ZACK 316 (Oktober 2025)

ZACK 316

Herausgeber/Chefredaktion: Georg F. W. Tempel

Blattgold Verlag

Heft Din A 4 | 100 Seiten | Farbe | 9,70 €
ISSN: 1438-2792

Cover ZACK 316

Der goldene Herbst steht vor der Tür, aber auch schöne Herbsttage verhindern nicht, dass es abends früher dunkel wird. Sollte noch ein wenig Regen dazukommen, hat man sogar noch mehr Zeit zum Lesen. Einen guten Teil davon sollte das ZACK füllen können! Im Übrigen wird die Reihe der Heldinnen auf dem Titelbild mit Wiske und Jerusalem fortgesetzt.

Der Neustart

Die Covergirls gehören zum in diesem Heft startenden fünften Teil der Saga Amoras. Diese auf mehreren Zeitebenen spielende dystopische Science-Fiction Serie spielt mit Gegensätzen ganz unterschiedlicher Art. Menschen – wie der titelgebende Lambik – sind sehr selten nur gut oder böse, sondern (leider) oft ambivalent. Und so mag der erste Anschein der Wirklichkeit widersprechen. Es gibt aber auch echte Rivalitäten wie zwischen den Bewohnern von Amoras im Jahre 2047. Hier scheint es so, als ob die Fatties gewonnen hätten. Der Gegensatz Arm gegen Reich wird ebenfalls sehr deutlich, sind die einen doch allen Unbillen schutzlos ausgesetzt während andere sich in ihren Luxusbehausungen ein schönes Leben gönnen. Mehr dazu in den nächsten Ausgaben. Für mich, inklusive der Ableger Chroniken von Amoras und dem neuen „Helden van Amoras“, eine der besten aktuellen Serien mit Zeichnungen von Charel Cambré nach einem Szenario von Marc Legendre.

ZACK 316 page 5

Die Fortsetzungen

Julie Wood hat ihr erstes Ziel erreicht, sie darf ein Rennen bei den AFT Singles fahren. Neben den auch in dieser Folge enthaltenen eher krimiartigen Abschnitten steht in diesem Monat das Renngeschehen im Vordergrund. Claudio Stassi wechselt die Perspektiven und zeigt sowohl von vorne, aus der Vogelperspektive und mit den Augen der Fahrerin das Geschehen. Diese Seiten sind wirklich dynamisch und versöhnen zumindest mich mit den Schwierigkeiten des Zeichners mit den Gesichtern. Storytechnisch bewegt sich Philippe Pelaez in Tödliches Rodeo in sicherem Fahrwasser. Mal sehen, wie der Abschluss von Teil 1 im nächsten Heft aussehen wird.

ZACK 316 page 21

Ein wenig erinnert Alte Versprechen an die Gespräche alter Männer, dass es früher doch einfach besser war. Es gab nicht so viel Geld, dass schon Jugendlichen bündelweise hinterhergeschmissen wird, die Spieler waren ehrgeiziger, die Unterhaltung besser und der Respekt erst … Natürlich ist die Geschichte von Álvaro Velasco & Iñaki San Román nicht so einfach, sie spielt aber mit allen möglichen Referenzen und dazu gehören eben auch diese. Die Zeichnungen von Pedro Rodríguez bewegen sich im Grenzbereich von Realismus und überzeichneter Karikatur und bebildern die Story oft filmtypisch. Wer Ted Lasso mag, wird hier seine Freude haben. Wer am Fußball nur den Gewinn der eigenen Mannschaft gut findet, sollte allerdings die Finger davon lassen.

ZACK 316 page 38

Das Leben meint es nicht gut mit (der späteren) Rani. Jolanne wird von ihrem eigenen Bruder, ihrem antagonistischen Widersacher, erneut festgesetzt und in einen Kerker geworfen. Wie der Zufall es will, ist aber auch ihr alter Freund und Liebhaber Craig in der Nähe und greift ein. Auch in Verurteilt! reiht sich eine Katastrophe für die junge Frau an die nächste. Die ursprünglich als TV-Serie konzipierte Idee von Jean Van Hamme & Alcante funktioniert aber auch im Comic, vor allem, da Francis Vallès sie gekonnt und routiniert in Panels umsetzt. Sicher wieder ein Kandidat für vordere Plätze im Jahresranking.

ZACK 316 page 51

Ein heruntergekommener Anwalt soll einem zum Tode verurteilten Rebellen zur Freiheit, zumindest aber zum Überleben verhelfen. Um dieses zu erreichen hat Wynona ihn in seinem Büro aufgesucht und fährt ihn jetzt quer durch das Land zu dem Ort der erhofften Hilfe. Während der Fahrt entwickelt der fertig aussehende Mann ungeahnte Fähigkeiten und wir Leser*innen erfahren mehr über die Hintergründe. Doch dann geraten die Beiden in eine Straßensperre … Das Erwachen des Bären ist eine spannende Geschichte im Grenzbereich von Dystopie, Thriller und Anwaltsserie von VanO und macht Lust auf mehr.

ZACK 316 page 67

Der Abschied

Leider ist eine sehr spannende Geschichte mit diesem Heft abgeschlossen. Erectus – mit sieben Teilen eine ziemlich lange Story – erzählt von einer Pandemie und der Unfähigkeit der Menschheit, in Krisensituationen ihre Menschlichkeit zu bewahren. Ausgrenzung statt Hilfe, Gewalt statt Sicherheit und Manipulation anstelle von Fakten – wir kennen diese Reaktionen leider nur allzu gut. Erik Juszezak hat sich einen spannenden (etwas unrealistischen) Virus ausgedacht der Evolutionsschritte zurückdreht. Infizierte Menschen entwickeln sich zum Homo Erectus zurück. Der Umgang mit ihnen, aber auch der veränderten Flora und Fauna wird das zukünftige Leben der Menschheit beeinflussen. Besonders gut gefallen hat mir, dass diese Serie am Ende mit einigen Überraschungen aufwartet. Hoffentlich findet diese zudem gut gezeichnete Serie den verdienten Beifall.

ZACK 316 page 82

Und sonst?

Wie immer tummeln sich Parker & Badger sowie Tizombi auf diesen Seiten. Dazu kommt eine nette Seite über träumende Katzen. Der redaktionelle Teil enthält wie immer den Rückblick auf das ZACK vor 50 Jahren, ein Interview von Frank Neubauer mit Chris Noeth und einen Beitrag über die Gesamtausgabe des Mädchens von der Weltausstellung vom Verfasser dieser Zeilen. Wirklich genug also, um dunkle Herbstabende damit zu füllen!

Dazu Bad Cop Bad Cop, etwa mit „Disbelief“ und ein Old Fashioned.

