Die zweite Zusammenarbeit zwischen Achdé und Jul bringt den Cowboy, der schneller schießt als sein Schatten, erstmalig nach Europa.
Zugleich ist der Band gespickt mit Anspielungen auf die aktuelle politische und gesellschaftliche Situation und steht unter dem Motto „Ein Plädoyer für die Freiheit“. Nein, Lucky Luke steht nicht plötzlich in der ersten Reihe der Revolution, keine Bange! Er nimmt aber die Art der Anspielungen aus der Tradition des Uderzo/Goscinny-Asterix auf und bietet daher auch erwachsenen Lesern nicht nur viele Momente des Schmunzelns sondern teilweise auch der Verzweiflung weil vieles, was vor Kurzem noch undenkbar gewesen wäre heute schon beinah als harmlos aufgefasst wird. Der mittlerweile siebte Band von Achdé mit Geschichten um den erwachsenen Westernhelden zeigt einerseits die ganze Routine in den Zeichnungen des Morris-Nachfolgers, beweist aber andererseits den Spaß an Details und witzigen Szenen wenn Jolly Jumper beispielsweise während des Captain’s Dinners Heu (fr)isst. Zudem macht es dem gebürtigen Franzosen augenscheinliches Vergnügen mit der Brille des Amerikaners auf seine Hauptstadt zu schauen.
Worum geht es: Das Abenteuer beginnt ganz klassisch da Lucky Luke die Daltons zurück in ein Gefängnis transportiert. Dabei begegnen sie Auguste Bartholdi der mit dem Arm der zukünftigen Freiheitsstatue auf Promo-Tour durch die Vereinigten Staaten ist. Er muss Geld sammeln um die Statue durch Gustave Eiffel in Paris fertigstellen und nach Amerika verschiffen zu lassen. Unser Held ist nicht nur der Beschützer hilfsbedürftiger Ladys und so begleitet und verteidigt er auch Bartholdi auf seiner Tour. Sein Gegenspieler ist ein Gefängnisdirektor der auf eben jener Insel, auf der die Freiheitsstatue aufgestellt werden soll, ein ausbruchssicheres Gefängnis errichten möchte. Er ist dabei unschwer als Prototyp des polternden Populisten zu erkennen der heutzutage so oft von sich reden macht.
Aufgrund der bereits verübten Anschläge wird Luke von höchster präsidialer Stelle gebeten, auch den Transport der Statue von Paris nach New York zu begleiten und sicherzustellen. Während bisherige Schifffahrten den Cowboy kalt ließen wird sein Verdauungstrakt nun auf das Äußerste beansprucht.
In Paris lernt Lucky alle wichtigen Sehenswürdigkeiten kennen und nimmt am gesellschaftlichen Leben teil. Zu einem Running Gag wird dabei seine Schwarz/Gelb/Rote Kleidung!
Der „Cowboy in Paris“ ist sein Geld wert! Spannende Story, gute Zeichnungen, grafische und textliche Details, die zum mehrmaligen Lesen auffordern – was will man mehr!
Dazu passen ein petit café und französischer Country, etwa von Raphaelle Dess.
In Kürze hier auf comix-online ein Interview mit Achdé und Jul!
Herausgeber: Mirjam van der Kaaden & Seb van der Kaaden
Verlag StripGlossy Personalia vof Heft Din A 4 | 132 Seiten | Farbe | 8,95 € ISSN: N/A
Die aktuelle Ausgabe der StripGlossy aus Leens/Groningen widmet sich im Schwerpunkt den Comics
Herr Bommel und Tom Poes,
ursprünglich von dem 2005 verstorbenen Marten
Toonder erdacht und gezeichnet. Obwohl in Deutschland kaum bekannt ist Herr
Bommel neben Suske en Wiske und Nero einer der bedeutendsten
Dauerbrenner bei unseren Nachbarn.
Natürlich werden Comics schon seit langem nicht mehr
in halb anonymen Studios ausgefertigt und so stehen auch die Akteure der Bände
im Vordergrund. Den Anfang macht Henrieke
Goorhuis, die erste weibliche Bommelzeichnerin überhaupt. Obwohl erst 28
Jahre alt hat sie schon eine beindruckende Anzahl an Beiträgen für Bommel und
Tom Poes, Donald Duck und Woezel en Pip abgeliefert. Einiges davon und auch ihr
bereits 2012 erschienener Strip über Überlebensstrategien im Dschungel sind in
dieser Folge nachzulesen. Ihre erste Donald Duck Seite von 2009 beweist
eindrücklich ihre Fähigkeit, eine Geschichte auch ohne Worte erzählen zu können
da der Text nicht mit angedruckt worden ist, alle den cholerischen Donald
ausmachenden Elemente aber vorhanden sind. So ist es auch kein Wunder, dass das
Interview mit ihr unter der Rubrik Icoon, also Ikonen der niederländischen Comickunst
eingereiht worden ist. In einem weiteren Beitrag dürfen die aktuellen Bommel-Zeichner*innen
Henrieke Goorhuis, Will Raymakers und
Tim Artz ihre jeweiligen Kolleg*innen
beschreiben und jeweils mit einer Zeichnung vervollständigen. Eine meines
Erachtens sehr persönliche Herangehensweise an das Thema die Spaß macht und dem
Leser seltene Einblicke bietet.
Was wäre eine niederländisch-sprachige Serie ohne Daan Jippes und so folgt ein Werkstattbericht der Zusammenarbeit der Beiden.
