Sente/Rosinski – Skarbek

Gesamtausgabe

Story: Yves Sente
Zeichnungen: 
Grzegorz Rosinski
Originaltitel: 
La Vengeance du Comte Skarbek Intégrale complète

schreiber & leser

Hardcover | 128 Seiten | Farbe | 29,80 €
ISBN: 
978-3-96582-123-1

Cover Skarbek Gesamtausgabe

Einige Werke haben es verdient, nach angemessener Zeit erneut veröffentlicht zu werden. Die Geschichte der Rache des Grafen Skarbek erschien zuletzt 2006 in zwei Einzelbänden um nun als Gesamtausgabe und umfangreichem Anhang wieder in den Regalen aufzutauchen! Angesichts der Namen der Kreativen sind die Erwartungen hoch, haben sie doch Werke wie Mademoiselle J., Blake & Mortimer oder Thorgal als Referenzen vorzuweisen.

Vielschichtige Handlung zwischen Kunst, Rache und Piraten

Eine wirkliche gute Geschichte erkennt man oft genug daran, dass sie aus verschiedenen, mit einander verwobenen Schichten besteht, die sich erst nach und nach offenbaren und die Leser*innen zwingen, die Vermutungen über den Fortgang zu überprüfen, vielleicht sogar zu revidieren! Skarbek ist eine solche Story! Es beginnt damit, dass ein polnischer Graf, Skarbek, in der Pariser Kunstszene des Jahres 1843 auftaucht und die Bekanntschaft von Sammlern des Malers Louis Paulus sowie ihres Galeristen macht. Durch sie erlangt er sogar Zugang zu der ehemaligen Muse des Künstlers.

Skarbek Gesamtausgabe page 61

Im Zentrum der Geschichte steht ein Prozess, den der Adelige gegen die Sammler und den Verkäufer der Bilder anstrengt. Ein Skandal entwickelt sich und niemand, weder Anwälte noch Beteiligte, Richter, oder gar Zuschauer*innen sind vor Überraschungen und plötzlichen Wendungen in diesem Prozess geschützt. Es scheint, dass der polnische Graf nicht ist, was er zu sein scheint, und dass die angeblichen „Guten“ mehr Dreck am Stecken haben als ihnen lieb ist.

Verwoben in dieses Gerichts- und Rachedrama sind zusätzlich noch eine Piratengeschichte, die Geschichte einer leidenschaftlichen Malerei und mehrfach enttäuschter Liebe. Was klingen mag wie eine Ansammlung einfach aller möglichen Motive für eine Geschichte ist in Wirklichkeit von Yves Sente komplex verwoben und spannend erzählt!

Jedes Bild ein Kunstwerk!

Üblicherweise sind die Bilder in einem Comic-Strip gezeichnet. Grzegorz Rosinski dagegen hat jedes einzelne Panel gemalt und schafft damit eine ganz außergewöhnliche Optik. Einerseits gelingt es dadurch natürlich optimal, die Gemälde des Louis Paulus in die Handlung und ihre Darstellung zu integrieren. Es ist kein Widerspruch zwischen dem Bild des malenden Malers und dem Bild des gemalten Bildes und die Leser*innen werden so noch tiefer in die Handlung hineingezogen.

Skarbek Gesamtausgabe page 62

Auf der anderen Seite ermöglicht diese Art, die Hintergründe und das Dekors so unglaublich detailliert und facettenreich zu gestalten. Jede Zeichnung, teilweise selbst Fotos wären mit dieser Fülle überfordert. Hier aber kann das Auge diese Details zunächst ignorieren, um dann zu ihnen zurückzukommen, wenn die Informationsaufnahme abgeschlossen ist. Die Vielschichtigkeit dieses Werkes liegt also nicht nur in der Handlung, sondern auch in der graphischen Darstellung höchstselbst!

Das Besondere für die Sammlung!

Die Gesamtausgabe von Skarbek kommt zusätzlich mit einem großen Anhang, voll mit Skizzen und Entwürfen. Dieser erlaubt einen Einblick in die Entstehungsprozedur, ermöglicht aber auch, das eine oder andere Schmankerl prominent dazustellen. Die limitierte Vorzugsausgabe enthält zusätzlich noch ein Portfolio mit Zeichnungen zu den Bildern von Paulus mit den entsprechenden Motiven.

Skarbek Gesamtausgabe Vorzugsausgabe
Portfolio der VZA

Inhaltlich wie auch grafisch fällt der Band aus dem Rahmen: Die Story ist vielschichtiger als üblich, die Bilder viel detaillierter, aber auch künstlerischer. Nichts für den schnellen Genuss also. Auf der anderen Seite ist dieses Werk zwar besonders (gut), aber nicht experimentell oder schräg. Es bleibt im Kanon des Erwartbaren! Per definitionem also ein besonderes Schmuckstück für jede Sammlung, aber mit sehr hohem Gebrauchswert!

Dazu die Neue von The Damned „Beware of the Clown“ und ein dunkelroter Bordeaux.

© der Abbildungen Dargaud Benelux (Dargaud Lombard s.a.) 2008, by Rosinski, Sente / 2023 Schreiber & Leser, Hamburg

Chauvel/Pion – Sigrid 1

In diesem unbekannten Land

Story: David Chauvel
Zeichnungen: 
Patrick Pion
Originaltitel: 
Sur cette Terre Inconnue

Splitter Verlag

Hardcover | 64 Seiten | Farbe | 17,00 € | 
ISBN: 978-3-98721-038-9

Sigrid 1 Cover

Spätestens seit dem Erfolg von Vikings sind die rauen Bewohner*innen des Nordens wieder ein Thema, auch im Comic. Und auch die Überfahrten in den nicht soo großen Schiffen, Drakkar genannt, über das stürmische Wasser mit den entsprechenden Unbillen haben sich von romantischen Vorstellungen früherer Erzählungen mittlerweile weit entfernt. Ebenfalls bekannt sein dürfte, dass Männer und Frauen auf diesen Schiffen waren und an Kriegshandlungen teilnahmen, weil sie die Tätigkeiten ausführen konnten! Ein Abenteuer, dass eine Frau als Heldin hat, sollte also alles andere als eine Besonderheit sein!

Die große Überfahrt

In diesem unbekannten Land beginnt mit einem vor der Küste gestrandeten Schiff. Ein Mitglied der First Nations untersucht seine Entdeckung und findet schließlich eine schwer verletzte Frau an Bord. Sigrid, so ihr Name, war mit einem Trupp gleichgesinnter rund zwei Wochen zuvor in Grönland aufgebrochen um ihr Glück an einer neuen Küste zu suchen. Den Beteiligten war klar, dass eventuell nicht alle die Reise überstehen oder in dem neuen Land möglicherweise sterben würden. Sie waren aber nicht davon ausgegangen, dass während der Überfahrt fast die gesamte Besatzung eines sehr schmerzhaften Todes sterben würde.