© der Abbildungen bei den jeweiligen Künstlern und Verlagen / Blattgold GmbH, Bad Dürkheim 2025

Pratt/Manara – Ein indianischer Sommer

Oder: Wie im Frieden ein blutiges Massaker entstehen kann …

Story: Hugo Pratt

Zeichnungen: Milo Manara

Originaltitel: Tutto ricominciò con un’estate indiana

Splitter Verlag

Hardcover Überformat |176 Seiten | Farbe | 35,00 € | 
ISBN: 978-3-68950-062-7

Cover Pratt/Manara - Ein indianischer Sommer

Zwei der italienischen Granden haben dieses Werk vereint erschaffen. Und tatsächlich finden sich die Besonderheiten von beiden Künstlern auch im Werk wieder. Während der eine gerne Absurditäten in die Handlung einbaut und über den bitterbösen Humor eine gewisse Distanz schafft, ist der andere bemüht, seine Körperdarstellungen in die Handlung einzubauen.

Die Folgen einer bösen Tat

Die Geschichte spielt in Massachusetts um 1625. Es gibt ein von Weißen bewohntes befestigtes Dorf, abseits davon eine Hütte, in der eine Ausgestoßene mit ihren Kindern lebt, und eine Siedlung von Angehörigen der First Nations. Eigentlich leben sie alle friedlich nebeneinander, sieht man mal davon ab, dass die bigotte Gesellschaft die alleinstehende Mutter zwar als Sexualobjekt nutzt, als Gesellschaftsmitglied aber nicht duldet. Es ist die Jahreszeit des Indianischen Sommers – warm, teilweise drückend schwül und die Natur explodiert geradezu. Zwei junge Krieger können sich nicht beherrschen und vergewaltigen ein Mädchen am Strand.

Sie werden dabei von einem der Söhne der Ausgestoßenen beobachtet, der daraufhin die beiden erschießt. Diese Szene wird fast wortlos über mehrere Seiten ausgebreitet und legt die Stimmung für den Rest der Geschichte fest. Nachdem der erste Punkt gesetzt wurde, folgt alles andere quasi automatisch. Jeder versteht die Beweggründe für den jeweils letzten Schritt, kann aber nicht anders, als weiterzugehen. Und so passiert, was schließlich zu einer Orgie der Gewalt führen wird.:

Pratt/Manara - Ein indianischer Sommer page 3

Der Tod soll gerächt werden. Bei dieser Rache sterben Menschen, die nun ihrerseits gerächt werden müssen, die Zahl der Beteiligten steigt und somit auch die der Toten und binnen eines einzigen Tages ist die friedliche Koexistenz einem Schlachtfeld gewichen. Nie wieder wird sich hier die Vergangenheit zurückholen lassen, es bleibt nur der Weiterzug, der aber auch die Emotionen mit sich trägt. Hugo Pratt zeichnet ein schonungsloses Bild der Abfolge der Stationen, versäumt aber nicht, immer wieder über die Sinnlosigkeit reflektieren zu lassen. Zudem äußert er starke Kritik an der Bigotterie vermeintlich strikt religiöser Gemeinschaften.

Rasant, dynamisch, gewalttätig

Die Zeichnungen von Milo Manara vereinen zwei nur scheinbar gegensätzliche Motive: Einerseits ist auch dieser Western von einer Körperlichkeit der weiblichen Figuren geprägt. Sie wirkt teilweise ein wenig aufgesetzt, ist aber das Markenzeichen von Milo Manara. Trotzdem muss man sich schon wundern, welche Aktivitäten wann und wo stattfinden bzw. stattgefunden haben sollen und trotzdem unbemerkt geblieben sind.

Pratt/Manara - Ein indianischer Sommer page 4

In Parallelität dazu gibt es unheimlich viel Gewalt. Diese wird zwischen Freunden wie Feinden ausgeübt und fast immer sind es Täter, nur selten Täterinnen. Die Motive sind so vielfältig wie die gezeigten Emotionen: Wut, Herrschsucht, Spaß an der Qual des anderen, aber auch die fatale Einsicht in die Sinnlosigkeit. Und diese Vielfalt wiederum macht einen großen Reiz des Bandes aus, gibt es doch wenige Künstler, die das mit wenigen Strichen so deutlich unterschiedlich ausdrücken können.

Ein Western der härteren Gangart

Fast glaubt man, in einem Italo-Western gelandet zu sein. Dafür fehlt allerdings der Antiheld. Auch hier gibt es zwar keine klassischen Held*innen, obwohl einigen Figuren im grafischen Nachwort eine Zukunft zugeschrieben wird. Hier rennt eine Geschichte wie am Faden gezogen ab und vernichtet alles, was vorher mühsam aufgebaut worden war. Nebenbei fallen allerdings auch ein paar Übeltäter.

Detail Pratt/Manara - Ein indianischer Sommer page 8

Die Ausgabe vereint die komplette Geschichte, ein Nachwort von Milo Manara und eine Vielzahl von Coverillustrationen aus verschiedenen Ländern und Zeiten sowie zusätzliche Aquarelle. Wie alle aktuellen Manara-Titel bei Splitter gibt es auch hier einen zusätzlichen Druck. Für Western-Fans als auch für ständige Leser*innen der Werke von Hugo Pratt und Manara geeignet.

Dazu passen The Adicts mit „Songs of Praise“ und ein Abteibier!

© der Abbildungen 1983 Cong S.A., Switzerland | 1983 Milo Manara | 2018 Casterman, Belgium | Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2025

Frenz/Pedrazzini, Bade – Phantom 2

Tödliche Dinosaurier

Story:  Bernd Frenz
Zeichnungen: 
Carlos Pedrazzini, Heiner Bade
Originaltitel: 
Fantomen

Blattgold Verlag – ZACK Edition

Softcover | 56 Seiten | Farbe | 16,00 € ISBN: 978-3-949987-67-0

Cover Frenz Phantom 2

Glückliche Zeiten für Phans! Wer befürchtet hatte, dass der deutsche Markt unter der plötzlichen Vielzahl von Titeln mit und über den Wandelnden Geist zusammenbrechen würde, darf sich mittlerweile entspannen. Noch immer erscheinen die gestarteten Reihen und somit auch der zweite Band der Albenreihe mit Phantom-Stories aus deutscher Feder!

Nicht so bekannte Schmuggelware

Wenn von grenzüberschreitendem Schmuggel die Rede ist, stehen ein paar Güter ganz oben auf der Liste der typischen Verdächtigen: Menschen, Alkohol und Drogen, Industriegüter sowie Artefakte wie etwa Elfenbein, Nashorn etc. Beide Geschichten von Bernd Frenz haben internationalen Schmuggel zum Thema, werfen aber ein Schlaglicht auf eher unbekanntere Spielarten.

