jahrbuch 2019

Hrsg: Burkhard Ihme

Interessenverband Comic e. V. ICOM

Din A4 | 256Seiten | Farbe | 15,25 €

ISBN: 978-3-88834-949-2

cover ComicJahrbuch 2019

Schon zum 19-ten Mal bringt der ICOM sein Jahrbuch heraus und es ist wieder vollgepackt mit Artikeln über die deutsche Independent-Szene!

Der Interessenverband Comic, Cartoon, Illustration und Trickfilm e.V. ICOM existiert bereits seit 1981 und bemüht sich darum, Zeichner*innen und Autor*innen ein Forum für Meinungs- und Informationsaustausch zu bieten um dadurch ihre berufliche Situation zu verbessern. Der ICOM ist anerkannter Berufsfachverband und bietet für seine Mitglieder nicht nur Infos sondern auch konkrete Beratung und Hilfestellung. Ein Baustein dabei ist das Jahrbuch, das gleichzeitig auch als Werbung nach Außen dient und die sonst eher nicht im Rampenlicht stehende Independent-Szene präsentiert.

Das diesjährige Jahrbuch hat einen ungeplanten Schwerpunkt da es insbesondere in Erlangen auf dem Salon eine Kontroverse um die Besetzungder Jury für den 25. ICOM Independent Comic-Preis gab. Ein Jurymitglied bemängelte die Zusammensetzung als nicht divers genug und bezog sich explizit auf das Verhältnis von Männern und Frauen. In der Auseinandersetzung mit demVorwurf beschäftigen sich einige Artikel mit diesem Vorwurf aus persönlicher aber auch allgemeiner Sichtweise: Beschränkt sich der Vorwurf auf das Verhältnis Mann/Frau oder greift das zu kurz da auch sexuelle Orientierung, Hautfarbe, Alter, Religion und weitere Kriterien zu berücksichtigen sein. Zudem scheint auch die Möglichkeit genügend Zeit investieren zu können ein nicht zuunterschätzender Faktor zu sein. Möge sich jede*r selbst eine Meinung dazubilden. Meiner Meinung nach ist diese Diskussion wichtig, sollte aber sachlich geführt werden…

Comic-Jahrbuch 2019 page 173

Einen weiteren Schwerpunkt bieten die diesjährigen Preisträger*innen, dient diese Publikation doch auch dazu, die Gewinner*innen der Öffentlichkeit vorzustellen und ihre Fähigkeiten herauszustellen. Natürlich gibt es eine Übersicht der Nominierten und die jeweiligen Gewinner*innen der Sparten „Bester Independent-Comic“, „Bester Kurzcomic“, „Herausragendes Szenario“, „Herausragendes Artwork“, 2 Sonderpreise und beste*r Newcomer*in.  Es werden aber auch Interviews mit den Preisträger*innen unterstützt durch eine Vielzahl von Beispielen der jeweiligen Arbeiten und Aus- und Einblicke in die jeweiligen Portfolios gegeben. Alle Beiträge stehen unter der Leitlinie, dass es hier nicht um Stars geht sondern um Aktive, die keinesfalls im Scheinwerferlicht der Medien oder des Feuilletons stehen. Nebenbei kommt aber auch immer wieder ein wenig Stolz zum Vorschein wenn es darum geht, dass der eine oder die andere in einer Independent-Veröffentlichung ihre ersten Schritte gemacht haben und sich dann zum erfolgreichen Mainstream „hoch-“ oder besser weiterentwickelt haben. In allen Beiträgen geht es aber auch darum, ob und wie sich die jeweiligen zu dem Konflikt verhalten haben und warum.

Auch der Artikel über die holländische Szene hat ein politisches Thema als Ausgangspunkt: Ist der Umgang mit de zwarte Piet, dem Sidekick für den holländischen Santa, noch zeitgemäß oder rassistisch konnotiert?

Dieser Teil ist sicherlich in der aktuellen Sekundärliteratur in Deutschland einzigartig. Nirgendwo sonst wird das Thema„Comic“ mit dieser politischen Herangehensweise gesehen. Immer wieder spielen Rassismus (beim Thema Flüchtlinge/Migration oder auch Sklaverei), Sexismus (ja,auch ohne #metoo ein Thema!) oder Kapitalismus eine Rolle, nirgendwo aber miteiner solchen Schärfe und Diskussionstiefe, die an die 80er Jahre erinnert.

