Zum ersten Mal in seiner Geschichte muss der Cowboy, der schneller schießt als sein Schatten, den ganzen Wilden Westen retten. Tatsächlich scheint nichts mehr so zu sein, wie es sein soll. Der Grund: Es gibt wegen eines Streiks der Brauereiarbeiter kein Bier mehr.
Lucky Luke und die Deutschen
Lucky Luke hat sich schon mit allen Möglichen Personen und Bevölkerungsgruppen beschäftigt, seit dem Achdé und Jul übernommen haben sogar mit aktuellen gesellschaftspolitischen Themen. Eine Bevölkerungsgruppe, die einen nicht unwesentlichen Anteil an Einwander*innen gestellt hat, war allerdings bisher noch nicht gewürdigt worden: Die Deutschen! Nun also eine Sammlung an Klischees, Vorurteilen und kleinen Spitzen gegen die östlichen Nachbarn der Franzosen.
Natürlich verlangt ein solches Setting eine ganz bestimmte Zutat: Bier! Und tatsächlich ist jenes nicht mehr verfügbar, da ein anderes deutsches Exportgut die Arbeiter in der Brauereiindustrie aufgescheucht hat: Die Ideen eines gewissen Herren mit Namen Karl Marx! Luke wird beauftragt, in der Stadt Milwaukee, dem Zentrum der deutschen Brauer, wieder für geordnete Verhältnisse zu sorgen und die Produktion des Gerstensaftes erneut in Gang zu bringen.
Zunächst aber hat der führende Brauereibesitzer eine „Schnapsidee“, denn er möchte Gefängnisinsassen als Streikbrecher einsetzen, unter ihnen auch die Daltons. Die Letzte Runde für die Daltons enthält die übliche Menge an Humor, die man in dieser Serie mittlerweile erwarten darf, einiges davon auch mit sehr gutem Wortwitz übertragen! Die Menge an Vorurteilen dürfte aber den einen oder die andere Leser*in überfordern, geht die Richtung hier doch gerade mal wieder in Richtung Großmannssucht. Gerade deswegen aktuell zu empfehlen!
Satire mal anders
Satire würde ich eher im Bereich der Cartoons erwarten, nicht aber bei einer so erfolgreichen und eingeführten Reihe, die sonst eher für den all-age-Humor steht. Jul schafft es aber, viele Gags über die Deutschen so genial umzusetzen, dass es beim Lesen teilweise weh tut, immer aber Spaß macht. So werden viele deutsche Eigenschaften von einem Vertreter der First Nations vorgeführt und die Daltons in Lederhosen sind schon genial.
Ansonsten bringt auch dieser Band alles das, was von einem LL zu erwarten ist: Wimmelbilder, abstruse Szenen und Gags, die erwarten, dass man zu mindestens das Grundkonzept der Serie kennt. Vielleicht nicht das stärkste Album der Serie aber trotzdem – für mich persönlich – ein Must Have in der unüberschaubaren Menge von Neuerscheinungen.
Zum über-sich-selbst-Lachen
Die Welt wird immer verrückter und auch die jüngsten Ereignisse in den USA sind für Europa nicht unbedingt ein Grund zur Freude. Man muss daher anfangen, über sich selber lachen zu können! Eine erste Lektion dafür ist dieser Comic!
Wer möchte, kann zur Hardcover-Ausgabe greifen, die am 12. November erscheint. Die Softcover-Kiosk-Ausgabe ist bereits erhältlich.
Dazu passen ein Schell’s Pilsener und „Funkytown“ von den Lucky Chops.
Auch der Cowboy, der schneller schießt als sein Schatten, muss sich der Gegenwart stellen. Plötzlich weht ein neuer Wind und der Claim dieses Bandes ist „Der Mann, der den Zaun erschoss“. Trotzdem ändert sich nicht alles: immerhin rauchen weiterhin nur die Schurken!
Ein moderner Mann kümmert sich um die Kinder
Lucky Luke war bisher ein typischer männlicher Berufstätiger. Er arbeitete ohne Unterlass, kannte weder Ferien noch Feierabend, und war nicht bereit, irgendwelche täglichen Aufgaben zu übernehmen. Und wenn doch Aufgaben dieser Art zu erledigen waren, war es eher wahrscheinlich, dass Jolly Jumper sie übernommen hätte. Nun aber gerät er in eine Zwickmühle.