Tödliche Dinosaurier spielt in einem musealen Umfeld. Ein Mann wird getötet, ohne dass sich dahinter zunächst irgendein Sinn verbergen zu scheint. Schon bald wird aber klar, dass hier während Ausgrabungen gestohlene Skelette versteigert werden sollen. Wie auch der Kunstsammlermarkt nicht nur aus gesetzestreuen Menschen besteht, ist auch dieses Teilsegment in einen legalen Markt, der hauptsächlich von Museen bestritten wird, und einen illegalen geteilt. Das 21. Phantom und seine Frau Diana geraten mitten in einen spannenden Fall.

Frenz Phantom 2 page 25

In Dunkler Rauch über Bangalla muss der Wandelnde Geist alleine ermitteln. Er entdeckt im Urwald große frisch gerodete Flächen auf denen zuvor geschützte Teak-Bäume standen. Während der Export von solchen Edel-Hölzern streng verboten ist und auch relativ gut überwacht wird, sind die Kontrollen für einige verarbeitete Produkte wesentlich unschärfer. Es kommt zum bewaffneten Konflikt mit der Holzkohlemafia.

Nah an der Realität

Beide Stories sind (leider) sehr nah an der Realität und verdeutlichen den großen Anteil, den Umweltschutz in und an dieser Serie hat. Während andere einfach den nächsten Superschurken präsentieren, geht es beim Phantom oft genug um echte Missstände bei denen die sog. „Erste Welt“ die sog. „Dritte“ immer noch ausbeutet. Der aus Argentinien stammende Carlos Pedrazzini setzt die erste Story routiniert um: flexibles Layout, markante Posen, filmische Posen.

Frenz Phantom 2 page 26

Die Zeichnungen der zweiten stammen von dem Deutschen Heiner Bade der über Jahrzehnte Zeichnungen für das schwedische Fantomen-Magazin angefertigt hatte. Die Geschichte der Kontaktanbahnung erzählt Bernd Frenz im Anhang dieses Albums. Seine Seiten sind detaillierter und konturierter als Pedrazzinis. Beiden sieht man allerdings an, dass sie ursprünglich für ein schwarz-weiß Magazin konzipiert wurden.

Ein weiteres Mosaik-Steinchen

Es ist kaum möglich, ein Sammelgebiet wie Phantom komplett abdecken zu wollen. Im Laufe der Jahrzehnte sind so viele Beiträge mit unterschiedlichen Traditionen entstanden, dass alleine der Überblick schon schwierig genug ist. Vor rund drei Jahren hat Christian Blees den damaligen Stand abgebildet. Diese Reihe in der ZACK-Edition bietet immerhin den Überblick über die von dem Deutschen Bernd Frenz verfassten schwedischen Geschichten, kombiniert mit ein paar Hintergründen und zusätzlichen Abbildungen.

Frenz Phantom 2 page 28

Für Phans daher ein Must-Have. Die Reihe enthält die Original-Cover-Zeichnungen in guter Größe, die gezeigten Originale der Seiten-Entwicklungen vom Sketch zum Layout sind vielleicht etwas zu klein, um sie wirklich lesen zu können, erlauben aber dennoch einen guten Eindruck!

Dazu passen die UK Subs, etwa mit „Warhead“und ein lokal gebrautes Bio-Bier.

© der Abbildungen 2024 Kings Features Syndicate ™Hearst Holding, Inc/Distr. Bulls / 2025 Blattgold GmbH, Bad Dürkheim

Manara – Mann aus Papier

Ein humorvoller Western

Story: Milo Manara

Zeichnungen: Milo Manara

Originaltitel: L`Homme de Papier

Splitter Verlag

Hardcover Überformat |56 Seiten | Farbe | 18,00 € | 
ISBN: 978-3-68950-063-4

Cover Manara Mann aus Papier

Man stelle sich folgende Situation vor: Ein Magazin ruft an und bestellt eine neue Serie. Glücklich beginnt man, drauf los zu fabulieren, versprüht einen ganz besonderen Humor, legt bereits viele Startpunkte für künftige Verwicklungen, … und dann wird die Fortsetzung gecancelt. Genau das ist die Geschichte hinter dem Mann aus Papier. Glücklicherweise konnte die erste Folge aber abgeschlossen werden und erlebet seit dem einen bunten Reigen an Veröffentlichungen. Diese Ausgabe kommt daher auch mit einem Anhang und einem zusätzlichen Druck!

Eine Reise mit Hindernissen

Eigentlich will der Held nur nach Norden, um seine Angebetete Gwendoline zu treffen. Schon auf der zweiten Seite taucht die erste Ablenkung auf, zudem eine schmerzhafte. Er trifft auf einen Engländer. Dieser will in der Uniform seines Vaters für Ruhm und Ehre kämpfen, muss allerdings schnell begreifen, dass er gegen eine Truppe mexikanischer Soldaten nichts ausrichten kann. Er übernimmt aber die Aufgabe, sich selbst und eine indianische Gefangene in Fort Laramie den Soldaten zu übergeben.

Da dieses Richtung Norden liegt, begleitet auch der einsame Reiter die Beiden. Schnell kommen die Drei ins Gespräch. Da er wegen einer Fotographie nach Norden möchte, wird er „Mann aus Papier“ getauft. Er selbst nennt die junge Frau, die eigentlich „Weißes Kaninchen“ heißt, „Hintern-im-Wind“. Schnell zeigt sich, dass ihre Reise unter keinem glücklichen Stern steht.

Manara Mann aus Papier page 3

Und so haben die Gefährt*innen nicht nur mit schlechtem Wetter zu kämpfen, auch ihre Moralvorstellungen unterscheiden sich. Zudem treffen sie auf weitere Menschen, die ihnen das Leben, oftmals ungewollt, schwer machen. Besonders herauszuheben ist dabei der herzensgute Priester, der bei Regen zu einem Berserker wird. Die Geschichte changiert zwischen teils deftigem, teils schwarzem Humor und typischen Western-Elementen.

Hervorragende Dynamik

Natürlich ist Milo Manara dafür bekannt, hübsche weibliche Figuren in nicht immer von ihnen gewollte, recht freizügige Geschichten zu versetzen und darzustellen. Auch in dieser Story stellt er Weißes Kaninchen beim Baden dar und deutet den Körper unter der Kleidung recht deutlich an. In Mann aus Papier steht aber die andere herausragende Eigenschaft von Manara im Vordergrund.

Manara Mann aus Papier page 4

Seine Darstellungen sind extrem dynamisch. Im Anhang werden ein paar unkolorierte Panel abgedruckt, die dieses noch deutlicher zeigen. Zudem sorgen seine Schraffuren, selbst im farbigen Zustand, für extreme Tiefe der Zeichnungen. Und: Kunst ist auch die Kunst des Weglassens! So sind zum Beispiel alle 4 Hufe des galoppierenden Pferdes vom Staub verdeckt. Während dadurch einerseits Bewegung „gezeigt“ wird, spart er sich andererseits die extrem anspruchsvollen Darstellungen.

