Diverse – Creepshow 1

Tales of Suspense and Horror!!

Story: Burnham, Dini, Lapham, …
Zeichnungen: 
Burnham, McCrea, Lapham, …

Originaltitel: Creepshow Vol. 1 (# 1 – 5)

Splitter Verlag

Hardcover Überformat |128 Seiten | Farbe | 29,80 € | 
ISBN: 978-3-68950-078-8

Cover Creepshow 1

Für mich persönlich wird der Maßstab für ein Horror-Comic-Magazin immer noch von den Heften aus dem EC-Verlag gesetzt. Qualität der Zeichnungen, Twist der Plots und gesellschaftliche Relevanz der Stories im Verhältnis zum Unterhaltungswert waren damals neu, bleiben aber bis heute unübertroffen. Seitdem haben sich Maßstäbe verschoben, mehr kann gezeigt werden, ohne dass ein Skandal entsteht, aber ist das auch immer wünschenswert?

Das richtige für den beginnenden Herbst

Die Nächte werden wieder länger und kälter, die Blätter beginnen bereits zu fallen und erste Morgennebel steigen auf. Genau die richtige Jahreszeit also, um den Schrecken in die Wohnungen zu bringen. Was EC begonnen hatte, wurde von Warren fortgesetzt und schließlich von Stephen King und George A. Romero unter dem Namen Creepshow fortgeführt. Nun ist Creepshow zurück und präsentiert pro Ausgabe zwei Geschichten von Stars der amerikanischen Comic-Landschaft ganz unterschiedlicher Stilrichtungen. Dieser Band enthält die ersten fünf Hefte!

Creepshow 1 page 7

Gleich der Opener nimmt eine Tradition aufs Korn, die gruseliger kaum sein könnte: Halloween! Wer hat sich nicht schon über einige Kids geärgert, die gleich mit vollen Händen in die Schale greifen? Einer pro Nase zeigt die Folgen …. Ein weiteres Event, dass auf den Grusel setzt, sind Wrestling-Kämpfe. Viele Kämpfer*innen setzen auf möglichst furchteinflößende Kostüme und Masken; was aber, wenn diese eine Geschichte haben: La Mascara de la Muerte!

Weitere Themenbereiche sind die alles beherrschende Natur, Kindergeburtstage oder eine Referenz an das Bildnis des Dorian Gray. Anlesetipps sind meiner Meinung nach noch zwei weitere Highlights: Haar greift das Thema auf, ob Menschen beschließen dürfen, Leben zu beenden und Die Brücke zeigt die unglaubliche Ignoranz einiger heutiger Kids gegenüber Regeln des Anstands.

Erfrischend vielseitig

Da keine*r der ausgewählten Künstler*innen mehrfach dran darf, haben wir es mit zehn unterschiedlichen Herangehensweisen zu tun. Gleich vorweg sei angemerkt, dass das deutlich größere Format der Splitter-Ausgabe keine negativen Folgen hat, die Seiten von Chris Burnham, Jorge Corona und Dani profitieren sogar davon! Auch das gewählte etwas matte Papier passt zu dem Inhalt. Die Coverzeichnung von Burnham und Lucas ist nahezu perfekt und führt das Konzept des Erzählers sehr prägnant ein.

Creepshow 1 page 8

Das vielleicht einzige Manko dieser Ausgabe ist, dass wir nur in den Genuss eines Covers kommen. Wenigstens sind die Originale (in sehr kleiner Form) im Anhang wiedergegeben. Die Stilrichtungen der Zeichnungen geben einen Überblick über den aktuellen amerikanischen Mainstream von realistisch über leicht vereinfacht bis hin zu einem sehr nervösen Strich. Auch europäisch geschulte Augen sollten sich hier schnell eingewöhnen können.

Ein vielversprechender Auftakt

Da die Serie im Original unter dem image-Dach erscheint, bleibt zu hoffen, dass sie ein wenig Bestand haben wird und wir ebenfalls mehr davon zu sehen bekommen werden. Um zum Einleitungsstatement zurückzukommen: Wenn EC eine 10 wäre, so ist Creepshow eine gute 8,5 bis 9. Sie vereint Talente und Spitzenkräfte, die Stories haben Biss und überraschen teilweise durchaus und die Zeichnungen sind ebenfalls überdurchschnittlich.

Detail Creepshow 1 page 13

Das Konzept des Erzählers ist ebenfalls gut umgesetzt. Was vielleicht ein wenig fehlt, ist die Übernahme des generellen Tons in ein Heftkonzept mit Seiten für die Leser*innen und redaktionellen Einleitungen. Das gewählte Format ist aber ein akzeptabler Kompromiss und der Sammelband wird sich auf dem deutschen Markt mit Sicherheit besser durchsetzen als Heftchen. Die Antwort auf die Eingangsfrage lautet also „Ja!“: Fans des Schauerlichen, des Erschreckenden, hier ist etwas, dass euren Durst nach gefrierenden Adern befriedigen wird!

Dazu passen der ebenfalls ein furioses Comeback feiernde Alice Cooper und eine Bloody Mary!

TM und © 2025 Evoke Entertainment Company, LLC | Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2025

Schwartzmann/Vallée – Habeamus Bastard 1

Das notwendige Übel

Story: Jacky Schwartzmann, Sylvain Vallée
Zeichnungen: 
Sylvain Vallée

Originaltitel: Habeamus Bastard – Tome 1 : L´Etre nécessaire

Splitter Verlag

Hardcover Überformat |88 Seiten | Farbe | 22,00 € | 
ISBN: 978-3-96792-078-9

Cover Habeamus Bastard 1

Manchmal sind Zufälle überwältigend. Natürlich nimmt der Titel Bezug auf die Aussage des weißen Rauches als Ergebnis des Konklaves. Niemand hätte bei der Programmplanung wissen können, wie dicht dieses nicht alltägliche Ereignis und die Veröffentlichung der deutschen Ausgabe beieinander liegen würden. Vielleicht sei vorausgeschickt, dass sehr gläubige Menschen diesen Titel nicht mögen werden.