Sigrid 1 page 3

Es stellt sich heraus, dass auch ein Mann die Reise überlebt hat. Dieser hatte persönliche Gründe für die Überfahrt geltend gemacht, dabei allerdings seine Pläne verschwiegen. Er überlebt nicht nur, sondern trifft auch auf andere Nordmänner, die sich mit ihm zusammen auf die Suche nach dem Schiff machen.

Sigrid dagegen wird von Gotheyet, ihrem Finder, nicht nur merkwürdig beäugt. Sie imponiert dem Einheimischen auch. Sie schaffen es aber zunächst nicht, ihre Sprachbarriere zu überwinden. David Chauvel kombiniert hier typische Versatzstücke einer Schiffbruchsstory mit Wikinger-Motiven und einem Ego-Trip. Dabei vergisst er nicht, der großartigen Natur ihren Raum zu lassen. Der Cliffhanger macht Lust auf mehr!

Sigrid 1 page 5

Raues Land, raue Zeiten, raue Zeichnungen

Die grandiose Natur Neufundlands ist ein weiterer Held dieser Erzählung! Patrick Pion, bekannt etwa von Young Justice, idealisiert diese nicht, sondern gibt mit seinem kantigen Stil der rauen Unberührtheit Raum. Dieser Stil passt auch zu den leicht ungepflegten Wikingern, ihren Kämpfen und ihrem Sozialleben. Zum Glück widersteht er auch der Versuchung, den Einheimischen als „Edlen Wilden“ darzustellen.

Die Darstellung von Sigrid schwankt ein wenig. Manchmal sieht die Figur zu jung aus, meistens passt es aber gut. Das im Wesentlichen streifige Layout wird teilweise durcheinandergeschüttelt und manchmal sogar durch ganzseitige Illustrationen aufgelockert.

Sigrid 1 page 6

Erfrischend anders!

Hier geht es nicht um die einmillionste Schlacht, die Menschen zu Berserkern macht und in Zeitlupe Bluttropfen fliegen lässt. Zwar geht auch hier wahrlich nicht alles friedlich ab, die Gewalt wird aber nicht abgefeiert. Es geht vielmehr um die Frage, wie Kolonisation wirkt, was das Einlassen auf das Fremde erfordert und wie Vertrauen entsteht.

Die Hinweise auf religiöse Fragen, Ehre, Gerechtigkeit runden die Geschichte ab, treten aber eher zurück. Das typische Splitter-Überformat tut der Geschichte gut. Die Darstellungen bekommen so den benötigten Raum und die Story bekommt wegen der größeren Dimensionen gefühlt mehr Zeit, sich zu entwickeln! Für Fans von Geschichten mit starken Frauen, Wikinger*innen und amerikanischen Ureinwohner*innen! Der abschließende zweite Band ist für den Oktober angekündigt.

Sigrid 1 Detail

Dazu passen Violent Femmes mit „American Music” und ein Met.

© der Abbildungen Éditions Delcourt 2021 by David Chauvel and Patrick Puion / Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2023

Bollée/Aymond – Bruno Brazil – Die neuen Abenteuer 3

Eisiger Terror in Eskimo Point

Story: LF Bollée
Zeichnungen:  
Philippe Aymond
Originaltitel: 
Terreur boréale à Eskimo Point

Basierend auf den Charakteren von Greg und Vance

All Verlag

Hardcover | 56 Seiten | Farbe | je 17,80 € |

ISBN: 978-3-96804-160-5

Cover Bruno Brazil neu 3

Das Kommando Kaiman existiert nicht mehr; drei seiner sieben Mitglieder sind tot, zwei weitere waren verwundet worden. Der Leiter dieser Einheit, Bruno Brazil, musste sich daraufhin in psychologische Behandlung begeben. Wer mehr über den Original-Zyklus aus den Zeiten des Koralle-ZACK erfahren möchte, kann im Serienkompass nachlesen. Mit den „neuen Abenteuern“ setzen LF Bollée und Philippe Aymond genau zu diesem Zeitpunkt an. Bruno und Nomade sind aus der Behandlung entlassen, Whip Rafale sitzt im Rollstuhl und Gaucho Morales ist immer noch im Dienst.

Der wahnsinnige Wissenschaftler im Eis

Die restlichen Kaimane arbeiten für das WSIO, eine internationale Behörde. Als eine in einem Fischcontainer aus Kanada gefundene Leiche kurz darauf aus der Leichenhalle gestohlen wird, beschließt Brunos Chef, einen Einsatz vor Ort zu genehmigen, um die Hintergründe aufzudecken. In Eskimo Point, einem kleinen Fischerort in Kanada, stellt sich heraus, dass der Tote einer von vor längerer Zeit aus Heimen verschwundenen Jungen war. Die drei waren danach nicht wieder aufgetaucht.

Im örtlichen Fernsehen wird täglich der für die Bewohner*innen des Ortes lebenswichtige Wetterbericht ausgestrahlt und aufgrund seiner Bedeutung auch in Gebärdensprache übersetzt. Verwirrend ist, dass gerade als Bruno und Gaucho in der örtlichen Kneipe auf Jagd nach Informationen sind, der Bericht nicht korrekt übersetzt wird.

Langsam kommen sie auf die Spur eines Veteranen, der sich als Wissenschaftler in der Nähe des Ortes niedergelassen hat. Unterstützung bekommen die zwei Agenten dabei von dem örtlichen Scheriff und einem taubstummen Jugendlichen. Dieser muss schon anfangs der Geschichte eingreifen als es zu einer Begegnung des weißhaarigen Bruno mit einem Eisbären kommt. Spannende Geschichte mit glaubhaftem Hintergrund. Wahrscheinlich wäre das Ende von Eisiger Terror im Eskimo Point im echten Leben etwas weniger dramatisch. Dann würde es allerdings weniger Leser*innen finden.

Ex Libris VZA Bruno Brazil neu
ExLibris der VZA

Ein modern interpretierter Klassiker

Philipe Aymond hat sich mit seinem realistischem Stil dem Vergleich mit dem Altmeister Vance bewusst gestellt. Natürlich ist er modernisierter. Sowohl heutige Drucktechnik als auch der Publikumsgeschmack haben sich verändert. Die Hintergründe sind teilweise sehr detailliert, allerdings nur dann, wenn es auch wirklich notwendig ist. Ansonsten langen ein paar Striche und ein wenig Farbe.