Eine gute Ergänzung jeder Western-Comic-Sammlung!

Die typischen Käufer der Bände von Manara werden hier sicherlich ohne viel überlegen zu müssen zuschlagen. Die Geschichte ist im typischen Splitter-Hardcover wie immer gut aufgemacht. Dazu kommen aber ein Anhang mit einer kurzen Anmerkung des Künstlers und weiteren Zeichnungen. Zudem enthält der Band wie alle aktuellen Manara-Bände bei Splitter auch einen Kunstdruck!

Manara Mann aus Papier page 11

Aber auch die Fans des klassischen Western kommen bei diesem Band auf ihre Kosten! Die Geschichte des Lonesome Riders, die Darstellung der Mitglieder der First Nations und die typischen Militärs schaffen ein vertrautes Setting. Dieses wird aber durch den Humor komplett in Frage gestellt und dadurch neu zusammengebaut! Lesenswert!

Dazu passen The Frits und ein Herfstbok!

© der Abbildungen Milo Manara, 1999, Editions Glénat 1999 | Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2025

ZACK 315 (September 2025)

ZACK 315

Herausgeber/Chefredaktion: Georg F. W. Tempel

Blattgold Verlag

Heft Din A 4 | 100 Seiten | Farbe | 9,70 €
ISSN: 1438-2792

Cover ZACK 315

Und weiter geht’s mit den Heldinnen auf den Titelbildern – es gibt genügend Serien mit weiblichen Protagonistinnen und es ist gut, das auch mal offensiv zu zeigen. Das September-Motiv des ZACK stammt aus der neuen Serie Wynona von Hans van Oudenaarden (VanO), der bereits mit Rhonda im Magazin vertreten war.

Der Neustart

Erde – Nordamerika – USA, in nicht allzu ferner Zukunft: Ein Mann rennt durch ein Labyrinth aus Gassen, stolpert und sieht sich einem gewaltigen Bären hilflos ausgeliefert. In diesem Moment betritt eine junge Frau das Büro eines abgehalfterten Anwalts, der gerade noch rechtzeitig aus seinem Traum aufschreckt… Es geht darum, einen Native American vor der ihn erwartenden Todesstrafe zu bewahren, in einem sehr polarisierten politischen Klima das fatal an reale Situationen erinnert. VanO eröffnet Das Erwachen des Bären, den ersten Teil der neuen Serie Wynona, grandios: Spannend, aktuell und mit Zeichnungen, die damit spielen, ein wenig skizzenhaft zu wirken.

ZACK 315 page 5

Die Fortsetzungen

Danach geht es noch ein kleines Stück weiter in die Zukunft: ein Virus führt zu einer Rückbildung von Evolutionsschritten da es ähnlich wie CRISPR funktioniert. Die Menschheit reagiert mit Furcht, Ausgrenzung und Gewalt auf die Folgen der Krankheit, doch die Heldin, die Paläontologin Anna Meunier, will sich nicht damit abfinden, dass es weder Hilfe noch Akzeptanz gibt, besonders, da ihr Freund selbst zum Erectus mutiert ist. Sie versucht, den in einem Zoogehege Untergebrachten zu helfen und verlässt den Weg der Legalität. Erik Juszezak hat klassische SF-Motive und die Erfahrungen der COVID-Pandemie verknüpft und eine gut lesbare, realistisch gezeichnete Geschichte daraus gemacht. Für mich ein Kandidat für vordere Plätze in der Jahreswertung!

ZACK 315 page 23

Bereits das dritte Mal dabei ist der Relaunch von Julie WoodTödliches Rodeo. Es geht um eine junge Amerikanerin, die den Traum hat, professionelle Fahrerin zu werden. Allerdings gefallen ihrem Bruder nicht alle Mittel, die sie dafür anwenden will. Ein zweiter Strang dreht sich um kriminelle Machenschaften, die bereits ganz zu Anfang ein Todesopfer gefordert hatten. Mittlerweile haben die Gangster die Verbindung zu dem Onkel der Woods gefunden. Eine solide Story von Philippe Pelaez mit für Fans des Originals enttäuschenden Bildern von Claudio Stassi. Zwar werden die Panels von Seite zu Seite besser und aussagekräftiger, kranken aber immer noch ein wenig an mangelnder Dynamik.

ZACK 315 page 49

Der Deadline-Day hat gerade wieder bewiesen, wie verrückt der Markt für den Austausch von Fußballprofis zwischen Vereinen mittlerweile geworden ist. Alte Versprechen geht zwar zeitlich in die Vergangenheit, in die vermeintlich Goldenen Zeiten von 1995, zeigt aber, dass auch damals schon nicht alles „gut“ war. Benito Castanera ist ein Spielervermittler. Sein einziges Juwel ist zum Sportinvaliden geworden, bevor er zum Star werden konnte. Seitdem versucht er verzweifelt, ein neues, williges Opfer zu finden. Seiner aktuellen Hoffnung scheinen allerdings ein paar Qualitäten zu fehlen. Bitterböse Satire von Álvaro Velasco & Iñaki San Román, kongenial in einem leicht verfremdeten Realismus von Pedro Rodríguez umgesetzt.

ZACK 315 page 64

Was hat Jolanne nicht schon alles mitgemacht: Betrogen, geschlagen, zum Tode verurteilt, geflüchtet, gefangen genommen, deportiert nach Indien, dort zur Bordellleiterin aufgestiegen und von ihrem Peiniger wiedergefunden, erneut geflohen, das Gedächtnis verloren, aufgenommen von der Frau des Gouverneurs von Pondicherry und erneut wiedergefunden … Die aktuelle Folge von Rani erlaubt eine kleine Verschnaufpause, droht der Heldin aber ständig mit der Vernichtung, ist sie doch schließlich von einem Gericht Verurteilt! Eine spannende Story mit großer indischer Kulisse von Jean Van Hamme & Alcante mit Zeichnungen von Francis Vallès. Bisher definitiv ein Liebling der Leser*innen.

ZACK 315 page 83

Der Abschied

Herr Romanov ist die letzte Kurzgeschichte mit Harry & Platte aus der Feder von Dennis Lapière mit Zeichnungen von Sikorski. Wo die Liebe hinfällt geschehen seltsame Dinge und die bekannten Maßstäbe von richtig und falsch beginnen zu verschwimmen. Aber darf Liebe alles?

ZACK 315 page 42

Und sonst?

In den Anfängen des neuen ZACK tauchten zwei Helden auf, die komplett gegen den Strich gebürstet waren: Spoon & White. Auch sie erleben gerade einen Relaunch. Erste Einblicke gibt es in diesem Heft – Bei Gefallen sicherlich mehr davon in diesem Theater …

Dazu Der Ritter, Tizombi und Parker & Badger mit ihren Erlebnissen, die den Leser*innen den Wechsel zwischen den Serien versüßen, und einige redaktionelle Beiträge: Michael Klein über das ZACK vor 50 Jahren, ein Interview mit Isabell Kreitz über ihre neue Graphic Novel und die Verstrickungen während der NS-Zeit sowie eine Einführung in Gunung Darah vom Verfasser dieser Zeilen.

