Corteggiani, Ameur/Andrade – Chief Joseph

Die wahre Geschichte des Wilden Westens

Story: Francois Corteggiani, Beratung: Farid Ameur
Zeichnungen: 
Gabriel Andrade

Originaltitel: La Véritable Histoire du Far West : Chef Joseph

Splitter Verlag

Hardcover Überformat |56 Seiten | Farbe | 17,00 € | 
ISBN: 978-3-98721-124-9

Cover Chief Joseph

Die wahre Geschichte des Wilden Westens ist eine der aktuellen Konzeptserien, die versuchen das Erzählen einer spannenden Geschichte und die Wiedergabe historischer Details zu kombinieren. Der Historiker Farid Ameur steht hinter den Geschichten dieser Reihe und stellt sicher, dass anstatt von gefärbten Legenden die Wahrheit wiedergegeben wird. Zudem steuert er einen Anhang bei, der einzelne Aspekte besonders beleuchtet. Sie hat damit einen ganz anderen Ansatz als die ebenfalls bei Splitter erscheinenden Western Legenden.

Ein gewiefter Stratege

Chief Joseph ist einer derjenigen Häuptlinge, die für ihre Erfolge im Kampf gegen die übermächtige Kavallerie verehrt werden. Erzogen von Missionaren und deswegen vertraut mit einigen Bräuchen der Weißen musste er erdulden, dass das einst friedliche Volk der Nez Pencé aus ihrem angestammten Gebiet vertrieben und fast vollständig vernichtet wurde.

Chief Joseph selbst war ein Mann des Friedens. Er wusste, dass sein Volk eine militärische Auseinandersetzung nicht würde gewinnen können. Und doch wurde er gezwungen, diesen Weg zu gehen. Er versuchte, sein Volk aus dem Wallowa-Tal im Grenzgebiet zwischen Idaho, Washington und Oregon über die Rocky Mountains durch den Yellowstone-Park und Montana in die kanadische Sicherheit zu bringen. Dabei waren bis zu vier Armee-Einheiten auf seiner Spur.

Chief Joseph page 3

Corteggiani, im Western-Genre bereits sehr verdient, beschreibt, unter welchen Strapazen die schließlich doch erfolglose Flucht geschah und verschweigt dabei keinesfalls die Gewalt. Er zeigt klar auf, wo seine Sympathien liegen: Bei dem Volk, dass aufgrund der Gold-Gier der Siedler gezwungen werden sollte, in ein unfruchtbares Reservat zu ziehen und die ursprüngliche Kultur aufzugeben! Ein graphisch ganz anders umgesetztes Beispiel der Western-Erzählungen von Corteggiani ist Der Weg des Untergangs.

Ein klassischer Western in guter Qualität

Gabriel Andrade ist alles andere als unbekannt, hat aber bisher nichts mit dem klassischen Western-Setting zu tun gehabt. Seine Zeichnungen lassen allerdings das Gegenteil vermuten, ist es doch geprägt von allen Bestandteilen, die man als Leser*in sehen möchte: grandiose Weiten, der Wechsel von der Totalen in die Handlung, raue Männer im Kampf. Auch bei ihm wird deutlich, auf wessen Seite er sich sehen würde: Während die Nes Pencé Würde ausstrahlen, fehlt diese bei den Soldaten vollkommen.

Chief Joseph page 5

Ein Band mit vielen Schlachten hat naturgemäß auch eine Menge an Actionszenen. Andrades Körperdarstellungen sind auch in der Bewegung anatomisch korrekt. Der Schrecken des Krieges wird deutlich, es fließt aber nicht übermäßig viel Blut und auch Splatterszenen sind nicht zu entdecken. Jede*r Liebhaber*in dieser Gattung wird die Zeichnungen daher lieben.

Eine Art Rehabilitation

Natürlich kann man die Geschichte nicht mehr ändern. Die indianische Kultur und Tradition sind fast vernichtet und viele Völker, die ja größtenteils nur wenige 1000 Mitglieder umfassten, leben nur noch in den Geschichten über sie. Trotzdem ist es wichtig und richtig, dem Märchen „der historischen Eroberung und Urbarmachung des Westens“ die Wahrheit entgegenzusetzen. Und diese ist geprägt von falschen Versprechungen, Verrat und systematischer Ausrottung.

Chief Joseph page 10

Diese Geschichten zu erzählen und dabei nicht in die Rolle des geifernden Anklägers zu verfallen, sondern die Fakten für sich sprechen zu lassen ist ein Verdienst dieser Reihe! Der umfangreiche historische Anhang hilft dabei, enthält er doch ein paar Belege und Hinweise für eventuell gewünschte Vertiefungen.

Dazu passen Of Monsters And Men mit „Dirty Paws“, und ein frisches Quellwasser!

© der Abbildungen Editions Glenat 2023 Francois Corteggiani, Gabriel Andrade & Farid Ameur | Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2024

Delporte/Forton – ZACK Spezial 13: Alain Cardan 3

Hallo … Hier Venus!

Story: Yvan Delporte
Zeichnungen: 
Gérald Forton

Originaltitel: Alain Cardan

Blattgold Verlag – ZACK Edition

Softcover | 48 Seiten | Farbe| 14,00 € |

Limitiert auf 555 + 55 Exemplare

ISBN: n/a

Cover ZACK Spezial 13

Die Reihe ZACK-Spezial ist für Fans der klassischen frankobelgischen Abenteuer- und Science-Fiction Comics. Die hier erscheinenden Reihen haben es zu großen Teilen nie nach Deutschland geschafft, erscheinen nun aber in kleiner Auflage und im Direktvertrieb. Der erste Band über den Agenten Alain Cardan ist bereits vergriffen, die Detektive des Himmels sind noch lieferbar. Ein Abschlussband ist geplant.