Einige Zeichner haben davon berichtet, dass Eiswüsten eine extrem heraufordernde Umgebung darstellen. Diese Aufgabe meistert Aymond perfekt. Auch die Gesichtspartien aller Akteur*innen gelingen schon besser. Das bleibt aber der Punkt der größten Unterschiede zur Originalserie. Papier und Format unterstützen die Zeichnungen und machen es zu einem gelungenen Abenteuer des klassischen realistischen frankobelgischen Comics.

Sinnvoll modernisiert

Bruno Brazil ist ein Agent der alten Schule. Hart, aber doch mit einem weichen Kern. Zu diesem Persönlichkeitsbild kommt im aktuellen Album übrigens eine neue Facette hinzu, die im zweiten Band bereits angedeutet worden war. Das Aufgreifen der Personalisierungen der Held*innen ist meines Erachtens ein wichtiger Teil der Serie und erlaubt des Fans, dabeizubleiben. Thematisch spielt die Reihe zwar noch in den 70-er, die Themen sind aber heutige. Der Spagat, neue Themen „alt“ darzustellen gelingt dabei ausgesprochen gut.

Und: Im Gegensatz zu einem gewissen Film-Helden mit einer Lizenz zum Töten gibt es hier erfreulich wenig pyrotechnisches Weltuntergangsgeballer und vor allem keine blöden Sprüche. Fazit: Spannend erzählte Agentenstory mit guten Bildern, die unterhält und fast nebenbei eine ganze Menge ethische Fragen stellt!

Dazu passen Johnny Rivers mit „Secret Agent Man“ und ein Becks Ice Lime & Mint.

© der Abbildungen Éditions du Lombard (Dargaud-Lombard S.A.) 2022 by Aymond, Bollée / 2023 All Verlag

Lapière/Dutreuil – Michel Vaillant Legendes 1

De hel van Indianapolis

Story: Denis Lapière
Zeichnungen: 
Vincent Dutreuil
Originaltitel: 
Dans l’enfer d’Indianapolis

Graton (Dupuis)

Hardcover | 64 Seiten | Farbe | 17 € (auch als Softcover erhältlich)
ISBN: 9782390600367

Cover Michel Vaillant Legendes 1

Michel Vaillant von Jean Graton war eine DER Serien des Magazins Tintin/Kuifje während der Hochzeit des frankobelgischen Comics und auch in Deutschland zunächst als Michael Voss in MVComix, später als Michel Vaillant im Koralle-ZACK ein Star. Der Staffelstab wurde in mehreren Etappen an den Sohn Philippe Graton übergeben. Seit 2012 erscheint eine zweite Staffel, mittlerweile komplett ohne Beteiligung eines Gratons. Nun also kommt das erste Spinn-Off, das zu Zeiten der ersten Staffel spielt und die Helden klassische Rennen erleben lässt. UPDATE: Inzwischen ist auch die deutsche Ausgabe als ZACK Edition erschienen.

Das Jubiläumsrennen

1966 finden die 500 Meilen von Indianapolis zum 50.sten Mal statt! Natürlich wollen sich Michel Vaillant und Steve Warson die Chance nicht entgehen lassen, diesen Jubiläumsklassiker zu gewinnen. Es treten aber auch andere (echte) Champions an, einige davon sogar zum ersten Mal bei diesem Rennen. Und so besteht nach langer Zeit erstmals wieder die Chance, dass ein Rookie, also ein Rennpilot bei seinem ersten Auftritt auf diesem Kurs, das Rennen gewinnen könnte.

Denis Lapière beschreibt einerseits den Ablauf dieses Spektakels sehr genau und tritt damit in die Fußstapfen von Jean Graton. Dieser war nicht nur ein wandelndes Lexikon, sondern hatte die Fähigkeit, dieses Wissen in spannende Handlungsstränge zu integrieren. Das gelingt hier ebenfalls prächtig und die Fans der Serie können bei allen Trainingsläufen, den Qualifikationen und den unerwarteten Herausforderungen auf der Piste mitfiebern.

Michel Vaillant Legendes 1 page 3
(c) Graton, 2022

Es gibt zusätzlich eine Art Krimi in der Parallelhandlung. Michel und Steve müssen bei einer Schlägerei eingreifen und eine junge Frau retten. Sie hatte sich mit den falschen Kerlen eingelassen und steht nun unter Druck. Wird das die Siegchancen der Helden beeinflussen? Auf jeden Fall!

Zeichnungen im klassischen Stil

Während sich die zweite Staffel der Hauptserie um ein etwas modernes Aussehen bemüht, ist diesem Spinn-Off anzumerken, dass insbesondere die Hauptfiguren dem klassischen Look and Feel gleichen sollen. Dadurch wird natürlich die Identifikation erhöht. Die Dynamik in den Zeichnungen lässt dabei keine Wünsche offen. Sowohl die Rennszenen als auch die körperliche Action gelingen Vincent Dutreuil sehr gut. In den Gesichtspartien fehlt manchmal das letzte Quentchen.

Allerdings sieht dieser Band nur klassisch aus, ist aber nicht von Jean Graton. Es bleibt abzuwarten, ob das eher begrüßt oder als Blasphemie empfunden werden wird. Für mich ist das ok: der Band atmet Tradition aus, ohne dabei eine reine Imitation zu sein!

Michel Vaillant Legendes 1 page 4
(c) Graton, 2022

Auch auf Deutsch?

Bisher ist der Band nur auf Französisch und Niederländisch erhältlich, dafür aber auch jeweils als Soft- oder Hardcover. Hardcore-Fans der Serie, die der einen oder anderen Sprache mächtig sind, werden sicherlich schon zugeschlagen haben. Aber auch alle anderen können hier mehr als einen Blick riskieren, ohne etwas falsch zu machen.

Ich bin sicher, dass auch eine deutsche Übersetzung nicht untergehen würde. Mal sehen! Es sind übrigens noch weitere Spinn-Offs angekündigt. Auch hier darf man gespannt sein. Und erneut ein Grund auf unsere westlichen Nachbar*innen ein wenig neidisch zu sein.

Dazu passen Status Quo mit ihrem Motorsporttauglichen „Paper Plane“ und wahlweise ein Moet oder ein Becks.