Dazu The Sweet, etwa mit Ballroom Blitz und ein Guinness.

© der Abbildungen bei den jeweiligen Künstlern und Verlagen / Blattgold GmbH, Bad Dürkheim 2025

Diverse – Creepshow 1

Tales of Suspense and Horror!!

Story: Burnham, Dini, Lapham, …
Zeichnungen: 
Burnham, McCrea, Lapham, …

Originaltitel: Creepshow Vol. 1 (# 1 – 5)

Splitter Verlag

Hardcover Überformat |128 Seiten | Farbe | 29,80 € | 
ISBN: 978-3-68950-078-8

Cover Creepshow 1

Für mich persönlich wird der Maßstab für ein Horror-Comic-Magazin immer noch von den Heften aus dem EC-Verlag gesetzt. Qualität der Zeichnungen, Twist der Plots und gesellschaftliche Relevanz der Stories im Verhältnis zum Unterhaltungswert waren damals neu, bleiben aber bis heute unübertroffen. Seitdem haben sich Maßstäbe verschoben, mehr kann gezeigt werden, ohne dass ein Skandal entsteht, aber ist das auch immer wünschenswert?

Das richtige für den beginnenden Herbst

Die Nächte werden wieder länger und kälter, die Blätter beginnen bereits zu fallen und erste Morgennebel steigen auf. Genau die richtige Jahreszeit also, um den Schrecken in die Wohnungen zu bringen. Was EC begonnen hatte, wurde von Warren fortgesetzt und schließlich von Stephen King und George A. Romero unter dem Namen Creepshow fortgeführt. Nun ist Creepshow zurück und präsentiert pro Ausgabe zwei Geschichten von Stars der amerikanischen Comic-Landschaft ganz unterschiedlicher Stilrichtungen. Dieser Band enthält die ersten fünf Hefte!

Creepshow 1 page 7

Gleich der Opener nimmt eine Tradition aufs Korn, die gruseliger kaum sein könnte: Halloween! Wer hat sich nicht schon über einige Kids geärgert, die gleich mit vollen Händen in die Schale greifen? Einer pro Nase zeigt die Folgen …. Ein weiteres Event, dass auf den Grusel setzt, sind Wrestling-Kämpfe. Viele Kämpfer*innen setzen auf möglichst furchteinflößende Kostüme und Masken; was aber, wenn diese eine Geschichte haben: La Mascara de la Muerte!

Weitere Themenbereiche sind die alles beherrschende Natur, Kindergeburtstage oder eine Referenz an das Bildnis des Dorian Gray. Anlesetipps sind meiner Meinung nach noch zwei weitere Highlights: Haar greift das Thema auf, ob Menschen beschließen dürfen, Leben zu beenden und Die Brücke zeigt die unglaubliche Ignoranz einiger heutiger Kids gegenüber Regeln des Anstands.

Erfrischend vielseitig

Da keine*r der ausgewählten Künstler*innen mehrfach dran darf, haben wir es mit zehn unterschiedlichen Herangehensweisen zu tun. Gleich vorweg sei angemerkt, dass das deutlich größere Format der Splitter-Ausgabe keine negativen Folgen hat, die Seiten von Chris Burnham, Jorge Corona und Dani profitieren sogar davon! Auch das gewählte etwas matte Papier passt zu dem Inhalt. Die Coverzeichnung von Burnham und Lucas ist nahezu perfekt und führt das Konzept des Erzählers sehr prägnant ein.

Creepshow 1 page 8

Das vielleicht einzige Manko dieser Ausgabe ist, dass wir nur in den Genuss eines Covers kommen. Wenigstens sind die Originale (in sehr kleiner Form) im Anhang wiedergegeben. Die Stilrichtungen der Zeichnungen geben einen Überblick über den aktuellen amerikanischen Mainstream von realistisch über leicht vereinfacht bis hin zu einem sehr nervösen Strich. Auch europäisch geschulte Augen sollten sich hier schnell eingewöhnen können.

Ein vielversprechender Auftakt

Da die Serie im Original unter dem image-Dach erscheint, bleibt zu hoffen, dass sie ein wenig Bestand haben wird und wir ebenfalls mehr davon zu sehen bekommen werden. Um zum Einleitungsstatement zurückzukommen: Wenn EC eine 10 wäre, so ist Creepshow eine gute 8,5 bis 9. Sie vereint Talente und Spitzenkräfte, die Stories haben Biss und überraschen teilweise durchaus und die Zeichnungen sind ebenfalls überdurchschnittlich.

Detail Creepshow 1 page 13

Das Konzept des Erzählers ist ebenfalls gut umgesetzt. Was vielleicht ein wenig fehlt, ist die Übernahme des generellen Tons in ein Heftkonzept mit Seiten für die Leser*innen und redaktionellen Einleitungen. Das gewählte Format ist aber ein akzeptabler Kompromiss und der Sammelband wird sich auf dem deutschen Markt mit Sicherheit besser durchsetzen als Heftchen. Die Antwort auf die Eingangsfrage lautet also „Ja!“: Fans des Schauerlichen, des Erschreckenden, hier ist etwas, dass euren Durst nach gefrierenden Adern befriedigen wird!

Dazu passen der ebenfalls ein furioses Comeback feiernde Alice Cooper und eine Bloody Mary!

TM und © 2025 Evoke Entertainment Company, LLC | Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2025

Manini/Willem – Das Mädchen von der Weltausstellung

Gesamtausgabe

Autor: Jack Manini

Zeichnungen: Étienne Willem

Originaltitel: La fille de l´exposition universelle

Blattgold Verlag

Hardcover | 156 Seiten | 39,00 €
ISBN: 978-3-949987-73-1

Cover Mädchen von der Weltausstellung Gesamtausgabe

Obwohl das ZACK-Magazin sich ausdrücklich nicht als VORveröffentlichungsmagazin versteht, gibt es doch mittlerweile ein paar Inhalte, die danach auch als Album produziert werden. Dazu gehören natürlich die Klassiker wie Michel Vaillant oder Tanguy & Laverdure, aber auch Gesamtausgaben von Serien, die bei der Leser*innenwahl sehr gut abgeschnitten haben. Neben den Flintenweibern ist hier der Zeichner Étienne Willem das zweite Mal vertreten.