Ein bemannter Flug zur Venus

Während sich die bemannte Weltraumfahrt aktuell darauf vorbereitet, erneut Menschen auf den Mond bringen zu wollen, hat sie in Literatur und Comic längst das komplette Weltall erobert. Die Geschichte aus den späten 50-er Jahren beginnt damit, dass das der UNO unterstehende International Forschungszentrum einen ersten bemannten interstellaren Flug zum Mond plant und somit ein neues Zeitalter starten möchte. Doch noch während der Vorbereitungen empfängt man plötzlich ein Signal Hallo … hier Venus!

Obwohl man sich beim IFZ nicht erklären kann, wieso ein Funkspruch von der Venus in menschlicher Sprache abgesetzt werden konnte, beschließt man, die geplante Mission neu zu planen und anstelle des Mondes die Venus anzufliegen. Alain Cardan wird zum Kommandanten der Reise ernannt. Sein Auftrag ist nicht nur zu beweisen, dass Reisen durch das Weltall möglich sind, sondern auch herauszufinden, von wem die Funksprüche stammen.

Der Science-Fiction Hintergrund ist durchaus vom damaligen Standpunkt der Technik gedeckt. Zwar hat man noch nicht so viel Wissen über die Atmosphären der anderen Planeten, man versucht aber zu extrapolieren. Parallel treibt Yvan Delporte einen Krimiplot voran. Der reichste Mann der Welt wird bei einem Unglück schwer verletzt, es ist aber nicht klar, ob es sich wirklich um einen Unfall handelt oder ob mehr dahintersteckt. Im Laufe der Zeit kulminieren beide Stränge in einem gleichzeitigen Höhepunkt.

Detail ZACK Spezial 13 page 15

Gelungene Reproduktion mit nostalgischem Flair

Alte Serien, die nicht ständig nachgedruckt worden sind und in umfassenden Integral-Bänden vorliegen, bedürfen oftmals einer liebevollen Restauration. Alte Druckvorlagen sind nicht mehr erhältlich, digitale schon gar nicht. Also geht es an das Scannen von erhaltenen Magazinen. Teilweise sieht man den Zeichnungen das Druckraster noch an. Zudem sind die Farben anders als man es heute erwarten würde. Diese nostalgischen Elemente beinträchtigen das Lesevergnügen allerdings keineswegs.

Forton beweist auch in seinen Bob Morane-Bänden, dass er ein Meister der SF-Action-Serien war. Seine Figuren sind glaubhaft, das Dekors je nach Setting modern, aber zeittypisch, bzw. technisch extrapolierend. Wer sich darauf einlassen möchte findet hier einen gut aufbereiteten Klassiker. Im Zweifel ist die Limitierung weniger der Wertsteigerung als dem zügigen Abverkauf geschuldet. Jeder Band, der unverkauft in einem Lager liegt, bindet Kapital, das nicht in eine neue Produktion investiert werden kann.

Klassiker aus den End-50-ern

Wer Jules Verne oder H.G. Wells mag, wird hier richtig liegen: Die Weltraumfahrt ist noch nicht von Katastrophen geprägt und scheint finanzierbar. Zudem sind viele Protagonisten (sic!) altruistisch geprägt und verfallen nicht unbedingt in nationale Sichtweisen. Natürlich gibt es schlechte Menschen, diese sind aber kriminell und somit wiederum Teil des Spiels.

Für mich eine schöne Reihe von Klassikern mit Serien, die zueinander passen, thematisch aber breit genug aufgestellt sind um viele anzusprechen!

Dazu passen Gene & The Esquires mit „Space Race“ und ein Cognac!

© der Abbildungen Forton/Delporte – Edition Hibou 2024| 2024 Blattgold GmbH

Achdé/Jul – Lucky Luke 102

Letzte Runde für die Daltons

Story: Achdé
Zeichnungen: 
Jul

Originaltitel: Lucky Luke – Un cow-boy sous pression

Egmont Comic Collection

Softcover/Hardcover | 48 Seiten | Farbe | 7,99 € / 15,00 € |

ISBN: n/a / 978-3-7704-0967-9

Cover Lucky Luke 102
© 2024 Lucky Comics/ Story House Egmont

Zum ersten Mal in seiner Geschichte muss der Cowboy, der schneller schießt als sein Schatten, den ganzen Wilden Westen retten. Tatsächlich scheint nichts mehr so zu sein, wie es sein soll. Der Grund: Es gibt wegen eines Streiks der Brauereiarbeiter kein Bier mehr.

Lucky Luke und die Deutschen

Lucky Luke hat sich schon mit allen Möglichen Personen und Bevölkerungsgruppen beschäftigt, seit dem Achdé und Jul übernommen haben sogar mit aktuellen gesellschaftspolitischen Themen. Eine Bevölkerungsgruppe, die einen nicht unwesentlichen Anteil an Einwander*innen gestellt hat, war allerdings bisher noch nicht gewürdigt worden: Die Deutschen! Nun also eine Sammlung an Klischees, Vorurteilen und kleinen Spitzen gegen die östlichen Nachbarn der Franzosen.

Detail Lucky Luke 102 page 11
© 2024 Lucky Comics/ Story House Egmont

Natürlich verlangt ein solches Setting eine ganz bestimmte Zutat: Bier! Und tatsächlich ist jenes nicht mehr verfügbar, da ein anderes deutsches Exportgut die Arbeiter in der Brauereiindustrie aufgescheucht hat: Die Ideen eines gewissen Herren mit Namen Karl Marx! Luke wird beauftragt, in der Stadt Milwaukee, dem Zentrum der deutschen Brauer, wieder für geordnete Verhältnisse zu sorgen und die Produktion des Gerstensaftes erneut in Gang zu bringen.

Zunächst aber hat der führende Brauereibesitzer eine „Schnapsidee“, denn er möchte Gefängnisinsassen als Streikbrecher einsetzen, unter ihnen auch die Daltons. Die Letzte Runde für die Daltons enthält die übliche Menge an Humor, die man in dieser Serie mittlerweile erwarten darf, einiges davon auch mit sehr gutem Wortwitz übertragen! Die Menge an Vorurteilen dürfte aber den einen oder die andere Leser*in überfordern, geht die Richtung hier doch gerade mal wieder in Richtung Großmannssucht. Gerade deswegen aktuell zu empfehlen!

