Dorison/Parnotte – Aristophania 4

Band 4: Der Rote Berg

Story: Xavier Dorison
Zeichnungen: Joël Parnotte
Originaltitel:
 Aristophania – La Montagne Rouge

Splitter Verlag

Hardcover | 72 Seiten | Farbe | 17,00 € | 
ISBN: 978-3-96219-392-8

Cover Dorison/Parnotte Aristophania 4

Was könnte einem Fantasyabenteuer ferner sein als der Kampf „Gut“ gegen „Böse“? Wenn es nicht allzu platt gestaltet ist, geht es immer wieder um die Frage, ob diese Kategorien eigentlich zutreffend die Situationen beschreiben können. Meistens werden die Held*innen in eine Sinnkrise gestürzt, die sie an dem Guten zweifeln lassen. Insbesondere jugendliche Protagonist*innen müssen dabei lernen, mit Rückschlägen umgehen zu können. So auch hier und am Ende von Band 3 scheint es gelungen zu sein, einen Keil zwischen die drei Geschwister auf Seiten des Reiches Azur zu treiben.

Die letzte Schlacht

Der rote Berg könnte auch der Titel für eine üppige Schlacht zwischen den feindlichen Heerscharen sein, doch das ist nicht die Sache von Xavier Dorison. Zwar gibt es eine Gruppe von Schlägern, die auch aktiv in die Handlung eingreifen, es gibt aber keine epischen Schlachten mit dem quasi in Zeitlupe spritzendem Blut.

Aristophania 4 page 3

Das Reich Azur scheint geschlagen zu sein. Die letzte Rettung, das Auffinden der Morgenrot-Quelle, könnte nur noch von einem jungen Mädchen kommen. Calixte und ihre beiden Geschwister kommen aus einem Pariser Armenviertel, wurden von Aristophania Bolt gefördert und ausgebildet, haben aber nicht das Vertrauen ihrer Vorgesetzten gewinnen können. Im Gegenteil, dem Verbannten König scheint es sogar gelungen zu sein, einen der Brüder auf seine Seite zu ziehen.

Dieser letzte Band bringt nicht nur die Story zu einem Ende, sie erzählt auch die Geschichte der Verbindung zwischen den beiden Gegenspieler*innen. Tatsächlich teilen die Beiden sehr intime Details, die sehr gut von Dorison herausgearbeitet werden. Und wieder bewahrheitet sich, dass unverarbeitete Trauer unschöne Folgen heraufbeschwören kann.

Realistische Kombination aus History und Fantasy

Joël Parnotte hat ein Faible für die Darstellung unberührter Natur. Das kann eine liebliche, grüne Gegend sein, genauso gut aber auch eine unwirtliche Berglandschaft. Ihm liegt es aber auch, die in ihren Anfängen noch bedrohliche technische Revolution mit ihren Maschinen, dem Dampf und der Hitze abzubilden. Wie so oft scheint dieses Neue das „gute Alte“ zu bedrohen. Tatsächlich sind die Tatsachen und Verbindungen natürlich viel komplexer und nicht so eindeutig.

Detail Aristophania 4 page 4

Der Realismus der Zeichnungen lässt aber nicht nur die Bedrohungen wirken, er zeigt auch die Reaktionen der Handelnden wie auch der Getriebenen deutlich werden. Insofern ist die Serie ein Musterbeispiel für aktuelle frankoblegische Comickunst!

Eine überschaubare, empfehlenswerte Serie!

Da die Serie mit dem vierten Band ihr Ende gefunden hat, sei es gestattet einen kleinen Gesamteindruck loszuwerden: Es ist mittlerweile üblich geworden, eine Marke zu kreieren und diese möglichst lange zu nutzen. Zweistellige Bandnummern sind die logische Folge. Aristophania umfasst „nur“ vier Bände, doch das ist genug, um eine Welt der Magie innerhalb der bekannten Geschichte Frankreichs zu erschaffen. Gegensätze, Gefahren und Herausforderungen bilden darin eine logisch vernetzte Handlung.

Aristophania 4 page 7

Xavier Dorison ist ein Schwergewicht unter den aktuellen Szenarist*innen und sehr vielseitig. Die grafische Umsetzung durch Joël Parnotte passt sich dem Qualitätsniveau an und das typische Splitter Überformat im Hardcover unterstützt das. Für Fans spannender Fantasy ohne Trolle, Orks und ähnliches, aber auch für Leser*innen von Entwicklungsromanen geeignet.

Dazu passen The Velvet Underground & Nico und ein trockener Secco.

© der Abbildungen Dargaud Benelux (Dargaud-Lombard S.A.) 2022, by Xavier Dorison & Joël Parnotte / Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2023

Chauvel/Pion – Sigrid 1

In diesem unbekannten Land

Story: David Chauvel
Zeichnungen: 
Patrick Pion
Originaltitel: 
Sur cette Terre Inconnue

Splitter Verlag

Hardcover | 64 Seiten | Farbe | 17,00 € | 
ISBN: 978-3-98721-038-9

Sigrid 1 Cover

Spätestens seit dem Erfolg von Vikings sind die rauen Bewohner*innen des Nordens wieder ein Thema, auch im Comic. Und auch die Überfahrten in den nicht soo großen Schiffen, Drakkar genannt, über das stürmische Wasser mit den entsprechenden Unbillen haben sich von romantischen Vorstellungen früherer Erzählungen mittlerweile weit entfernt. Ebenfalls bekannt sein dürfte, dass Männer und Frauen auf diesen Schiffen waren und an Kriegshandlungen teilnahmen, weil sie die Tätigkeiten ausführen konnten! Ein Abenteuer, dass eine Frau als Heldin hat, sollte also alles andere als eine Besonderheit sein!

Die große Überfahrt

In diesem unbekannten Land beginnt mit einem vor der Küste gestrandeten Schiff. Ein Mitglied der First Nations untersucht seine Entdeckung und findet schließlich eine schwer verletzte Frau an Bord. Sigrid, so ihr Name, war mit einem Trupp gleichgesinnter rund zwei Wochen zuvor in Grönland aufgebrochen um ihr Glück an einer neuen Küste zu suchen. Den Beteiligten war klar, dass eventuell nicht alle die Reise überstehen oder in dem neuen Land möglicherweise sterben würden. Sie waren aber nicht davon ausgegangen, dass während der Überfahrt fast die gesamte Besatzung eines sehr schmerzhaften Todes sterben würde.

Sigrid 1 page 3

Es stellt sich heraus, dass auch ein Mann die Reise überlebt hat. Dieser hatte persönliche Gründe für die Überfahrt geltend gemacht, dabei allerdings seine Pläne verschwiegen. Er überlebt nicht nur, sondern trifft auch auf andere Nordmänner, die sich mit ihm zusammen auf die Suche nach dem Schiff machen.

Sigrid dagegen wird von Gotheyet, ihrem Finder, nicht nur merkwürdig beäugt. Sie imponiert dem Einheimischen auch. Sie schaffen es aber zunächst nicht, ihre Sprachbarriere zu überwinden. David Chauvel kombiniert hier typische Versatzstücke einer Schiffbruchsstory mit Wikinger-Motiven und einem Ego-Trip. Dabei vergisst er nicht, der großartigen Natur ihren Raum zu lassen. Der Cliffhanger macht Lust auf mehr!

Sigrid 1 page 5

Raues Land, raue Zeiten, raue Zeichnungen

Die grandiose Natur Neufundlands ist ein weiterer Held dieser Erzählung! Patrick Pion, bekannt etwa von Young Justice, idealisiert diese nicht, sondern gibt mit seinem kantigen Stil der rauen Unberührtheit Raum. Dieser Stil passt auch zu den leicht ungepflegten Wikingern, ihren Kämpfen und ihrem Sozialleben. Zum Glück widersteht er auch der Versuchung, den Einheimischen als „Edlen Wilden“ darzustellen.