Eine Stadt in Aufruhr

Die erste Weltausstellung in Paris fand bereits 1855 statt. Nur wenige Jahre nach der ersten überhaupt in London wollte sich das Frankreich unter Napoleon III als moderne Nation präsentieren, als Zentrum der Welt und als Platz für Handel und Innovation. Inmitten dieser Ideen steht ein Wohnwagen einer Roma-Familie: Eine Mutter, die mit ihren Kindern in ihrem Arbeitsplatz wohnt, bietet sie doch Hellseherei an. Sie steht mit ihrem Wagen dort, wo aufgrund der Ausstellung mit Massenandrang gerechnet werden kann. Eigentliche Heldin ist aber ihre Tochter Julie Kleinnagel, das titelgebende Mädchen von der Weltausstellung.

Mädchen von der Weltausstellung Gesamtausgabe page 5

Als 12-jährige ist sie mit ihren hellseherischen Fähigkeiten bereits die wirkliche Ernährerin der Familie, die Mutter bietet nur den Rahmen. Sie „sieht“ ein Verbrechen und wird in eine verrückte Intrige verstrickt, die mit dem Tod des Kaisers enden soll. Nur wenige Jahre später, 1867, findet die zweite „EXPO“ in Paris statt. Wieder steht Julie mit ihren Fähigkeiten im Mittelpunkt. Während sich einerseits die männliche Kundschaft nach ihr verzehrt, will ein Teil der radikalen polnischen Opposition den Besuch des Zaren nutzen, um ihn zu ermorden.

1878 ist Julie mittlerweile eine stattliche Frau von 35 Jahren aber immer noch solo. Wieder beginnt die Geschichte mit einem von ihr geträumten Verbrechen, dass so auch in der Realität passiert. Ein brutaler Mörder entkommt. Gleichzeitig ist Paris nicht nur begeistert von dem begehbaren Kopf der Freiheitsstatue, die kurze Zeit später nach New York verbracht werden soll, sondern auch von der Phrenologie, einer angeblichen Wissenschaft, die eine Korrelation aus Kopfform und Kriminalität herstellen möchte.  Wieder schafft Jack Manini eine Verbindung aus den geschichtlichen Attraktionen und einer spannenden Kriminalgeschichte mit wohligen Grusel-Elementen!

Mädchen von der Weltausstellung Gesamtausgabe page 6

Witz und Action

Nicht allzu viele Zeichner schaffen es, eine witzige, teils übertriebene Umsetzung eines doch recht harten Krimistoffes glaubwürdig umzusetzen. Die Emotion der Beteiligten, vor allem derjenigen, die sich vollkommen im Recht glauben, ist sichtbar und wirkt zweifelsfrei. Aber auch die Slapstick-Elemente sitzen und die Romantik, bzw. die oftmals eben doch fehlende Romantik wirkt ebenfalls genau richtig dosiert. Seit Bastos und Zakuski habe ich keinen historischen Krimi dieser Art mehr so gut ausgeführt gesehen!

Étienne Willems Zeichnungen sind sehr dynamisch, viele Speedlines treiben die Handlung voran. Gleichzeitig ist das Layout extrem variabel. Obwohl es sich an einem traditionellen vierstreifigen Schema orientiert, wird es oftmals durch abgerundete Formen gesprengt. Diese wiederum nehmen ihrerseits architektonische Referenzen an die für die Weltausstellung errichteten Bauten auf. Ein sehr stimmiges Gesamtkonzept!

Mädchen von der Weltausstellung Gesamtausgabe page 7

Ein Top-Tipp!

Inhaltlich gibt es an dieser Gesamtausgabe nichts auszusetzen. In Ergänzung der vorabgedruckten Comics gibt es zu den drei Weltausstellungen jeweils einen Anhang in dem Julie durch die Exposition führt und auf Besonderheiten und geschichtliche Hintergründe aufmerksam macht. Wegen dieses „Mehr“ gegenüber dem ZACK-Abdruck ist sie dementsprechend auch für alle Leser*innen des Vorabdrucks zu empfehlen.

Mädchen von der Weltausstellung Gesamtausgabe page 8

Die Qualität der Stories und der Zeichnungen ist am oberen Ende des Spektrums angesiedelt und sollte auch Gelegenheitskäufer*innen mit einem Faible für historische Krimis und für starke Frauen ansprechen. Es ist nur anzumerken, dass das Konzept ursprünglich auf alle fünf Pariser Weltausstellungen angelegt war. Der Freitod des Zeichners hat diese Pläne vorzeitig beendet. Wer will kann wieder auf die limitierte Vorzugsausgabe setzen, die ein Variantcover hat und mit einem von Manini signiertem Druck ausgeliefert wird.

Dazu passen Molodoï etwa mit „Dragon libre“, und ein Pastis auf Eis oder mit Wasser.

© der Abbildung 2018 BAMBOO ÉDITION par Manini et Willem / 2025 Blattgold Verlag, Bad Dürkheim

Dufaux/ Miralles – Djinn Sammelband 3

Dritter Zyklus: Indien

Story: Jean Dufaux

Zeichnungen: Ana Miralles

Originaltitel: Djinn L´Integrale – Cycle India

Schreiber & Leser – Alles Gute!

Hardcover | 232 Seiten | Farbe | 39,80 € | 
ISBN: 978-3-96582-200-9

Cover Djinn Sammelband 3

Der finale Zyklus spielt zeitlich sowohl nach dem zweiten als auch zwischen ersten und zweitem Sammelband, Dufaux beherrscht das Spiel mit den Zeitebenen perfekt. Die Djinn ist sowohl aktive Treiberin des Geschehens als auch selbst Opfer, kann sie doch keine Liebe empfinden. Parallel dazu ist der Band aber auch eine Darstellung von Ereignissen, die schließlich zur Unabhängigkeit Indiens von den englischen Besatzern führten.

Politik, Macht und ihre Abhängigkeiten

Die Erzählung beginnt im Jahre 1919 in Eschnapur, einer fiktiven Stadt in Indien. In ihr herrscht eine Rani, mit der Heirat ihres Sohnes soll jedoch die Regierungsgewalt an ihn als neuen Maharadscha übergehen. In Indien gibt es zu jener Zeit überall Unabhängigkeitsbestrebungen, die teilweise auf gewaltlosen Widerstand setzen (Gandhi), teilweise vor Anschlägen und Auseinandersetzungen nicht zurückschrecken. Die Rani möchte, dass ihr Sohn sich nicht wie von ihm geplant als Verbündeter der Engländer verstehen wird. Sie beauftragt daher die Djinn Jade, seine zukünftige Frau, die Tochter eines abgetauchten Rebellenführers, in der Kunst der Verführung zu unterweisen, um sicherzustellen, dass ihr Mann ihr nicht widerstehen könne.

Die zukünftige Frau wird in den Palast der Lüste verbracht und dort von Jade unterrichtet. Gleichzeitig gilt es aber auch, sich der Attacken der vormaligen Favoritin des künftigen Herrschers zu erwahren. Diese ist keineswegs damit einverstanden, ihre führende Position zu verlieren. Und auch Lord und Lady Nelson, die Jade begleitet haben, werden von der Djinn gedemütigt und gleichzeitig bei Laune gehalten. Nicht zuletzt nehmen sie aber auch eine Rolle in den Kämpfen zwischen Indern und Engländern ein.