Eine falsche Identität

Was tun, wenn man Mist gebaut hat? Insbesondere dann, wenn man als Folge davon ernsthafte Konsequenzen befürchten muss? Nun ja, untertauchen wäre nicht schlecht, in eine fremde Identität schlüpfen, Zeit gewinnen und in Ruhe einen vernünftigen Plan entwickeln. Lucien ist ein Vollstrecker. Er führt Aufträge aus und kümmert sich dabei nicht um irgendwelche Moral. Aber auch ihm können Zufälle dazwischenfunken.

Habeamus Bastard 1 page 3

Seine Tarnung wird die Soutane. Die Gläubigen in Saint-Claude erhalten die Chance, einen neuen Priester begrüßen zu dürfen. Viele Bezirke finden keine Nachfolger, zumindest keine, die von der Gemeinde einfach akzeptiert werden. Das ermöglicht Geschichten wie diese: ein „Seiteneinsteiger“ wird mit der Aufgabe betreut, niemand nimmt es mit der Überprüfung der Referenzen ernst, da man froh ist, überhaupt jemanden zu haben. Allerdings sollte der „Neue“ wenigstens ein rudimentäres Verständnis über die zukünftigen Aufgaben mitbringen.

Lucien hat weder die richtige Tonalität in der Sprache, die von der Straße geprägt ist, noch hat er das geringste Verständnis für Seelsorgerei. Aber er hat ein natürliches Verständnis von Fairness und er hat ein großes Bedürfnis nicht entdeckt zu werden. Und so muss er sich schon sehr schnell mit Korruption, Handwerkern, Drogen beschäftigen und lernen, eine Messe halbwegs unfallfrei über die Zeit zu bringen. Und dann wäre da noch der enttäuschte Gangster auf der Suche nach einer Person.

Habeamus Bastard 1 page 4

Dynamisch und voll von Satire

Sylvain Vallée, in Deutschland bekannt durch viele realistische Serien, etwa Gil St. André und Es war einmal in Frankreich, hat nicht nur zusammen mit Jacky Schwartzmann am Szenario gebastelt, sondern auch die entsprechenden Zeichnungen erstellt. Seine Figuren sehen oftmals aus wie von einem Karikaturisten gezeichnet: Sie tragen Emotionen im Gesicht und drücken Erfolg, Gemüt und Lebensphilosophie aus. Dadurch wird die Geschichte stark unterstützt.

Das Erzähltempo des Bandes ist sehr hoch, schnelle Sequenzen in einem filmischen Stil bringen Geschwindigkeit, und Soundwords entwickeln eine eigene Bewegung. Vor allem trifft das auf das wiederholte Geräusch des Presslufthammers zu der die Funktion des running gags übernimmt. Selten hat man einen so sympathischen Unsympathen gesehen: Verzweifelt und trotzdem zur aktiven Teilnahme gezwungen.

Habeamus Bastard 1 page 8

Erfrischend!

Ich hatte mich schon gefragt, warum Splitter das Wagnis eingeht, eine Luxusausgabe des Titels mit Variantcover und Kunstdruck herauszubringen. Zwar ist Vallée hierzulande bekannt, aber auch kein Superstar, Schwartzman dagegen ist in Deutschland ein unbeschriebenes Blatt. Nachdem ich Habeamus Bastard gelesen habe, weiß ich warum: erfrischend komisch, schnell erzählt, komplex geschrieben mit einer Menge an verflochtenen Handlungssträngen und modern gezeichnet!

Cover Habeamus Bastard 1 VZA

Schon in diesem Herbst wird der zweite, abschließende Band der Satire herauskommen, die Wartezeit ist also überschaubar. Wer etwas Neues anfangen möchte – hier ist der Tipp dazu!

Dazu passen Bob’s not dead! etwa mit „Chanteur de Bars“ und ein roter Tafelwein!

© der Abbildungen Dargaud, 2024, by Silvain Vallée & Jacky Schwartzmann | Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2025

Trif – Tausendundeine Nacht

Vier Geschichten

Story: Trif
Zeichnungen: 
Trif

Originaltitel: Les mille et une nuits, Vol. 1 & 2

Splitter Verlag

Hardcover Überformat |96 Seiten | Farbe | 25,00 € | 
ISBN: 978-3-96219-226-6

Cover Trif - Tausendundeine Nacht

Die Sammlung der Geschichten aus Tausendundeine Nacht wurde schon fast ebenso oft in Ausschnitten publiziert. Sie verbindet Grausamkeit, Märchen aus einer für uns fremden Kultur, die Lust am Erzählen und europäische Fantasien über „exotische Abenteuer“ miteinander und ist somit eine fast perfekte Projektionsfläche für alle möglichen Vorstellungen.

Ein freizügiger Ansatz …

Trif, dessen Serie Thrax auch gerade bei Splitter erscheint, hat die Geschichtenauswahl sehr freizügig angelegt. Grundsätzlich ist die Rahmenhandlung bekannt: Sultan Schariyar wurde von seiner Lieblingsfrau Zaida betrogen. Aus enttäuschter Liebe lässt er sie nicht nur hinrichten, sondern heiratet auch jede weitere Nacht eine Jungfrau nur um sie am nächsten Morgen ebenfalls töten zu lassen. Seine gekränkte Eitelkeit gibt ihm in seinen Augen das Recht, zu einem misogynen Massenmörder zu werden.

Scheherazade, die Tochter des Wesirs, hat sich in den Kopf gesetzt, diesen Kreislauf zu durchbrechen. Sehr zum Unwillen ihres Vaters lässt sie sich mit dem Sultan vermählen, befriedigt ihn und erzählt ihm eine erste Geschichte über das Wesen der Frauen. Kurz vor dem Ende unterbricht sie an einer spannenden Stelle und fordert den Sultan auf, den Rest in der nächsten Nacht zu erfahren. So schafft sie es, am nächsten Abend erneut in das Gemach geladen zu werden und das Spiel beginnt von Neuem.