Lucky Luke 102 page 11
© 2024 Lucky Comics/ Story House Egmont

Satire mal anders

Satire würde ich eher im Bereich der Cartoons erwarten, nicht aber bei einer so erfolgreichen und eingeführten Reihe, die sonst eher für den all-age-Humor steht. Jul schafft es aber, viele Gags über die Deutschen so genial umzusetzen, dass es beim Lesen teilweise weh tut, immer aber Spaß macht. So werden viele deutsche Eigenschaften von einem Vertreter der First Nations vorgeführt und die Daltons in Lederhosen sind schon genial.

Ansonsten bringt auch dieser Band alles das, was von einem LL zu erwarten ist: Wimmelbilder, abstruse Szenen und Gags, die erwarten, dass man zu mindestens das Grundkonzept der Serie kennt. Vielleicht nicht das stärkste Album der Serie aber trotzdem – für mich persönlich – ein Must Have in der unüberschaubaren Menge von Neuerscheinungen.

Detail Lucky Luke 102
© 2024 Lucky Comics/ Story House Egmont

Zum über-sich-selbst-Lachen

Die Welt wird immer verrückter und auch die jüngsten Ereignisse in den USA sind für Europa nicht unbedingt ein Grund zur Freude. Man muss daher anfangen, über sich selber lachen zu können! Eine erste Lektion dafür ist dieser Comic!

Wer möchte, kann zur Hardcover-Ausgabe greifen, die am 12. November erscheint. Die Softcover-Kiosk-Ausgabe ist bereits erhältlich.

Dazu passen ein Schell’s Pilsener und „Funkytown“ von den Lucky Chops.

© der Abbildungen 2024 Lucky Comics/ Story House Egmont

Beste Bilder 15

Die Cartoons des Jahres 2024

Hrsg: Antje Haubner, Jana Legal, Dieter Schwalm

Autor*innen, Zeichner*innen: 83 Cartoonist*innen

Lappan Verlag
Sofcover Querformat | 176 Seiten | Farbe | 14,00 €
ISBN: 978-3-8303-3686-0

Cover Beste Bilder 15

Woche für Woche, Tag für Tag passieren Tausend Dinge, die in einem Cartoon festgehalten werden. Einige davon sind nach kurzer Zeit schon nicht mehr aktuell, einige waren nie witzig oder haben Grenzen überschritten. Vieles davon ist subjektiv! Diese Reihe geht einen anderen Weg. Die Künstler*innen wurden gebeten, ihre nach eigener Auswahl besten Cartoons einzureichen. Bedingung: sie mussten aus der Zeit ab November 2023 stammen.

Ja, ist das denn witzig? Und nun?

Die Aufgabe des Cartoons ist es, den Finger in die Wunde zu legen. Davon gibt es wahrlich genug: Die Umwelt und das Klima spielen je nach Lesart verrückt oder reagieren wie vorhergesagt. Die Ampel ist mittlerweile beendet, hat aber über das Jahr hinweg genügend Possen gerissen. Kriege, Terrorismus, KI, Cannabis, …

Die Aufgabe von Cartoonist*innen ist nicht, Antworten zu geben! Ja, noch nicht einmal witzig zu sein! Es langt, wenn sie einen Denkanstoß geben. Und nebenbei gesagt, die Frage des Humors ist viel zu persönlich, um sie zu einem objektiven Kriterium machen zu können.

Beste Bilder 15 page 4

Wir finden in diesem Band daher eine extrem breite Auswahl, immerhin haben 83 Menschen ihre besten Werke eingereicht, die gefallen UND abstoßen wird. Fast alle werden ihre Lieblinge wiederfinden, denn auch die aus den Massenmedien bekannten Namen sind vertreten. Viele werden hoffentlich neue Lieblinge entdecken oder wiederfinden. Und ganz bestimmt wird es Bilder geben, die nicht gefallen. Das gehört dazu und schult in Toleranz!

Mehr als 300 Bilder

Mehr als 300 der besten Cartoons des Jahres für weniger als 15 € bedeuten ein extrem gutes Preis-Leistungs-Verhältnis! Der Band ist daher also nicht nur zum Selber-Lesen geeignet, man kann ihn ebenfalls (zur Not als Zweitausstattung) überall dorthin legen, wo Menschen etwas Zeit verbringen und sich gerne mal ein wenig ablenken lassen wollen. Insofern ist der Band auch das ideale Mitbringsel.

Beste Bilder 15 page 8

Die Cartoons machen Mut! Solange es noch Menschen gibt, die sich über etwas aufregen, solange ist noch nicht alles verloren. Insofern wünsche ich allen Leser*innen, dass sie etwas so sehr ärgert, dass sie anfangen, etwas zu tun. Das mag im Persönlichen sein, denn viele kleine (auch sprachliche) Nicklichkeiten haben große Bedeutung für die Opfer. Es mag aber auch im Größeren sein, wenn wir unsere Gewohnheiten und Wünsche unter dem Aspekt der Umweltverträglichkeit abklopfen.

Die Gewinner*innen aus den über 4100 eingereichten Bildern werden Mitte Januar bekanntgegeben!

Und sonst?

Beste Bilder 15 page 7

Mehr politisch korrekte Cartoons oder Satire lassen sich immer finden! Schon etwas älter ist eine Sammlung mit Cartoons zum Krieg in Syrien, die aber immer noch empfehlenswert ist.

Dazu passen die Bad Manners mit „Viva La Revolucion“ und eine leicht dekadente Flasche Spätburgunder.