Weitere Ausschnitte aus der reichhaltigen Welt dieses
Klassikers bieten Arbeiten von Straatman/Artz,
Valkema, Strickwerda, van Herpen und
Raymakers. Mehr Überblick geht nicht und so ist diese Schwerpunktnummer
insbesondere für deutsche Leser*innen, die einen Einblick bekommen möchten,
wärmstens zu empfehlen!
Aber auch sonst bietet das Heft einiges an Comics: De Generaal hat seinen Auftritt, De Lijn und De Meimoorden werden fortgesetzt und Dick Matena und Daan Jippes dürfen auch jeweils eine Kurzgeschichte beisteuern.
Das Strip Battle steht dieses Mal ganz unter dem
Eindruck von Halloween: Dim Junius
und Dimitri Jansma dürfen auf jeweils
einer Seite ihr – beachtliches – Können beweisen und buhlen auf www.stripglossy.nl/stripbattle
um Stimmen. Der Gewinner darf dann ein Jahr lang in StripGlossy publizieren.
Wie schon erwähnt ist das eine Supersache für noch nicht soo bekannte
Künstler*innen und kann nicht oft genug gelobt werden!
Was wäre die niederländische Comicliteratur ohne „Storm“ von Don Lawrence? In seinem Stil gezeichnet ist die neue Serie „Saul“ von Willem Ritstier und Apri Kusbiantoro deren zweiter Band hier zum Vorabdruck kommt. Es gibt übrigens auch gerade ein Promopaket mit dem ersten Band von Saul und einer älteren StripGlossy-Nummer.
Die Redaktion möchte aber nicht nur unterhalten und
stellt daher das Projekt „Verhalen van
Vrouwen“ vor. Hier geht es um allerlei Arten von Gewalt gegen Frauen und
zeichnerische Annäherungen daran. Das Projekt beinhaltet insgesamt Einsichten
von 23 Frauen. Zum Abdruck kommen hier zwei Arbeiten der belgischen Zeichnerin Kim Duchateau, einmal getextet von Stijn Schenk. Für Schenk ist es bereits
das zweite durch ihn editorisch betreute thematische Projekt nach „Mensen“, einer beachtenswerten Zusammenstellung
mit dem Thema ADHS von jungen Menschen, das von der Stichting In Lijn und dem Dolhuys
| museum van de geest herausgegeben worden ist. Restexemplare sind
möglicherweise noch über die Stiftung erhältlich.
Abgerundet wird das Ganze wieder mit News,
Verkaufscharts und Werbung nicht nur für die großen Verlage. Für alle, die
einen Überblick über die aktuelle Szene unserer westlichen Nachbarn haben
möchten, ein Muss.
Dazu passt klassischer holländischer Ska von Mark Foggo und ein typisch
niederländisches Cassis.
Wer zu den Anfängen möchte muss erst einmal weit in die
Zukunft reisen um zu verstehen.
Dieses neueste Abenteuer aus der Reihe „Spirou par/Robbedoes door“ ist zunächst nur auf Französisch oder Niederländisch erhältlich und spielt in einer Steampunk-artigen Zukunft. Die Erde ist schon lange nicht mehr und die Geschicke der Welten werden von der Admistratie unter Z geleitet. Robbedoes/Spirou ist ein Agent eben dieser Verwaltung, Ijzerlijm/Stefanie in dieser Zukunft seine Schwester und der Graf der Opa der Beiden. Während Robbedoes versucht, im Rahmen der Vorschriften Verstöße aufzudecken, gehört seine Schwester den Rebellen an. Während einer wilden Verfolgungsjagd mit Robotern werden sie von Kwabbernoot/Fantasio gerettet der seinerseits ein Doppelagent ist und ein Faible für Siebziger-Jahre Kunst hat.
Im weiteren Verlauf bereisen die drei begleitet von Spip
mehrere Welten auf der Suche nach Material gegen das Regime, der eigene
Vergangenheit und nach Selbstbestimmung. Filippi, wahrlich kein Unbekannter in
der Comic-Welt, führt in einer sehr schnellen und spannenden Geschichte alle
bekannten Figuren des Rummelsdorf/Rommelgem-Universums zusammen. Gegen Ende
wird immer deutlicher, dass Zantafio/Wiebeling die Fäden in der Hand hält. Ob
er sich das tatsächliche Ende allerdings so vorgestellt hat darf mehr als
bezweifelt werden.
Die Zeichnungen von Fabrice
Lebeault sind ein echtes Feuerwerk! Teilweise erinnern die Bilder an
außerirdische Landschaften wie bei Valerian/Ravian, teilweise ist auch etwas
Bourgeon mit dabei. Die Figuren sind sehr modern angelegt, nehmen aber die
klassischen Bestandteile auf und haben daher einen hohen Wiedererkennungswert.
Am stärksten verfremdet wirkt für mich neben Spip/Pips, der zunächst ein
anderes Tier ist, Spirou/Robbedoes, der ein sehr weibliches Gesicht bekommen
hat. Durch die Verfremdungen unterstützen die Zeichnungen die andere Geschichte
der Hauptfiguren und erleichtern die Trennung der Identitäten.
Das Überformat erlaubt den teils ganzseitigen Illustrationen eine noch größere Wirkung und fordert ein mehrmaliges Lesen des Comics will man alle Details wenigstens wahrgenommen haben. Neben den extrem detailreichen Darstellungen gibt es aber auch kleinere Folgen mit hoher Geschwindigkeit oder Nahaufnahmen der Gesichter und ihrer Emotionen. Lebeault beweist, dass er alle Facetten seiner Kunst beherrscht. Umso erstaunlicher, dass von ihm auf Deutsch bisher kaum etwas veröffentlicht worden ist. Nur der alte Splitter-Verlag und Finix führen seinen Namen auf. In den Niederlanden ist immerhin noch De Boeman erschienen, allerdings auch schon vor über 12 Jahren.