© der Abbildungen Graton, 2022 | www.dupuis.com

Vernes/Forton – ZACK Spezial 7: Bob Morane 2

Die Seelenfresser

Story: Henri Vernes
Zeichnungen: 
Gérald Forton
Originaltitel: 
Les mangeurs d‘âmes

Blattgold Verlag – ZACK Edition

Softcover | 48 Seiten | Farbe | 14,00 € | Limitiert auf 555 + 55 Exemplare

ISBN: n/a – Nur für ZACK-Abonnent*innen

Cover Vernes/Forton – ZACK Spezial 7: Bob Morane 2

Bob Morane ist ursprünglich ein Romanheld gewesen. Der im Sommer 2021 verstorbene belgische Autor Henri Vernes hat seit 1953 insgesamt rund 230 Romane mit seinem Helden verfasst. Schon sechs Jahre später erschien die erste Comic-Adaption in der französischen Zeitschrift Femmes d’aujourd’hui mit Zeichnungen von Dino Attanasio. Zeitweise erschienen die Abenteuer in mehreren Zeitschriften gleichzeitig. Mittlerweile gibt es auch modernisierte Varianten, die nur noch auf den Ideen basieren, sich von den Skripten des Autors aber losgelöst haben. Ein erstes Album dieses Teams war als Band 3 der Reihe erschienen: Operation Equus.

Kriminelle Voodoopriester

2005 wurden Die Seelenfresser, die Umsetzung des 93. Romans, als Album in Frankreich veröffentlicht. Diese letzte Arbeit von Gérald Forton mit dem Helden hatte allerdings bisher den Weg nach Deutschland nicht geschafft. Bob Morane und sein leicht aufbrausender Sidekick Bill Ballantime müssen mit ansehen, wie eine junge Frau in Paris von verkleideten Männern auf offener Straße angegriffen wird. Natürlich stürzen sie sich gleich in den Kampf, nur um zu erfahren, dass diese eine Voodoo-Zeremonie gestört hat, bei der ihre Tante scheinbar geopfert werden sollte.

Zwar ist an dem betreffenden Ort niemand mehr anzutreffen, die beiden Helden machen sich aber auf die Suche nach weiteren Hinweisen und nach mehreren rasanten Actionszenen stellt sich heraus, dass es scheinbar um große Erbschaften geht. Irgendwie scheint auch Athanasius Xhatan, Bruder eines der Lieblingsfeinde der Beiden in die Sache verwickelt zu sein.

Vernes/Forton – ZACK Spezial 7: Bob Morane 2 page 1

Wieder präsentiert Vernes eine spannende Story im Grenzbereich aus Thriller und Geheimagentenverschwörungstheorie. Wer James Bond mag, wird sich hier sofort zurecht finden (wenn er denn auf die teilweise sehr unangebrachten Sprüche von 007 verzichten kann). Routiniert erzählt, mit einem ganz leichten nostalgischen Touch und ohne allzu viel pyrotechnischen Schnick-Schnack!

Realistische Action

Gérald Forton hat 16 albenlange Geschichten mit dem ehemaligen Piloten gezeichnet, hatte also durchaus Routine. Seitenaufbau und Tempiwechsel zwischen eher ruhigen und sehr actionlastigen Szenen beweisen, dass Forton diese Klaviatur beherrscht. Die Bilder wechseln zwischen Nahaufnahmen, schnellen Schnittfolgen und Totalen. Die Körper der Protagonist*innen sind dabei nicht wie in einigen anderen Serien übertrieben, sondern nachvollziehbar sportlich.

ZACK Spezial 7 page 19

Ein Markenzeichen, übernommen aus der Zeit der Magazinpublikationen auf schlechtem Papier, sind die Schraffuren die Forton gerne nutzt. Das wirkt bei der Vignette auf dem Cover etwas „verschmutzt“, stört aber im Comic nicht. Im Gegenteil, es erlaubt dem Künstler neben Mimik, Ausschnitt und Kolorierung noch ein weiteres Mittel zur Variation der Settings.

Ein Klassiker des frankobelgischen Comics

Bob Morane ist eine der äußerst langlebigen Reihen im Krimi/Agenten/Abenteurer-Milieu. Dass die Serie nichts von ihrer Zugkraft eingebüßt hat, beweisen die aktuellen, neuen Interpretationen, die auf Deutsch im ZACK und bei Splitter laufen. Neben diesen Varianten werden aktuell auch die Bände von William Vance wieder auf den Markt gebracht. Eine gute Gelegenheit also, um die Ausgaben nebeneinander halten zu können und den persönlichen Liebling zu finden. Ein weiterer Band von Forton ist bereits für den Herbst angekündigt.

Detail Druck ZACK Spezial 7
limitiertes passendes ExLibris (Ausschnitt)

Unterhaltung, die nicht weh tut, wäre die negative Umschreibung. Für mich passt besser, dass es sich hier um eine spannende, gut konstruierte Geschichte handelt, in der das Gute siegt, das Böse aber nicht in Form von Werwölfen, Zombies oder Orks daher gelaufen kommt. Obwohl schon etwas älter, halten sich die Stereotypen im Rahmen und übertriebene Gewalt oder sexualisierte Inhalte finden sich hier auch nicht. Kurz: Die Generation ZACK wird hier bedenkenlos zugreifen können! Und genau für diese Zielgruppe ist auch die Einschränkung passend: Wie alle Bände dieser Reihe ist er nur für ZACK-Abonnent*innen käuflich zu erwerben. Wer wollte, hatte zusätzlich ein limitiertes Ex Libris ordern können.

Dazu passen die Kaiser Chiefs und ein Old Pulteney.

© der Abbildungen Vernes – Bob Morane Inc./Forton – Ed. Hibou / 2023 Blattgold GmbH, Bad Dürkheim

ZACK 284

ZACK 284 (Februar 2023)

Herausgeber/Chefredaktion: Georg F. W. Tempel

Blattgold Verlag

Heft Din A 4 | 92 Seiten | Farbe | 9,00 €
ISSN: 1438-2792

Cover ZACK 284

Noch läuft die Abstimmung der besten ZACK-Serie 2022, wer möchte kann im Januar seine/ihre Stimme noch abgeben. Zur Wahl stehen Klassiker, „runderneuerte Serien“ wie Michel Vaillant oder Rick Master, die den Sprung in die Jetztzeit geschafft haben, aber auch ganz moderne Serien, die ihre eigene grafische Handschrift haben. Ich habe meine persönlichen Favoriten, warte aber gespannt auf eure Wahl! Kaum ist ZACK-Spezial 6 – Jari – erschienen, werden schon wieder neue Bände angekündigt. Weiter geht es mit Bob Morane!

Der Neustart

Einige klassische Helden aus der Blütezeit der frankobelgischen Comics haben es geschafft, sich quasi „neu“ zu erfinden. Dazu gehört auch Rick Master, der immer noch in seinem Fischgräten-Sakko als Reporter auf der Suche nach der nächsten großen Story ist. Der mittlerweile sechste Band der neuen Abenteuer, Dreierwette auf den Tod, beginnt im Frühling 1970. Der Held wird von einer jungen Frau, die plötzlich in der Redaktion auftaucht, gesucht. Parallel sehen wir einen Mann, der seine Ersparnisse auf ein Pferd gesetzt hat und nun zuschauen muss, wie „sein“ Pferd nach einem Knall plötzlich stürzt. Zidrou hat erneut den Charme des Siebziger-Jahre Frankreichs mit modernen Figuren gemixt und Simon van Liemt setzt das detailliert und gekonnt um – das Cover deutet Rasanz und Spannung an!