Djinn Sammelband 3 page 17

Gleichzeitig hat Jean Dufaux noch eine Nebenhandlung integriert: Die Tochter der Rani ist aufgrund einer Verfehlung ihrer Mutter verflucht, im Körper einer 12-jährigen fest zu stecken. Während ihr Bruder im Laufe der Geschichte erfahren wird, ob und wie er seiner Schwester helfen könnte, wird doch deutlich, dass nur Jade entscheidend dazu beitragen kann. Dazu muss sie nach Afrika aufbrechen (Afrika-Zyklus). Der abschließende Band wiederum ist nur noch Kim Nelson gewidmet. Sie, die auf der Suche nach ihrer mutmaßlichen Vorfahrin Jade war, begegnet nun in Eschnapur ihrer eigenen Vergangenheit aus dem Orient-Zyklus.

Opulente Bilder mit versteckten Inhalten

Ana Miralles erklärt im Anhang ihre Schwierigkeiten mit der Geschichte. Frauen werden im Prinzip nicht so dargestellt, wie es richtig wäre. Andererseits versteht sie aber auch den Plan, den Dufaux verfolgen wollte. Und so hat sie im Hintergrund symbolhafte Darstellungen von Frauen untergebracht, die das im Vordergrund gezeigte konterkarieren und es so in eine andere Richtung bewegen können, wenn die Leser*innen denn bereit sind, dieses aufzunehmen.

Djinn Sammelband 3 page 18

Ihre Bilder zeichnen wieder eine Traumwelt, zusammengesetzt aus Erwartungen und Vorurteilen über eine fremde Kultur und ihre Sitten. Vieles davon hat natürlich historische, echte Wurzeln, die Fiktion hat aber sicherlich zum Erfolg dieser nun in drei Sammelbänden komplett vorliegenden Serie beigetragen. Die Erotik ist angedeutet, neben brutalen Szenen gibt es immer wieder solche, in denen die Lust im Vordergrund steht. Fast immer geht es aber darum, dass körperliche Liebe auch ein Ausdruck von Verflechtungen, Verpflichtungen und Versprechen ist.

Alles andere als platt!

Bei erotischen Comics ist die Grenze zwischen platt und anspruchsvoll, voyeuristisch und anregend, banal und interessant oft nur schmal. In Djinn zeigt Ana Miralles viel nackte Haut, beschreibt Jean Dufaux durchaus Szenen, in denen Frauen als Objekte behandelt werden. Trotz allem geht es hier aber auch um die Macht, die Frauen ausüben können (in politischer, ökonomischer und gesellschaftlicher Stellung) wenn sie die Schwächen der männlichen Eitelkeit ausnutzen. Die Handlung ist komplex und überspannt mehrere Kulturkreise und Zeitebenen und dient keinesfalls nur als Rahmen für expliziten Szenen.

Mit zu dem Verständnis der Geschichte tragen auch die jeweiligen Einführungen von Dufaux und der zusammenfassende Anhang von Miralles bei. Beide beschreiben Intention und Schwierigkeiten während der Umsetzung und erläutern Kompromisse. Daher ist sowohl die Geschichte als auch vor allem die Aufmachung der Sammelbände zu empfehlen, richtet sich aber an Erwachsene. Wer nur eine Vorlage sucht, wird hier nicht glücklich werden!

Ex Libris Djinn Sammelband 3 VZA

Wer möchte, kann die limitierte Vorzugsausgabe mit signiertem Druck erwerben.

Dazu passen Tim Timebomb and Friends mit “30 Pieces of Silver” und ein Old Fashioned.

© der Abbildungen Dargaud Benelux (Dargaud-Lombard S.A.) 2018, by Dufaux, Miralles / 2025 Verlag Schreiber & Leser

Lapière/Dutreuil – Michel Vaillant Legenden 3

Eine furchtbare Saison

Story:  Denis Lapière
Zeichnungen: 
Vincent Dutreuil
Originaltitel: 
Michel Vaillant Légendes tome 3 – Effroyable saison

Blattgold Verlag – ZACK Edition

Softcover | 80 Seiten | Farbe | 24,00 €

ISBN: 978-3-949987-13-7

Cover Michel Vaillant Legenden 3

Neben der aktuellen, zweiten Staffel mit Geschichten über die Rennsportlegende und die dazu gehörige Familie hat man sich entschieden, auch „im alten Stil“ weiterzuarbeiten. Die Legenden-Reihe ist eine Art Hommage an Werke von Jean Graton, sie nimmt Geschichten oder Fragmente davon erneut auf und präsentiert Rennen aus den 60-er und 70-er Jahren im Stil des Altmeisters.

Die Saison 1970 – Ein Wendepunkt

Nachträglich betrachtet gibt es immer wieder Jahre, die für eine bleibende Veränderung in der Formel 1 und im Motorrennsport überhaupt gesorgt haben. Während es manchmal technische Veränderungen waren, die alles auf den Kopf gestellt haben, sind es oftmals auch Unfälle gewesen, insbesondere, wenn sie tödlich verlaufen sind. 1970 war so ein Jahr: Bruce McLaren, Piers Courage und Jochen Rindt kamen auf den Rennstrecken ums Leben …

Michel Vaillant Legenden 3 page 3

Während die Fahrer sich damals uneins waren, wie damit in der laufenden Saison umgegangen werden sollte, war klar, dass für die kommende ein neues Sicherheitskonzept implementiert werden musste. 1970 war noch nicht einmal sichergestellt, dass brennende Fahrzeuge schnell genug gelöscht werden könnten.  Eine furchtbare Saison beschreibt nicht nur die Ereignisse auf der Strecke (natürlich in einer etwas fiktiven Weise da in der Realität Michel Vaillant nicht mit von der Partie war), sondern auch die Diskussion unter den Fahrern und ihre jeweiligen Auffassungen von Gefahr, Adrenalin und Angst.

Dabei kommen der Geschichte auch die unterschiedlichen Typen Vaillant und Warson zu Hilfe, können doch anhand der beiden fiktiven Charaktere die Extreme visualisiert werden. Abgerundet wird der Band durch eine Kurzgeschichte von Jean Graton, Die Tore zur Hölle, die den Feuerunfall von Jacky Ickx aus eben diesem Jahr zum Thema hat. Dieser Unfall ist auch Thema des ebenfalls abgedruckten Interviews mit Jacky Ickx das Denis Lapière zur Vorbereitung auf diesen Band geführt hat.