Deutsche Leser*innen müssen sich noch etwas gedulden; „Foundation Z“ soll zwar bei Carlsen erscheinen, ein Termin ist aber
noch nicht bestimmt. Für alle, die nicht warten können oder wollen ist dieser
Band ein Muss!
Dazu passen würde ein echtes Siebziger-Jahre Getränk mit
bunter Farbe wie „Grüne Wiese“ und zeitgerechter Glam-Rock zum Beispiel von The Slade!
Originaltitel: Brocéliande 01: Forêt du Petit Peuple
Splitter Verlag
Hardcover | 56 Seiten | Farbe | 14,80 € |
ISBN: 978-3-96219-157-3
Nach den Elfen und den Orks verfolgt auch diese neue Splitter-Serie das Prinzip der durchgehenden bzw. sich ergänzenden Geschichten von unterschiedlichen Teams. Alle drei Monate erscheint ein neues Abenteuer über eine geschichtsträchtige, mythenbeladene und zauberhafte Gegend in dem Wald von Broceliande, also einem Gebiet, das Teile der Normandie und die Bretagne umfasst.
Im ersten Band erzählt Olivier Peru seine Interpretation der Geschichte der ersten und folgenschweren Begegnung zwischen Merlin und Viviane. Obwohl schon tausendmal gehört, beinhaltet diese Geschichte neue Elemente: Die Korrigans – übellaunige Kobolde – zwingen einen Geschichtenerzähler ein neues Abenteuer zu erfinden, in dem sie eine tragende und heldenhafte Rolle spielen. Orignace, so der Name des Schreibers, scheint nun teilweise zu berichten, teilweise scheinen seine Vorgaben aber auch die Handlung zu treiben.
In einer Nebenhandlung versuchen drei Brüder einen weißen Hirsch zu erlegen, der größer und feiner als alles bisher gesehene sein soll. Auf jeden Fall zeigt Merlin nicht nur Viviane seinen geheimen unsichtbaren Palast, auch die drei Schurken können das sagenhafte Land betreten und möglicherweise dort sogar Unheil anrichten.
Neben all der zauberhaften Grundstimmung kommt somit auch
die schnelle und gewalttätige Seite einer Abenteuergeschichte nicht zu kurz. In
der Serienbeschreibung heißt es, dass einerseits dem Sehnsuchtsort Wald ein
mythischer Anstrich gegeben werde, andererseits Humor und Action aber ihren
Anteil hätten. Das klingt zwar etwas überhöht, ist aber als Beschreibung nicht
verkehrt und wird sicherlich den entsprechenden Käuferkreis definieren.
Die Seiten von Bertrand Benoit quellen förmlich über ob all der Details und der liebevollen kleinen Geschichten innerhalb der Panele. Die Gesichter sind ausdrucksvoll wie selten gesehen und geben die Stimmung ihres Trägers lebhaft wieder.
Benoit beherrscht allerdings nicht nur menschliche Figuren sondern auch Wölfe, Hirsche und Drachen und alle diesen großen Tiere dürfen neben kleinen Waldbewohnern ihren Auftritt genießen. Die Farben und der Stil der Kolorierung entsprechen der aktuellen französischen, hauptsächlich durch die Editon Soleil geprägten, Fantasy-Vorgabe, gehören qualitativ aber eher zum oberen Drittel.
Dieser erste Band macht definitiv Lust auf mehr und die Bretagne und die mit ihr verwobene Artussage waren schon immer einer der Lieblingsfluchtorte für Deutsche. Dem Erfolg steht also nichts entgegen. Der relativ geringe Preis und die wie immer vorzügliche Ausstattung aus Hardcover, Überformat und gutem Papier mit satten Farben sind dabei sicherlich nicht hinderlich.
Wer auf unterhaltsame Weise mehr über diese Gegend erfahren möchte und Krimis mag sei im Übrigen auf die „Bretonischen Geheimnisse“ von Banalec verwiesen, das in dieser Gegend spielt. Mehr Information gibt es dann nur noch im Reiseführer.
Dazu passen ein Glas französischer Cidre und Mike Oldfields
Tubular Bells.
Einige Jahre nach der ursprünglichen Veröffentlichung ist kürzlich bei
Panini Comics die Deluxe-Ausgabe der alternativen Geschichte der Marvel-Helden
erschienen. Neben Überformat und Hardcovereinband bietet die Ausgabe neues Bonusmaterial
und ein doppelseitiges, zum Schutzumschlag gefaltetes Poster.
Neil Gaiman, bekannt als Autor
der Sandman-Reihe und von American Gods, hatte sich in der
Nachfolge der Anschläge vom 11. September geweigert, einen Marvel-Comic in der
aktuellen Zeit mit Hochhäusern, Flugzeugen und Bomben zu schreiben und den
Ausweg des beginnenden 17. Jahrhunderts gewählt, weil es noch Magie genug
enthält, Amerika aber schon entdeckt ist.