Trif - Tausendundeine Nacht page 4

Sowohl die eigentliche Rahmenhandlung als auch die von der Protagonistin ausgesuchten Geschichten werden sehr freizügig dargestellt. Der Sultan ist es gewohnt, sein Vergnügen in den Vordergrund zu stellen und wird nur langsam davon überzeugt, dass dieses Verhalten eher suboptimal ist. Auch in den erzählten Geschichten kommt aber immer wieder das (männliche) Motiv der betrügenden, „falschen“ Frau zum Vorschein.

… in entsprechenden Bildern

Auf diesen Seiten versammeln sich Bilder von dem aktuellen Schönheitsideal beeinflussten Körpern: lange Körper in Klamottengrößen, die sich eher Kindergrößen nähern: Skinny halt. Bei den Herren kommen noch Sixpack und Muskeln hinzu. Jede*r möge selbst entscheiden, ob das notwendig oder gar begehrenswert ist …

Trif - Tausendundeine Nacht page 6

Ansonsten versteckt Trif nicht viel. Die Bilder sind teilweise explizit, deuten aber vieles eben doch nur an. Trotzdem würde ich einen Band wie diesen nicht unverschweißt in einem Buchladen stehen lassen. Von diesen Merkmalen einmal abgesehen ist das Layout abwechslungsreich, die Panelrahmen sind in einem an orientalische Ornamente erinnernden Stil gehalten und Hintergründe und Details entsprechen gehobenem frankobelgischem Standard.

Sicher erfolgreich

Auch dieser Band aus der „Splitternackt“-Subreihe wird sicherlich wieder seine Käufer finden. Er basiert auf einer klassischen literarischen Vorlage und ist handwerklich um Klassen besser als das, was teilweise unter dem Ladentisch angeboten wird. Splitter hat wieder einen Druck beigelegt, das Covermotiv des im Original eigenständigen zweiten Bandes.

Detail Trif - Tausendundeine Nacht page 10

Muss man das haben? Nein, sicherlich nicht. Es gibt aber auch kein wirkliches Argument dagegen. Die Kunst ist in Ordnung, den männlichen Vorstellungen und vor allem ihrem Machtanspruch werden Schläue und Organisation entgegengesetzt und moralinsaure Zeiten sind vorbei. Trotzdem fragt man(n) sich, ob der aktuelle Hype nicht doch vor allem sexistische Lesarten fördert und alles „Zusätzliche“ einfach ausblendet.

Dazu passen Girlschool etwa mit ihrem letztjährigen Auftritt in Wacken und ein Früchtetee!

© der Abbildungen 2020, 2021 Tabou Editions, France | Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2025

Istin/Benoit – West Fantasy 1

Der Zwerg, der Kopfgeldjäger & der Totengräber

Story: J. L. Istin
Zeichnungen: 
Bertrand Benoit

Originaltitel: West Fantasy, vol. 1

Splitter Verlag

Hardcover Überformat |64 Seiten | Farbe | 18,00 € | 
ISBN: 978-3-68950-045-0

Cover West Fantasy 1

Es gibt momentan eine Vielzahl von Konzeptserien, in denen eine Welt vorgegeben wird, die wechselnden Autor*innen und Zeichner*innen aber weitgehend freie Wahl haben. Teilweise werden in diesen Universen mehre Serien parallel fortgeführt. Dieses Konzept ist vor allem in drei Bereichen sehr erfolgreich: die größten Erfolge feiert es sicherlich in der Fantasy, doch auch Science-Fiction und Western-Settings haben ihre Fans. Auch Crossover hat es mit Aliens im Wilden Westen schon gegeben, nun vereinen sich Western und Fantasy!

Ein untypischer Zwerg und eine neue Definition des Totengräberberufes

Grundsätzlich haben Istin und Benoit eine Welt schaffen wollen, die genügend Anknüpfungspunkte für Erwartungen bietet, diese aber immer wieder „twisten“ kann. Sie haben dafür einen etwas ungewöhnlichen Ansatz gewählt, erzählen sie doch in teilweise sehr kurzen Kapiteln Bruchstücke um die Protagonisten dieses Bandes und ihre jeweiligen Begleiter*innen einzuführen. Es braucht ein paar Seiten mehr als üblich, um in die Geschichte hineinzukommen. Aber, soviel sei verraten, es lohnt sich.

Da ist zunächst einmal ein Zwerg. Dieser besitzt eine Mine und schürft dort sehr erfolgreich nach Gold. Obwohl er weit mehr besitzt, als er jemals ausgeben könnte und selbst nach zwergischen Maßstäben sehr erfolgreich ist, ist er doch sehr unglücklich. Die Begründung dafür liegt in der Vergangenheit und wird erst langsam deutlich. Dann ist da ein Goblin der den noblen Beruf eines Totengräbers ausführt. Um einen steten Nachschub zu gewährleisten, folgt er einer Revolverheldin, die ihren Weg mit Leichen pflastert.

West Fantasy 1 page 3

Alles wäre gut, wäre da nicht der Kopfgeldjäger, der diese zweckdienliche Verbindung in einem Duell beendet und den Goblin zu einer existentiellen Entscheidung zwingt… Das Setting spielt mit den Möglichkeiten der Genreüberschneidungen und integriert die hybriden Fähigkeiten der Fabelwesen und Menschen in ein mysteriöses Abenteuer in dem ein Totem eine Rolle spielt. Die Serie ist auf fünf Bände angelegt und es soll jeweils um ein anderes Totem und andere Dreierkonstellationen gehen.

Etwas zu detaillierte Bilder

Die Bände bei Splitter sind schon etwas größer als üblicherweise. Trotzdem habe ich mir nicht nur einmal gewünscht, in die Zeichnungen hineinzoomen zu können. Bertrand Benoit schafft es erneut, seine Zeichnungen mit einem riesigen Detailschatz zu füllen. Noch während das Auge versucht, einen ersten Überblick zu gewinnen, fallen all diese kleinen Sachen auf, die um Aufmerksamkeit heischen. Sicherlich genial.