© der Abbildungen 2024 Lappan Verlag in der Carlsen Verlag Gmbh Hamburg / 2024 bei den jeweiligen Autor*innen

Frenz/Ordon – Phantom 1

Die verschwundenen Base-Jumper

Story:  Bernd Frenz
Zeichnungen: 
Janusz Ordon
Originaltitel: 
Fantomen

Blattgold Verlag – ZACK Edition

Softcover | 56 Seiten | Farbe | 16,00 €

ISBN: 978-3-949987-66-3

Cover Phantom 1 ZACK-Edition
© 2024 Kings Features Syndicate ™Hearst Holding, Inc/Distr. Bulls

Viele Jahre war der ganz besondere Superheld vom deutschen Markt verschwunden, nur um urplötzlich in einer Vielfalt zurückzukehren, die von niemandem erwartet worden war. Lee Falk’s Phantom ist ein Phänomen sondergleichen. Für Fans und Sammlerinnen gibt es das Kompendium von Blees und eine Mischung aus alten, bisher bei uns unveröffentlichten Klassikern erscheint bei Zauberstern. Neben der zweibändigen Ausgabe mit von Mitton gezeichneten Stories nun also auch eine Reihe mit Geschichten von Bernd Frenz!

Der aktuelle Wandelnde Geist im Kampf gegen das Verbrechen

Das Phantom hat einen Vorteil gegenüber allen anderen Superheld*innen, kann er doch auf eine Historie von Inkarnationen verweisen und somit Geschichten über einen Zeitraum von mehreren Jahrhunderten ermöglichen. Der deutsche Szenarist Bernd Frenz konzentriert sich aber zunächst auf das aktuelle Geschehen. Ursprünglich als dritte und vierte seiner Geschichten in dem schwedischen Fantomen-Magazin erschienen, bilden sie den Auftakt der Reihe, da beide vom gleichen Zeichner umgesetzt worden waren.

Die verschwundenen Base-Jumper beunruhigen die Gemeinschaft der Extremsportler, gibt es doch scheinbar keine Erklärung für ihr Verschwinden. Daher beschließen das Phantom und seine Frau der Sache nachzugehen und sich als Jumper auszugeben. Tatsächlich müssen sie am eigenen Leib erfahren, was mit den vorherigen Springer*innen passiert ist. Es entwickelt sich eine spannende, actionreiche Geschichte mit einem wahnwitzigen Plan.

Phantom 1 ZACK-Edition page 3
© 2024 Kings Features Syndicate ™Hearst Holding, Inc/Distr. Bulls

Auch Gefährliche Wasser ist sehr actionreich, bezieht seine Idee aber aus aktuellen Sicherheits- und Militärtechnischen Entwicklungen. Wir alle haben spätestens während des Angriffs von Russland auf die Ukraine lernen müssen, dass moderne Waffen mehr und mehr aus unbemannten, autonom operierenden Drohnen bestehen. Hier werden sie nicht durch staatliche Stellen eingesetzt!

Kolorierte Schwarz-Weiß Seiten

Über eine lange Zeit erschien das schwedische Magazin nur mit schwarz-weißen Seiten, die perfekt zu diesem Comic passen. Schließlich liegen die Ursprünge der Seite im Comic-Strip, also der Tagesstreifen und später auch Sonntagsseiten für Zeitungen. Auch Janusz Ordon beherrscht das Spiel mit den Schwarzflächen, die der Seite Tiefe geben. Die Seitenaufteilung ist sehr flexibel, die markanten Gesichter kommen trotz der nachträglichen Kolorierung gut zur Geltung!

Detail Phantom 1 ZACK-Edition page 4
© 2024 Kings Features Syndicate ™Hearst Holding, Inc/Distr. Bulls

Seine hier mitabgedruckten Covermotive beweisen aber, dass er auch farbige Seiten abliefern kann. Wie immer bei dieser Serie versucht das Motiv, den Inhalt spannend anzuteasern. Das ist manchmal ein heikles Unterfangen, wird das Cover doch schon oft nach der ersten Idee gezeichnet, bevor die Story wirklich geschrieben ist. Es können also Abweichungen vorkommen. Hier sind aber wenigstens Covermotiv und Story von einem Zeichner, die Abweichungen halten sich daher im Rahmen.

Schon wieder ein anderes Phantom!

Es ist wirklich erstaunlich, welche Vielfalt den Phans aktuell geboten wird! Von Klassik über amerikanischen Heftchen-Mainstream, von frankobelgischen Einflüssen bis hin zu europäischer Interpretation der Strips ist alles dabei! Die neue Reihe in der ZACK-Edition bedient dabei gleich zwei Kategorien, denn zum einen stehen die Stories in der europäischen Tradition, zum anderen kommt der Szenarist aus Deutschland und ist international erfolgreich. Allein das hat immer noch einen gewissen Seltenheitsfaktor!

Detail Phantom 1 ZACK-Edition page 6
© 2024 Kings Features Syndicate ™Hearst Holding, Inc/Distr. Bulls

Dankenswerterweise gibt es in dem Band einen Artikel von Bernd Frenz mit Hintergründen über Reihe, Format und natürlich auch die Künstler. Die Illustrationen ermöglichen es den Leser*innen, die Entstehungsphasen nachzuvollziehen und machen Lust auf mehr. Das einzige kleine Manko: die bibliographischen Angaben sind unterdurchschnittlich. Bei den weiteren Bänden wäre es schön, diese Informationen zu finden.

Dazu passen Samantha Fish mit „Bulletproof“ und ein Trophy Lager.

© der Abbildungen 2024 Kings Features Syndicate ™Hearst Holding, Inc/Distr. Bulls / 2024 Blattgold GmbH, Bad Dürkheim

ZACK 305 (November 2024)

ZACK 305

Herausgeber/Chefredaktion: Georg F. W. Tempel

Blattgold Verlag

Heft Din A 4 | 100 Seiten | Farbe | 9,70 €
ISSN: 1438-2792

Cover ZACK 305

Wer von Euch, liebe Leser*innen, war während des Sommers am Strand? Vielleicht habt auch ihr Euch eingraben lassen und erinnert Euch nun gerne daran. Es gibt aber auch andere Stories, die man nicht erleben möchte und Coverboy Rick Master muss seine Freizeitbeschäftigung verschieben…  Dieses Heft wird begleitet von einer ganzen Reihe an anderen Projekten: ZACK-Sonderheft 1 kommt bald, ZACK-Spezial ist schon da, Michel Vaillant und Das Phantom geben sich die Ehre, Rio geht in die zweite Runde und die Chroniken von Amoras stehen ebenfalls in den Regalen!