Die bekannten Konflikte werden 400 Jahre in der Zeit zurückversetzt
erzählt: Magneto gegen Carlos Javier, Dr. (Otto von) Doom gegen die Vier von
der Fantastik; Roihaz als Captain America, Donal als Thor, Sir Nicholas Fury
als Geheimdienstchef und Doctor Stephen Strange als Leibarzt der Königin sind
weitere Akteure im Konflikt zwischen der ältlichen und schon bald ermordeten
Elizabeth I, Königin von England und dem Herausforderer James VI, König von
Schottland und Elizabeths Nachfolger als James I. Auch die spanische
Inquisition und der Vatikan dürfen in diesem Setting nicht fehlen, kommen aber
erwartungsgemäß nicht gut weg. Bei der Auswahl der Charaktere hat Gaiman sich
von dem Figurenpersonal der 60-er Jahre leiten lassen, konnte aber trotzdem
nicht alle unterbringen.
Den genauso wesentlichen Part der Zeichnungen hat Andy Kubert, wie auch
sein Vater Joe kein Unbekannter im Bereich der Superhelden-Comics, übernommen.
Er hat seine Arbeit in einer für die USA unüblichen Art abgeliefert die es
erlaubt, den sonst typischen Schritt des Inkens zu überspringen. Die Linien
sind dadurch sauberer und integrieren sich besser in das Ergebnis. Durch das
gute Papier und das etwas größere Format kommen diese Zeichnungen besonders gut
zum Ausdruck.
Erwähnt werden sollte auch, dass Todd Klein 2004 einen seiner bisher 17
(!) Eisner-Awards für das beste Lettering eben für diese Serie bekommen hat.
Worum geht es? Die Königin Elizabeth I weiß um die Gefahr für ihr Leben
und ihr Reich sowie um ihre Feinde und Fury versucht, sie zu schützen.
Gleichzeitig beauftragt er Matthew Murdoch, einen blinden irischen Sänger, mit
der Aufgabe, den Schatz der Templer in Empfang zu nehmen und sicher nach
England zu geleiten. Die spanische Inquisition möchte Elizabeth durch James
ersetzen und Doom möchte, nun ja, die Welt beherrschen. Gleichzeitig versucht
Javier, Mutanten um sich zu scharen und zu beschützen während Magneto „seine“
Mutanten für seine Zwecke einzusetzen sucht.
Alle Subplots hier aufzuführen würde den Rahmen bei weitem sprengen und
das Lesevergnügen schmälern. Immerhin handelt es sich um eine achtteilige
Miniserie, die in der Folge auch noch drei Fortsetzungen erfahren hat.
Warum ist die Deluxe-Ausgabe gerade jetzt erschienen, mehr als 10 Jahre
nach der ursprünglichen Veröffentlichung? Vielleicht dachte man sich bei
Panini, dass die Welt gerade so in Unordnung ist, dass eine
Alternativweltgeschichte, die auch noch nicht ganz schlimm ausgeht, gerne
genommen würde…
Auf jeden Fall macht sich die Ausgabe gut in jeder Sammlung von
amerikanischen Comics und die Skizzenseiten bieten ein willkommenes Plus zur
regulären Veröffentlichung. Die Idee mit dem Poster ist auch ganz nett, die
notwendigen Knicke beeinträchtigen das Vergnügen aber doch etwas.
Dazu passen Attila the Stockbroker
& Barnstormer und gewürzter Wein.
Was ist eigentlich ein Klassiker? Definitiv
wohl ein Titel, der seit 50 Jahren auf dem deutschen Markt erhältlich ist und
dessen immer noch erscheinende neue Folgen mit einer Millionenauflage über den
Ladentisch gehen!
Asterix der Gallier ist das
erste Abenteuer von 1959, ursprünglich in Pilote
erschienen und von René Goscinny und Albert Uderzo in Eigenregie entwickelt
um den immer wieder verlangten Klonen von erfolgreichen amerikanischen oder
europäischen Serien etwas Eigenes entgegenzusetzen. Die beiden Franzosen haben
sich dabei ein Setting ausgesucht, dass allen potentiellen Leser*innen in
Frankreich aus der Schule bekannt, im Comic bisher aber noch nicht
breitgetreten worden war: Die Geschichte der Gallier.
Asterix als Serie war nie als Comic für Kinder
konzipiert, sondern bot und bietet mit all seinen Anspielungen auf die aktuelle
politische Entwicklung Spaß auch für Erwachsene. Zudem liehen im Laufe der Zeit
immer wieder bekannte Personen aus Politik, Film und Showbusiness Nebenfiguren
ihr Gesicht. Der Name des Helden ist dabei das Ergebnis der Zusammenfassung von
zwei Kriterien: er sollte mit A beginnen (jede*r Bibliothekar*in wird wissen,
warum) und an den gallischen Helden Vercingetorix
erinnern. Ein Asterikus ist die
Bezeichnung für ein kleines Sternchen und da der Held nicht dem Model der
Superhelden entsprechen sollte, sondern klein zu sein hatte, war der Name
gefunden. Besonderen Spaß hatten die Beiden im Folgenden daran, alle Namen der
Gallier auf –ix enden zu lassen. In späteren Abenteuern wurde dieses Spielchen
auch auf andere Völker angewendet.
Die vorliegende Jubiläumsausgabe enthält den klassischen ersten Band in neuen
Farben und mit dem noch von Uderzo 2006 gezeichneten neuen Titelbild sowie 8
zusätzliche Seiten mit Bildmaterial und einem Text von Volker Hamann zur Entstehungsgeschichte.
Obwohl schon viele zum Stammpersonal der
Gallier gehörende Aktive vertreten sind, sehen sie teilweise noch etwas anders
aus. Erst im Laufe der Zeit haben sie sich zu den ikonographischen Figuren
entwickelt die heute nahezu jeder Westeuropäer kennt. Insbesondere Idefix fehlt hier aber noch, da er erst
im 5.Asterix-Band Tour de France
seinen ersten Auftritt hatte.