Ansonsten gibt es das Erwartete: aufregende, teilweise doppelseitige Layouts, rasante Schnitte, magische Wesen, die auch so aussehen und Western-Accessoires an ungewohnten Träger*innen. Definitiv nichts für Purist*innen auf beiden Seiten, für die wohl übergroße Anzahl aber ein echter Spaß, Grenzen ausgetestet zu sehen.

West Fantasy 1 page 4

Hoher Innovationsfaktor

Erfolgreiche Genres bergen immer die Gefahr, dass man nach einer gewissen Zeit alles schon mal irgendwo gesehen hat. Übernatürliches im Western, Schusswaffen in Mittelerde, Gähn … Hier aber gefällt der Überraschungseffekt und macht Lust auf Mehr! Wenn die Folgebände ebenso erfindungsreich sind, wird diese Serie sicherlich ein großer Erfolg und vermag vielleicht sogar, den einen oder die andere Spielerin vom PC in den Comic zu locken.

Comic-Fans werden sich dagegen entscheiden müssen, ob sie die Serie zu den Western oder zu den Fantasy-Bänden stellen wollen. Vorher aber werden sie zumindest diesen Band hier genießen können! Zum krönenden Abschluss gewähren uns Istin und Benoit noch ein paar Einblicke in die Entwürfekammer einiger Figuren!

West Fantasy 1 page 8

Dazu passen Toots and the Maytals mit „Take me home Country Roads“ und ein sehr starker, abgestandener Kaffee!

© der Abbildungen Editions Oxymore, J.-L. Istin & B. Benoit | Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2025

Bec/Puerta – Die neuen Abenteuer von Bruce J. Hawker 1

Das Auge des Sumpfes

Story: Christophe Bec nach den Charakteren von William Vance
Zeichnungen: 
Carlos Puerta

Originaltitel: Les Nouvelles Aventures de Bruce J. Hawker 1 – L´Œil du Marais

Splitter Verlag

Hardcover Überformat |64 Seiten | Farbe | 18,00 € | 
ISBN: 978-3-98721-470-7

Cover Die neuen Abenteuer des Bruce J. Hawker 1

Die christliche Seefahrt kommt mit ihren eigenen Gesetzen und Herausforderungen. Auf der einen Seite sind dort die Naturgewalten denen Schiffe und Menschenleben komplett gleichgültig sind. Auf der anderen Seite gibt es die menschlichen Faktoren: politische Konflikte, Führungsqualitäten und die Fähigkeit, Leiden zu ertragen oder eben nicht. „Schön“ war sie jedenfalls nie.

Ein „Unglücksrabe“ kehrt zurück

Mitte der 70-er Jahre tauchte Bruce J. Hawker, Lieutenant der Royal Navi, zum ersten Mal auf den Seiten des Tintin-Magazins auf und erlebte insgesamt sieben albenlange Abenteuer. Zunächst hatte William Vance Szenario und Zeichnungen verantwortet, später kamen die Texte von André-Paul Ducháteau, der etwa auch Rick Master entwarf. Bec geht in seinen neuen Abenteuern auf alle diese Geschichten ein und stellt sich somit in die Tradition. Damit übernimmt er aber auch die Rolle des nicht mehr so jungen Offiziers, der immer sein Bestes gibt, dabei allerdings selten vom Glück begleitet wird.

Das Auge des Sumpfes beginnt aber noch früher, nämlich 1307 mit einer Episode aus der Geschichte der Templer. Wieder im Jahre 1803 übernimmt Hawker das Kommando über die Lark, ein Kriegsschiff, das bei der Belagerung von Gibraltar gelitten hat, aber noch seetüchtig ist. Schnell wird sie in ein See-Gefecht verwickelt und ein anschließender Sturm zerlegt die Lark in ihre Einzelteile. Die meisten aus der Mannschaft ertrinken.

Die neuen Abenteuer des Bruce J. Hawker 1 page 3

Die wenigen Überlebenden, nicht alle Freunde des neuen Kapitäns, werden auf dem sie aufnehmenden Schiff als Gefangene gehalten. Hawker selbst wird von der Passagierin und Auftraggeberin der Reise in die Pläne eingeweiht: es geht um die Bergung eines Schatzes der Templer. Schließlich sollen die Gefangenen diesen im Auge des Sumpfes freilegen. Bec gelingt es, die Stimmung des Originals aufzunehmen und ihr gleichzeitig seinen eigenen Stempel aufzudrücken. Enge, unmenschliche Belastungen und militärischer Drill werden sehr deutlich.

Naturalistische Bilder

Carlos Puerta setzt mit dem Projekt klare eigene Duftmarken. Seine naturalistischen Zeichnungen, extrem detailliert, überlappen sich gegenseitig und bilden fast ein Abbild eines „kabbeligen“ Wassers. Überall passiert etwas und die Gleichzeitigkeit drückt sich sehr gut aus. Zudem sind die Uniformen und Schiffsgegebenheiten, aber auch die Naturdarstellungen auf Hoher See und im Sumpf gut recherchiert. Wer etwa „Der Sturm“ gelesen hat, wird die Beschreibungen hier visualisiert finden.

Die neuen Abenteuer des Bruce J. Hawker 1 page 6

Aufgrund der sehr dichten Darstellung liest sich der Band allerdings etwas langsamer. Manche*r mag das als anstrengend empfinden, für mich ist das eher ein positiver Effekt. Zudem laden die Bilder dazu ein, sie in einem zweiten Gang wie Gemälde zu betrachten und Feinheiten zu entdecken.