ZACK 284 Detail page 4

Die Fortsetzungen

Dusty und Kate Marsh stehen im Mittelpunkt der aktuellen Episode der Frau mit dem Silberstern von Martin Frei. Silver Creek befürchtet, einem Angriff der Wolfskrieger nicht gewachsen zu sein, sie trauen sich bereits sehr dicht an das Städtchen heran. Dusty bietet an, Hilfe zu holen und den lebensgefährlichen Ritt durch die Belagerung zu wagen. Eine spannende, gleichzeitig sehr emotionale Story, die geschickt mit Klischees gängiger Western spielt, immer wieder an die klassische Episode mit dem Leutnant aus dem Fort Navajo erinnert, und doch komplett eigenständig ist. Der Tod des Leutnants beweist, dass auch ein Western „made in Germany“ funktionieren kann!

ZACK 284 page 21

In Aleksis Strogonov zeichnen Émile Bravo und Jean Regnaud ein düsteres Bild von kleinen Wichtigtuern. Solange sie sich selbst nicht in Gefahr sehen, haben sie eine große Klappe und wenig Mitleid. Sollte aber der Wind drehen, sind sie klein und hilfsbereit. Diese „Tugenden“ besitzen glücklicherweise nicht alle Held*innen der Geschichte Belarus.  Bevor es in die Schlacht geht, versucht Bulkin aber erneut, der ehemals herrschenden Klasse seine neue, bitterböse Macht zu beweisen. Im Zuge der aktuellen Ereignisse in der Ukraine doppelt finstere Geschichte!

ZACK 284 Detail page 39

Die Abschiede

Michel Vaillant nimmt erstmals am Rennen am Pikes Peak in den USA teil und sein schärfster Konkurrent ist ausgerechnet Bob Cramer von den Texas Drivers, die dem Rennfahrer schon so oft übel mitgespielt haben. Waren es früher oftmals Allgemeinplätze, verbindet Denis Lapière die Drohungen jetzt mit tagespolitischen Ereignissen und spielt auf die erstarkende rechtsradikale Bewegung und den Sturm auf das Capitol an. Der zweite Teil dieses Doppelbandes wird zeigen, ob das gelingen kann. Die Zeichnungen von Benjamin Benéteau und Vincent Dutreuil, einer modernen klaren Linie verpflichtet, werden dagegen Motorsportenthusiast*innen begeistern. Ihre Zeichnungen der Hauptpersonen übernehmen von den Figuren, die Jean Graton entwickelt hat, zwar Bestandteile, geben ihnen aber einen neuen Look.

Auch Aida Nur verabschiedet sich mit dieser Ausgabe. Sussi Bech hatte uns Im Schatten von Anubis mitgenommen in ein Ägypten, in dem verschiedenste Gruppen von Antiquitäten profitieren wollten. Sogenannte Entdecker, die Presse, Einheimische und nicht zuletzt Kriminelle versuchen sich gegenseitig auszustechen und den Profit einzustecken. Aus heutiger Sicht sind dabei keine „Guten“ zu entdecken. Diese Story steckt voller Verwicklungen, nicht alles ist, was es zu sein scheint, und am Ende siegt tatsächlich ein wenig die Gewitztheit! Bravo, solche Geschichten sind keine Wiederholungen von Altbekanntem, machen Spaß und beweisen nebenbei, dass klassische Form nicht unbedingt klassische Inhalte transportieren muss.

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Und sonst?

Parker & Badger haben Probleme mit der Mietzahlung, während das kleine Steak Tizombi beeindrucken möchte.  Dazu gibt es einen Artikel von Christian Endres über den Besuch von Herrn Hase bei den Galliern und einen Beitrag vom Verfasser dieser Zeilen über die Rückkehr der Marvel-Helden in XXL. Michael Klein erinnert daran, dass vor 50 Jahren die Sammelabenteuer im ZACK starteten, und News sowie Rezensionen runden das Heft ab.

Wie immer eine bunte Mischung aus aktuellen europäischen Comics und Hintergrundwissen!

Dazu passen The Byrds (R.I.P. David Crosby) und ein (Miller) Lite!

© der Abbildungen 2023 bei den jeweiligen Autoren und Verlage c/o Blattgold GmbH

Reding – ZACK Spezial 6: Jari 1

Jari und der Champion

Story: Raymond Reding
Zeichnungen: 
Raymond Reding
Originaltitel: 
Jari et le champion & Jari mène l´enquête 1

Blattgold Verlag – ZACK Edition

Softcover | 64 Seiten | Farbe | 18,00 €

ISBN: n/a – Nur für ZACK-Abonnent*innen

Cover ZACK Spezial 6 (Jari 1)

Raymond Reding war im Koralle-Zack mit zwei verschiedenen Serien präsent: Section R kombinierte Sportereignisse und Kriminalfälle, Kai Falke präsentierte die Geschichte eines aufstrebenden Fußballtalents bis hin zum Star. Etwas älter ist die Reihe um einen jugendlichen Tennisspieler, Jari, und seinen Trainer/Freund Jimmy Torrent. Ein bisschen davon war in Pony Ende der Fünfziger Jahre auf Deutsch erschienen. Es ist nun geplant, nach und nach alle 10 Bände innerhalb der Reihe ZACK-Spezial zu veröffentlichen. In der Jahresbestenliste von comix-online für 2022 hat es die Reihe auf Platz 4 geschafft.

Die Anfänge

Anfangs ist Jari ist ein kleiner Junge, der seine Freizeit damit verbringt, Tennis „gegen die Wand“ zu spielen. Für einen Vereinsbeitritt fehlen ihm die Mittel. Seine tägliche Aufgabe ist es, Zeitungen auszutragen. Oft hilft ihm dabei sein Freund Micha, der eines Tages fast von einem Auto überfahren wird. Der Fahrer spendiert Jari, der Micha gerettet hatte, als Dank einen neuen Tennisschläger, spielt sogar mit ihm gegen die Wand und besorgt ihm eine Stelle als Balljunge für das Finale der internationalen Tennismeisterschaften von Frankreich. Jari staunt nicht schlecht, als er feststellt, dass der Unbekannte der Finalteilnehmer Jimmy Torrent ist. Doch dann passiert ein Unglück …

Detail ZACK Spezial 6

Nachdem in Jari und der Champion alle wesentlichen Fakten beschrieben sind, folgen drei weitere Kurzgeschichten. Es wird klar, dass in Jari ein zukünftiger Ausnahmespieler heranwächst. Bis dahin muss er aber nicht nur viel trainieren, er muss auch als Mensch reifen. Das ist sicherlich ein Unterschied zu heute wo Jugendliche mit Unsummen bezahlt werden und ihre Bodenhaftung teilweise verlieren. Beim Sport sollte es auch um Fairness gehen!