1966 wurde diese erste Asterix-Geschichte
erstmals auf Deutsch in KaukasLUPO modern veröffentlicht, allerdings
in einer sehr eigenwilligen Übersetzung und unter dem Titel Siggi der Unverwüstliche. Rolf Kauka
wurden die Lizenzen nach der Veröffentlichung von insgesamt 4 Titeln entzogen
und Adolf Kabatek konnte den
Stuttgarter EHAPA-Verlag überzeugen, nicht nur die freigewordene Lizenz für das
Magazin MV-Comics zu übernehmen,
sondern auch dem Beispiel der Tim-Bücher des Carlsen-Verlages zu folgen und ein
Asterix-Buch herauszugeben. Das war der Beginn einer Erfolgsgeschichte ohne
gleichen. 1968 erschienen die ersten beiden Bände sowohl in einer
Softcover-Kiosk-Ausgabe als auch als gebundenes Hardcover für den Buchhandelsvertrieb
und daran hat sich bis heute nichts geändert. Natürlich gibt und gab es
zusätzliche Veröffentlichungen in Sammelbänden, Mundartausgaben, Wimmelbücher
und und und.
Zur Story: Asterix, Obelix und die anderen
Gallier wohnen zu Zeiten von Julius Cäsar in einem kleinen Dorf, das als
einziges in Gallien nicht von den Römern besetzt worden ist. Es ist zwar von
vier römischen Lagern umzingelt, die dort stationierten Legionäre haben
allerdings kein leichtes Leben denn Miraculix, der Druide des Dorfes, besitzt
das Rezept für einen unbesiegbar machenden Zaubertrank den die Dorfbewohner
regelmäßig zu sich nehmen. Begegnungen zwischen Galliern und Römern nehmen
daher immer einen sehr einseitigen und für die Römer äußerst schmerzhaften
Verlauf. Um hinter das Geheimnis der übermenschlichen Kräfte der Gallier zu
kommen wird ein Legionär als Gallier verkleidet und auf Spionagemission
geschickt. Ihm gelingt es, den Trank zu probieren und beweist seine Stärke im
Kampf gegen seine Legionärskollegen eindrücklich.
Da der Trank seine Wirkung allerdings nur
zeitlich begrenzt entfaltet und der Spion das Rezept nicht mitgebracht hat,
lässt Gaius Bonus den Druiden entführen um mithilfe des Trankes Cäsar werden zu
können. Miraculix und der ihm zu Hilfe kommende Asterix machen sich als
Gefangene über die Römer lustig und beweisen ein immer wiederkehrendes
Grundmuster der Serie: Übermacht alleine genügt nicht, wenn Witz, Zusammenhalt,
Schläue und ein wenig Zaubertrank auf Seiten der Gallier stehen…
Lohnt sich der Kauf dieser Sonderausgabe? Wer
den Band schon sein Eigen nennt wird alleine wegen des neuen Covers
möglicherweise nicht bereit sein, Geld auszugeben. Wer allerdings auch nur ein
wenig Interesse an den Hintergründen zur Entstehungsgeschichte hat und gerne
auch begleitendes Bildmaterial anschaut, wird an den acht zusätzlichen Seiten
seine Freude haben! Wer Asterix der Gallier dagegen noch nicht gelesen haben
sollte, kann jetzt unbedenklich zuschlagen!
Im Übrigen verlost COMIX-online fünf Exemplare der Softcover-Ausgabe! Wer teilnehmen
möchte, erfährt im facebook-Auftritt von COMIX-online alles Notwendige. Vielen
Dank an EGMONT EHAPA Media für die Bereitstellung der Gewinne!
Dazu passt natürlich lauwarme Cervesia und Musik aus vergangenen Zeiten. Die Aufzeichnungen von Troubadix sind im Laufe der Zeiten leider/glücklicherweise verloren gegangen aber Saltatio Mortis tut es auch.
Story: Luke Pearson Zeichnungen: Luke Pearson Originaltitel: Hilda
5 Bände bei Reprodukt Großformat | je 36 Seiten | Farbe | 18,00 €
2 Bände bei Reprodukt Softcover | je 40 Seiten | Farbe | 13,00 €
13 Folgen auf Netflix Je 24 Minuten| Staffel 1 – 2018
Hilda ist ein Mädchen. Sie hat blaue Haare, ist unerschrocken, neugierig und immer bereit, sich auf etwas Unerwartetes einzulassen. Hilda hat ihren eigenen Willen. Hilda hat einen Hund. Hilda ist also genau die Heldin, die nicht nur Eltern, sondern vor allem Kinder in Geschichten lieben. Luke Pearson ist gelungen, was nur Wenige schaffen wie etwa Astrid Lindgren oder Sven Nordquist: Auch visuell wirkende Hauptfiguren für das Lese- und Seh-alter ab 6 Jahren. Nachdem der Berliner Reprodukt-Verlag in seinem Kindercomic-Programm Hilda schon seit einigen Jahren pflegt und zum Beispiel auch über den Gratis-Comic-Tag 2017 kräftig Werbung macht, ist Hilda jetzt plötzlich der Star vieler Feuilleton-Beiträge denn Netflix hat eine Serie daraus gemacht.
Hilda liebt Tiere und
kann sich mit Ihnen verständigen. Sie ist aber auch fähig, die Wesen zu sehen,
die andere nicht wahrnehmen: Trolle, Riesen, Wolkenartige und Wassergeister.