ComicJahrbuch 2019 page 28

Daneben (und eigentlich wohl im Vordergrund geplant) gibt es eine Reihe von Artikeln über die aktuelle Independent-Szene aus verschiedenen Blickwinkeln: Welche Arbeitsmittel werden benutzt?, Wo kommen die Ideen her?, Sind Web-Comic-Erfolge auf Print-Ausgaben übertragbar?, Wieviel Arbeitszeit mit anderen Dingen brauche ich, um mir Arbeitszeit mit Comics leisten zu können? Nicht nur für Szenebeteiligte aufschlussreich und unbedingt lesenswert! Oft erwähnt und mittlerweile für alle bekannt ist, dass man in Deutschland nur sehr schwer vom Comic-Zeichnen leben kann. Was das aber konkret bedeutet lässt sich hier wieder einmal anschaulich in konkreten Beispielen erfahren.

Spannend finde ich das Interview mit Eckart Sackmann über Die Deutsche Comicforschung daseinerseits die Verdienste der letzten Jahre würdigt, andererseits  aber auch die Probleme (der heutigen Zeit?)mit tiefgründiger Recherche und Analyse beschreibt. Wie viele Autor*innenwollen noch so tief einsteigen und sich wissenschaftlich mit einem Themabeschäftigen wenn es doch auch mit wenigen Zeichen möglich ist? Nebenbei äußerter sich auch über die Zukunft seines Verlages der im Auslaufen begriffen ist.Weitere Artikel des Bereiches „Verlage und Literatur“ beschäftigen sich mit demThema der Definition „Comic“, italienischer Comic-Kunst oder dem Jubiläum des Zwerchfell-Verlages.

Hilfreich ist sicherlich die Ankündigung der Neuauflage des ICOM-Ratgebers „Honorare, Verträge, Urheberrecht“ von Christof Ruoss, Frank Pfeiffer und RA Martin Boden, die schon in ihrer Kurzform nützliche Informationen liefert. Gerade für„nebenbei“ Tätige oder Neulinge ist das einer der Fallstricke, der sehr teuer werden kann. Dazu gibt es Einblicke in verschiedene Geschäftsmodelle, Versicherungen und Berufsverbände! (ISBN 978-3-88834-924-9; 208 Seiten; 20,-€)

ComicJahrbch 2019 page 230

Mit diesen Preis überhaupt keine Frage: Auch wenn Teile des Inhalts sicherlich nicht für jede*n von Interesse sind, bietet das Jahrbuch für alle, die mehr wollen als bunte Bilder zu konsumieren, genügend Lesestoff, Einblicke mit vielfältigen schwarzweißen oder farbigen Illustrationen in die aktuelle Szene und Hilfestellungen und sollte daher in keinem Bücherschrank fehlen.

Dazu passt No Respect – Excuse my smile am besten! Unterstützung bietet ein Rotwein (und wem hierzu ein alter Spontispruch einfällt sei gegrüßt!), gerne auch vegan. Für die Infoteile und die Interviews wäre auch ein starker fairgehandelter Kaffee nicht zu verachten.

© 2018 Interessenverband Comic e. V. ICOM 2018

© der Abbildungen bei den Verlagen, Zeichnern, Autoren und Fotographen

StripGlossy 10 – September 2018

Herausgeber: Mirjam van der Kaaden & Seb van der Kaaden

Verlag StripGlossy Personalia vof
Heft Din A 4 | 132 Seiten | Farbe | 8,95 €
ISSN: N/A

cover StripGlossy 10

Die aktuelle Ausgabe der StripGlossy aus Leens/Groningen widmet sich im Schwerpunkt den Comics Herr Bommel und Tom Poes, ursprünglich von dem 2005 verstorbenen Marten Toonder erdacht und gezeichnet. Obwohl in Deutschland kaum bekannt ist Herr Bommel neben Suske en Wiske und Nero einer der bedeutendsten Dauerbrenner bei unseren Nachbarn.