Reding hat sich mehrfach mit den Themen Doping und Betrug beschäftigt, mit Section R sogar eine ganze Reihe auf unsportliches Verhalten aufgebaut. Bereits in seinen Anfängen mit Jari wird deutlich, wie wichtig es ihm ist, dass erfolgreiche Sportler auch eine Vorbildfunktion haben und dieser gerecht werden. Daher werden hier, wie etwa auch bei Michel Vaillant, Soap- und Actionelemente kombiniert. Im jeweiligen Band 2 kommt es übrigens zu einem Crossover. Jari und der unbezwingbare Gerard war schon in ZACK 280 vorveröffentlicht worden.

ZACK 280 detail page 66

Tintin-Style

Ende der Fünfziger Jahre hatte Hergé die Zügel bei Tintin noch fest in der Hand. Insofern ist es klar, dass die Serie grafisch gar nicht aus der Reihe fallen konnte. Die Vorgaben der „Klaren Linie“ sind daher natürlich vollumfänglich erfüllt. Die Geschichte kommt im strengen vierstreifigen Layout, die Kurzgeschichte Der magische Reifen ist dreistreifig.

Wer die Comics der damaligen Zeit mag, wird hier nicht verkehrt liegen. Reding hat die Reihe über 20 Jahre lang betreut und dabei ist die eine oder andere Entwicklung zu bemerken. Dass auch die Anfänge bereits ein gutes Niveau haben, belegt die Tatsache, dass Jari schon bei der ersten Umfrage einen Spitzenplatz ergattern konnte.

Aus der „Goldenen Zeit“ des frankobelgischen Comics

Bevor Greg das Magazin Tintin komplett umkrempelte, liefen die Geschichten in sehr kurzen Fortsetzungen von 2 bis maximal 4 Seiten pro Woche. Es kam daher darauf an, den jeweiligen Abschnitt mit einem von vielen Cliffhangern zu beenden, um den Kids auch in der kommenden Woche das Taschengeld zu entlocken. Heute werden Geschichten zwar anders erzählt, ein guter Aufbau wird dadurch aber nicht schlecht.

Ausschnitt Ex Libris zu ZACK Spezial 6
Ausschnitt Ex Libris zu ZACK Spezial 6

Die Reihe ZACK-Spezial bringt u.a. Serien, die nicht im Koralle-ZACK veröffentlicht worden sind, dort aber hinein gepasst hätten. Georg F. W. Tempel als profunder Kenner der Szene sucht sich diese Kleinode gezielt aus und veröffentlicht sie quasi als Liebhaber-Ausgabe in auf 555 Exemplare limitierter, kalkulierbarer Auflage nur für Abonnent*innen des ZACK. Bisher ist die Mischung (zuletzt Alain Cardain und Bob Morane als weitere potenzielle „Mehrbänder“) gelungen! Wer mehr möchte, sollte auf die Ankündigungen achten, wann für die nächste Rutsche passende ExLibris in noch kleiner Anzahl geordert werden können.

Dazu passen Thelonious Monk mit „Underground“ und ein Amber Ale von Kettelbräu.

© der Abbildungen Le Fureteur SPRL & Raymond Reding info@bdmust.be / 2022 Blattgold GmbH, Bad Dürkheim

Zauberstern – Phantom 4

Neues aus Schweden, den USA und Australien

Story: Lennart Moberg, Elizabeth Massie/Raffael Nieves, Pidde Andersson
Zeichnungen: 
Roy Felmag/Antony Benny, Paul Daly, Wendell Vavalcanti

Originaltitel: Fantomet 12 (1996), Julie Walker is the Phantom (2010), The Phantom 1830 (2022)

Zauberstern Comics

Heft |100 Seiten | Farbe | 9,99 € |

ISSN: N/A

Cover Phantom 4

Und auch die vierte Nummer des neuen Magazins kommt pünktlich! Allein das ist schon eine Leistung für jemanden, der frisch in das Kiosk-Geschäft eingestiegen ist. Erneut präsentiert Zauberstern Comics ein von Timo Würz eigens für Deutschland entworfenes Cover und einen Querschnitt durch die nationalen Phantom-Produktionen und Epochen. Kurz gefasst sind das die Gründe, warum das Magazin es in die Jahrescharts von comix-online geschafft hat!

Freundschaft und Gerechtigkeit – zwei Grundmotive

Ein Klassiker aus Schweden eröffnet diese Nummer: Blutsbrüder beginnt mit einem Raubüberfall. Eine Truppe von (heute nicht mehr so gezeichneten) Frauen entkommt nicht nur mit der beträchtlichen Beute, sie lassen auch ihre männlichen Kollegen zurück. Diese machen sich natürlich an die Verfolgung. Währenddessen wird der Arzt und ehemalige Präsident Luanga, der sich mit dem Phantom treffen wollte, abgepasst und soll eine der verletzten Frauen retten.

Der One-Shot über Julie Walker nimmt die Schwester des 17. Phantoms in die Pflicht. Eine junge, engagierte Frau will 1889 beweisen, dass sie die Welt schneller als in 80 Tagen umrunden kann, doch einige alte Herren scheinen etwas dagegen zu haben. Julie Walker beweist quer über den Globus, dass auch Frauen Heldinnentaten vollbringen können.

Requiem schließlich führt zurück in die Zeiten des Ersten Weltkrieges. Eine Truppe von Deutschen nistet sich in einem kleinen französischen Dörfchen ein und terrorisiert die Bevölkerung. Private Walker soll einen Geheimauftrag hinter den Linien ausführen und stellt fest, dass die Mörderbande Anhänger einer bekannten Organisation sind.

Backcover Phantom

Die ganze zeichnerische Bandbreite

Die Zeichnungen von Roy Felmag und Antony Benny leiden ein wenig unter der Qualität der Vorlagen. Teilweise hat man das Gefühl, dass sie etwas verwaschen wirken. Schade eigentlich, denn ansonsten wäre es ein sehr gutes Beispiel für die Zeit am Ende des letzten Jahrtausends. Und auch die Kolorierung passt dazu. Paul Daly ist dagegen ein typischer Vertreter des US-Styles. Detailliert ausgeführt, Hintergründe nur wenn nötig, dann aber auch sehr akribisch und eine Pose, die eher an Catwoman erinnert.