Sie zeigt keine Angst, sondern ist bereit, die Welt der anderen zu verstehen,
sieht die Gefahr, die von den achtlosen Erwachsenen ausgelöst wird und versucht
zu vermitteln.
Spielen die ersten beiden
Bände noch im Wald und damit in einer der kindlichen Lebenswelt eher fremden
Umgebung, müssen Hilda und ihre Mutter danach in die Stadt umziehen und
erlauben somit Abenteuer, die aufgrund der bekannteren Umgebung direkt die
kindliche Phantasie anregen können.
Pearsons Figuren haben
klare Konturen, große Augen und nicht zu viele Details. Emotionen und
Geschwindigkeiten werden in einfacher Bildsprache vermittelt so dass auch noch-nicht-Selbstleser
gut folgen können. Die Bildaufteilung orientiert sich grundsätzlich am
klassischen Raster, hat aber immer wieder ganzseitige Layouts und ist daher
sehr abwechslungsreich.
Die Umsetzung auf Netflix
ist gut gelungen, insbesondere wurde die Altersgruppe erfreulicherweise
getroffen. Hilda ist noch etwas kantiger und grobflächiger als im Comic, bewegt
sich aber nicht so cartoonhaft wie etwa Heidi in der Umsetzung der 80-er Jahre.
Der Charme der Geschichten bleibt erhalten und über die filmische Präsentation
wird wahrscheinlich sogar ein noch größeres Publikum erreicht. Es bleibt zu
hoffen, dass Eltern nicht nur auf die filmische Version setzen, sondern
zusätzlich zu dem einen oder anderen Comic greifen, schon allein um den Kindern
das Verstehen von gedruckten graphischen Erzählungen beizubringen.
Chefredaktion: Georg F. W. Tempel Verlag MOSAIK Steinchen für Steinchen Verlag Heft Din A 4 | 84 Seiten | Farbe | 7,90 € ISSN: 1438-2792
In diesem Heft müssen wir uns leider von Rick Master und seiner Nadine verabschieden. Der Kriminalfall um die so erfolgreiche Anleitung <wie man einen Mord begeht> wird mit einer klassischen Gegenüberstellung aller in Frage kommenden Personen gelöst und hat doch noch ein kleines Bonmot am Ende. Zidrou und van Liemt ist es gelungen, einem doch etwas faden Klassiker neues Leben einzuhauchen und trotzdem den alten Charme beizubehalten. Im mittlerweile dritten Album der neuen Fälle haben sie ihren eigenen Weg gefunden – weiter so! Mic Mac Adam, der Titelheld diesen Monats darf ein amouröses Abenteuer erleben. Die ganze Situation erweist sich aber als Honigtopf, denn eigentlich ist die scheinbar so schutzbedürftige Eleonar alles andere als das. Über einen Antiquitätenhändler wird immerhin etwas deutlicher, worum es überhaupt gehen könnte. Magie ist wie auch schon bei den anderen Abenteuern im Spiel.
In einer neuen Kurzgeschichte darf der einzige Zombie der als Zombie geboren wurde seine Liebe zur Poesie entdecken. Das „kleine Steak“ wird verschont wenn es denn seine Lebensgeschichte aufbereitet. In dieser ersten Folge von Tizombi werden zunächst einmal die Figuren vorgestellt. Vielversprechend!
Dantès und Harmony kommen in ihren jeweiligen Geschichten ihrer eigenen Geschichte näher; Dantès versucht, die Fehler seines Vaters auszubügeln, das blonde Mädchen beginnt zu erkennen, dass sie besondere Kräfte kontrollieren kann und akzeptiert den Namen Harmony für sich.
Solo, die Geschichte über eine Ratte auf der Suche nach seiner von Menschen entführten Frau in einer post-apokalyptischen Welt, in der jeder jeden zu fressen sucht, von Oscar Martin ist bereits in ihrem achten Teil. Obwohl auf den ersten Blick vielleicht (zu) brutal zeigt Martin immer wieder, dass er gerade die leisen Töne mag und Gewalt und Macht verachtet.
Dazu gib es wieder jede Menge an Rezensionen und News. Die längeren Artikel drehen sich in diesem Monat um die Gesamtausgabe von Durango und die Fähigkeit seines Autoren Swolfes, seine Schwäche der Charakterentwicklung in diesem Fall zu einer Stärke gemacht zu haben sowie um die Karikaturen von Tom Gaud.
In Deutschland die kompakteste Möglichkeit, im franko-belgischen Bereich auf dem Laufenden zu bleiben.
Dazu passt wettergemäß ein heißer Tee (mit oder ohne Rum) und ein Sampler zum Beispiel aus dem neuen OX.
Nach
Disney und Marvel erlaubt nun auch DC einem europäischen Künstler seine eigene
Version eines Markennamens: Enrico Marini
durfte sich einen lang gehegten Traum erfüllen und seine eigene Interpretation
eines der bekanntesten Comic-Helden erschaffen. Batman – der dunkle Prinz
erschien zunächst in zwei großformatigen Bänden bei Dargaud auf Französisch und Niederländisch und kurze Zeit später
auf Deutsch bei Panini Comics. Zum
internationalen Batman-Tag ist nun ein Sammelband mit beiden Teilen im
Batman-typischen Prestige-Format erschienen. Natürlich gibt es dieses Werk ebenfalls
als limitiertes Hardcover zu einem Preis von 23 €.