Unser Held sorgt dafür, dass ein Kleinkrimineller, Rufus Kinker, eingebuchtet wird. Nun sind aber seine beiden minderjährigen Geschwister ohne Aufsicht. Zudem sind sie so unerzogen, dass keine Institution sie in ihre Obhut nehmen möchte. Es bleibt ihm also nicht übrig als die Aufsicht zu übernehmen und gleichzeitig der Hoffnung nachzujagen, dass die Eltern nur verschwunden und nicht gestorben sein mögen.
Blutch, wie sich Christian Hincker in der Comicwelt nennt, ist es mit Die Ungezähmten gelungen, dem Kosmos des lonesome Cowboys eine neue Facette hinzuzufügen. Die Figuren bleiben gleich, verhalten sich auch wie erwartet, und doch ist alles Neu. Chapeau!
Nicht so rund
Blutch zeichnet nicht so rund wie etwa Morris oder Achde. Seine Figuren sehen irgendwie dreckiger aus, passen dadurch eher in einen Western, fallen aber aus dem erwarteten Schema. Nicht, dass man jetzt gleich in das Italo-Western Genre fallen würde, aber John Wayne ist es auch nicht mehr…
Wer damit klar kommt, wird seinen Spaß an dem Band haben. Die Kinder sind unerzogen, aber nicht bösartig. Die Ganoven sind nicht gesetzestreu, aber ebenfalls nicht wirklich bösartig. Die Indianer sind etwas schematisch dargestellt, ebenfalls aber sympathisch. Und die Bürger sind wie eh und je eine Katastrophe und wollen stets das Beste (für sich) und schaffen das Schlechte (für alle).
Nicht nur für Komplett-Sammler*innen
Natürlich gibt es eine ganze Menge an Menschen, die aus Prinzip jedes neue Album von Lucky Luke kaufen. Im Zuge des aktuellen Western-Revivals dürfte es aber auch eine Anzahl von Interessierten geben, die nicht wegen, sondern trotz des Reihentitels einen Kauf in Erwähnung ziehen. Denen sei gesagt, dass ein Blick sich lohnt. Blutch’s Version des Cowboys ist modern, spannend erzählt und abseits der ausgetretenen Pfade.
Natürlich wird der Absatz in Deutschland dem der Version von Ralf König nicht gleichen. Trotzdem lohnt ein Blick! Wie immer gibt es eine Kiosk-Version und eine gebundene Ausgabe für den Buch- und Fachhandel.
Dazu passen ein Maibock und der gute alte Ian Dury.
Meine Jahresbestenliste und ein paar Worte zum Geleit
Dann wollen wir mal … Schon wieder ist ein Jahr vergangen. Vieles ist gleichgeblieben, München ist zum Beispiel zum elften Mal hintereinander Deutscher Meister geworden. Vieles hat sich aber auch geändert: das politische Klima ist rauer geworden, Emanzipation und Bekämpfung der Klimakrise sind nur noch Worthülsen, während zum Beispiel ein Tempolimit in weite Ferne gerückt ist.
Im Comic-Bereich durften wir dagegen einiges erleben: angefangen mit Magazin-Neustarts etwa bei Zauberstern oder mit dem neuen Independent-Blättchen Graphica über das 50jährige Jubiläum des ZACK bis hin zur erstmaligen Veröffentlichung frankobelgischer Klassiker in Deutschland!
Auch für comix-online gab es einen neuen Rekord: Erstmals waren es mehr als 100.000 direkte Zugriffe auf einzelne Artikel, also ohne die Startseite! Vielen Dank für dieses Vertrauen! Die Charts mit den am häufigsten aufgerufenen Seiten der letzten 30 Tage bzw. der „All-Time-Favourites“ zeigen durchaus Bewegung und lassen eure Präferenzen deutlich werden. Trotzdem freue ich mich über Kommentare oder Feedback, gerade auch bezüglich Informationen, die euch fehlen.
Die besten Comics
Grundsätzlich sind sich die meisten Seiten in diesem Jahr einig: Der neue Asterix, Die weiße Iris, ist seit Jahrzehnten der beste „neue Asterix“. Dem kann ich mich durchaus anschließen. Der neue Szenarist Fabcaro hat es geschafft, ein altbekanntes Thema (Die Römer versuchen das gallische Dorf von innen heraus zu zerstören) völlig neu zu inszenieren und dabei eines der modernen Streitthemen, Wokeness, satirisch zu erfassen. Die Zeichnungen von Conrad stehen für sich!
Platz 2 geht für mich an den ersten Band der neuen Reihe Wikinger im Nebel. Lupano und Ohazar haben mit ihrem sehr witzigen und teils schwarzen Humor das Sujet umgekrempelt und neben den Schlachtengemälden und Hägars Familienstrip eine eigenständige Welt aufgemacht, die filosofische Fragen stellt (Plündern ja, Kirchen abfackeln nein?) und Rollenbilder neu definiert!