Der australische Beitrag von Wendell Vavalcanti arbeitet sehr stark mit Soundwords und scheint digital entstanden zu sein. Das Streifgenlayout wird immer wieder aufgebrochen, insbesondere durch die übergreifenden Sprechblasen.

Gelungen!

Wieder haben die Zauberstern-Jungs eine gute Mischung ausgewählt. Die Gefahr dabei ist immer, dass die eine Seite sich über die andere aufregt und alle unzufrieden sind. Ich würde das genau andersrum sehen: Durch den Mix der verschiedenen Richtungen ist für jede*n etwas dabei, das man nicht kennenlernen würde, wenn man sich auf die Lieblingsrichtung beschränkte.

Illustration Phantom

In diesem Sinne für mich ein gelungenes Heft mit den notwendigen bibliographischen Angaben, (sehr!) wenig Werbung und gefüllten Leser*innenseiten! Das spezielle Cover tut ein Übriges. Und vor die Alternative gestellt zwei Seiten zu kürzen oder auf das Poster zu verzichten, fällt mir die Antwort nicht wirklich schwer!

Dazu passt klassischer Rock von Jehtro Tull mit „Too old to Rock’n‘Roll“ und ein Kingfisher.

© der Abbildungen 2022 by King Features Syndicate, Inc TM Hearst Holdings, Inc. & Egmont Schweden 1996, Moonstone Books 2010, Frew Comics 2022 / 2022 Zauberstern Comics

Brugeas/Toulhoat – Die Totenkopfrepublik

Lieber tot als Sklave

Story: Vincent Brugeas
Zeichnungen: 
Ronan Toulhoat
Originaltitel: 
La République du Crane

Splitter Verlag

Hardcover, Book | 224 Seiten | Farbe | 35,00 € | 
ISBN: 978-3-96792-373-5

Cover Die Totenkopfrepublik

Obwohl unter anderem das Piraten-Sujet immer wieder totgesagt wird, ist es insbesondere aus der Subkultur nicht wegzudenken. Die Totenkopfflagge weht in Fußballstadien und auf Rockkonzerten, Piratenkostüme sind immer beliebt. Das liegt nicht nur an Blockbustern wie der Piraten der Karibik-Serie, sondern vor allem an der teils romantisierten Verklärung des Ethos der Piraten: Lieber in Freiheit am Strang sterben als mit Ketten an den Händen leben!

Die Totenkopfrepublik page 1

Freiheit, Demokratie, Brüderlichkeit

Vincent Brugeas entwickelt das Szenario der Totenkopfrepublik anhand von drei verschiedenen Charakteren: Da ist zunächst der charismatische Sylla. Als Kapitän eines Piratenschiffs beliebt und erfolgreich, hat er Defizite in der Taktik und Planung, gleicht sie aber dadurch aus, dass er die Männer zu Höchstleistungen treiben kann. Quasi als Gegenentwurf gibt es den Ich-Erzähler Oliver de Vannes. Er überlegt, vielleicht manchmal zu viel, wägt ab und ist in keiner Weise draufgängerisch. Und dann ist da noch Maryam, eine afrikanische Königin.

Das in Kapiteln aufgebaute Werk stellt die Ehre der Piraten in den Vordergrund. Es geht nicht um das Morden und Beute machen, das Ziel ist es, frei zu leben, die Aktionen gemeinschaftlich zu beschließen und das raue Leben auf See nicht für andere zu opfern. Natürlich müssen sich die Männer ernähren und überfallen daher andere Schiffe. Beute, die nicht verkauft und somit auch nicht zu Lebensmitteln (und Alkohol) werden kann, ist sinnlos. Im Nachwort wird ausführlich erklärt, warum plötzlich so viele Seeleute plötzlich ohne Heuer dastanden. Bei den Piraten wurde ihnen nicht nur das Überleben gesichert, es gab auch eine Gemeinschaft, die für Verletzte eintrat.

Die Totenkopfrepublik page 4

Sehr früh wird ein Schiff gekapert, dass eine Ladung Sklaven an Bord gehabt hatte. Sie hatten sich unter ihrer Königin Maryam zwar bereits befreit, waren aber nicht in der Lage, ein Schiff zu steuern. De Vannes gelingt es, mit ihnen eine Übereinkunft zu treffen und die drei Protagonist*innen werden in Zukunft eine mehr oder weniger stabile Einheit bilden. Neben den Auseinandersetzungen mit der Obrigkeit und dem Kampf ums Überleben stehen immer wieder „politische“ Konflikte zwischen der Gefolgschaft der ehemaligen Sklav*innen und der Freiheit der Piraten im Mittelpunkt der Geschichte.

Viel Action aber auch ein wenig Pathos

Das Leben auf See ist gefährlich und anstrengend. Kämpfe sind per se schon mörderisch, wenn aber das beengte Schiff der einzige Schutz vor dem Untergehen ist und die Gegenseite mit Kanonen Feuerbälle verschießt, ist ein schneller Sieg umso wichtiger. Diese Alles-oder-Nichts-Situationen bringt Ronan Toulhoat sehr gut auf das Papier. Man nimmt den Figuren ihre Emotionen ab, nichts wird überzeichnet.

Die Totenkopfrepublik page 13

Ebenfalls sehr gut gelungen ist die Darstellung der Königin. Obwohl sie bei ihren ersten Auftritten nackt ist, liegt darin keine Sexualisierung! Sie strahlt Macht und Autorität aus und beweist diese auch später immer wieder. Natürlich möchte man als Leser*in das Ende so nicht akzeptieren und genauso sicher weiß man trotzdem, dass es kommen wird. Diese Geschichte mit dem Pathos so zu erzählen, dass es nicht trieft, ist der sehr guten Umsetzung durch die Zeichnungen zu verdanken, die neben allen Leistungen auch die Schwächen zeigen.

Top-Tipp!

Viele Piratenstories sind rein Action-orientiert oder eher Klamauk-haft. Brugeas und Toulhoat stellen den demokratischen, freiheitsliebenden Aspekt in den Vordergrund. Wie in so vielen Fällen dauern Aufstände und Rebellionen allerdings nicht all zu lange an, der Rest der Welt kann es sich nicht leisten, erfolgreiche Beispiele für ein „anderes Leben“ zu dulden. Insofern ist die Totenkopfrepublik eben nicht nur ein weiteres Abenteuer nach altbekanntem Muster, sondern fügt dem Kanon etwas Neues (oder zumindest seltenes) hinzu. Nicht nur für Fans der Held*innen mit Augenklappe, sondern auch für Leser*innen von Comics aus dem bahoe-Verlag.