Lohnt
sich das? – Klare Antwort: Ja, denn das andere, kleinere Format und das glänzendere
Papier entlocken der Geschichte noch mal neue Eindrücke und erlauben eine
bessere Vergleichbarkeit mit den anderen Batman-Titeln. Wer bisher noch nicht
zugegriffen hat sollte es jetzt auf jeden Fall tun, denn diese Story bringt die
ganze Erfahrung Marinis im Erzählen guter und spannender Geschichten zur
Geltung. Er nimmt alle erwarteten Züge des Jokers und Harley Quinn auf der
einen Seite, Batmans und Alfreds auf der anderen und Catwoman irgendwo
dazwischen auf, setzt aber eigene Akzente bei der Handlung.
Bruce
Wayne erfährt, dass er (mal wieder) Vater geworden ist. Bevor er sich mit
dieser neuen Situation abgefunden hat wird seine mittlerweile bereits neun
Jahre alte Tochter allerdings von Joker entführt, die Mutter lebensgefährlich
verletzt. Marini gelingt es brillant,
die abstruse und brutale Verrücktheit des teuflischen Jokers und gleichzeitig die
verletzliche Liebesgeschichte zwischen ihm und Harley darzustellen.
Genauso
abgedreht ist definitiv der verzweifelte Versuch des dunklen Ritters, den Ort
herauszufinden, an dem das Mädchen versteckt wird. War Batman schon oft nah an
der Grenze zum „Bösen“ so kommt er ihr in diesem Band noch einmal näher und
überschreitet sie sogar teilweise. Der Konflikt mit sich selbst und seinen
Peers aufgrund seiner Verzweiflung wird allerdings durchaus entwickelt und es
geht nicht um Rache oder Vergeltung, da die Rettung immer im Vordergrund steht.
Beim
Artwork beweist Enrico Marini, dass
er zurecht einer der erfolgreichsten aktuellen Comicschaffenden im europäischen
Raum ist. Auf Deutsch sind von ihm unter anderem Gipsy, Die Adler Roms, Raubtiere und der Stern der Wüste erschienen. Sein frankobelgischer Stil mit
dicken schwarzen Linien und handkolorierter Tusche erlauben insbesondere bei
den Gesichtern viele Details und stimmungsvolle Atmosphäre. Seine Seiten
quellen teilweise vor Action nur so über da die einzelnen Bilder sich
überlappen, spiegeln oder ineinander übergehen. Marini hat sich viel von aktuellen Filmproduktionen abgeschaut. Es
gibt aber auch seitenfüllende Zeichnungen in der er sein Verständnis der
Anatomie des Menschen unter Beweis stellen kann. Durch das kleinere Format wird
die gefühlte Geschwindigkeit dabei noch einmal erhöht.
Dankenswerter
Weise befinden sich in diesem Sammelband zusätzlich zu den beiden Einzelbänden
die Anmerkungen des Künstlers, wie es überhaupt zu dieser Möglichkeit einen
europäischen Batman zeichnen zu dürfen gekommen ist, und ein Interview speziell
für die deutsche Ausgabe. Ein paar Skizzen sind ebenfalls enthalten.
Aufgrund
des Tempos passt dazu am besten eisgekühlte Cola eures jeweiligen
Lieblingsbrands und dunkler Urban Sound zum Beispiel von den Beastie Boys.
Bier ist seit einigen Jahren wieder in aller Munde,
insbesondere, wenn es sich um neue Geschmäcker oder alte Sorten handelt. Um
Bier, seinen Brauprozess im Wandel der Zeiten und natürlich auch um die
persönlichen Schicksale der handelnden Personen geht es in dem 8-bändigen
Zyklus „Hopfen und Malz“, der ursprünglich zwischen 1992 und 1999 bei Glenat erschienen ist.
Der Autor Jean van
Hamme aus Brüssel ist einer der bekanntesten und erfolgreichsten
europäischen Comic-Szenaristen und dem deutschen Publikum eher von XIII oder Thorgal bekannt obwohl fast alle Serien von ihm in deutscher
Übersetzung vorliegen bzw. veröffentlicht werden. Ältere Einzelwerke wie Epoxy oder Western sind nur noch antiquarisch zu bekommen.
Von dem Zeichner Francis
Vallès, der in den letzten Jahren hauptsächlich mit Stephan Desberg und eben van
Hamme zusammengearbeitet hat, liegt nur wenig vor.
Hopfen und Malz ist eine Serie über die Brauerfamilie Steenfort; den prägenden Personen einer Epoche ist
jeweils eines von insgesamt sieben Album gewidmet – von Charles, 1854 bis zu
Frank, 1997. Comicplus + hat in seiner limitierten Gesamtausgabe von 2016/2017
den abschließenden achten Band mit Kurzgeschichten in den zeitlichen Ablauf
integriert, so dass sich eine sehr lesbare Handlung über eineinhalb
Jahrhunderte ergibt. Es sei dazu gesagt, dass die gesamte Story zwar auf
historischen Fakten beruht, sich aber als reine Fiktion hinsichtlich der
Personen und Unternehmen präsentiert.