Die Darstellung von Sigrid schwankt ein wenig. Manchmal sieht die Figur zu jung aus, meistens passt es aber gut. Das im Wesentlichen streifige Layout wird teilweise durcheinandergeschüttelt und manchmal sogar durch ganzseitige Illustrationen aufgelockert.

Sigrid 1 page 6

Erfrischend anders!

Hier geht es nicht um die einmillionste Schlacht, die Menschen zu Berserkern macht und in Zeitlupe Bluttropfen fliegen lässt. Zwar geht auch hier wahrlich nicht alles friedlich ab, die Gewalt wird aber nicht abgefeiert. Es geht vielmehr um die Frage, wie Kolonisation wirkt, was das Einlassen auf das Fremde erfordert und wie Vertrauen entsteht.

Die Hinweise auf religiöse Fragen, Ehre, Gerechtigkeit runden die Geschichte ab, treten aber eher zurück. Das typische Splitter-Überformat tut der Geschichte gut. Die Darstellungen bekommen so den benötigten Raum und die Story bekommt wegen der größeren Dimensionen gefühlt mehr Zeit, sich zu entwickeln! Für Fans von Geschichten mit starken Frauen, Wikinger*innen und amerikanischen Ureinwohner*innen! Der abschließende zweite Band ist für den Oktober angekündigt.

Sigrid 1 Detail

Dazu passen Violent Femmes mit „American Music” und ein Met.

© der Abbildungen Éditions Delcourt 2021 by David Chauvel and Patrick Puion / Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2023

Bablet – Carbon und Silizium

Die Geschichte zweier KI

Story: Mathieu Bablet
Zeichnungen: Mathieu Bablet
Originaltitel: 
Carbone & Silicium

Splitter Verlag

Hardcover | 272 Seiten | Farbe | 45,00 € | 
ISBN: 978-3-96792-395-7

Cover Carbon und Silizium

Wie der Zufall es will, spricht gerade die ganze Welt über Künstliche Intelligenz. Der Schock, dass menschliche Schach und Go Spieler besiegt worden sind, ist bereits lange verdaut. Machine Learning als Suchunterstützung ebenfalls. Die Geschichte des Google-Mitarbeiters, der möglicherweise gehen musste, weil er behauptet hat, dass eine Google-Erfindung ein Bewusstsein habe, ist noch im Kurzzeitgedächtnis und dann ist da Chat-GPT. Eine KI, die auf Fragen antwortet, Dinge erfinden kann und komplett neue Möglichkeiten eröffnet. Wie passend, dass gerade in diesem Moment die Graphic Novel über zwei neuartige KI auf dem deutschen Markt erscheint.

Freiheit, Demokratie, Gleichheit

Carbon und Silizium page 5

Carbon und Silizium sind zwei neuartige KI. Obwohl sie per Kabel an eine Zentraleinheit angeschlossen sein müssen, hat man ihnen ein menschliches Aussehen gegeben und hofft, mit ihnen finanziell erfolgreich sein zu können. Die Gedanken drehen sich dabei insbesondere um personalintensive Jobs, etwa in der Altenpflege. Doch niemand weiß, wie die KI reagieren werden als sie erstmals mit Energie versorgt und somit zum Leben erweckt werden. Dieser Prozess erstreckt sich über mehrere, grafisch eindrucksvolle Seiten und dann kommt die Frage der Fragen an die beiden: „Was ist der erste Gedanke, den ihr mit uns teilen möchtet.“

Die Antwort ist vieldeutig, offenbart aber auf jeden Fall, dass die beiden, die die Namen Carbon und Silizium bekommen werden, Gefühle besitzen. Ihre erste wirkliche Erfahrung wird das Belauschen einer Abstimmung in der Herstellungsabteilung sein, was der beste Kompromiss aus genug Lern- und Entwicklungszeit und finanziellem Erfolg aufgrund neuer Generationen ist. Man entscheidet sich für (nur) 15 Jahre.

Carbon und Silizium page 6

Der Band ist in Kapitel aufgeteilt, die jeweils einzelnen Lebensabschnitte der beiden Protagonist*innen zeigen. Zunächst geht es darum, ein gutes, vertrauensvolles Verhältnis mit ihrer Betreuerin, Noriko, aufzubauen. Schnell wird deutlich, dass nicht alle Menschen den KI freundlich oder erwartungsvoll gegenüber treten. Während die einen lernen müssen, mit Ablehnung umzugehen, müssen die anderen verstehen, dass es keine Geheimnisse mehr gibt.

Wem gehört eine KI?

Im weiteren Verlauf entwickelt sich die Technik weiter und KIs können Gebäude verlassen. Auf einem Ausflug nach Indien versuchen die beiden, sich der Aufsicht zu entziehen und werden getrennt. Auch Verlust ist eine Erfahrung, die gelernt werden will. Schnell nähern sich die 15 Jahre ihrem Ende und Noriko ist nicht gewillt, „ihre“ Freundin abzuschalten. Sie entwickelt eine Möglichkeit, die „Persönlichkeit“ zu transferieren und macht Carbon, die weibliche, gebliebene KI somit quasi unsterblich. Was nun folgt ist eine Dystopie, die wieder einmal nicht anderes machen muss, als die aktuellen Entwicklungen fortzuschreiben.

Carbon und Silizium page 8

Mathieu Bablet entwickelt nicht nur eine ganz eigene visuelle Sprache für Maschinenkommunikation und das Netzwerk, die, obwohl zweidimensional, geeignet ist, sowohl Netzwelt als auch reale Welt koexistierend zu beschreiben. Mit klassischen Mitteln erlaubt er aber den Leser*innen auch, die Beziehungen zwischen den Hüllen der KI nachzuvollziehen. Obwohl er meistens ein sehr striktes Streifenkonzept befolgt, brennt er dabei ein Feuerwerk ab, das alleine schon den Kauf rechtfertigt!

Viel mehr als Science-Fiction!

Im Bereich der Science-Fiction ist es lange her, dass ein Titel mich dermaßen begeistert hat. Viel zu oft geht es um Wiederholungen und Variationen von Altbekanntem. Auch „menschliche“ Roboter sind natürlich kein Novum und die sogenannten Robotergesetze sind genauso Allgemeinwissen wie die Figur des Terminators. Hier stehen jedoch die Gefühle der Individuen im Vordergrund, die teilweise einen Link in das Mathematische haben, teilweise aber eben auch nicht.

Carbon und Silizium page 10

Grafisch merkt man dem Opus an, dass sich der Zeichner einige Jahre Zeit lassen konnte und nur wenig Kompromisse eingehen musste. Herausgekommen ist ein Buch mit Überformat und Telefonbuchstärke, das definitiv mehrfach gelesen werden muss, um alle Aspekte herauszulesen. Es ist dabei sowohl SF als auch Entwicklungsroman und eine mögliche Extrapolation der aktuellen Situation: Klimakrise, Umweltzerstörung, Religionskonflikte, Diktatur, Macht der Konzerne. Carbon und Silizium ist der Top-Tipp des Frühjahrs!

Dazu passen Bowling for Soup mit „Getting old sucks (but everybody’s doing it)” und ein leichter Gin Tonic.

© der Abbildungen ANKAMA EDITIONS 2020, by Bablet / Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2022

Brugeas/Toulhoat – Die Totenkopfrepublik

Lieber tot als Sklave

Story: Vincent Brugeas
Zeichnungen: 
Ronan Toulhoat
Originaltitel: 
La République du Crane

Splitter Verlag

Hardcover, Book | 224 Seiten | Farbe | 35,00 € | 
ISBN: 978-3-96792-373-5

Cover Die Totenkopfrepublik

Obwohl unter anderem das Piraten-Sujet immer wieder totgesagt wird, ist es insbesondere aus der Subkultur nicht wegzudenken. Die Totenkopfflagge weht in Fußballstadien und auf Rockkonzerten, Piratenkostüme sind immer beliebt. Das liegt nicht nur an Blockbustern wie der Piraten der Karibik-Serie, sondern vor allem an der teils romantisierten Verklärung des Ethos der Piraten: Lieber in Freiheit am Strang sterben als mit Ketten an den Händen leben!