Natürlich werden Comics schon seit langem nicht mehr in halb anonymen Studios ausgefertigt und so stehen auch die Akteure der Bände im Vordergrund. Den Anfang macht Henrieke Goorhuis, die erste weibliche Bommelzeichnerin überhaupt. Obwohl erst 28 Jahre alt hat sie schon eine beindruckende Anzahl an Beiträgen für Bommel und Tom Poes, Donald Duck und Woezel en Pip abgeliefert. Einiges davon und auch ihr bereits 2012 erschienener Strip über Überlebensstrategien im Dschungel sind in dieser Folge nachzulesen. Ihre erste Donald Duck Seite von 2009 beweist eindrücklich ihre Fähigkeit, eine Geschichte auch ohne Worte erzählen zu können da der Text nicht mit angedruckt worden ist, alle den cholerischen Donald ausmachenden Elemente aber vorhanden sind. So ist es auch kein Wunder, dass das Interview mit ihr unter der Rubrik Icoon, also Ikonen der niederländischen Comickunst eingereiht worden ist. In einem weiteren Beitrag dürfen die aktuellen Bommel-Zeichner*innen Henrieke Goorhuis, Will Raymakers und Tim Artz ihre jeweiligen Kolleg*innen beschreiben und jeweils mit einer Zeichnung vervollständigen. Eine meines Erachtens sehr persönliche Herangehensweise an das Thema die Spaß macht und dem Leser seltene Einblicke bietet.

Was wäre eine niederländisch-sprachige Serie ohne Daan Jippes und so folgt ein Werkstattbericht der Zusammenarbeit der Beiden.

StripGlossy 10 page 33

Weitere Ausschnitte aus der reichhaltigen Welt dieses Klassikers bieten Arbeiten von Straatman/Artz, Valkema, Strickwerda, van Herpen und Raymakers. Mehr Überblick geht nicht und so ist diese Schwerpunktnummer insbesondere für deutsche Leser*innen, die einen Einblick bekommen möchten, wärmstens zu empfehlen!

Aber auch sonst bietet das Heft einiges an Comics: De Generaal hat seinen Auftritt, De Lijn und De Meimoorden werden fortgesetzt und Dick Matena und Daan Jippes dürfen auch jeweils eine Kurzgeschichte beisteuern.

Detail StripGlossy 10 page 59

Das Strip Battle steht dieses Mal ganz unter dem Eindruck von Halloween: Dim Junius und Dimitri Jansma dürfen auf jeweils einer Seite ihr – beachtliches – Können beweisen und buhlen auf www.stripglossy.nl/stripbattle um Stimmen. Der Gewinner darf dann ein Jahr lang in StripGlossy publizieren. Wie schon erwähnt ist das eine Supersache für noch nicht soo bekannte Künstler*innen und kann nicht oft genug gelobt werden!

Was wäre die niederländische Comicliteratur ohne „Storm“ von Don Lawrence? In seinem Stil gezeichnet ist die neue Serie „Saul“ von Willem Ritstier und Apri Kusbiantoro deren zweiter Band hier zum Vorabdruck kommt. Es gibt übrigens auch gerade ein Promopaket mit dem ersten Band von Saul und einer älteren StripGlossy-Nummer.

StripGlossy 10 page 100

Die Redaktion möchte aber nicht nur unterhalten und stellt daher das Projekt „Verhalen van Vrouwen“ vor. Hier geht es um allerlei Arten von Gewalt gegen Frauen und zeichnerische Annäherungen daran. Das Projekt beinhaltet insgesamt Einsichten von 23 Frauen. Zum Abdruck kommen hier zwei Arbeiten der belgischen Zeichnerin Kim Duchateau, einmal getextet von Stijn Schenk. Für Schenk ist es bereits das zweite durch ihn editorisch betreute thematische Projekt nach „Mensen“, einer beachtenswerten Zusammenstellung mit dem Thema ADHS von jungen Menschen, das von der Stichting In Lijn und dem Dolhuys | museum van de geest herausgegeben worden ist. Restexemplare sind möglicherweise noch über die Stiftung erhältlich.

Abgerundet wird das Ganze wieder mit News, Verkaufscharts und Werbung nicht nur für die großen Verlage. Für alle, die einen Überblick über die aktuelle Szene unserer westlichen Nachbarn haben möchten, ein Muss.

Dazu passt klassischer holländischer Ska von Mark Foggo und ein typisch niederländisches Cassis.