Die Neustarts

Gleich drei Serien beginnen komplett neu oder doch zumindest mit weiteren Teilen. Den Anfang macht Rick Master, der sich zusammen mit Nadine ein paar wohlverdiente Tage am Strand gönnt. Während der Kommissar sich mit den geistigen Höhenflügen seiner Untergebenen herumschlagen muss, wird ein kleines Mädchen beinahe Opfer eines Verbrechen am Meer! Zidrou gibt sehr viel Wortspielereien zu der Spannung hinzu und Simon van Liemt setzt das gewohnt souverän um. Eines ist gewiss, langweilig wird dieser Urlaub nicht.

ZACK 305 page 5

Heute frischer Fisch ist ein neues Road-Movie. Charel Cambré und Marc Legendre zeichnen sich selbst. Auf der Suche nach einer perfekten Idee für einen Comic und gefrustet von ihrem bisherigen Leben mit unerfreulichen Signiersessions beschließen die Beiden, sich auf Reise zu begeben. Sehr humorig, auch wenn der Humor manchmal etwas unerwartet um die Ecke kommt.

ZACK 305 page 36

Und auch Die Mauern von Eden, der zweite Teil von Libertalia, startet in dieser Ausgabe. Die Meuterer haben ihr Stückchen Land gefunden und müssen sich jetzt um ihr Überleben kümmern. Auch dazu gehören Kontakte mit den Einheimischen, sowohl sexueller Natur als auch Handelssachen. Noch steht die Idee einer anarchistischen Kommune in der jeder für jeden eintritt. Es ist aber zu erwarten, dass Rudi Miehl & Fabienne Pigière Wolken am Horizont aufziehen lassen werden. Paolo Grella setzt das Ganze mit sehr aufwändigen Bildern um.

ZACK 305 page 69

Die Fortsetzungen

Rani hat wenig Glück. Kaum ist ihr die Flucht gelungen, verliert sie ihr Gedächtnis. Als Die Wilde schafft sie es zwar, in Pondichery aufgenommen zu werden, doch ihre Vergangenheit scheint sie einholen zu wollen. Von Francis Vallès sehr farbenfroh und exotisch umgesetzte Saga über eine Frau, die niemals aufgibt von Jean Van Hamme & Alcante. History vom Feinsten!

Detail ZACK 305 page 22

In der aktuellen Folge von Michel Vaillant ist Steve Warson Das Ziel einer Verschwörung. Der amerikanische Politiker lässt sich nicht für reaktionäre Kampagnen einspannen und ist im Visier einer rechten Terrorgruppe. Daneben gilt es aber auch, die 24 Stunden von Le Mans zu überstehen und möglichst zu gewinnen. Doch Francoise muss einen noch viel härteren Kampf ausfechten. Die zweite Staffel bleibt sich treu und Denis Lapière serviert Rennsport, Soap und Politthriller mit Zeichnungen von Marc Bourgne & Benjamin Benéteau.

ZACK 305 page 48

Auf Amoras trifft Lambik auf Jerusalem, die bereit ist, für Verpflegung und Schutz zu bezahlen. Währenddessen macht Krimson seinen Mitarbeitern klar, was er von fremder Hilfe hält. Die Naturkatastrophe scheint die Menschen in geistige Verwirrung zu stürzen, denn überall ist nur noch Chaos. Wie gut, dass wenigstens Sidonie nicht aufgibt. Der zweite Beitrag von Marc Legendre und Charel Cambré in diesem Heft ist vielleicht nichts für Zartbesaitete, an Spannung und Tempo aber kaum zu überbieten.

Detail ZACK 305 page 85

Und sonst?

Natürlich gibt es wieder die kleinen Trenner, die dem Gehirn erlauben, zwischen zwei Fortsetzungsgeschichten ein wenig Ablenkung zu finden: Parker & Badger, Grott & Bott, Tizombi und StarfiXion zeigen das Leben aus unerwarteten Perspektiven! Neben vielen Rezensionen, News und Gedanken von Frank Neubauer, lässt Michael Klein das ZACK vor 50 Jahren Revue passieren, beschreibt Christian Endres, warum er das Cross-Over von Dylan Dog und Batman so spannend findet, und führt der Verfasser dieser Zeilen in die zu erwartenden Fettnäpfchen von Heute frischer Fisch ein.

Oder kurz gesagt: Wer hier nichts findet, wird es auch woanders schwer haben!

Dazu passen Linkin Park mit „The Emptiness Machine“ und ein Dithmarscher Bockbier.

© der Abbildungen bei den jeweiligen Künstlern und Verlagen / Blattgold GmbH, Bad Dürkheim 2024

Oger/Div. – Gunmen of the West

Revolverhelden und ihre Geschichten

Story: Tiburce Oger
Zeichnungen: 
Tiburce Oger, Dominique Bertail, Benjamin Blasco-Martinez, Paul Gastine, Christian Rossi, Ronan Toulhoat, Hugues Labiano, Félix Meynet, Jef, Laurent Hirn, Olivier Vatine, Eric Hérenguel, Stefano Carloni, Nicolas Dumontheuil

Originaltitel: Gunmen of the West

Splitter Verlag

Hardcover Überformat |112 Seiten | Farbe | 25,00 € | 
ISBN: 978-3-98721-377-9

Cover Gunmen of the West

So schön wie (Comic-)Romane und langlaufende Serien sind, so schön ist es auch, knackige, auf den Punkt gebrachte Geschichten serviert zu bekommen. Bereits zum dritten Mal hat Tiburce Oger sich ein Thema vorgenommen, kleine Episoden mit einer Rahmenhandlung versehen, und befreundete Kolleg*innen um die zeichnerische Umsetzung gebeten. Das ergänzt sein Portfolio, das er selber umgesetzt hat, etwa Ghost Kid.