Platz 3 geht an einen Altmeister: Francois Bourgeon hat mit Die Zeit der Blutkirschen 2 vermutlich sein letztes Werk vorgelegt. Es schließt den letzten Zyklus der Saga Reisende im Wind ab und endet während der Revolution. Diese Serie gilt nicht zu Unrecht als Startpunkt für die historizierenden Comics.
Knapp danach ein weiterer Titel aus dem Splitter-Verlag: Carbon und Silizium von Mathieu Bablet ist die Geschichte zweier KI, die unterschiedlicher nicht sein könnten und doch beide verloren sind. Gerade im Zuge der Diskussionen um ChatGPT, Bard und Co ein wichtiger Ansatz, der auch grafisch überzeugt.
Auf Platz 5 folgt ein weiterer melancholischer Beitrag über künstliche Wesen: Rostige Herzen von dem Duo, dem fast alles gelingt, BeKa und Munuera, ist der Einstieg in eine neue Reihe, die böse Menschen und gute Roboter als Symbole für vieles, was bei uns nicht mehr stimmt, benutzt.
Die besten Graphic Novels
Was kein Comic ist und auch kein Strip, das muss wohl eine Graphic Novel sein … In diesem Sinne die Top 3!
Platz 1 geht mit einem Tusch an Ein unerwarteter Todesfall von Dominique Monféry. Toxische Männlichkeit im Hohen Norden zeigt brutale männliche Gewalt, die nicht immer nur unter Druck entsteht und eine trotz allem erfolgreiche Überlebensstrategie einer jungen Frau.
Ein deutscher Titel konnte sich an zweiter Stelle platzieren: Der Zeitraum von Lisa Frühbeis schildert die Ängste und Nöte einer zwangsläufig alleinerziehenden Frau. Zwar ist das Thema keinesfalls neu, die grafische Umsetzung ist jedoch vollkommen anders als gewohnt und vereinbart persönliche Betroffenheit und „Nicht-Kunst“ mit genialen Farbakzenten.
Knapp dahinter eine Biografie auf Platz 3: In Fritz Lang schildern Arnaud Delande und Èric Liberge die Lebensgeschichte des deutschen Regisseurs, seiner Auseinandersetzung mit dem aufkeimenden Faschismus und seine teils skandalösen Beziehungen.
Die besten Gesamtausgaben
Einer meiner Lieblinge unter den frankobelgischen Zeichner*innen war schon immer Pierre Seron. Umso mehr freut es mich, dass nun endlich auch seine poetischste Serie, Die Zentauren, erstmals komplett auf Deutsch erscheint! Es darf allerdings nicht verheimlicht werden, dass der Verfasser als Übersetzer des redaktionellen Teils beteiligt war.
Auch in diesem Jahr sind drei neue Bände der Marvel Comics Library bei Taschen erschienen. Die XXL-Bände haben rund 700 Seiten, sind mehrere Kilo schwer, und präsentieren im Coffee-Table-Format die bahnbrechenden ersten Ausgaben der Marvel-Klassiker, die etwas ganz Neues erschaffen hatten. Sorgfältige Reproduktionen erlauben einen 100%igen Genuss, der von sachkundigen Einführungen abgerundet wird! Ein stolzer, aber berechtigter Kaufpreis ist der einzige, kleine Wermutstropfen!
Der dritte Platz steht ein wenig stellvertretend für ein ganzes Albenprogramm: Georg F. W. Tempel, der Herausgeber von ZACK und ZACK-Edition, hat es sich zur Aufgabe gemacht, Perlen neu oder erstmals komplett auf Deutsch herauszugeben. Dazu zählen etwa Reihen wie Jari oder Alain Cardain. Preiswürdig ist aber die Reihe Bob Morane Classic, in der erstmals alle 19 Abenteuer von Dino Attanasio und Gerald Forton erscheinen werden!
Die besten Sekundärwerke
Es gibt kaum jemanden, der so gut lesbar so viele Informationen und Debattenbeiträge zwischen zwei Buchdeckel packen kann wie Dr. Alexander Braun. Dementsprechend führt er auch dieses Jahr wieder die Liste der besten Werke über Comics an: Staying West! ergänzt, was in seinem ersten Werk über Comics und den Wilden Westen außen vor bleiben musste, nimmt Stellung in der Debatte über Politische Korrektheit und grenzt Notwendiges von Übertriebenem ab und erzählt ganz nebenbei noch vieles über Italienische Westerncomics, Karl-May-Adaptionen und den Streit im Studio Vandersteen. Ein Muss!