Die Totenkopfrepublik page 14

In einem lesenswerten Essay wird etwas näher auf die Geschichte der Piraterie und ihrer Verwandten, etwa der Korsaren und Freibeuter, eingegangen. Hier wird auch ein historisches Vorbild für Königin Maryam vorgestellt. Der Tenor ist nicht ganz so überzeugt von der positiven Bedeutung der Freiheit, verneint sie aber auch nicht.

 Dazu passen The Pirates, etwa mit „Lonesome Train” und natürlich ein Rum aus der Karibik.

© der Abbildungen DARGAUD BENELUX (Dargaud-Lombard S.A.) 2022, by Brugeas, Toulhoat / Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2023

ZACK 283

ZACK 283 (Januar 2023)

Herausgeber/Chefredaktion: Georg F. W. Tempel

Blattgold Verlag

Heft Din A 4 | 92 Seiten | Farbe | 9,00 €
ISSN: 1438-2792

Cover ZACK 283

Bildung ist der Schlüssel zu allem, kein Fortschritt, keine Emanzipation ist denkbar ohne! Und Bildung ist traditionellerweise Frauensache. Die Hüterinnen des Wissens werden verkannt, missachtet, verfolgt und doch sind sie es, denen wir es zu verdanken haben, dass jede Generation auf dem Wissen der vorhergehenden aufbauen kann. Insofern ist das Cover des aktuellen ZACK vielleicht auch ein wenig ein frommer Wunsch für das neue Jahr 2023. Comix-online wünscht auf jeden Fall allen Leser*innen ein ebensolches.

Der Neustart

Der zweite Teil der Frau mit dem Silberstern von Martin Frei startet in diesem Heft. Die Geschichte spielt in dem kleinen Städtchen Silver Creek. Ein gewisser Leutnant hatte dort dafür gesorgt, dass Ruhe und Ordnung wieder eingezogen waren und dafür eine ungewöhnliche Truppe zusammengestellt. Teil davon war auch die Lehrerin des Ortes, Kate Marsh, gewesen, die nun keinesfalls bereit ist, wieder in eine passive Rolle zu schlüpfen. Der Tod des Leutnants beginnt damit, das Kate auf dem Rücken eines Pferdes mit einer Schlinge um den Hals auf ihren Tod wartet. Spannende Hommage an Leutnant Blueberry aus deutschen Landen mit größtenteils sehr ansprechenden Zeichnungen. Ganz selten gelingen die Gesichter zu karikaturesk für meinen Geschmack, aber das ist ein Jammern auf sehr hohem Niveau. Wer möchte kann einen dazu passenden limitierten Druck erwerben! Dazu passend auch der Rückblick von Michael Klein auf das ZACK vor fünfzig Jahren.

ZACK 283 Die Frau mit dem Silberstern

Die Fortsetzungen

Das Rennen am Pikes Peak ist mit den Qualifikationsläufen endlich gestartet und die Franzosen um Michel Vaillant müssen feststellen, dass es starke protektionistische Kräfte gibt. Profiteure scheinen ausgerechnet die Texas Drivers um Bob Cramer zu sein. Die zweite Staffel vermengt aber immer Renngeschehen und Soap-Anteile und so steht zu erwarten, dass der Politiker Steve Warson seinen Besuch beim Team bitter bereuen wird. Mir gefällt die Art der Szenarios von Denis Lapière mit diesen Verknüpfungen und auch die Zeichnungen von Benjamin Benéteau und Vincent Dutreuil.

ZACK 283 Michel Vaillant

In die zweite Runde geht Belarus aus der Serie Aleksis Strogonov. Émile Bravo und Jean Regnaud zeichnen kein gutes Bild des Volkskommissars, der mit zwei Soldaten die Errungenschaften der glorreichen Revolution auf den Dörfern verbreiten soll. Er ist feige, rachsüchtig, sexistisch und verfressen. Zum Glück sind aber nicht alle von diesem Schlag. Bitterböse Satire auf die Gräuel, die im Zuge und im Namen einer an sich positiven Idee verübt werden. Die Menschlichkeit, die auch in Bravos Spirou-Geschichte im Vordergrund steht, wird hier ebenfalls eingefordert.

ZACK 283 Aleksis Strogonov

Aida Nur steckt in Schwierigkeiten. Aufgrund eines sehr seltenen Ereignisses ist Alistair in der Lage, eine begründete Vermutung über den Fundort der Antiquitäten aufzustellen.  Die Hilfe der tapferen Frau wäre dann nicht mehr nötig. Im Schatten von Anubis hoffen aber mehrere Parteien darauf, reich zu werden und so ist noch nichts entschieden. Sussi Bech schafft es, die Story so spannend aufzubauen, dass immer wieder neue Verwirrungen auftauchen, und bleibt damit nicht nur zeichnerisch im Duktus der großen Abenteuer im Stil der Klaren Linie.

Die Abschiede

Zum Ende des ersten Teils von Madi wird es noch einmal blutig: Simon Bisley liefert ein paar sehr typische Seiten ab, bevor André Araújo wieder in ruhigere Fahrwasser lenkt. Eine faszinierende Science-Fiction-Story über selbstoptimierte Söldner*innen von Duncan Jones und Alex de Campi, die gar nicht so unvorstellbar ist. Es lohnt sich, auf die Rückkehr von Es war einmal in der Zukunft zu warten!

ZACK 283 Madi

Das Versteck der Flintenweiber ist aufgeflogen und die drei Damen stehen unter heftigem Beschuss. Wird es ihnen noch einmal gelingen, sich daraus zu befreien oder kann der deutsche Geheimdienst endlich den Ring des Antiquitätenhändlers erobern? Ètienne Willem und Pierre Pevel erzählen rasant, spannend und trotzdem sehr witzig. Der Humor kommt allerdings im Gegensatz zu seinen klassischen Vorbildern etwa bei Die Zwei ohne sexistische Sprüche aus!

ZACK 283 Die Flintenweiber

Und sonst?

Parker & Badger gehen ins Stadion und Christian Endres beleuchtet die Historie sowie die aktuelle Serie von She-Hulk. Außerdem sind erneut alle Leser*innen aufgerufen, die ZACK-Serie des Jahres zu wählen. Nutzt diese Möglichkeit, wenn ihr bestimmte Richtungen auf jeden Fall oder gar nicht im ZACK sehen wollt. Zu gewinnen gibt es die sehr lesenswerte Gesamtausgabe von Johnny Focus. ZACK und ZACK-Spezial haben sich übrigens in der Jahresbestenliste 2022 von comix-online gut platzieren können!

„Enjoy yourself“(The Specials) and have a winter-Bock!.

© der Abbildungen 2023 bei den jeweiligen Autoren und Verlage c/o Blattgold GmbH

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