Eine gelungene Neuaufnahme eines Klassikers

Immer mehr Serien aus dem alten ZACK haben mittlerweile einen Reboot oder eine Fortsetzung erfahren. Am Beispiel William Vance kann man dabei sowohl positive (Bob Morane, Bruno Brazil) als auch negative Beispiele (Comanche) finden. Wichtig ist mir dabei, dass zwar der Grundton getroffen, eine eigenständige Entwicklung aber gleichzeitig sichtbar wird. Das erfordert mehr, als nur die Personage zu übernehmen.

Die neuen Abenteuer des Bruce J. Hawker 1 page 9

Für Fans des Seefahrt-Comics sind auch die neuen Abenteuer des Bruce J. Hawker zu empfehlen. Stürmische Erlebnisse auf See, die Enge des Schiffs und die daraus resultierenden emotionalen Folgen sowie die ungebändigte Natur bei den Landgängen haben ihren Reiz, zudem, wenn sie wie in diesem Fall spannend verknüpft und von Puerta grandios graphisch umgesetzt werden.

Dazu passen Garbage mit „Only happy when it rains“ und ein Rum aus der Karibik!

© der Abbildungen Vance/Puerta/Bec/Editions du Lombard (Dargaud-Lombard S.A.) 2024 | Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2025

Swolfs/Surzhenko – Die Jugend von Durango 3

Captain Owens

Story: Yves Swolfs
Zeichnungen: 
Roman Surzhenko

Originaltitel: Durango – La Jeunesse, Volume 3

Splitter Verlag

Hardcover Überformat |48 Seiten | Farbe | 17,00 € | 
ISBN: 978-3-98721-146-1

Cover Die Jugend von Durango 3

Auch Revolverhelden mussten einmal klein anfangen. Das Problem ist nur, dass die meisten von Ihnen nicht lange genug überlebt haben als dass sich jemand für ihre Geschichte interessiert hätte. Bei Durango ist das anders: der Italo-Western-inspirierte Held war schon etabliert and quasi auserzählt, bevor die Jugendserie nachgeschoben wurde.

Das teilweise heftige Finale

Wie so oft entwickelt sich aus einem Akt der Selbstverständlichkeit eine längere Geschichte. Ein junger Kerl sorgt dafür, dass drei tote Cowboys nicht in der Wildnis den Aasfressern überlassen werden, und gerät in einen Konflikt zwischen zwei Rinderzüchtern. Natürlich spielen beide Seiten nicht komplett fair, es gibt aber schon deutliche Unterschiede. Im zweiten Band stirbt einer der beiden Herren.

Der Testamentsvollstrecker erklärt zu Beginn dieser Bandes den beiden Erbinnen des Anwesens, dass sie nur gemeinsam über das Erbe verfügen können. Zudem wird nun klar, warum auch der fremde Killer es auf die Ranch abgesehen haben könnte: Unter dem Farmland wird ein reiches Erdölvorkommen vermutet. Während die ältere, „vernünftige“ Schwester verkaufen will, entschließt sich die jüngere, ihre Pubertät ungebremst auszuleben.

Die Jugend von Durango 3 page 3

In ihrer Wut macht sie einen schwerwiegenden Fehler, der die Karten komplett neu mischt. Vielleicht kann allerdings Captain Owens, ein alter Militärkamerad des verstorbenen Rinderbarons und aktueller US Marshall helfen. Sicher ist allerdings, dass bis dahin viele Fäuste fliegen und Patronen abgefeuert werden. Zudem erfahren wir, wie der junge Spund zu seinem Namen, Durango, gekommen ist. Swolfs hat das Erzählen von Geschichten definitiv nicht verlernt und bewegt sich in diesem Sujet immer noch sehr stilsicher. Zumindest nach heutigem Stand ist die Serie damit abgeschlossen.

Rasanter Realismus

Das Erzähltempo dieses Westerns ist sehr hoch und so überlappen sich die Bilder fast durchgehend. Die Geschwindigkeit passt zu den Situationen: wutgetrieben, emotional aus dem Bauch heraus und gewalttätig. Roman Surzhenkos Figuren sind nicht alle so, einige sind durchaus in der Lage, abzuwägen. Auch sie werden aber von den Ereignissen weiter gepeitscht.

Die Jugend von Durango 3 page 4

Diese Dynamik paart sich mit Charakterzeichnungen, die teilweise überdeutlich erkennen lassen, ob eine Person sympathisch ist oder nicht. Hier könnte den Leser*innen vielleicht etwas mehr Spielraum gewährt werden. Ansonsten ist es aber eine sehr realistische, dynamische Umsetzung die sowohl in den Actionszenen als auch in der Darstellung der typischen Landschaft überzeugt.

Gelungenes Spin-off zu einer erfolgreichen Serie

Bei einem Spin-off stellt sich immer die Frage, ob das reine Melken einer Kuh im Vordergrund steht. Gibt es genügend Fans, die das Neue zumindest ausprobieren, ist eine der Hürden für neue Serien schon einmal genommen. Nicht immer rechtfertigt das Produkt die Vorschusslorbeeren. Die Jugend von Durango transportiert das Italo-Western-Setting erfolgreich in die Jetztzeit. Zusätzlich bietet sie genügend Anknüpfungspunkte für die alten Fans, die nun die Entstehungsgeschichte nachgeliefert bekommen.

Detail Die Jugend von Durango 3 page 11

Sicherlich ist die Serie nicht mit Klassikern wie Blueberry, Jerry Spring oder Comanche zu vergleichen. Sie muss sich gegenüber anderen aktuellen Serien aber auch nicht verstecken und hat durchaus viele Qualitäten! Für Fans des Western-Genres eine uneingeschränkte Empfehlung!

Dazu passen Linkin Park mit „Up from the Bottom“ und ein Rye Whiskey!