Platz 2 gehört der Reddition, die Jahr für Jahr erscheint! Im Frühjahr hieß der Schwerpunkt Schweiz, das Winterheft war der neuen Generation der Spirou-Künstler gewidmet (Besprechung folgt!). Anregende Artikel, ausführliche Listen und meistens gute Einordnungen machen das Magazin ebenfalls zu einem Must-Have!
Platz drei geht an Burkhard Ihme und das ICOM Comic!-Jahrbuch. Ebenfalls Jahr um Jahr schafft es der Verein, nicht nur seine Preisträger*innen ausführlich darzustellen und zu Wort kommen zu lassen, sondern präsentiert Informationen, stößt Debatten an und macht Spaß!
Die besten Magazine
Vor mittlerweile über 50 Jahren ist die erste Ausgabe des ZACK erschienen. Die Namensgebende Zeit (Generation ZACK) endete dann aber doch und jahrelang war es düster; frankobelgische Magazine kamen und gingen. Seit 295 Ausgaben läuft aber das „neue ZACK“, das es mittlerweile auf mehr Ausgaben geschafft hat als das alte Koralle-ZACK. Jeden Monat ein bunter Querschnitt durch das frankobelgische Spektrum (und Angrenzendes) und erneuerte Klassiker wie Rick Master oder Michel Vaillant sind den ersten Platz in dieser Sparte wert!
Gleich dahinter kommen die Magazine des Zauberstern Verlages. Was mit dem Phantom begonnen hatte, hat mittlerweile durch Mikros, Flash Gordon, Van Helsing und Savage Dragon Verstärkung bekommen! Hut ab und weiterhin viel Erfolg!
Platz 3 ist dagegen ein Nachruf! Leider musste die Comixene mit der Nummer 146 ihr Erscheinen einstellen. Lesenswerte Informationen, streitbare Meinungen und tolle Illustrationen werden allerdings nicht ganz verschwinden, sondern sollen Alfonz ein wenig aufpeppen!
Und dann ist da noch …
… ein geglückter Relaunch! Das Universum um Spirou drohte unterzugehen. Jetzt allerdings ist die erste Folge eines Mehrteilers aus der Hauptserie erschienen (Der Tod von Spirou), die Spezial-Bände enthalten Variationen von unterschiedlichen Teams, dem Meister Franquin wird vielfältig gehuldigt, unter anderem mit einer Neuausgabe der Gesamtausgabe, und die Freunde von Spirou (Rezension folgt) bringen erneut die politische Dimension während des Zweiten Weltkrieges zurück! So kann man es machen!
Eure Lieblinge in 2023
Eure Charts, basierend auf den Abrufzahlen:
Platz 1 geht an Hägar und die Gesammelten Chroniken von 1973, gefolgt von dem ZACK-Spezial 7 und dem zweiten Bob Morane-Sonderband von Forton. Sehr knapp dahinter Mitton und Messalina 1/2.
Die weiteren Plätze: ZACK-Spezial 6 – Jari 1, Asterix – Die weiße Iris, Sammy & Jack Integral 3, Michel Vaillant Collector’s Edition 1, Michel Vaillant Legendes 1 (die NL-Ausggabe! Wenn man die deutsche Ausgabe dazu addiert, wäre das mit weitem Abstand die Höchstmarke!), Asterix – Im Reich der Mitte und Lakota von Serpieri.
Das erste ZACK (284) folgt auf Platz 12, der erste Sekundärtitel (Staying West!) auf Platz 32.
Das offizielle Cover des 40. Asterix-Abenteuers „Die Weiße Iris“ ist jetzt schon da.
Offizielles Cover Asterix #40 Die Weiße Iris – (c) Egmont Ehapa Media GmbH Fotograf: LES ÉDITIONS ALBERT RENE
Im März wurde ein Samenkorn gepflanzt. Jetzt erblüht die Weiße Iris in voller Pracht und es ist an der Zeit, das Cover des 40. Albums zu enthüllen, das am 26. Oktober erscheint!
Für Didier Conrad ist es bereits das sechste Asterix-Album, bei dem er als Zeichner das Abenteuer zum Leben erwecken darf. Autor Fabcaro übernahm zum 40. Album die Stelle des Szenaristen, in den fünf vorangegangenen Bänden war Jean-Yves Ferri der Texter. Genial und verantwortungsbewusst setzen sie das Werk der Comic-Genies und Asterix-Väter René Goscinny und Albert Uderzo fort. Seit dem ersten Auftritt der beiden unbeugsamen Gallier im Jahre 1959 wurden über 393 Millionen Alben verkauft. Die weltweite Auflage von „Asterix – Die Weiße Iris“ (Band 40) beträgt bereits zum Verkaufsstart 5 Millionen Exemplare.