Erschafft die Waffe den Revolverhelden? Oder nutzt er die Waffe?

In der Sammlung über die Gunmen of the West dreht sich alles um Revolverhelden. Der Anknüpfungspunkt sind aber bestimmte Waffen, die ebenfalls eine gewisse Berühmtheit erlangt haben. Alles beginnt mit dem Überfall auf eine Waffenhandlung. Ein junger Spund überschätzt sich maßlos und will Patronen klauen. Der Inhaber des Ladens verwickelt ihn in eine Diskussion in dem er von bestimmten Waffen und ihren Besitzern zu erzählen beginnt.

Alle diese Geschichten beruhen auf wahren Geschichten (wobei auch hier natürlich niemand mehr mit Bestimmtheit sagen kann, wo die Wahrheit aufhört, und die Legende beginnt). Die entsprechenden Fakten sind im Anhang nachzulesen. Auf teilweise innovative Weise bestätigen die Stories die Regel, dass Revolverhelden oft nicht lange genug gelebt haben, um ihre Geschichte selber erzählen zu können. Trotzdem haben sie eine wichtige Rolle gespielt.

Gunmen of the West page 3

Allerdings sind die geschilderten Leben keineswegs identisch. Einige haben es geschafft, der Vernichtung zu entgehen, Motive für den Werdegang sind komplett unterschiedlich und schließlich sind auch die Charaktere der „Helden“ nicht zu vergleichen.

Ein aktueller Überblick über realistische Stilrichtungen

Da jede einzelne Geschichte von anderen Zeichner*innen umgesetzt wurde, bildet der Band einen guten Überblick über aktuelle Arten, einen Western-Comic umzusetzen. Es gibt Randbereiche, die hier (meiner Meinung nach) zum Glück fehlen, so gibt es zum Beispiel keine sehr karikativen Elemente. Aus dem Bereich der realistischen Zeichnungen sind hier aber viele Ansätze vertreten.

Wer am Western-Comic besonders die weiten Landschaften mag, wird hier nicht ganz glücklich werden. Wer aber am liebsten die Interaktion mehr oder weniger hartgesottener Raubeine (übrigens beiderlei Geschlechts) mag, ist hier vollkommen richtig! Allerdings gibt es auch Einschläge von Romantik, Rache, Kampf um Gerechtigkeit einerseits, Selbstüberschätzung, toxischer Männlichkeit und Größenwahn andererseits.

Gunmen of the West page 6

Wie eine klassische Western-TV-Serie

Die Sammlungen von Tiburce Oger sind irgendwie vergleichbar mit Staffeln einer alten TV-Western-Serie. Jeweils unter einem (Season-)Thema versammeln sich unterschiedliche Interpretationen, die alle ihren eigenen Reiz haben, trotzdem aber zusammengehalten werden. Für mich eine perfekte Ergänzung zu den Reihen, die sich nur um eine Hauptfigur gruppieren bzw. den epischen Einzelwerken.

Handwerklich ist der Band wie alle Splittertitel ohne Fehl und Tadel, das Cover ist fast schon genial und die Qualität der einzelnen Darbietungen ausgezeichnet. Was will man mehr?

Detail Gunmen of the West page 8

Dazu passen JohnnyCash, etwa mit „Man in Black“, und ein Schlitz Tall Boy!

© der Abbildungen 2023 Bamboo Édition | Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2024

Giger  – Mythologies for the Future

The biomechanical art of HR Giger (dreisprachig EN FR DE)

Herausgeber/Autor: Hans Werner Holzwarth, Andreas J. Hirsch

Artist: HR Giger
Originalausgabe

Taschen Verlag

Hardcover XXL | 506 Seiten | Farbe | 175,00 €

ISBN: 978-3-8365- 7716-8 (Multilingual (EN FR DE)

Cover HR Giger

Ein Kunstband in einem Comic-Magazin, ja, passt das denn? Die Antwort kann nur lauten „Ja!“, ist doch die Neunte Kunst selber nur eine unter vielen anderen Kunstformen, unter denen es eine Unmenge an Überschneidungen gibt. Dabei sind immer wieder Trendsetter zu beobachten, die neue Wege eröffnet haben. Diese Wege breiten sich dann aber über viele Ausdrucksformen aus. So entstehen in der gestaltenden Kunst, der Malerei, im Film und eben auch im Comic Artefakte, die von dem Neuen inspiriert worden sind. Einer dieser Freigeister war Hans Rudolf Giger, dessen Todestag sich 2024 zum zehnten Mal jährte.

BLACK!

Der Schweizer Künstler, 1940 in Chur geboren, absolvierte nach dem Abitur zunächst eine Bauzeichnerlehre, bevor er Innenarchitektur und Industriedesign studiert. Bereits während dieser Zeit veröffentlicht er eigene Zeichnungen in Untergrundzeitungen. Seine späteren Themen lassen sich schon erkennen, die Stilrichtungen ändern sich allerdings noch. Ab 1968 arbeitet er nicht mehr als Angestellter und kann von seiner Kunst leben.

Der Weg führt weg von den Zeichnungen hin zu Öl und Acryl-Gemälden und Airbrushkunstwerken. Immer wieder tauchen Verbindungen von biologischen und mechanischen Bestandteilen auf. Die sogenannten Biomechanoiden zeigen einen düsteren Blick auf die Zukunft, sollen verstören und kommen gleichzeitig eigenartig morbid daher. Außerdem enthalten sie immer wieder sexuelle Komponenten, die sich auch auf den katholischen Hintergrund Gigers zurückführen lassen.

HR Giger page 108

Wesentlicher Bestandteil seines Schaffens sind seine Filmdesignbeiträge, insbesondere natürlich für Alien von 1979. Die ikonographische Figur ist mittlerweile Allgemeingut der Pop-Kultur, Giger wurde dafür mit einem Oscar (Visual Effects) belohnt. Und natürlich ist sie auch der Star einer Vielzahl von Comic-Stories und Cross-Overs. Der Band zeigt aber auch seine teilweise nicht einmal verwendeten Arbeiten für andere Filme, wie etwa Dune. Immer wieder zeigt sich darin seine Ausbildung im Möbeldesign, die er in sehr spezieller Weise mit seinen biomechanischen Themen verknüpft.