© der Abbildungen Editions Soleil, 2024 by Yves Swolfs and Roman Surzhenko | Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2025

Dufaux/Calderón– Das Haus Usher

Nach dem Werk von Edgar Allan Poe

Story: Jean Dufaux
Zeichnungen: 
Jaime Calderón

Originaltitel: La Maison Usher

Splitter Verlag

Hardcover Überformat |72 Seiten | Farbe | 19,80 € | 
ISBN: 978-3-98721-441-7

Cover Das Haus Usher

Es ist immer wieder erstaunlich, dass manche Menschen aus einer Story, die mehrfach verfilmt worden ist, als Basis eines Konzeptalbums diente (zu Zeiten, als an CDs noch nicht zu denken war), und auch die eine oder andere Comicadaption beeinflusst hat, etwas Neues zaubern können! Jean Dufaux, wahrlich kein unbekannter Szenarist, traut sich (erfolgreich) dem Klassiker ein neues Gewand zu geben.

Nur ein kleiner Twist …

Irgendwie haben wir alle schon von der Geschichte gehört: ein etwas verwirrter junger Mann kommt mit Gefühlen und Verlusten nicht wirklich klar. Auf ihm lasten Erwartungen eines Familiengeschlechts, der Verlust von gefühlten Sicherheiten und sexuelle Frustrationen. Gemäß dem Alter der Geschichte, die im Anhang übrigens als Original wiedergegeben ist, sind diese Themen allerdings etwas verbrämt, gerade letztere Komponente wird von Poe nur zaghaft angedeutet.

Das Haus Usher page 4

Dufaux, der in Werken wie Murena oder Djinn gezeigt hat, dass ihm diese menschliche Eigenschaft nicht fremd ist, geht das Ganze etwas anders an und gibt der im Original nur etwas ätherisch durch die Geschichte huschenden Schwester des Stammhalters eine deutlich aktivere Rolle. Und auch der Erzähler bekommt eine eigene Story, die ihn deutlich weniger unbeteiligt erscheinen lässt, ja, sogar die Frage nach einer schuldhaften Verwicklung stellt.

Zusätzlich wird der klassische Stoff etwas aufgepeppt und „Netflix“-tauglich gemacht. Es gibt eine Kutsche, die von einem extrem geheimnisvollen Kutscher geführt wird, Erscheinungen, die nicht allen sichtbar sind und sogar gewalttätige Untote. Das Grundprinzip bleibt aber erhalten, der Spannungsbogen stimmt noch immer und der leichte Twist hin zu einem nun expliziten Motiv passt definitiv! So lasse ich mir freie Adaptionen gefallen. Die Übersetzung ist im Übrigen sehr stimmig, nimmt sie doch die altertümliche Tonlage sehr gut auf!

Detail Das Haus Usher page 6

Realistische Bilder

Auch Jaime Calderón ist in Deutschland kein Unbekannter mehr. Seine realistischen Bilder, meistens mit einer sehr erdigen Palette gezeichnet, passen zur melancholischen und düsteren Stimmung des Werkes. Einige Bilder sind extrem gut gelungen, etwa die Umgebung des Landsitzes oder das Verschwimmen der Umgebung während des irren Klavierspiels. Auch die Figuren an sich sind sehr stimmig. Die dargestellten Emotionen sind deutlich und widerspruchsfrei, die Körperhaltungen dazu passend und dynamisch.

Leider wirken manche Panel nicht wie aus einem Guss. Es gibt die guten, detailreichen Hintergründe und die in sich stimmigen Figuren, es fehlt aber ein wenig die Verbindung zwischen beiden Ebenen. Zwar gibt es eine Art Schatten, der aber oft zu wenig detailliert ist. Außerdem sind die Outlines etwas zu dick. Aber, das ist ein Jammern auf hohem Niveau!

Das Haus Usher page 8

Gut gelungene, eigenständige Interpretation!

Das Haus Usher ist viel mehr als eine wiederholte Kopie des (vortrefflichen) Originals! Es wechselt nicht nur die Perspektive, es setzt auch andere Schwerpunkte. Damit gibt es dem eigentlichen Opfer endlich mehr Raum und macht die Tätereigenschaften der anderen deutlicher. Das ist sehr gelungen! Dafür verzeihe ich auch gerne die Untoten, die zwar nicht stören, die aber auch nicht hätten sein müssen. Ich verstehe, dass heutzutage andere Reize gesetzt werden müssen und hier sind sie durchaus verträglich hinzugefügt worden.

Das Splitter-typische Format bringt die Zeichnungen sehr gut zur Geltung, die originale Geschichte im Anhang ist zudem mit nicht kolorierten Details aus dem Comic illustriert. Für Fans des klassischen Horrors (oder Grusels), die für Adaptionen offen sind, ein sicherer Tipp! Für die junge Generation auf jeden Fall eine Anregung, sich auch auf „Standbilder“ einzulassen.

Dazu passen natürlich Alan Parsons Project mit ihren sehr eigenwilligen „Tales Of Mystery And Imagination Edgar Allan Poe“ und ein schwerer Bordeaux!

© der Abbildungen Editions Delcourt – 2023 by Jean Dufaux and Jaime Calderón | Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2025

Dufaux/Theo, Delaby – Murena 12

Tod eines Weisen

Story: Jean Dufaux
Zeichnungen: 
Theo; Philippe Delaby

Originaltitel: Murena : 12. Mort d´un sage

Splitter Verlag

Hardcover Überformat |64 Seiten | Farbe | 18,00 € | 
ISBN: 978-3-98721-496-7

Cover Murena 12

Kaum eine Serie geht einerseits so akribisch mit wissenschaftlichen Hintergründen und Erkenntnissen um und nimmt sich gleichzeitig das Recht auf dramatische Darstellungen heraus. Auch in diesem Band finden sich wieder zwei Fußnoten, die darauf hinweisen, dass der wirkliche Tod gegenüber der Story zurücktreten musste. Trotzdem (oder gerade deswegen?) ist Murena eine außergewöhnliche spannende Darstellung Roms unter der Herrschaft Neros.