Das 40. Asterix-Abenteuer „Asterix – Die Weiße Iris“ erscheint ab dem 26.10.2023 im Handel (HC: EUR 13,50 – ISBN: 978-3-770-2440-5; SC: EUR 7,99). Wie schon bei den letzten Bänden sind auch dieses Mal wieder 4 Streifen als Teaser erschienen.
(c) der Abbildungen: Egmont Ehapa Media GmbH | LES ÉDITIONS ALBERT RENE
Meine Jahresbestenliste und ein paar Worte zum Geleit
Es ist wieder so weit, das Jahr nähert sich dem Ende. Niemand hätte sich träumen lassen, dass die „Katastrophe“ Corona/COVID von viel Schlimmeren abgelöst werden würde. In diesem Sinne wünsche ich allen Leser*innen von comix-online Frohe Festtage und einen guten Start in ein hoffentlich gutes Neues Jahr.
Wie immer folgt eine rein persönliche Übersicht über meine Favoriten in den schon bekannten Kategorien. Dazu ein paar Worte über einige Künstler, die uns in diesem Jahr verlassen haben. Ihr könnt gerne die Kommentarmöglichkeit am Ende des Artikels nutzen, um entweder eure Favoriten mitzuteilen oder aber eure Gedanken zu meiner Auswahl zu posten.
Für comix-online war das Jahr sehr erfolgreich. Mehr als 83.000 gezielte Aufrufe einzelner Seiten (also ohne die Startseite) sind ein neuer Rekord. Die Charts mit den am häufigsten aufgerufenen Seiten der letzten 30 Tage bzw. der „All-Time-Favourites“ zeigen durchaus Bewegung und lassen eure Präferenzen deutlich werden. Trotzdem freue ich mich über Kommentare oder Feedback, gerade auch bezüglich Informationen, die euch fehlen.
Die besten Comics
Die Königskategorie ist in gewisser Weise schwierig: Eigentlich erwartet wahrscheinlich jede*r hier, das Marsupilami-Abenteuer von Flix zu sehen. Mit Sicherheit ein toller Titel, ein Verkaufserfolg und eine Anerkennung des deutschen Zeichners und Szenaristen durch die belgischen Markeneigner. Aber ich möchte hier trotzdem das Spotlight auf fünf andere Titel werfen:
Platz 1 geht an eine Künstlerin aus Deutschland: Jennifer Daniel mit Das Gutachten! Die Autorin wirft einen Blick auf die deutsche Geschichte der 70-er Jahre. Während die einen es die bleierne Zeit nennen, war es für andere die Zeit des Erwachens. Mit sehr persönlichem Blick seziert Jennifer Daniel das Gebilde, in dem der Held funktionieren soll, und das doch immer mehr Risse bekommt!
Knapp dahinter ein ebenfalls politischer Titel: Rorschach 4. 35 Jahre nach den Watchmen verkleidet sich jemand als Rorschach und verübt zusammen mit einer als Cowgirl verkleideten Begleiterin ein Attentat auf den Präsidentschaftskandidaten der Republikanischen Partei. Das FBI versucht, diesen Anschlag aufzudecken und Autor Tom King führt uns immer tiefer in eine Mischung aus Wahrheit und Fiktion, die kaum noch auseinander zu halten sind. Jorge Fornés setzt das in tolle Bilder um.
Adventureman ist eine sehr spannende Mischung aus Pulp und moderner Geschichte. So würde die Gattung wohl aussehen, wenn sie heutzutage entwickelt werden würde. Hohes Tempo, viel Action, eine große Prise Humor und ein Stückchen Irrwitz. Matt Fractions Story treibt Terry Dodson zu rasantem Tempo und macht sehr viel Spaß.
Platz 4 geht an einen wiederentdeckten Klassiker, Alain Cardain von Yvan Delporte und Gérald Forton. In der Reihe ZACK-Spezial, wofür dieser Band auch ein wenig stellvertretend steht, werden frankobelgische Klassiker, die es aus unterschiedlichen Gründen nicht nach Deutschland geschafft haben, ansprechend präsentiert. Hier geht es um die Anfänger der Eroberung des Weltalls. Die Ausgaben sind limitiert und nur für ZACK-Abonennt*innen erhältlich.