Die Totenkopfrepublik page 1

Freiheit, Demokratie, Brüderlichkeit

Vincent Brugeas entwickelt das Szenario der Totenkopfrepublik anhand von drei verschiedenen Charakteren: Da ist zunächst der charismatische Sylla. Als Kapitän eines Piratenschiffs beliebt und erfolgreich, hat er Defizite in der Taktik und Planung, gleicht sie aber dadurch aus, dass er die Männer zu Höchstleistungen treiben kann. Quasi als Gegenentwurf gibt es den Ich-Erzähler Oliver de Vannes. Er überlegt, vielleicht manchmal zu viel, wägt ab und ist in keiner Weise draufgängerisch. Und dann ist da noch Maryam, eine afrikanische Königin.

Das in Kapiteln aufgebaute Werk stellt die Ehre der Piraten in den Vordergrund. Es geht nicht um das Morden und Beute machen, das Ziel ist es, frei zu leben, die Aktionen gemeinschaftlich zu beschließen und das raue Leben auf See nicht für andere zu opfern. Natürlich müssen sich die Männer ernähren und überfallen daher andere Schiffe. Beute, die nicht verkauft und somit auch nicht zu Lebensmitteln (und Alkohol) werden kann, ist sinnlos. Im Nachwort wird ausführlich erklärt, warum plötzlich so viele Seeleute plötzlich ohne Heuer dastanden. Bei den Piraten wurde ihnen nicht nur das Überleben gesichert, es gab auch eine Gemeinschaft, die für Verletzte eintrat.

Die Totenkopfrepublik page 4

Sehr früh wird ein Schiff gekapert, dass eine Ladung Sklaven an Bord gehabt hatte. Sie hatten sich unter ihrer Königin Maryam zwar bereits befreit, waren aber nicht in der Lage, ein Schiff zu steuern. De Vannes gelingt es, mit ihnen eine Übereinkunft zu treffen und die drei Protagonist*innen werden in Zukunft eine mehr oder weniger stabile Einheit bilden. Neben den Auseinandersetzungen mit der Obrigkeit und dem Kampf ums Überleben stehen immer wieder „politische“ Konflikte zwischen der Gefolgschaft der ehemaligen Sklav*innen und der Freiheit der Piraten im Mittelpunkt der Geschichte.

Viel Action aber auch ein wenig Pathos

Das Leben auf See ist gefährlich und anstrengend. Kämpfe sind per se schon mörderisch, wenn aber das beengte Schiff der einzige Schutz vor dem Untergehen ist und die Gegenseite mit Kanonen Feuerbälle verschießt, ist ein schneller Sieg umso wichtiger. Diese Alles-oder-Nichts-Situationen bringt Ronan Toulhoat sehr gut auf das Papier. Man nimmt den Figuren ihre Emotionen ab, nichts wird überzeichnet.

Die Totenkopfrepublik page 13

Ebenfalls sehr gut gelungen ist die Darstellung der Königin. Obwohl sie bei ihren ersten Auftritten nackt ist, liegt darin keine Sexualisierung! Sie strahlt Macht und Autorität aus und beweist diese auch später immer wieder. Natürlich möchte man als Leser*in das Ende so nicht akzeptieren und genauso sicher weiß man trotzdem, dass es kommen wird. Diese Geschichte mit dem Pathos so zu erzählen, dass es nicht trieft, ist der sehr guten Umsetzung durch die Zeichnungen zu verdanken, die neben allen Leistungen auch die Schwächen zeigen.

Top-Tipp!

Viele Piratenstories sind rein Action-orientiert oder eher Klamauk-haft. Brugeas und Toulhoat stellen den demokratischen, freiheitsliebenden Aspekt in den Vordergrund. Wie in so vielen Fällen dauern Aufstände und Rebellionen allerdings nicht all zu lange an, der Rest der Welt kann es sich nicht leisten, erfolgreiche Beispiele für ein „anderes Leben“ zu dulden. Insofern ist die Totenkopfrepublik eben nicht nur ein weiteres Abenteuer nach altbekanntem Muster, sondern fügt dem Kanon etwas Neues (oder zumindest seltenes) hinzu. Nicht nur für Fans der Held*innen mit Augenklappe, sondern auch für Leser*innen von Comics aus dem bahoe-Verlag.

Die Totenkopfrepublik page 14

In einem lesenswerten Essay wird etwas näher auf die Geschichte der Piraterie und ihrer Verwandten, etwa der Korsaren und Freibeuter, eingegangen. Hier wird auch ein historisches Vorbild für Königin Maryam vorgestellt. Der Tenor ist nicht ganz so überzeugt von der positiven Bedeutung der Freiheit, verneint sie aber auch nicht.

 Dazu passen The Pirates, etwa mit „Lonesome Train” und natürlich ein Rum aus der Karibik.

© der Abbildungen DARGAUD BENELUX (Dargaud-Lombard S.A.) 2022, by Brugeas, Toulhoat / Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2023

Jahresrückblick 2022

Meine Jahresbestenliste und ein paar Worte zum Geleit

Es ist wieder so weit, das Jahr nähert sich dem Ende. Niemand hätte sich träumen lassen, dass die „Katastrophe“ Corona/COVID von viel Schlimmeren abgelöst werden würde. In diesem Sinne wünsche ich allen Leser*innen von comix-online Frohe Festtage und einen guten Start in ein hoffentlich gutes Neues Jahr.

Wie immer folgt eine rein persönliche Übersicht über meine Favoriten in den schon bekannten Kategorien. Dazu ein paar Worte über einige Künstler, die uns in diesem Jahr verlassen haben. Ihr könnt gerne die Kommentarmöglichkeit am Ende des Artikels nutzen, um entweder eure Favoriten mitzuteilen oder aber eure Gedanken zu meiner Auswahl zu posten.

Für comix-online war das Jahr sehr erfolgreich. Mehr als 83.000 gezielte Aufrufe einzelner Seiten (also ohne die Startseite) sind ein neuer Rekord. Die Charts mit den am häufigsten aufgerufenen Seiten der letzten 30 Tage bzw. der „All-Time-Favourites“ zeigen durchaus Bewegung und lassen eure Präferenzen deutlich werden. Trotzdem freue ich mich über Kommentare oder Feedback, gerade auch bezüglich Informationen, die euch fehlen.

Die besten Comics

Die Königskategorie ist in gewisser Weise schwierig: Eigentlich erwartet wahrscheinlich jede*r hier, das Marsupilami-Abenteuer von Flix zu sehen. Mit Sicherheit ein toller Titel, ein Verkaufserfolg und eine Anerkennung des deutschen Zeichners und Szenaristen durch die belgischen Markeneigner. Aber ich möchte hier trotzdem das Spotlight auf fünf andere Titel werfen:

Platz 1 geht an eine Künstlerin aus Deutschland: Jennifer Daniel mit Das Gutachten! Die Autorin wirft einen Blick auf die deutsche Geschichte der 70-er Jahre. Während die einen es die bleierne Zeit nennen, war es für andere die Zeit des Erwachens. Mit sehr persönlichem Blick seziert Jennifer Daniel das Gebilde, in dem der Held funktionieren soll, und das doch immer mehr Risse bekommt!