Abbildungen © 2018 StripGlossy / Personalia vof

StripGlossy 9 – Juni 2018

Herausgeber: Mirjam van der Kaaden & Seb van der Kaaden

Verlag StripGlossy Personalia vof
Heft Din A 4 | 132 Seiten | Farbe | 8,95 €
ISSN: N/A

Schon im dritten Jahr erscheint bei unseren Nachbarn in Leens/Groningen das Magazin StripGlossy, dass sich der niederländisch-sprachigen Comic Kultur verschrieben hat. Alle drei Monate erscheint ein neues Heft mit einem externen Schwerpunktredakteur und einem ansprechenden Mix aus Comicbeiträgen und Artikeln bzw. Interviews. Für alle, die den Überblick über die Entwicklungen in diesem Markt behalten oder gewinnen wollen ist StripGlossy wegen der Vielfalt der Themen  eine gute Möglichkeit. Einen ersten Einblick bietet die Webseite www.stripglossy.nl. Der Titel leitet sich aus dem niederländischen Wort für Comics „Strip“ und dem verwendeten „glossy“ Papier ab. Natürlich sind alle Texte in Niederländisch verfasst. Während die gesprochen Sprache durchaus schwer zu verstehen ist erschließt sich der Inhalt beim Lesen ganz gut, wenn man des Englischen und des Plattdeutschen oder Kölschen Dialekts mächtig ist.

Bild Seite 41

StripGlossy ist in den Niederlanden fast überall im Zeitschriftenhandel und in Comicläden erhältlich und kann auch in Deutschland abonniert werden.

Viele niederländische Werke sind mittlerweile auch in Deutschland erhältlich. Das betrifft nicht nur die Disney-Zeichner (Daan Jippes zum Beispiel) sondern auch Serien wie Rhonda (im ZACK) oder Storm und Agent 327 (bei Splitter) um von Klassikern wie dem General gar nicht zu reden. Trotzdem gibt es dort viel mehr zu entdecken!

Comix-online möchte den Blick über die Landesgrenzen nie verlieren und deshalb werde ich auch weiterhin immer mal wieder einen Hinweis auf lesenswerte Veröffentlichungen aus den Niederlanden geben. StripGlossy gehört definitiv dazu!

Die aktuelle Ausgabe wurde von Fred de Heij betreut und enthält teilweise expliziten Content. Im Vorwort erklären die Herausgeber, dass sie die Leser*innen nicht zwingen möchten, diesen Teil (es handelt sich um sechs Seiten) zu lesen/anzusehen. Deshalb sind die entsprechenden Seiten versiegelt und müssen nicht geöffnet werden. Trotzdem enthält das Cover den Hinweis, dass diese Ausgabe für 18+ empfohlen wird. Auch das Titelbild selber spielt mit diesem Thema da es temperaturabhängige Schwärzungen enthält. Den Herausgebern war vermutlich nicht in den Sinn gekommen, dass die Temperaturen dieses Sommers  grundsätzlich den Effekt auslösen werden. Mensch sollte sich davon aber nicht abschrecken lassen, die übrigen 126 Seiten sind von dieser Klassifizierung nicht betroffen.

Bild Seite 23

Die aktuelle Ausgabe stellt zunächst Fred de Heij mit der bekannten Technik des Fragebogens und zwei Beispielen seines Schaffens vor; handelt es sich bei Pulpman  um eine eher karikatureske Version eines Clowns ist De Overval ein klassischer Western. Beide Werke sind meines Wissens nach nicht auf Deutsch erhältlich. Daran anschließend wird ein Frühwerk von Dick MatenaFinn – abgedruckt. Im späteren Verlauf ist daraus Flynn geworden. Während Elemente der späteren Serie schon durchaus zu erkennen sind, ist der Bezug auf den klassischen Pulp, der als Inspiration diente, hier noch sehr deutlich zu erkennen.

Die Seiten von Ger Apeldoorn und Luca Salvagno bieten dagegen einen ersten Einblick in die  brandneue Serie De Jongens van de Witt die im sogenannten „goldenen Zeitalter“ spielt. Die Niederlande sind zwar sehr stolz auf diese Zeit, erlauben aber auch eine durchaus despektierliche Sicht! Weitere Comics sind von dem oben schon erwähnten Daan Jippes (Beterman, einer herrlichen Superheldenparaodie), Jesse van Muylwijck mit einer sehr spannenden Parodie eines Richters und Peter de Smet mit einer Geschichte des Generals sowie vielen weiteren lesenswerten Stories.

Besonders erwähnen möchte ich noch die Rubrik des „Strip Battles“. Zwei Teams erhalten die Möglichkeit zu einem vorgegebenen Thema eine Seite abzuliefern. Die Leser*innen dürfen dann voten, von wem sie mehr sehen möchten und das Gewinnerteam darf in den kommenden vier Ausgaben jeweils eine Story veröffentlichen. Natürlich sind auch die Gewinner der Battles der letzten Ausgaben vertreten. Meines Erachtens eine perfekte Möglichkeit für neue Teams bzw. Texter/Zeichner in einer Person!