Platz 5 ist ein Doppelband: Die Fälle von Lord Harold dem Zwölften spielt im London während des Übergangs zur Moderne. Der junge Lord begeistert sich für die wissenschaftlichen Aspekte der Kriminologie und möchte sein Wissen anwenden. Dem Adel war damals eine Beschäftigung allerdings komplett fremd. Im Mittelpunkt steht der Stadtteil Blackwater, der modernisiert werden soll, gleichzeitig aber die Heimat auch der Kleinkriminellen ist. Sehr witzig, spannend und doch mit ernsthaftem Hintergrund erzählt von Philippe Charlot mit Bildern von Xavier Fourqemin.
Die besten Graphic Novels
Es ist immer ein wenig schwierig, Graphic Novels und „reguläre“ Comics voneinander abzugrenzen. Ich versuche mich gar nicht erst an einer Definition, habe aber klare Vorstellungen.
Platz 1 geht an die Literaturadaption Nur noch Stille aus dem All-Verlag. Fabrice Colin hat die Geschichte von R. J. Ellory für das Comicformat umgearbeitet, Richard Guérineau kongenial umgesetzt. Eine trügerische Kleinstadtidylle wird durch den brutalen Mord an kleinen Mädchen empfindlich gestört. Es gibt falsche Verdächtigungen, Alpträume und eine 60-Jahre lange Verfolgung!
Der folgende Platz geht an das Biopic Anaïs Nin von Léonie Bischoff. Die berühmt-berüchtigte Schriftstellerin wird in all ihren Widersprüchen porträtiert. Bischoff konzentriert sich dabei auf die Seele von Nin und ihre frühkindlich geprägte Verlassensangst, die später zu dem unstillbaren Bedürfnis nach körperlicher Zuneigung geführt hat. Leichte Zeichnungen mit Buntstiften schaffen ein Klima der Annäherung ohne Vorurteile.
Platz drei wird von wieder einer anderen Spielart eingenommen. bestemming: canada erzählt 10 Geschichten über Menschen, die aus den Niederlanden nach Kanada ausgewandert sind. Da die Berichte von zehn sehr unterschiedlichen Zeichner*innen umgesetzt werden, kommt dabei nicht nur eine interessante Sammlung von Schicksalen zum Ausdruck, der Band bietet auch noch einen guten überblick über die aktuelle niederländische Szene.
Die besten Gesamtausgaben
Gesamtausgaben von Klassikern waren schon immer im Programm auch von Verlagen, die ansonsten kein großes Comic-Segment hatten. So auch bei meinem diesjährigen Favoriten, der Marvel Comics Library aus dem Taschen-Verlag! In bisher drei Bänden im XXL-Format, jeweils mehrere Kilo schwer, mit Lesebändchen versehen, in einem speziellen Karton ausgeliefert und auf weltweit 5000 Exemplare limitiert, wurden die jeweils ersten 20 Ausgaben der bahnbrechenden Serien Spider-Man, Avengers und Fantastic Four publiziert. Neben kompetenten, persönlichen Einleitungen von Experten sind die Hefte in fantastischer Reproduktionsqualität abgedruckt, inklusive Werbung, Cover und Leserbriefseiten. Eine Vielzahl an Abbildungen und editorischen Notizen runden die Werke ab, die zurecht mit dem Will Eisner-Award ausgezeichnet worden sind. Coffetable books at their best!
Platz zwei wird gehalten von der Gesamtausgabe einer klassischen Westernserie, die in der Vergangenheit eine sehr wechselhafte Veröffentlichungsgeschichte in Deutschland erlebt hatte und trotzdem nie komplettiert worden war: Chinaman von Serge Le Tendre und Olivier TaDuc. Im Mittelpunkt steht der aus China ausgewanderte Chen Long Ann. Der ursprüngliche Triaden-Killer wendet sich gegen seinen Herren und kämpft fortan gegen Rassismus und Unterdrückung jeder Form. Man kann immer darüber streiten, ob Gesamtausgaben Geldschneiderei sind oder nicht. Solange sie Käufer*innen finden, sind sie für mich legitim. In diesem Falle jedoch wird es Zeit, dass das Highlight des Western-Genres jetzt endlich angemessen auf Deutsch vorliegt.