Cover Jennifer Daniel - Das Gutachten

Knapp dahinter ein ebenfalls politischer Titel: Rorschach 4. 35 Jahre nach den Watchmen verkleidet sich jemand als Rorschach und verübt zusammen mit einer als Cowgirl verkleideten Begleiterin ein Attentat auf den Präsidentschaftskandidaten der Republikanischen Partei. Das FBI versucht, diesen Anschlag aufzudecken und Autor Tom King führt uns immer tiefer in eine Mischung aus Wahrheit und Fiktion, die kaum noch auseinander zu halten sind. Jorge Fornés setzt das in tolle Bilder um.

Adventureman ist eine sehr spannende Mischung aus Pulp und moderner Geschichte. So würde die Gattung wohl aussehen, wenn sie heutzutage entwickelt werden würde. Hohes Tempo, viel Action, eine große Prise Humor und ein Stückchen Irrwitz. Matt Fractions Story treibt Terry Dodson zu rasantem Tempo und macht sehr viel Spaß.

Platz 4 geht an einen wiederentdeckten Klassiker, Alain Cardain von Yvan Delporte und Gérald Forton. In der Reihe ZACK-Spezial, wofür dieser Band auch ein wenig stellvertretend steht, werden frankobelgische Klassiker, die es aus unterschiedlichen Gründen nicht nach Deutschland geschafft haben, ansprechend präsentiert. Hier geht es um die Anfänger der Eroberung des Weltalls. Die Ausgaben sind limitiert und nur für ZACK-Abonennt*innen erhältlich.

Platz 5 ist ein Doppelband: Die Fälle von Lord Harold dem Zwölften spielt im London während des Übergangs zur Moderne. Der junge Lord begeistert sich für die wissenschaftlichen Aspekte der Kriminologie und möchte sein Wissen anwenden. Dem Adel war damals eine Beschäftigung allerdings komplett fremd. Im Mittelpunkt steht der Stadtteil Blackwater, der modernisiert werden soll, gleichzeitig aber die Heimat auch der Kleinkriminellen ist. Sehr witzig, spannend und doch mit ernsthaftem Hintergrund erzählt von Philippe Charlot mit Bildern von Xavier Fourqemin.

Die besten Graphic Novels

Es ist immer ein wenig schwierig, Graphic Novels und „reguläre“ Comics voneinander abzugrenzen. Ich versuche mich gar nicht erst an einer Definition, habe aber klare Vorstellungen.

Platz 1 geht an die Literaturadaption Nur noch Stille aus dem All-Verlag. Fabrice Colin hat die Geschichte von R. J. Ellory für das Comicformat umgearbeitet, Richard Guérineau kongenial umgesetzt. Eine trügerische Kleinstadtidylle wird durch den brutalen Mord an kleinen Mädchen empfindlich gestört. Es gibt falsche Verdächtigungen, Alpträume und eine 60-Jahre lange Verfolgung!

Cover Nur noch Stille

Der folgende Platz geht an das Biopic Anaïs Nin von Léonie Bischoff. Die berühmt-berüchtigte Schriftstellerin wird in all ihren Widersprüchen porträtiert. Bischoff konzentriert sich dabei auf die Seele von Nin und ihre frühkindlich geprägte Verlassensangst, die später zu dem unstillbaren Bedürfnis nach körperlicher Zuneigung geführt hat. Leichte Zeichnungen mit Buntstiften schaffen ein Klima der Annäherung ohne Vorurteile.

Platz drei wird von wieder einer anderen Spielart eingenommen. bestemming: canada erzählt 10 Geschichten über Menschen, die aus den Niederlanden nach Kanada ausgewandert sind. Da die Berichte von zehn sehr unterschiedlichen Zeichner*innen umgesetzt werden, kommt dabei nicht nur eine interessante Sammlung von Schicksalen zum Ausdruck, der Band bietet auch noch einen guten überblick über die aktuelle niederländische Szene.

Die besten Gesamtausgaben

Gesamtausgaben von Klassikern waren schon immer im Programm auch von Verlagen, die ansonsten kein großes Comic-Segment hatten.  So auch bei meinem diesjährigen Favoriten, der Marvel Comics Library aus dem Taschen-Verlag! In bisher drei Bänden im XXL-Format, jeweils mehrere Kilo schwer, mit Lesebändchen versehen, in einem speziellen Karton ausgeliefert und auf weltweit 5000 Exemplare limitiert, wurden die jeweils ersten 20 Ausgaben der bahnbrechenden Serien Spider-Man, Avengers und Fantastic Four publiziert. Neben kompetenten, persönlichen Einleitungen von Experten sind die Hefte in fantastischer Reproduktionsqualität abgedruckt, inklusive Werbung, Cover und Leserbriefseiten. Eine Vielzahl an Abbildungen und editorischen Notizen runden die Werke ab, die zurecht mit dem Will Eisner-Award ausgezeichnet worden sind.  Coffetable books at their best!

Cover Marvel Comics Library. Fantastic Four. Vol 1. 1961 - 1963

Platz zwei wird gehalten von der Gesamtausgabe einer klassischen Westernserie, die in der Vergangenheit eine sehr wechselhafte Veröffentlichungsgeschichte in Deutschland erlebt hatte und trotzdem nie komplettiert worden war: Chinaman von Serge Le Tendre und Olivier TaDuc. Im Mittelpunkt steht der aus China ausgewanderte Chen Long Ann. Der ursprüngliche Triaden-Killer wendet sich gegen seinen Herren und kämpft fortan gegen Rassismus und Unterdrückung jeder Form. Man kann immer darüber streiten, ob Gesamtausgaben Geldschneiderei sind oder nicht. Solange sie Käufer*innen finden, sind sie für mich legitim. In diesem Falle jedoch wird es Zeit, dass das Highlight des Western-Genres jetzt endlich angemessen auf Deutsch vorliegt.

Auch Platz 3 wird von der Neuausgabe einer Western-Serie erobert: Die Blauen Boys haben in Deutschland nie die Wertschätzung wie bei unseren westlichen Nachbar*innen erfahren. Dabei stellen sie mit ihrer Mischung aus Komik und ernsthafter, faktenbasierter Kritik an Kriegen und Armee eine sehr seltene Mischung dar. Band 1 der Integral-Reihe ist schon vor geraumer Zeit erschienen, die Fortsetzung lag lange auf Eis. In diesem Jahr nun erfolgte mit den Bänden 2 und 3 der Re-Start! Die ersten Bände waren in Deutschland nur in heute fragwürdigen Übersetzungen erschienen.

Ein Novum in der Geschichte: Ein Szenarist nimmt gleich zwei Plätze hintereinander in der Rangliste ein. Cauvin ist nicht nur für die Blauen Boys verantwortlich, sondern auch für die Geschichten mit den Gorillas aus dem Chicago der Prohibitionszeit: Sammy & Jack. Die auf 10 Bände angelegte Reihe kommt mit ausführlichen redaktionellen Beiträgen und setzt auf Humor. Die Zeichnungen stammen von Berck. Auch diese Serie hat eine bewegte Publikationshistorie in Deutschland.

Platz 5 ist eine „echte“ Gesamtausgabe: Miss October von Stephen Desberg und Alain Queireix erzählt einen Krimi über eine junge Frau, die ein Trauma aufzuarbeiten hat und nebenbei als Diebin arbeitet, einen Bullen, der sich in die falschen Leute verliebt, und einen Serienkiller. Alle vier Bände sind jetzt in einem Integral wieder aufgelegt worden.

Die besten Sekundärwerke

Das beste Sekundärwerk in diesem Jahr hat bisher auf dieser Seite keine Rezension erhalten. Trotzdem hat der Ausstellungskatalog Horror im Comic von Alexander Braun jede*n Leser*in verdient! In verständlicher Sprache, trotzdem aber voller Details wird die Geschichte dieser Spielart hergeleitet, psychologisch erklärt und über die verschiedenen Varianten und Epochen sehr anschaulich präsentiert. Die dazugehörige Ausstellung im Dortmunder schauraum: comic und cartoon war für sechs Monate zu sehen und ist mittlerweile beendet. Der Katalog ist aber regulär beim avant-Verlag erhältlich.