Die Ausgabe

Ich weiß nicht, wer schon einmal versucht hat, ein Kunstwerk durch das Betrachten einer Postkarte zu erschließen. Ich bin der Meinung, dass das gar nicht funktioniert. Das vom Taschen-Verlag gewählte Format geht einen anderen Weg: das Coffee-table-book im XXL-Format erlaubt tatsächlich eine Seitengröße von 29 x 39,5 cm und lässt sich durch Doppel- und Ausklappseiten noch deutlich erweitern. Natürlich sind es immer noch nicht die echten Kunstwerke, sie kommen dem Original aber schon sehr nahe.

Nun ist das Betrachten der Werke die eine Sache, die Erklärung der Werke (und ihrer Auswahl) sowie die Einordnung in das Weltgeschehen die andere. Hier ist es Andreas J. Hirsch zu verdanken, dass er die Leser*innen mit großem Sachverstand, aber eben auch in einer nicht abgehobenen Art und Weise durch das Werk des verstorbenen HR Giger führt. Obwohl dieses Buch kein Ausstellungskatalog ist, merkt man ihm doch an, dass der Autor bereits Ausstellungen, auch von Giger, kuratiert hat!

HR Giger page 78

Nicht jede*r ist des Englischen so weit mächtig, dass der gleiche Genuss in der fremden Sprache erzielt werden könnte. Das Werk ist daher komplett dreisprachig. Die einzige Schwierigkeit: Arme oder Unterlage müssen in der Lage sein, 6,2 Kg auf längere Zeit halten zu können.

Was lange wärt …

Dieses Buch wurde noch zu Lebzeiten des Künstlers begonnen. Nun hat sich sein Todestag bereits zum zehnten Mal gejährt. Alle hier aufgezeigten Befürchtungen sind in diesem Jahrzehnt allerdings keineswegs obsolet geworden. Im Gegenteil: Mit dem Einzug von Generative AI hat das Thema der künstlichen Intelligenz und der Bedrohung des „natürlichen“ Lebens eine neue Dimension bekommen. Umweltverschmutzung und Klimakrise sind nicht mehr nur noch globale Bedrohungen, die aktuellen Kriege haben gezeigt, dass ökologische Katastrophen als Folgeerscheinung geplant werden.

Wann also wäre diese Mischung aus Horror, psychedelischen Fragestellungen und Surrealismus relevanter als heute? Das Buch gibt natürlich einen Einblick in die Werke, vernachlässigt aber auch die Wirkung auf andere nicht und stellt dadurch immer wieder die Verbindung zu Politik, Kunst und Unterhaltung her. Anstatt jetzt sehr lange aufzuzählen, für welche Zielgruppen der Band geeignet wäre, entscheide ich mich für das Gegenteil: Wer auf Romantik und Liebe steht, ist hier möglicherweise falsch.

HR Giger The work

Dazu passen „Chrome“ von Debbie Harry (mit einen Album-Cover von Giger) und ein poor man’s Black Velvet.

© der Abbildungen 2024 Carmen Giger (HR Giger Estate) / 2024 Taschen GmbH

Niles/Wrightson/Jones – Frankenstein Alive, Alive!

Die Gesamtausgabe

Story: Steve Niles
Zeichnungen: 
Bernie Wrightson, Kelly Jones

Originaltitel: Frankenstein Alive, Alive – The Complete Collection

Splitter Verlag

Hardcover Überformat |104 Seiten | Farbe | 25,00 € | 
ISBN: 978-3-98721-252-9

Cover Frankenstein Alive Alive!

Es gibt einige Klassiker, von denen man nicht genug bekommen kann. Dazu gehören für mich auf jeden Fall einige Werke der Schauerromantik. Mary Shelley hat mit Frankenstein einen Roman geschrieben, der Fragen nach wissenschaftlicher Ethik, Verantwortung, aber auch über Rassismus und die Ausgrenzung des Andersartigen stellt. Steve Niles und Bernie Wrightson haben diese Themen aufgenommen.

Das Monster lebt!

Frankensteins Kreatur wollte ihre letzte Ruhe im ewigen Eis finden. Tatsächlich aber ist der belebte Körper unsterblich, eine Ruhe ist ihm genauso wenig gegönnt wie eine Flucht vor der Scham, Menschen umgebracht zu haben. Die Getöteten verfolgen das Wesen, das mehrere Versuche unternimmt, seine Existenz zu beenden – vergeblich! Und so führt es ein Leben als Frank, eine monströse Zirkusattraktion.

Dabei schien zwischendurch alles gut zu werden. Dr. Ingles, ein etwas verschrobener Wissenschaftler hatte das Wesen aufgenommen und über Jahre in seiner Bibliothek mit Bildung versorgt. Er schien keine Berührungsängste oder Vorbehalte zu haben und Frank begann sich als gleichberechtigtes Wesen, ja, fast als Mensch zu fühlen.

Frankenstein Alive Alive! page 7

Doch dann wurde er nicht nur von anderen Menschen wahrgenommen, er machte auch eine Entdeckung, die ihn zu einer Entscheidung zwingen sollte. Niles und Wrightson führen die Geschichte von Frankensteins Monster weiter und arbeiten an den gleichen Fragestellungen, die schon Shelley aufgeworfen hatte. Leider entwickelt sich die Menschheit oft nur technologisch weiter, Menschlichkeit scheint ein rares Gut zu sein.

Der Großmeister des Horrorcomics

Bernie Wrightson wird nicht zu Unrecht als der Großmeister des Horrorcomics bezeichnet. Seine im Mainstream vielleicht bekannteste Figur ist Swamp Thing, die Kreatur aus dem DC Universum, die immer mal wieder ökologische Themen einbringt. Frankenstein Alive, Alive! besticht durch die Akribie der schwarz-weißen Zeichnungen. Diese Technik hatte er während der Warren-Zeit vervollkommnen können.