Die Story beginnt 1854 in dem belgischen Dorp und dem
Bierbrauer Alfred de Ruiter. Da er seine Angestellten allerdings nicht gerade vernünftig
behandelt und er Moderne auch nicht so aufgeschlossen ist, schafft es einer
seiner ehemaligen Arbeiter – Charles Steenfort – dem Alteingesessenen mit
eigenem Bier Konkurrenz zu machen. Schon hier wird deutlich, dass es um Macht
gehen wird, um Ränkespiele und um psychologische Profile der Akteure. Anders
als sonst bei van Hamme üblich gibt es aber keine wiederkehrenden positiven
Charaktere mit Identifikationspotential. Wen das an aktuelle TV-Serien erinnert
liegt im Übrigen nicht falsch, denn das Skript war ursprünglich als Drehbuch
geplant und wurde erst 10 Jahre später als Comic realisiert. Die
Fernsehadaption erfolgte dann aber doch noch.
Der Comic führt beispielhaft durch die Geschichte des
Brauens und die notwendigen Anpassungen der jahrhundertealten Tradition an
moderne Errungenschaften.
Das Thema der Marktkonzentration, das Ende des letzten
Jahrtausends bereits sehr deutlich zu spüren war, wird ebenfalls nicht
ausgespart. Alleine der Hype des keinen Craft-Brauereien wurde nicht
vorhergesehen.
Daneben gibt es aber auch deutliche zeitgeschichtliche und
politische Themen von Feindschaft, Kollaboration oder „Sünde“ die reflektiert
werden. Hier zeigt sich die Limitierung des Ansatzes: Aufgrund der Beschränkung
auf 48 Seiten pro Epoche und der Notwendigkeit, auch noch die Story und die
Bier-bezogenen Aspekte voranzubringen, sind die Positionen viel zu
oberflächlich und schwarz-weiß dargestellt um wirklich zu überzeugen. Immerhin
beweist das aber, dass Fragestellungen dieser Art auch in nicht-graphic-novel-Formaten
auftauchen können.
Auch wenn die Deutschen in dem 1917 spielenden dritten Band
fast nur karikaturenhaft beschrieben werden, die Auseinandersetzung mit dem
Faschismus in den eigenen (belgischen) Reihen ist in Band 4 schon wesentlich
ehrlicher und verzichtet auf moralisch eindeutige Schuldzuweisungen.
Die Darstellung des jeweiligen Ambientes und der Kleidung
stehen der inhaltlichen Genauigkeit der Story in nichts nach. Vallès schafft es mit seinem
realistischen Stil fast in jedem Bild, einen visuell stimmigen Eindruck zu hinterlassen
und seine Gesichter (für mich immer ein erstes Kriterium der Qualität) sind
nicht nur detailreich, sondern transportieren auch zum Text und der Geschichte
passende Emotionen.
Das Layout der Geschichten ist dagegen eher klassisch: nur
selten wird von der drei- oder vierreihigen Aufteilung abgewichen. Wenn, dann
ist es meistens um einen schnellen Kameraschnitt zu simulieren und Emotion oder
Geschwindigkeit zu transportieren.
Comicplus + integriert in die Gesamtausgabe nicht nur die
Cover der einzelnen Ausgaben sondern ergänzt das Ganze mit viel
Hintergrundmaterial über die TV-Serie, einzelnen Zeichnungen und Abbildungen
von (imaginären) Werbematerialien für Steenfort-Biere.
Die im Original „Meister
der Gerste“ genannte Serie ist nicht nur allen Freund*innen der Braukunst
an Herz zu legen, sondern stellt auch einen spannenden und lesenswerten Versuch
dar, einen so langen Zeitraum exemplarisch darzustellen. Niemand erwarte
allerdings, dass hier objektive Fakten im Sinne eines aufgeklärten Schulunterrichts
präsentiert würden denn dafür stehen viel zu viele Klischees im Vordergrund.
Der erste und zweite Band enthalten jeweils 2 Alben und die
dazugehörigen, ergänzenden Überleitungen, der dritte versammelt die letzten
drei Abenteuer. Alle Bände sind als Hardcover mit Glanzapplikationen auf dem
Titelbild erschienen, auf jeweils 1000 Exemplare limitiert und noch lieferbar.
Die Serie bietet solides Handwerk mit einem nicht
alltäglichen Setting. Van Hamme
beweist einmal mehr seine Fähigkeit, lange Handlungsbögen zu spinnen, darf sich
hier aber sogar Generationenübergreifend betätigen. Vallès ist in Deutschland eher unterschätzt. Neben dieser Serie
liegt nur noch die Gesamtausgabe von Tosca
vor. Die Serie selbst ist nicht nur ein tolles Geschenk für Bierliebhaber mit
Comicleidenschaft oder Comicliebhaber, die gerne Bier trinken sondern auch für
sich selbst eine nette Abwechslung zu der 25-sten Geschichte im gleichen
Ambiente!
Dazu passt natürlich nichts Anderes als belgisches Bier! Wer
mag, kann ein klassisches Lambiek
probieren und mit einem Abtei-Bier
weitermachen. Für alle anderen tut es aber auch ein Belgian Blonde! Im Hintergrund darf die Musik in diesem Falle nicht
ablenken – Wie wäre es mit den australischen The Triffids?
Ein paar
abschließende Worte zu dieser Rubrik: Neue Comics erscheinen mit einer hohen
Frequenz Monat für Monat. Auch wenn sich der klassische Buchhandel vieler Orten
mit einer Comic-Ecke schmückt, zeigt sich, dass der knappe Platz oft für
Dauerseller und Neuerscheinungen gebraucht wird. Es gibt aber viele
Veröffentlichungen der letzten Jahre die es nicht verdient haben, unterzugehen
und dem Vergessen anheimzufallen.
Wenn jemand von euch einen bestimmten Titel hier gerne sehen würde oder gar selbst ein paar Worte darüber verlieren möchte: Dafür ist die Kommentarspalte dar 🙂