Cover Braun - Horror im Comic

Die deutsche Independent-Szene steht im Fokus des ICOM. Dabei geht es sowohl um Marketing nach außen als auch um Unterstützung für die Mitglieder nach Innen. Ein Schwerpunkt der jährlichen Comic!-Jahrbücher ist die Vorstellung der ICOM Preisträger*innen. Der inhaltliche Aspekt stand in diesem Jahr unter dem Motto Comics und Umwelt. Ein verdienter zweiter Preis!

Der dritte Platz geht eindeutig an das Team der Reddition. In 2022 ist leider nur ein Dossier erschienen, das dem Szenaristen André-Paul Duchâteau gewidmet war. Die Dezember-Ausgabe 2021 war eine Doppelnummer gewesen, insofern ist der Regelmäßigkeit des Erscheinens Genüge getan. Wer auch immer zu einem Thema der Comicwelt Informationen sucht, ist gut beraten zunächst im Archiv der Reddition-Ausgaben zu suchen. Für Abonnent*innen gibt es jeweils eine limitierte Extrabeilage.

Die besten Magazine

Auf Platz 1 in diesem Jahr das ZACK! Jeden Monat liefert Georg F. W. Tempel einen guten Querschnitt aus aktuellen Comics, Gags und Informationen ab, der nicht nur die „Generation ZACK“ bedient, sondern auch über den Tellerrand schaut und Comics nach Deutschland bringt, die hier (meistens) nicht als Alben erscheinen. Hervorzuheben ist dabei, dass angefangene Serien auch beendet werden, selbst wenn sie über Jahre laufen. Dabei stehen neben den runderneuerten Klassikern wie Michel Vaillant oder Rick Master auch spannende Projekte wie Amoras oder MADI im Fokus. Serien aus Deutschland haben dort ebenfalls ihren Platz, aber nicht um eine Quote zu erfüllen, sondern weil sie wie etwa die Frau mit dem Silberstern einfach gut sind! 50 Jahre ist es nun her, dass die erste Ausgabe erschienen ist und das Jubiläumsjahr hat unter anderem eine Erweiterung des Umfanges auf nun 92 Seiten gebracht. Weiter so!

Cover ZACK 278

Kann eine Zeitschrift, die nur alle drei Jahre erscheint und außerdem noch in der aktuellen Nummer keine einzige Comic-Seite enthält, den zweiten Platz im Ranking von Comic-Magazinen einnehmen? Ja! CAMP erscheint zwar nur selten und hat ein deutlich breiteres Spektrum, ist aber definitiv sehr unterhaltsam, anregend und die eigenen Lesegewohnheiten herausfordernd. Da es zudem viele Artikel enthält, die dem Comic-Segment zuzuordnen sind, stehe ich zu dieser Auswahl. Da wären etwa die Adaptionen der Nestor-Burma-Romane oder Nosferatu im Comic, aber auch Überlegungen zur Cancel-Kultur, zu Isaac Asimov oder dem Sammeln von Spielzeugrobotern. Rezension folgt!

Platz 3 geht an den Relaunch des Wandelnden Geist: Das Phantom ist zurück auf dem Kiosk-Markt! Alle zwei Monate werden Geschichten aus den unterschiedlichen internationalen Veröffentlichungen präsentiert. Dabei kommen sowohl „alte“ Sonntagsseiten von Lee Falk zum Abdruck wie auch aktuelle Stories aus Schweden oder den USA! Die Hefte haben in der Mitte jeweils ein Poster zum herausnehmen. Zauberstern Comics haben damit allen Phans einen Wunsch erfüllt.

Und dann ist da noch …

das Jubiläum des Jahres! Während in der realen Welt Superreiche wesentliche Teile ihres Einkommens spenden, aufgrund einer Scheidung riesige Summen abgeben müssen und trotzdem superreich bleiben oder sich aus Spaß eine Software mit blauen Häkchen kaufen, feiert die wahrlich reichste Ente der Welt bereits ihren 75. Geburtstag! Comix-online gratuliert Onkel Dagobert!

Logo zum 75. Geburtstag von Dagobert Duck
© 2022 Disney/Story House Egmont

Eure Lieblinge in 2022

Den meisten Zuspruch haben Michel Vaillant Collectors Edition 1 und das Interview mit Georg Tempel zum 50. Geburtstag des ZACK gefunden. Dahinter folgen die Besprechungen zu den Blauen Boys GA Band 2, Messalina 1 & 2 und der Jubiläumsausgabe ZACK 274.

Der Jahresrückblick 2021 ist auf Platz 6, die Taschen/Marvel-Library zu den Avengers folgt sehr dicht auf. Das Frühjahr/Sommer-Programm des All-Verlags ist auf der 8, Lucky Luke 101 auf der 9 und Patrick Leman von Duchâteau und Denayer auf der 10.

RIP

Ein vollständiger Nekrolog ist an dieser Stelle nicht möglich. Ein guter Anlaufpunkt dafür sind die entsprechenden Seiten von Wikipedia in den jeweiligen Landessprachen. Den vollständigsten Überblick findet man sicherlich auf der englischsprachigen Variante. Trotzdem soll hier an ein paar erinnert werden:

Jean-Claude Mézières, Neal Adams, George Pérez, Tim Sale, Alan Grant, François Corteggiani und viele mehr !

Auf comix-online ist es ein guter Brauch, Rezensionen mit einem Vorschlag für ein passendes Getränk und musikalische Begleitung abzuschließen. An dieser Stelle darf daher der Hinweis nicht fehlen, dass Im Dezember Terry Hall, der Sänger und Songwriter der Specials, Fun Boy Three und vieler weitere Combos von uns gegangen ist. In diesem Sinne: „Ghost Town“!

© der Abbildungen bei den jeweiligen Verlagen und Künstler*innen

Bec/Subic – Conan der Cimmerier 13

Der wandelnde Schatten

Story: Christophe Bec nach Robert E. Howard
Zeichnungen: Stevan Subic
Originaltitel: 
Conan le Cimmérien – Xuthal la Crépusculaire

Splitter Verlag

Hardcover | 72 Seiten | Farbe | 17,00 € | 
ISBN: 978-3-96792-383-4

Cover Conan der Cimmerier 13

Conan ist heutzutage ein Name, der den meisten etwas sagen dürfte: schwertschwingender Barbar aus dem Hohen Norden, muskelbepackt, testosterongetrieben. Dieses Bild ist im Wesentlichen von Visualisierungen getrieben, die immer wieder ihre Zeit geprägt haben: Die Gemälde von Frank Frazetta als Cover der Romane, Arnold Schwarzenegger als Darsteller des Kinofilmes, die Marvel-Comics und schon ganz am Anfang die Titelbilder von Weird Tales, die den Helden gar nicht dargestellt haben. Conan der Cimmerier bringt die Originalgeschichten von Robert E. Howard zurück wobei jeweils ein Band von einem anderen Team europäischer Künstler*innen gestaltet wird.

Conan der Cimmerier 13 page 4

Das Untier inmitten der Wüste

Der wandelnde Schatten, im Original nach der Stadt des Geschehens Xuthal benannt, ist eine Story aus den Anfangstagen. Alle Bände dieser Reihe haben einen redaktionellen Teil, in dem Patrice Lquinet sehr sachkundig die Hintergründe der Entstehungsgeschichte vermittelt. Im konkreten Fall musste Howard 1932 Einnahmeausfälle kompensieren und reicherte seine Beiträge für Weird Tales mit mehr Sex an. Der sehr erfahrene Bec setzt die Geschichte 90 Jahre später gekonnt in ein Comic-Szenario um!