Auch Platz 3 wird von der Neuausgabe einer Western-Serie erobert: Die Blauen Boys haben in Deutschland nie die Wertschätzung wie bei unseren westlichen Nachbar*innen erfahren. Dabei stellen sie mit ihrer Mischung aus Komik und ernsthafter, faktenbasierter Kritik an Kriegen und Armee eine sehr seltene Mischung dar. Band 1 der Integral-Reihe ist schon vor geraumer Zeit erschienen, die Fortsetzung lag lange auf Eis. In diesem Jahr nun erfolgte mit den Bänden 2 und 3 der Re-Start! Die ersten Bände waren in Deutschland nur in heute fragwürdigen Übersetzungen erschienen.
Ein Novum in der Geschichte: Ein Szenarist nimmt gleich zwei Plätze hintereinander in der Rangliste ein. Cauvin ist nicht nur für die Blauen Boys verantwortlich, sondern auch für die Geschichten mit den Gorillas aus dem Chicago der Prohibitionszeit: Sammy & Jack. Die auf 10 Bände angelegte Reihe kommt mit ausführlichen redaktionellen Beiträgen und setzt auf Humor. Die Zeichnungen stammen von Berck. Auch diese Serie hat eine bewegte Publikationshistorie in Deutschland.
Platz 5 ist eine „echte“ Gesamtausgabe: Miss October von Stephen Desberg und Alain Queireix erzählt einen Krimi über eine junge Frau, die ein Trauma aufzuarbeiten hat und nebenbei als Diebin arbeitet, einen Bullen, der sich in die falschen Leute verliebt, und einen Serienkiller. Alle vier Bände sind jetzt in einem Integral wieder aufgelegt worden.
Die besten Sekundärwerke
Das beste Sekundärwerk in diesem Jahr hat bisher auf dieser Seite keine Rezension erhalten. Trotzdem hat der Ausstellungskatalog Horror im Comic von Alexander Braun jede*n Leser*in verdient! In verständlicher Sprache, trotzdem aber voller Details wird die Geschichte dieser Spielart hergeleitet, psychologisch erklärt und über die verschiedenen Varianten und Epochen sehr anschaulich präsentiert. Die dazugehörige Ausstellung im Dortmunder schauraum: comic und cartoon war für sechs Monate zu sehen und ist mittlerweile beendet. Der Katalog ist aber regulär beim avant-Verlag erhältlich.
Die deutsche Independent-Szene steht im Fokus des ICOM. Dabei geht es sowohl um Marketing nach außen als auch um Unterstützung für die Mitglieder nach Innen. Ein Schwerpunkt der jährlichen Comic!-Jahrbücher ist die Vorstellung der ICOM Preisträger*innen. Der inhaltliche Aspekt stand in diesem Jahr unter dem Motto Comics und Umwelt. Ein verdienter zweiter Preis!
Der dritte Platz geht eindeutig an das Team der Reddition. In 2022 ist leider nur ein Dossier erschienen, das dem Szenaristen André-Paul Duchâteau gewidmet war. Die Dezember-Ausgabe 2021 war eine Doppelnummer gewesen, insofern ist der Regelmäßigkeit des Erscheinens Genüge getan. Wer auch immer zu einem Thema der Comicwelt Informationen sucht, ist gut beraten zunächst im Archiv der Reddition-Ausgaben zu suchen. Für Abonnent*innen gibt es jeweils eine limitierte Extrabeilage.
Die besten Magazine
Auf Platz 1 in diesem Jahr das ZACK! Jeden Monat liefert Georg F. W. Tempel einen guten Querschnitt aus aktuellen Comics, Gags und Informationen ab, der nicht nur die „Generation ZACK“ bedient, sondern auch über den Tellerrand schaut und Comics nach Deutschland bringt, die hier (meistens) nicht als Alben erscheinen. Hervorzuheben ist dabei, dass angefangene Serien auch beendet werden, selbst wenn sie über Jahre laufen. Dabei stehen neben den runderneuerten Klassikern wie Michel Vaillant oder Rick Master auch spannende Projekte wie Amoras oder MADI im Fokus. Serien aus Deutschland haben dort ebenfalls ihren Platz, aber nicht um eine Quote zu erfüllen, sondern weil sie wie etwa die Frau mit dem Silberstern einfach gut sind! 50 Jahre ist es nun her, dass die erste Ausgabe erschienen ist und das Jubiläumsjahr hat unter anderem eine Erweiterung des Umfanges auf nun 92 Seiten gebracht. Weiter so!