Wie gewonnen, so zerronnen …

Held dieser Serie ist Lucius Murena. Gleichaltrig mit dem späteren Herrscher Nero wird Murena in das höfische Leben verwickelt. Er spielt zwar mit, versucht aber eigentlich nur, zu überleben. Wer Dufaux kennt, etwa als Szenarist der Reihe Djinn, weiß, dass er immer auch freizügige Elemente in seine Stories einbaut. Früher war Lucius der schönen Lemuria verfallen. Sie hatte ihn gerettet und zum Liebhaber genommen, doch Murena hatte sie für eine andere verlassen.

Murena 12 page 5

Jetzt ist Lemuria wieder in Rom und versucht erneut, Kontakt aufzunehmen. Gleichzeitig scheint ihr Bruder, das Oberhaupt der Pisonen, in eine Verschwörung verwickelt zu sein. Wird Murena das gerade wiedererlangte Vertrauen des Cäsaren wieder verlieren?

Ein weiterer Handlungsstrang entwickelt sich um Seneca, den früheren Lehrer Neros und sein Verhältnis zu Agrippina, der Mutter des Herrschers. Es geht das Gerücht, dass die Kämpferin Hydra in einer Verbindung zu den Beiden stehen könnte. Sie ist nicht nur eine ausgezeichnete Gladiatorin, sondern auch eine Auftragsmörderin. Für Spannung ist in Tod eines Weisen also gesorgt.

Murena 12 page 6

Realistische Fülle

Die ersten beiden Zyklen waren von Philippe Delaby gezeichnet worden. Dieser starb jedoch nach Band 9 und Theo hatte übernommen. Im Stil seinem Vorgänger sehr ähnlich, überträgt er das Leben aus der damaligen Megastadt in sehr anschauliche Bilder. Sowohl Dreck und Armut, Gewalt und Verruchtheit, als auch der Luxus der herrschenden Klasse werden deutlich, und die handelnden Personen, selbst als Staffage, sind glaubhaft.

Und so stehen der verstümmelte Buckelige, die Soldaten, die fetten Senatoren und die ihren Körper einsetzenden Frauen gleichberechtig nebeneinander als Abbilder ihrer Zeit. Und obwohl der Comic keinesfalls aus „hübschen Bildern“ besteht, könnte man fast auf jeder Seite eines finden, dass es Wert wäre, als Druck vertrieben zu werden.

Detail Murena 12 page 9

Eine der besten History-Serien!

Was soll ich sagen? Murena ist eine der besten Serien aus dem History-Segment und definitiv sammelwürdig! Dufaux verknüpft erotische Elemente, historische Fakten und hinzugefügte Details zu einer sehr spannenden Geschichte die Nero von einer ganz anderen Seite beleuchtet. Man sieht seinen Wandel vom Herrscher mit gut gemeinten Vorstellungen hin zu einem psychopathischen Alleinherrscher, der keine Schranken mehr akzeptiert. Gleichzeitig wird aber auch das Leben in der Stadt selbst nicht ausgeblendet!

Schließlich gibt es auch immer wieder „Einsprengsel“, die jede*n Lateinlehrer*in erfreuen dürften, haben doch immer wieder Philosophen und Künstler ihre Auftritte, die in Fußnoten eingeordnet werden. Zeitgleich mit Band 12 ist auch der sechste Teil der Gesamtausgabe erschienen. Hier werden jeweils zwei Bände mit einem anderen Cover publiziert.

Cover Murena GA 11/12

Dazu passen Bow Wow Wow mit ihrer sehr eigenwilligen Performance und ein Nero Davola!

© der Abbildungen 2024 Dargaud Benelux (Dargaud-Lombard s.a.) by Dufaux, Theo, Delaby | Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2025

Brugeas/Mr Fab – Colt and Coal

Kapitalisten, ein Sheriff und die Arbeiter

Story: Vincent Brugeas
Zeichnungen: 
Mr Fab

Originaltitel: Colt & Coal

Splitter Verlag

Hardcover Überformat |72 Seiten | Farbe | 19,80 € | 
ISBN: 978-3-98721-477-6

Cover Colt and Coal

Kaum ein Genre ist so vielseitig wie das des Western. Das Setting erlaubt einen Sprung in eine Umgebung, die allen Leser*innen mehr oder weniger archetypisch vertraut ist, und eröffnet dadurch die Möglichkeit innerhalb dieses Raumes alles andere zu variieren. Colt and Coal ist so ein Beispiel; es hätte auch in fast jeder anderen frühindustriellen Umgebung spielen können, aber dann hätte der Sheriff als Wahlbeamter gefehlt…

United and strong!

Ein Kapitalist in der klassischen Definition ist ein Ausbeuter. Er zahlt seinen Arbeitern gerade so viel, dass es zum Überleben eben reicht, maximiert aber lieber seinen Profit als für Ausbildung, Gesundheitsvorsorge oder ähnliches auch nur einen Penny aufzuwenden. Falls ein Arbeiter stirbt, gibt es genügend andere, die seinen Platz einnehmen könnten. Und wenn Angehörige sterben, hat das überhaupt keine Auswirkungen. In diesem Fall geht es um eine Mine, daher auch der Titel Colt and Coal!

Währenddessen sorgt natürlich eine Gouvernante für die Erziehung der Kinder des Minenbesitzers, diese sollen schließlich einmal in die Fußstapfen ihres Vaters treten. Sollte es doch einmal zu Problemen kommen sorgt der Minen-eigene Sicherheitsdienst für Ordnung und dann gibt es ja auch noch den Sheriff, der vollkommen abhängig ist.

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Es begab sich aber, dass es grausam zugerichtete Tote gab, dass Gerüchte über die geplante Gründung einer Gewerkschaft die Runde machten, und schließlich, dass der Sheriff auf das Unternehmensgelände gerufen werden musste. Auch wenn es vollkommen unklar ist, wer hinter den Morden steckt, zunächst einmal werden die Arbeiter gefangengesetzt und gefoltert, denen eine Selbstorganisation zugetraut wird. Doch ein Ausbruch von Gewalt ist nicht mehr zu stoppen.