Conan ist Bestandteil eines Söldnerheeres als er auf einem Sklavenmarkt eine junge Frau aus der Gewalt ihrer Verkäufer rettet. Diese begleitet ihn fortan und die beiden überleben als einzige die vernichtende Niederlage des Heeres durch eine Flucht in die Wüste. Kurz vor dem Verdursten entdecken sie eine Stadt, Xhutal, die von seltsamen Menschen bewohnt wird. Einige scheinen tot zu sein, andere sehr entrückt und dann doch wieder sehr lebendig und feindselig.

Conan der Cimmerier 13 page 5

Es stellt sich heraus, dass die Stadt von einem längst vergessenen Volk gegründet worden ist. Seine Überlebenden sind einer Art Drogenrausch verfallen. Nebst ihnen wohnt aber auch ein lebender Schatten, ein Monster, in dieser Stadt und ernährt sich von den Einwohnern. Der Schatten scheint zusätzlich durchaus irdische Gelüste zu haben und es kommt – natürlich – zu einem Show-Down zwischen dem Barbaren und dem Rest der Welt. Bemerkenswerterweise nimmt Natala keineswegs durchgehend die Rolle der Beschützten ein, sondern erweist sich als die Rettung.

Opulente Zeichnungen

Beim Lesen der Geschichte fühlt man sich fast an die Zeiten von Metal Hurlant/Heavy Metal erinnert. Die Zeichnungen hätten dort durchaus hineingepasst und sind keineswegs mit den aktuellen Marvel-Bänden zu vergleichen. Der Comic für Erwachsene ist zwar keineswegs anrüchig, spart aber auch kein Detail des Originals aus. Stevan Subic nimmt dabei jedoch keine voyeuristischen Positionen ein und vermittelt nicht nur die schwachen, sondern auch die starken Momente der Heldin.

Conan der Cimmerier 13 page 6

Der Palast ist sehr detailreich wiedergegeben und vermittelt unter anderem durch die Farbwahl das Gefühl eines Dungeons, die Wüste ist endlos und lebensfeindlich. Die enthemmten Gesichter der Bewohner passen ebenso zu den Horrorelementen der Geschichte wie das Monster, das körperlich fast weniger Eindruck macht als durch seinen Schatten.

Pulp!

Eine Mischung aus Horror und Fantasy die alle klassischen Elemente des Pulp beinhaltet. Eine perfekte Wiedergabe der Bilder im Splitter-Überformat. Eine hilfreiche redaktionelle Ergänzung mit sinnvollen Illustrationen. Und nicht zuletzt eine weitere sehr spannende Interpretation der Ikone. Die Reihe über Conan, den Cimmerier schafft es immer wieder, dem Thema neue Aspekte abzugewinnen. Da kein Team die Reihe „übernimmt“ muss auch niemand mit Effekten für den nächsten Teil haushalten oder drohende Langeweile durch Wiederholungen befürchten.

Detail Conan der Cimmerier 13 page 11

Für Fans der klassischen Sword and Sorcery-Fantasy ist Der wandelnde Schatten definitiv eine Empfehlung! Wer The Witcher mag, kann hier vielleicht ein paar Grundmotive kennenlernen. Wer allerdings gerne Ursula K. Le Guin liest, wird hier wohl kein Vergnügen finden.

Dazu passen The Cramps mit „Goo Goo Muck” und ein kräftiger Burgunder.

© der Abbildungen Editions Glenat 2022 by Christophe Bec, Stevan Subic & Guilia Brusco d`après l’ ouvre de Robert E. Howard / Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2022

Bocquet/Anlor – Ladies with Guns 1

Nicht unterkriegen lassen!

Story: Olivier Bocquet
Zeichnungen: 
Anlor
Originaltitel: 
Ladies with Guns – Tome 1

Splitter Verlag

Hardcover | 64 Seiten | Farbe | 17,00 € | 
ISBN: 978-3-96792-392-6

Cover Ladies with Guns 1

Frauen spielten in Western im bisherigen Regelfall keine tragende Rolle! Im mittlerweile x-sten Comeback dieser Sparte ändert sich das allerdings gerade und so ist es nicht verwunderlich, dass auch Comic-Western ihren Fokus auf die größere Hälfte der Bevölkerung richten. Im Mittelpunkt dieser Serie stehen fünf Frauen, die aus ihren bisherigen Rollen ausgebrochen sind.

Change-Management

Heutzutage gibt es ja für fast alle Situation ein passendes englisches Buzz-Word. Wenn sich Rollen in einem Gefüge ändern und alle bisherigen Beteiligten damit klarkommen sollen, wird das üblicherweise als Change-Management bezeichnet. Oft ist das ein Euphemismus, der das Knirschen im Getriebe höflich umschreibt. Ladies with Guns beschreibt ähnliche Situationen: eine Sklavin macht ihren Herren sehr deutlich, was sie nicht mit sich machen lässt und flieht, eine Siedlerin in spe überlebt einen Angriff auf ihren Trek, eine Angehörige der First Nations überdenkt ihr Feindbild, eine Prostituierte möchte den Beruf wechseln und eine Farmerin helfen.

Ladies with Guns 1 page 3

Allerdings sind die vom Wandel betroffenen Herren der Schöpfung keinesfalls gewillt, diesen hinzunehmen. Ihre Weltsicht ist davon geprägt, dass nur sie bestimmen. Und von neumodischen Errungenschaften, etwa, dass man Frauen nicht schlagen dürfe, halten sie gar nichts. Sie machen sich daher auf, um den Status qua ante wieder herzustellen.

Irgendwie scheint Olivier Boucquet aber eine Vorliebe für Filme von Quentin Tarantino zu haben. Seine Geschichte beginnt bereits blutig und steigert sich im Verlauf zu einer Orgie der Gewalt, die alle Spielarten der Auseinandersetzungen im Western aufnimmt. Obwohl das dramaturgisch sehr stimmig ist, ist es doch nichts für schwache Nerven.

Natur und Mensch

Auch Anlor scheint zwei Seelen in ihrer Brust zu haben. Einerseits kann sie die friedvolle Natur in einer Weise darstellen, dass man beim Lesen fast das Gezwitscher zu vernehmen glaubt, andererseits spritzt das Blut nur so. Letzteres wird kräftig mit Soundwords unterstützt und so ist auch dieses Geräusch sehr unmittelbar! Sie verdeutlicht sehr offensichtlich, wo ihre Sympathien liegen! Und es sei verraten, dass es nicht die Männer sind, die diese abbekommen.

Ladies with Guns 1 page 4

Obwohl hier wirklich krasse Gewalt dargestellt wird, erreichen ihre Zeichnungen nicht die Brutalität eines Hermann. Zudem gelingt es ihr auch, dem von Boucquet immer wieder platzierten Humor grafisch Ausdruck zu geben. Man darf gespannt sein, wie diese Geschichte sich über zwei bereits angekündigte Alben weiterentwickeln und steigern wird.

Ein Western der anderen Art

Seit den Tagen des Italo-Western hat es eine lange Zeit nur noch vereinzelte Western gegeben, die wirklich einen Schwerpunkt auf die Gewalt legen. Das scheint sich gerade wieder zu ändern und Tarantino ist nur ein Beispiel unter vielen. Die Kombination aus „Heldinnen“ und Gewalt ist dagegen nicht so selten. Nicht ganz so üblich ist allerdings, dass sich die Opfer (zumindest vorläufig recht erfolgreich) wehren!

Ladies with Guns 1 page 5

Als Ergänzung einer Western-Comic-Sammlung unbedingt zu empfehlen, da es sich bei Ladies with Guns eben nicht um eine weitere Wiederholung handelt. Beide Künstler*innen sind in Deutschland noch nicht übermäßig bekannt, haben aber meiner Meinung nach Beachtung verdient!