Dieses Werk ist seine letzte Arbeit! Während er die ersten drei Teile hatte fertigstellen können, konnte er für den abschließenden Teil nur Entwürfe und Seiteneinteilungen machen. Diese wurden von Kelley Jones, dem Zeichner des dunkelsten Batman aller Zeiten, im gleichen Stil vollendet. Der Anhang enthält die Skizzen und Entwürfe und erlaubt daher festzustellen, welche Anteile von welchem Künstler stammen.

Frankenstein Alive Alive! page 8

Notwendiger Bestandteil jeder Horror-Comic-Sammlung

Natürlich sind Horror-Comics nicht jedermanns Sache. Zumal es eine ganze Reihe an unterschiedlichen Stilen gibt (vgl. die Übersicht bei Blees). Die Schauerromantik und die damit eng verknüpften Vampir-Geschichten reichen aber noch darüber hinaus. Wer sich für dafür begeistern kann, sollte hier auf jeden Fall zuschlagen! Nicht nur sind die Zeichnungen genial, auch die Story enthält genau die richtige Mischung aus Verzweiflung, Hoffnung und bitterer Realität!

Die Ausgabe enthält neben der kompletten Geschichte ein sehr persönliches Vorwort des Autors, der an die gemeinsame Zeit mit dem 2017 verstorbenen Zeichner erinnert, und den bereits angesprochenen Anhang, der deutlich macht, wie die Seiten von Wrightson entstanden sind! Dazu kommt dann noch ein wunderschön geprägtes Cover.

Detail Frankenstein Alive Alive! page 11

Dazu passen The Misfits, etwa mit „Saturday Night“, und ein Bordeaux!

© der Abbildungen Bernie Wrightson, IDW Publishing | Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2024

Bottier/Callixte – Hercule Poirots Weihnachten

Agatha Christie Classics 3 – Ein Poirot-Krimi

Story: Isabelle Bottier nach Agatha Christie

Zeichnungen: Callixte

Originaltitel: Le Noel D’Hercule Poirot

Carlsen Comics
Hardcover | 64 Seiten | Farbe | 20,00 €
ISBN: 
978-3-551-80426-6

Cover Hercule Poirots Weihnachten

Es weihnachtet wieder. Während die einen anfangen, nervös zu werden, weil sie nicht wissen, was sie schenken sollen, fangen die anderen an, sich mit Plätzchen und Geschichten in die richtige Stimmung zu bringen. Auch Carlsen hat mindestens einen Weihnachtsklassiker pro Jahr im Angebot. Auf Dickens folgt nun die Queen of Crime.

Die Familie, ein Hort des Friedens

Und noch ein Gegensatz: Während die einen sich darauf freuen, im Kreis der Familie ein paar glückliche Tage zu verbringen, es zu genießen, dass alle wieder vereint sind und von ihren Leben erzählen, gibt es andere, die jetzt schon wissen, dass sie die Heuchelei nicht aushalten werden.

Diese Geschichte gehört eher zu der zweiten Kategorie: Der Hausherr, reich und alt, ist ein wenig speziell und gängelt seine Kinder durchaus. Die meisten von ihnen sind aber folgsam, hängen sie doch am finanziellen Tropf. Für dieses Jahr hat er aber auch das schwarze Schaf der Familie eingeladen und zusätzlich noch eine uneheliche Enkelin. Als dann auch noch bekannt wird, dass der alte Herr sein Testament ändern möchte, ist der Siedepunkt erreicht, die Stimmungen kochen über.

Natürlich wird der alte Simeon Lee tot aufgefunden und Hercule Poirot ist zur Stelle, den Fall aufzuklären. In für Agatha Christie typischer Manier wird eine verborgene Sache nach der anderen aufgedeckt und am Ende ist wirklich jede*r verdächtig. Trotzdem wird natürlich der Fall geklärt werden müssen.

Hercule Poirots Weihnachten page 3

Weiß!

Die Zeichnungen von Callixte bringen die Atmosphäre eines englischen Landgutes und seiner Bewohner*innen gut zum Tragen. Kostüme und Dekors sind sehr stimmig und die Eigenarten im Verbergen von Gefühlen, die einigen Bewohner‘*innen der englischen Inseln zugeschrieben werden, werden ebenfalls sehr glaubwürdig dargebracht. Mit den Gesichtern, speziell den Mundpartien, steht Callixte jedoch eindeutig auf Kriegsfuß!

Wer darüber hinwegsehen kann, dass – wie so oft – eine weiße Aussparung den Mund darstellt, findet hier eine unterhaltsame Wiedergabe des klassischen Krimistoffes. (Innen-)Architektur und Kleidung gelingen jedenfalls gut genug, um trotzdem eine Empfehlung abgeben zu können!

Hercule Poirots Weihnachten page 4

Zur Einstimmung!

Weihnachtliche Katastrophengeschichten erlauben einem immer, sich zu freuen, dass es bei einem selbst anders oder aber mindestens nicht so schlimm ist. Insofern eignen sie sich perfekt zur Einstimmung. Der Baum wird geschmückt, die entsprechenden Teilchen müssen doch irgendwo im Keller sein, oder? Nachdem alles bereitet ist, kann man sich mit Hercule Poirots Weihnachten gemütlich im Sessel zurücklegen und entspannen!

Doch halt: Es fehlen noch Geschenke! Zumindest zur Adventszeit ist dieses Buch eine sehr gelungene Möglichkeit, auch andere an der Freude teilhaben zu lassen!

Hercule Poirots Weihnachten page 5

Dazu passen „Rudolph“ in der Version von Amasic und ein erster Glühwein.

© der Abbildungen BELG Prod. (2017), 1938, Agatha Christie Limited / 2024 Carlsen Verlag GmbH, Hamburg

error: Content is protected !!