Realistische Trostlosigkeit

Während Vincent Brugeas die Story langsam zu einem Höhepunkt führt, setzt Mr Fab von Anfang an klare Zeichen: Es gibt Herrschende und es gibt Leidende. Und er macht auch klar, dass die Natur eindeutig in die letztere Kategorie fällt. Stimmungsmäßig ist somit nach wenigen Seiten klar, dass es hier auf eine Katastrophe hinausläuft; das Gute ist zu schwach, um zu siegen.

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Dabei benutzt Mr Fab nicht einmal die Stilmittel, die heutige TV-Western oftmals nutzen: die Gesichter sind nicht übermäßig verschmutzt, die Sprache ist verständlich und die Menschen sind nicht gezeichnet. Es ist nur, dass eine Mischung aus Verzweiflung und dem Bösen überall zu spüren ist.

Keine großartige Weite

Wyoming als Schauplatz steht im Normalfall für eine grandiose Landschaft. Hier wird diese schon auf den ersten Seiten als reine auszunutzende Ressource definiert. Der Sheriff ist niemand, der auf der Seite der Guten steht, und auch die Arbeiter haben keine Chance. Einzig der Gouvernante wird für eine lange Zeit eine ambivalente Rolle zugewiesen bevor auch sie am Schluss eingeteilt wird.

Detail Colt and Coal page 8

Wer diese Ausweglosigkeit und die Dekonstruktion einer Ära mag, kommt hier voll auf seine/ihre Kosten! In Colt and Coal geht es um Unterdrückung, Rassismus (allerdings ausnahmsweise mal nicht gegenüber den First Nations), toxische Männlichkeit und Hybris. Lesenswert!

Dazu passen Billie Bragg mit seiner Version der „Internationale“ und ein Porter!

© der Abbildungen Editions Glenat 2024 by Vincent Brugeas and Mr Fab | Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2025

Trif – Thrax 1

Lupi, Fratres, Amantes

Story: Trif
Zeichnungen: 
Trif

Originaltitel: Thrace, Vol. 1

Splitter Verlag

Hardcover Überformat |64 Seiten | Farbe | 19,80 € | 
ISBN: 978-3-68950-002-3

Cover Thrax 1

Es kommt nicht oft vor, dass Comics in deutscher Übersetzung einen lateinischen Titel tragen. Auch ist es außer bei Asterix nicht unbedingt üblich, dass lateinische Zitate im Text nur in der Fußnote übersetzt werden. Beides ist bei diesem laut Eigenbezeichnung „erotischen Comic für Erwachsene“ der Fall. Der Titel bedeutet im Übrigen Wölfe, Brüder, Geliebte.

Erwachsen werden …

Adriana Pollia ist eine junge Adelige, die der Hölle nach dem Ausbruch des Vesuvs gerade noch entfliehen kann. Mit ihr zusammen gelingt dieses nur dem Sklaven der Familie, Cleio. Beide waren zusammen aufgewachsen und Cleio war die Freiheit versprochen worden. Doch nun müssen sich beide mit Gaunereien über Wasser halten.

Weit vor dem Ausbruch hatte Adrianas Onkel das Haus des Vaters besucht. Währenddessen hatte er versucht, den Jungen zu missbrauchen und war von der wütenden Adriana mit einem Messer gezeichnet worden. Nun scheint allerdings der letzte Ausweg zu sein, eben bei diesem Onkel Schutz zu suchen. Zu oft waren ihre Opfer den beiden Heranwachsenden zu gefährlich nahegekommen. Jener Onkel erinnert sich allerdings genau und foltert den jungen Sklaven. Sein Verschwinden wird mit seinem Tod erklärt …

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Die Geschichte steht irgendwo zwischen Murena und Messalina. Trif entwickelt eine Story, die auch ohne die expliziten Szenen funktionieren würde, beschreibt die Szenen im Haus, im Bordell oder der Arena aber wiederum ausführlich. Nicht alle diese Szenen beruhen auf einem Einverständnis, sie werden aber auch nicht aus der Sicht des Täters beschrieben.

Integrierte Freizügigkeit

Bei einigen modernen „erotischen“ Titel hat man das Gefühl, dass es mühsam gewesen sein muss, so etwas wie eine Rahmenhandlung zu konstruieren. Thrax ist da anders. Die Story wird langsam aufgebaut und bildet den Auftakt zu einem Mehrteiler. Das Leben in der römischen Provinz, auf der Straße, und schließlich auch das in Rom werden ausführlich geschildert und dazu gehört eben auch der andere Umgang mit Sexualität.

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Und auch die Verbindung mit der Welt der Gladiatoren passt. Zum einen waren die Kämpfer die damaligen Rockstars mit einem entsprechenden Lebensstil, zum anderen gab es damals keine medizinischen Möglichkeiten erfolglosen Paaren zu Nachwuchs zu verhelfen. Die von Andrea Celestini kolorierten Zeichnungen sind teilweise keineswegs jugendfrei, die Story dagegen bewegt sich nicht weit entfernt von heutigen Netflix & Co-Angeboten.

Potential zum Verkaufsschlager

Natürlich hat auch Thrax das Potential zum Verkaufshit! Erotische Comics waren jahrelang nur in der Schmuddelecke oder unter dem Ladentisch erhältlich. Seitdem sich das geändert hat, haben viele Verlage ein entsprechendes Angebot in petto und die Titel verkaufen sich prächtig.

Detail Thrax 1 page 9

Thrax ist darauf angelegt, auch inhaltlich zu punkten und vor allem, sich nicht an Demütigungen und anderen Machtmissbräuchen zu weiden. Teil 2 ist für April angekündigt. Sie sind Teil der Splitternackt-Subreihe.

Dazu passen Viagra Boys mit „Punk Rock Loser“ und ein Aperol Spritz!

© der Abbildungen 2023 Taboo Editions, France by Trif and Andrea Celestini | Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2024

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