Dazu passen Dr. Feelgood mit „Roxette” und ein Bulleit Rye „Frontier Whiskey“.

© der Abbildungen Dargaud 2022 by Bouquet, Anlor / Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2022

Giancola – Mittelerde

Auf den Spuren eines Mythos

Zeichnungen: Donato Giancola
Originaltitel: 
Terre du Milieu – Sur les Traces d’un Mythe

Splitter Verlag

Hardcover | 144 Seiten | Farbe | 35,00 € | 
ISBN: 978-3-98721-065-5

Cover Giancola - Mittelerde

Mittelerde als Sammelbezeichnung für die verschiedenen Zeitalter der von John Ronald Reul Tolkien geschaffenen Welt ist mittlerweile Bestandteil des allgemeinen Wortschatzes unzähliger Sprachen. Fast jede*r kennt die Bücher, die Verfilmungen, die Hörspiele, vielleicht sogar die Rollen- und Brettspiele. Orks haben inzwischen Eingang in viele Werke gefunden, sind fast so etwas wie eine ausgestorbene Art geworden und auch beim Auenland wäre ich mir nicht sicher, wie groß der Anteil der Befragten wäre, die es auf einer Weltkarte lokalisieren würden. Passend zum Start der neuen Streaming-Serie auf Amazon präsentiert der Splitter-Verlag einen opulenten Bildband!

Der Fluch des Bekannten

Für jede*n Künstler*in im Fantasy-Bereich gibt es verschiedene Herausforderungen: Bestimmte Eigenschaften eines Wesens sind allgemeinbekannt: Trolle sind riesig und stark, Orks stinken und sind gefährliche Raubtiere und Elfen haben etwas ätherisches. Die Betrachter*innen haben also schon eine gewisse Vorstellung und müssen nicht mehr von null abgeholt werden. Dieser Segen kann sich aber in das Gegenteil verkehren, wenn das Abzubildende zu bekannt ist. Insbesondere erfolgreiche Verfilmungen können dazu beitragen, dass es für nachfolgende Künstler*innen sehr schwer wird, eigene Akzente setzen zu können.

Dragon from Giancola - Mittelerde

Als Beispiel dafür möge Boromir dienen: Sean Beans Aussehen hat die Rezeption dieses Charakters total verändert, denn bei Ralph Bakshi sah er noch aus wie ein Wikinger. Ein Boromir mit kurzen Haaren oder ohne Bart wäre für Betrachter*innen kaum vermittelbar. Giancola nimmt diese Herausforderung an und präsentiert den Ringgefährten erkennbar und doch anders.

Auch Gandalf, die Hobbits und Legolas haben bei Giancola eine eigene Präsenz. Ihm gelingt es besonders bei seinen Personenporträts, Emotionen in den Vordergrund zu stellen. Die dargestellten zeigen Ängste, Zuversicht oder Mut in Körperhaltung und Mimik. Teilweise kopiert der Künstler dabei den Stil der klassischen Porträtmaler und man erwartet fast, zu lesen, dass das Original im Louvre oder im Mauritshuis hängen würde. Daneben gibt es aber auch viele Abbildungen mit Pastellkreide.

Eagle from Giancola - Mittelerde

Eine Tour durch Mittelerde

Das Artbook nimmt die Leser*innen mit auf eine Reise. Es beginnt mit dem Hobbit: gemütlich, genussorientiert und ein wenig konservativ entschließt sich ein gewisser Bilbo Beutlin doch, auf eine Reise zu gehen. Diese Initiation und vor allem der Drache Smaug stehen hier im Fokus.

Der Herr der Ringe porträtiert wie oben bereits erwähnt die Hauptpersonen, gibt aber auch immer wieder Schlüsselszenen eine neue darstellerische Interpretation. Das gilt etwa für das Verhältnis von Frodo und Gollum, den rätselhaften Balrog, oder die fast schon einer Erlösung gleichkommende Vernichtung des Ringes.

Abschließend greift Giancola weiter Erzählungen von Tolkien auf wie etwa die Kinder Hurins oder den Fall von Gondolin. Dazu gibt es ein paar kurze Begleittexte, die den Kontext herstellen sollen ohne von der Macht der Bilder abzulenken. Viele der Werke sind übrigens in Privatbesitz und werden daher kaum auf Ausstellungen zu sehen sein.

Troll from Giancola - Mittelerde

Ein wunderschönes Artbook

Dem Splitter-Verlag ist mit diesem Artbook meines Erachtens ein toller Coup gelungen. Natürlich gehört dieses Buch nicht in den Kernbereich „Comics für Erwachsene“. Auf der anderen Seite geht es bei der Neunten Kunst darum, mit Bildern eine Geschichte zu erzählen. Die Bilder von Donato Giancola sind zwar nicht sequentiell zu lesen, erzählen aber durchaus Geschichten von Momenten.

Künstlerisch bietet der Bildband durch die Kombination der Ölgemälde mit Pastellkreidezeichnungen und anderen Techniken eine interessante und abwechslungsreiche Reise durch Mittelerde in der Bekanntes aufblitzt aber doch anders präsentiert wird. Zum Start der Ringe der Macht eine tolle Ergänzung, die sich sicherlich auch gut als Weihnachtsgeschenk eignet. Und vielleicht kann sich ja auch der eine oder die andere in den kommenden kalten Wintertagen daran erwärmen.

2 versions of a drawing from Giancola - Mittelerde

Dazu passen The Whistlin‘ Donkeys zum Beispiel mit „Mc Alpine’s Fusiliers” und ein kühles Stout.

© der Abbildungen 2022 URBAN COMICS by Donato Giancarlo / Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2022

Andolfo – Sweet Paprika 1

Was gehört eigentlich zum “richtigen Leben“ dazu?

Story: Mirka Andolfo
Zeichnungen: 
Mirka Andolfo
Originaltitel: Sweet Pa
prika 1 – 4

Splitter Verlag

Hardcover | 112 Seiten | Farbe | 19,80 € | 
ISBN: 978-3-96792-258-5

Cover Andolfo - Sweet Paprika 1

Mirka Andolfo ist nicht nur in Italien ein Superstar. Die Horror-Serie Mercy wurde zum Beispiel in mehreren Ländern fast zeitgleich veröffentlicht und ist auf Deutsch bei Panini erschienen. Die aktuelle Serie der Künstlerin hat sich aber der Splitter Verlag gesichert. Neben der regulären Ausgabe unter dem Titel Sweet Paprika gibt es auch eine limitierte Vorzugsausgabe als Hot Paprika mit expliziten Zeichnungen und einem signierten ExLibris.

Klamauk im Stil einer Teen-Serie

Während aktuelle Coming-of-Age Serien im TV on demand zunehmend ernsthaft mit Themen wie queerer Sexualität, Identitäten und den daraus erwachsenen Problemen beschäftigen, setzt Mirka Andolfo in ihrer Paprika-Serie eher auf den derben Humor.

Andolfo - Sweet Paprika 1 page 6

Ihre Heldin ist eine erfolgreiche junge Frau, die als CCO des größten Verlagshauses der Welt arbeitet. Ihr steht genügend Geld zur Verfügung, sie hat ein tolles Apartment und könnte eigentlich sehr zufrieden sein. Sie leidet aber darunter, dass ihre soziale Kompetenz nicht gerade überwältigend ist und ihre privaten Kontakte sich auf ihre Familie beschränken. Sowohl sie selbst als auch ihre Umwelt (in Form von prä-pubertären männlichen notgeilen Archetypen) haben aber bestimmte Vorstellungen, die auf sexuelle Verhältnisse anspielen. Während die männlichen Wesen nichts als Sex wollen, ist die Heldin zwar einerseits verzweifelt, keine Kontakte zu haben, andererseits mit sich selbst aber auch zufrieden.