Strip-Battle - Seite 67

Der gesondert gesicherte Strip ist dann erneut von Fred de Heij.

Abgerundet wird das Ganze mit News, Verkaufscharts und Werbung nicht nur für die großen Verlage.

Dazu passt The Men they couldn’t hang – Waiting for Bonaparte und ein Weizen oder noch besser ein Witbier.

Abbildungen © 2018 StripGlossy / Personalia vof

Reddition 68 – Mai 2018

Reddition 68 – Mai 2018

Herausgeber: Volker Hamann
Verlag Volker Hamann, Edition Alfons
Heft Din A 4 | 76 Seiten | Farbe | 10,00 €
ISSN: n/a

 

Schon im 34. Jahrgang und mit einer hohen Verlässlichkeit zweimal im Jahr erscheint die Zeitschrift für Graphische Literatur REDDITION aus dem hohen Norden. Sie stellt damit eine der wenigen Konstanten im Sekundärbereich über die Neunte Kunst dar. Wie immer ist die Ausgabe Schwerpunktthema-zentriert. Während es in der letzten Ausgabe noch um eine Ikone der Popkultur, nämlich Batman, ging, ist das Dossier dieser Ausgabe der argentinischen Comicliteratur mit einem besonderen Fokus auf Hector German Oesterheld gewidmet. Der Einblick wäre aber nicht komplett ohne Beiträge zu Alberto Breccia und Hugo Pratt sowie zu weiteren Vertretern dieser Zeit und Provenienz.

Während die Zeitschrift als solche auch im Laden und im Bahnhofsbuchhandel erworben werden kann, erhalten Abonnenten jeweils eine Zugabe: in diesem Fall ist es die kleinformatige deutsche Erstausgabe von „Guardia Nocturna“ von Oesterheld und Pratt aus Cero Extra 39 vom April 1961. Eine Leseprobe der Reddition findet sich auf den Seiten der Edition Alfons.

Diese Ausgabe ist bereits die dritte, die sich mit Comics aus Argentinien befasst. In den 25 Jahren seit den letzten beiden Nummern hat sich aber vieles getan und es sind neue Quellen aufgetaucht, so dass es sich keinesfalls um einen Aufguss handelt. Zudem ist Deutschland gerade dabei, Oesterheld und insbesondere den auf dem Titel abgebildeten Helden Eternauta zu entdecken.

Es ist schwierig, den argentinischen Comicmarkt ohne die politische Entwicklung dieses Landes zu betrachten. Waren Comics in den 50-er Jahren ein Massenprodukt und der Markt somit auch ein Magnet für ausländische, insbesondere italienische Autoren und Zeichner, änderte sich mit dem Militärputsch gegen Allende und der Diktatur alles. So zählt auch Oesterheld neben seinen vier Töchtern zu den ermordeten Opfern und seine Witwe war eine der Madres de Plaza de Mayo, eines Zusammenschlusses von Müttern der verschwundenen Kinder. Dankenswerter Weise wird dieser Bereich weder verschwiegen noch in ideologischer Weise benutzt und mit Dokumenten (u.a. einem Brief von Hergé an den Präsidenten Argentiniens) und Interviews der eigenen Bewertung der Unmenschlichkeiten zugeführt.

Daneben stehen aber gerade auch die Kunst und das Vorgehen Oesterhelds im Vordergrund. In einem Interview und einem von ihm verfassten Beitrag wird deutlich, wie seiner Meinung nach eine Geschichte entstehen muss und welche Schritte, welches Engagement und welche Begeisterung dafür notwendig sind, einen guten Comic zu erschaffen. Selten wird den Gedanken eines Künstlers so viel Raum gegeben! Und Oesterheld hat bewiesen, dass seine Herangehensweise erfolgreich ist: Sgt. Kirk, Ernie Pike und nicht zuletzt der bereits genannte Eternauta sind dafür leuchtende Beispiele.

 

In weiteren Artikeln werden Zeitgenossen vorgestellt: Der schwierige Alberto Breccia, Lopez, Munoz, Del Castilla, Pratt und nicht zuletzt Enrique Breccia. Dabei wird Wert darauf gelegt, nicht nur die 50-er und 60-er darzustellen sondern auch die Arbeiten für den englischen und amerikanischen Markt mit der gewohnt sorgfältigen und vielfältigen Dokumentation des Bildwerkes einzubeziehen.