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Mehr Dramatik als üblich

Während in sonstigen Bänden der Serie ein Fahrzeug nach einer Kollision schon mal durch die Luft fliegt oder spektakulär crasht, sind Todesopfer doch eher selten. Zwar gehören sie zur Geschichte der Formel 1, der Anstand gebietet es aber üblicherweise, sie nicht zum Gegenstand eines Comics zu machen. Hier liegt die Sache anders, denn es geht gerade darum, die Ignoranz der Veranstalter zu zeigen, die Sicherheitsvorkehrungen und präventive Maßnahmen oft aus Kostengründen ignoriert haben.

Und so ist diese Saison, für die ein Weltmeister nur posthum ausgezeichnet werden konnte, auch ein Anlass um über Selbstorganisation, Verantwortungsübernahme auf der einen, Risikobereitschaft auf der anderen zu schreiben. Dieser Spagat ist gelungen! Sowohl die „neue“, als auch die „alte“ Story sind getragen von der Berichterstattung und weit entfernt von Sensationsgier und Verachtung.

Detail Michel Vaillant Legenden 3 page 6

Ein trauriges Kapitel mit positiven Auswirkungen

Die Saison war schrecklich, aber sowohl Fahrer als auch Veranstalter haben daraus gelernt. Das Spektakel, die Show müssen weitergehen, aber nicht mehr wir vorher. Diese Entwicklung wird deutlich und sie führt auch den heutigen Leser*innen noch einmal vor Augen, wie die Anfänge ausgesehen haben. Man kann dem Ganzen aber auch entnehmen, welcher psychologische Druck auf den Fahrern und ihren Beziehungen liegt. Können sich erstere noch aussuchen, ob sie dabei sein wollen oder nicht, sind Familie und Freund*innen dieser Chance beraubt.

Gerade das im Anhang abgedruckte Interview mit einem der Unfallopfer schafft die Verbindung zwischen Fiktion und Realität. Insofern vielen Dank für die Wahl dieser Ausgabe für die deutsche Fassung! Im Übrigen gibt es auch dieses Mal wieder eine limitierte Vorzugsausgabe mit Variantcover und signiertem Druck.

ExLibris VZA Michel Vaillant Legenden 3

Dazu passen ein Hit aus den 70-er Charts: Desmond Dekker mit „You can get it if you really want“ und ein Asti Spumante.

© der Abbildungen 2024 Graton Editeur, by Lapière, Dutruil | 2025 Blattgold GmbH, Bad Dürkheim

ICOM COMIC! Jahrbuch 2025

Herausgeber: Burkhard Ihme
Interessenverband Comic E.V.
Softcover | 184 Seiten | Farbe | 12,00 €
ISBN: 978-3-88834-955-3

Hip Hip Hurrah! Comix-online gratuliert zum 25-jährigen Bestehen der Institution ICOM COMIC! Jahrbuch

Während andere Jahrbücher oft schon nach wenigen Jahren wieder entschwinden, schafft es dieser Leuchtturm der deutschen Independent-Szene immer wieder, zumindest ein Lebenszeichen von sich zu geben. Meistens aber ist es ein echtes Schwergewicht, das für einen schmalen Preis angeboten wird!

Cover ICOM COMIC! Jahrbuch 2025

Die Preisträger*innen

Jährlich wiederkehrendes Thema sind die Vorstellungen der diesjährigen Preisträger*innen sowie aller nominierten Kandidat*innen für den ICOM Independent Comic-Preis in vier Kategorien. Alle Werke werden mit Illustrationen und Coverabbildungen ausführlich vorgestellt.

Als bester Independent Comic in Selbstveröffentlichung konnte Max Julian Otte überzeugen: Sein Es geht auch ohne Ehrgeiz stellt natürlich die Frage, ob die steile These denn haltbar ist. Als bester Independent Comic als Verlagsveröffentlichung wurde Zeter + Mordio von Jens Cornils aus dem avant-Verlag gekürt, ein historischer Krimi aus dem Hamburg des Jahres 1684.

Der Sonderpreis für eine Besondere Leistung oder Publikation geht an Marcus Behrendt (der unter EMBE publiziert). Seine Arbeiten finden sich im Wesentlichen bei toonsUp. Schließlich geht der XPPen-Preis für herausragende Digitale Comics an Sarah-Lynn Weitnauer und Lea Hümbs für Hirncomics sowie an Frederico Frizzantini und Jan Suski Für Max & Luzie in der Antike (erschienen bei Kult-Comics).

Auch alle nicht ausgezeichneten Nominierungen werden vorgestellt. Zusammen ergibt sich daher ein guter Überblick über den aktuellen Zustand. Zudem dürfen die Interviews mit den Preisträger*innen des letzten Jahres nicht fehlen: Ralf Marczinczik (für Digger), Wiebke Bolduan (für Viktoria Aal), Heike Ditrich und Burkhard Laudenbach (für Salon Journal), Luise Mirdita (für Schattenspiel) und Steff Murschetz (für Der unsichtbare Freund) stehen Rede und Antwort.

Ein Blick auf die Szene

In diesem Jahr gibt es kein „großes“ Thema, man leistet sich vielmehr tiefergehende Blicke auf die Geschichte des Jahrbuchs und der eigenen Organisation, und wirft gleich mehrere auf das Thema Cartoon und die Probleme (sagte da jemand etwas von Zeitungssterben und digitalen Angeboten?). Dazu kommen ein Interview mit Peter Puck, den Schöpfer des unvergleichlichen Rudi, und mit Kai Stellmann dessen Bücher über die Quellen von Wäscher-Serien nicht jedermann gefallen.

Backcover ICOM COMIC! Jahrbuch 2025

Auch Überblicke über andere Szenen werden wie immer geboten: Der US-Markt ist in einem disruptiven Umbruch und die niederländische Szene wird hier allzu oft unberechtigterweise ignoriert. Ebenfalls erwartbar ist der Bericht über das Trickfilmfestival in Stuttgart, der mit vielen Details Lust auf mehr macht.

Mehr deutscher Independent geht nicht!

Burkhard Ihme sei gefeiert! Ohne ihn gäbe es das ICOM COMIC! Jahrbuch nicht und wir hätten weniger Information verfügbar. Zudem kreiert das Jahrbuch auch Aufmerksamkeit für die deutsche Independent-Comic-Szene. Der Preis hätte weniger Sichtbarkeit, wäre es nur eine Veranstaltung. So aber werden nicht nur die Gewinner*innen präsentiert, sondern alle Nominierten in dem Jahr des Preises. Zusätzlich bekommen die Sieger*innen ein zweites Mal ein Spotlight aufgrund der Interviews im Folgejahr. Möge es also noch mindestens weitere 25 Jahre durchstehen!

Dazu passen ein lange anhaltender Ingwer-Zitronen-Aufguss und The Interrupters (nicht mehr Independent, aber noch mit dem alten Elan)!

© der Abbildungen Verleger, Zeichner und Fotografen c/o Interessenverband Comic e.V. ICOM 2025

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