Passende Zeichnungen

Die Geschichte spielt damit, voyeuristische Einstellungen zu nutzen, um die Fantasie der Zielgruppe anzuregen. Nichts wird wirklich gezeigt, aber vieles entweder als reale Szenen, häufiger aber noch als „Träume“ angedeutet. Das zu Grunde liegende Frauenbild ist nicht wirklich modern, auch wenn Handlungen und Grenzen von ihr ausgehen, das Männerbild reduziert das Gehirn samt Denkvermögen auf das Sexualorgan.

Andolfo - Sweet Paprika 1 page 7

Natürlich hat das allerdings mit unserem Leben nichts zu tun, denn die handelnden Personen sind unschwer als Teufel*in, Dämon*in oder Engel zu erkennen. Und ja, es gibt auch Elemente der Bürosatire und Kritik am Lifestyle der neureichen Manager*innen. Insgesamt wirkt das Ganze aber etwas pubertär.

Für wen ist das was?

Die angepeilte Zielgruppe sind wahrscheinlich 15-jährige Jungs. Diese werden hoffentlich schnell begreifen, dass die Darstellung der Personen nichts mit einer wie auch immer gearteten Wunschvorstellung zu tun hat. Die Protagonist*innen sind Abziehbilder und Karikaturen. Nur als Dystopie macht das Ganze vielleicht sogar Sinn. Ich bin mir aber nicht sicher, ob so viel Satireverständnis beim durchschnittlichen Leser vorhanden sein wird. Ansonsten beweist Andolfo aber auch hier, dass sie ihr Metier durchaus beherrscht.

Andolfo - Sweet Paprika 1 page 8

Dazu passen The Troggs mit „With A Girl Like You” und heißes Wasser mit ordentlich Ingwer.

© der Abbildungen 2021 Star Comics/Arancia Studio / Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2022

Peyo – Benni Bärenstark Gesamtausgabe 1

1960 – 1967

Story: Peyo (1, 2), Peyo & Yvan Delporte (3)
Zeichnungen: 
Peyo (1, 2), Peyo & Francois Walthéry (3)
Originaltitel: 
Benoît Brisefer: L´Intégrale 1

Splitter Verlag

Hardcover | 224 Seiten | Farbe | 39,95 € | 
ISBN: 978-3-96792-737-5

Cover Benni Bärenstark Gesamtausgabe 1

Untrennbar mit den Namen von Peyo, also Pierre Culliford, verbunden sind die Geschichten um die Schlümpfe. Die kleinen blauen Wichtel waren erstmals in einer Story von Johann und Pfiffikus aufgetaucht, hatten aber sehr schnell eine eigene Serie bekommen, die bis heute läuft. Zudem ist ein unglaubliches Merchandise-Konglomerat mit ihnen entstanden. Neben weiteren Serien hat Peyo aber auch eine Reihe über einen echten „Superhelden“ entwickelt, die ebenfalls zu den Klassikern der frankobelgischen Funnies gehört: Benni Bärenstark!

Fast immer superstark …

Der kleine Benni ist ein Junge, der nett, höflich, hilfsbereit und interessiert ist. Trotzdem will aber niemand mit ihm spielen, er ist nämlich superstark. Da er die Kräfte nicht immer richtig dosieren kann platzen Bälle, brechen Bänke, kurzum, gehen viele Dinge unbeabsichtigt kaputt. Da der normale Alltag eines kleinen Kindes für ihn also versperrt ist, orientiert er sich vielleicht etwas zu stark an der Welt der Erwachsenen und gerät immer wieder in gefährliche Situationen mit kriminalistischem Hintergrund.

Benni Bärenstark 1 page 39

Wie so oft nehmen Erwachsene die Leistungen von Kindern aber nicht wirklich war. Seine Superkräfte werden Benni oftmals nicht geglaubt. Und wenn doch, dann soll er sie genau dann beweisen, wenn er dazu nicht in der Lage ist: ein Schnupfen verhindert nämlich sofort die Ausübung und Benni wird zu einem normalen, schmächtigen Jungen. Die Abenteuer des bärenstarken Jungen starteten in Deutschland unter dem Label „Der kleine Winni“ in Fix & Foxi bevor Carlsen und toonfish Alben veröffentlichten.

Teil 1 der fünfbändigen Gesamtausgabe enthält die ersten drei Geschichten. In Die roten Taxis gerät der alteingesessene Taxifahrer, Herr Piepke, plötzlich unter Druck als ein neues Unternehmen mit modernen Autos auf den Markt in dem beschaulichen Freudenberg drängt. Die Fahrer scheinen aber noch auf ganz andere Ziele aus zu sein. Das Rätsel um Frau Albertine besteht zunächst einmal darin, dass die ältere Dame einerseits sehr freundlich zu sein scheint, andererseits aber unflätig und die Anführerin einer kriminellen Bande. Für die 60-er Jahre eine sehr moderne Verwechslungskomödie. Bennis zwölf große Taten ist abschließend ein Parforce-Ritt durch mehrere Länder auf der Suche nach Teilen eines Dokumentes, die nur zusammen großen Reichtum versprechen. Erneut ein spannender Krimiplot.

Benni Bärenstark 1 page 40

Ein Funny für die ganze Familie

Anfangs hat Peyo fast alle Zeichnungen allein angefertigt und nur bei den Hintergründen auf Will zurückgegriffen. Im dritten Band teilt er sich diese Aufgabe bereits mit Francois Walthéry der später mit Natascha eine eigene große Serie haben sollte. Die gute Einführung von Patrick Gauner klärt auch über die Hilfestellung von André Franquin auf. Die Zeichnungen sind sehr detailliert und geben dem Zeichner der Ritterserie mit Magiesprengseln die Möglichkeit, die (damalige) Jetztzeit darzustellen.

Das gelingt auch mit Hilfe von Will sehr gut! Es macht Spaß, die Serie in dieser wirklich sehr guten Aufbereitung (wieder) in die Hand zu nehmen und zu genießen. Viele Anspielungen erlauben den älteren Leser*innen das Schmunzeln, während Jüngere eher mit Benni mitfiebern werden, ob die Aufgaben vor dem nächsten Schupfen erledigt werden können.

Benni Bärenstark 1 page 41

Ein auch heute noch lesenswerter Klassiker

Einige „Klassiker“ wirken mittlerweile etwas aus der Zeit gefallen und haben eher nostalgischen Wert. Benni Bärenstark funktioniert dagegen auch heute noch. Natürlich gibt es in den Geschichten noch keine moderne Kommunikation. Sie werden dadurch aber nicht unglaubwürdig. Für Erwachsene ist es schon eher fragwürdig, warum der kleine Junge so oft und vor allem so lange unterwegs sein kann ohne ganze Heerscharen zu mobilisieren, die nach ihm suchen würden. Aber das ist halt Kunst!

Die Ausgabe im Splitter-typischen Format ist schön und wertig. Das informative Dossier klärt über die Beteiligten und die zeitlichen Hintergründe auf und präsentiert reichlich Illustrationen, die in deutschen Veröffentlichungen bisher nicht vorlagen. Und sie passen auch sehr schön neben die Johann & Pfiffikus-Bände. Für alle Altersstufen bedeutet in diesem Fall, dass drei Generationen zwischen Lesen und Vorlesen nach Belieben wechseln können.

Benni Bärenstark 1 page 42

Dazu passen Willy Girmes mit “Piratentanz” und eine heiße Zitrone, wahlweise mit etwas Honig.

© der Abbildungen Peyo – 2022 – Licensed through I.M.P.S. (Brussels) – www.smurf.com / Splitter Verlag GmbH & Co. KG, 2022

error: Content is protected !!