Ich möchte jetzt nicht weiter auf die einzelnen Artikel eingehen um den Lesespaß nicht zu gefährden! Unbedingte Kaufempfehlung!

 

Dazu passt natürlich argentinischer Tango und Rotwein. Da der ganze Text aber nicht so schnell verdaut werden kann sollte es zwischendurch vielleicht auch das eine oder andere Glas Wasser tun.

© Verlag Volker Hamann, Edition Alfons 2018 und die jeweiligen Künstler bzw. Agenturen

Die Sprechblase 238 – Mai 2018

Die Sprechblase 238 – Mai 2018

Herausgeber: Gerhard Förster
Verlag Abenteuer pur
Heft Din A 4 | 100 Seiten | Farbe | 9,90 €
ISSN: n/a

 

Nach nur einer Ausgabe in 2017 ist im Mai die 238. Ausgabe der Sprechblase erschienen. Im nunmehr schon 43. Jahrgang bedient die Zeitschrift aus Österreich schon lange nicht mehr nur die Generation Lehning und die Wäscher-Fans sondern auch die Leser*innen klassischer Comics frankobelgischer Prägung und wagt immer wieder Schritte in die aktuelle Landschaft.

Das Schwerpunktthema dieser Ausgabe ist Edouard Aidans, dem 10 Seiten gewidmet werden. Wie oft in der Sprechblase ist der gesamte Artikel auf mehrere Teile verteilt. Auf diesen ersten Seiten beschreibt Bernd Weckwert die Anfänge der Karriere des in Deutschland hauptsächlich durch die alten ZACK-Serien Tunga und Sven Janssen (Marc Franval im französischen Original) bekannten Zeichners und Texters bis zum Ende der 60er Jahre. Wie bei allen Comicschaffenden dieser Zeit ist die Biographie eng mit den verschiedenen Journalen wie Tintin, Spirou und Pilote verbunden und auch den Namen Greg wird man fast immer lesen. Das Layout der Beiträge mag manchmal etwas überladen daher kommen, ist aber einzig der Tatsache geschuldet, dass so viele Bilddokumente anders gar nicht präsentiert werden können.

Ebenfalls interessant für die mit dem ZACK aufgewachsenen Fans ist der dritte Teil der Veröffentlichung von Michel Vaillant Werbecomics.

Ein weiterer längerer Artikel beschäftigt sich mit den Hintergründen von Franquins Meisterwerk „QRN ruft Bretzelburg“. Dieser drittletzte Spirou-Band von André Franquin ist nicht nur der politischste sondern erschien auch mit einer 15-monatigen Pause in dem Wochenmagazin da Franquin nicht in der Lage war, weiterzuarbeiten. Welche Besonderheiten sonst noch in diesem Band zu entdecken sind beschreibt ebenfalls Bernd Weckwert.

Der im Vorläuferheft angekündigte zweite Teil des Artikels über Buffalo Bill musste krankheitsbedingt leider verschoben werden. Trotzdem kommt das Thema „Western“ nicht zu kurz. In mehreren Beiträgen werden Comics, eine Heftchenserie und Romanautoren vorgestellt. Daneben gibt es noch viel Bildmaterial speziell von Romancovermalern. Alle diese Themen werden in der typischen Sprechblasenweise abgehandelt: Liebevoll, detailreich und persönlich. Irgendwie wirken diese Artikel immer wie ein Besuch auf einem bisher nicht bekannten Dachboden voller Schätze und Fundstücke!

Auch die ursprüngliche Klientel wird bedient: Neben einem Interview mit Helga Wäscher über die alten Zeiten und den Leserbriefen gibt es wie immer das Harry-Magazin mit Besprechungen nicht nur von Comics, die sonst eher selten zu finden sind. In diese Richtung kann sicherlich auch der Artikel über die Gesamtausgabe der „Biber Patrouille“ eingeordnet werden.

Abgerundet wird das Heft durch zwei Disney-Beiträge über Don Rosa und die neue Hommage-Reihe sowie einen einordnenden Artikel über heimatliche (ASH, LDH und Verwandtes) und amerikanische (Thanos) Superhelden.

Wie immer kurzweiliger, informativer, interessanter und zum Schmunzeln anregender Lesespaß zu dem am besten eine Tasse Kaffee und irgendeine Swing oder Jazz Platte passt.

Abbildungen © 2018 Verlag Abenteuer pur

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