Kann eine Zeitschrift, die nur alle drei Jahre erscheint und außerdem noch in der aktuellen Nummer keine einzige Comic-Seite enthält, den zweiten Platz im Ranking von Comic-Magazinen einnehmen? Ja! CAMP erscheint zwar nur selten und hat ein deutlich breiteres Spektrum, ist aber definitiv sehr unterhaltsam, anregend und die eigenen Lesegewohnheiten herausfordernd. Da es zudem viele Artikel enthält, die dem Comic-Segment zuzuordnen sind, stehe ich zu dieser Auswahl. Da wären etwa die Adaptionen der Nestor-Burma-Romane oder Nosferatu im Comic, aber auch Überlegungen zur Cancel-Kultur, zu Isaac Asimov oder dem Sammeln von Spielzeugrobotern. Rezension folgt!
Platz 3 geht an den Relaunch des Wandelnden Geist: Das Phantom ist zurück auf dem Kiosk-Markt! Alle zwei Monate werden Geschichten aus den unterschiedlichen internationalen Veröffentlichungen präsentiert. Dabei kommen sowohl „alte“ Sonntagsseiten von Lee Falk zum Abdruck wie auch aktuelle Stories aus Schweden oder den USA! Die Hefte haben in der Mitte jeweils ein Poster zum herausnehmen. Zauberstern Comics haben damit allen Phans einen Wunsch erfüllt.
Und dann ist da noch …
das Jubiläum des Jahres! Während in der realen Welt Superreiche wesentliche Teile ihres Einkommens spenden, aufgrund einer Scheidung riesige Summen abgeben müssen und trotzdem superreich bleiben oder sich aus Spaß eine Software mit blauen Häkchen kaufen, feiert die wahrlich reichste Ente der Welt bereits ihren 75. Geburtstag! Comix-online gratuliert Onkel Dagobert!
Ein vollständiger Nekrolog ist an dieser Stelle nicht möglich. Ein guter Anlaufpunkt dafür sind die entsprechenden Seiten von Wikipedia in den jeweiligen Landessprachen. Den vollständigsten Überblick findet man sicherlich auf der englischsprachigen Variante. Trotzdem soll hier an ein paar erinnert werden:
Jean-Claude Mézières, Neal Adams, George Pérez, Tim Sale, Alan Grant, François Corteggiani und viele mehr !
Auf comix-online ist es ein guter Brauch, Rezensionen mit einem Vorschlag für ein passendes Getränk und musikalische Begleitung abzuschließen. An dieser Stelle darf daher der Hinweis nicht fehlen, dass Im Dezember Terry Hall, der Sänger und Songwriter der Specials, Fun Boy Three und vieler weitere Combos von uns gegangen ist. In diesem Sinne: „Ghost Town“!
Die Verlage Éditions Albert René und Story House Egmont sowie die Erbinnen Anne Goscinny und Sylvie Uderzo haben soeben bekanntgegeben, dass das im Oktober 2023 erscheinende 40. Asterix-Album wieder von Didier Conrad gezeichnet werden wird. Das Szenario wird einmalig von Fabcaro stammen. Fabrice Caro arbeitet seit rund 20 Jahren als Comic-Autor und ist bereits mit Preisen ausgezeichnet worden. Seine Werke sind allerdings bisher nicht auf Deutsch erschienen. Sowohl Anne Goscinny als auch Sylvie Uderzo haben sich sehr positiv geäußert und haben großes Vertrauen in den Autor.
Der Titel ist natürlich wie immer noch geheim. Es ist zu erwarten, dass im Laufe des Jahres mehrfach neue Informationen bekanntgegeben werden bzw. weitere Zeichnungen publiziert werden. Einen ersten Vorgeschmack gibt es hier:
Der erste Auftritt der reichsten Ente der Welt jährt sich nun zum 75. Mal! Der große Carl Barks hatte Dagobert Duck erstmals in einer von Charles Dickens inspirierten Geschichte auftreten lassen. Sein Vermögen ist legendär, allerdings auch sein oftmals skrupelloses Benehmen. Genauso bekannt ist, dass Donald, der sympathische Looser, immer wieder ausgebeutet wird. Geschichten aus dem Duckschen Kosmos werden schon lange international erstellt; die im Lustigen Taschenbuch abgedruckten stammen vornehmlich aus Italien.
Bedrohungen allerorten
Der unglaubliche Reichtum von Dagobert ist nicht so selbstverständlich und unterliegt ständigen Bedrohungen. Zudem ist es ihm nicht nur wichtig, reich zu sein, er muss der Reichste und Erfolgreichste überhaupt bleiben. Und so ist es schon eine Überraschung, dass weder Dagobert noch sein ständiger Konkurrent Klaas Klever den Titel als bester Geschäftsmann der Dekade verliehen bekommen. Das Geschäft des Jahrzehnts basiert sehr locker auf der Reise um die Welt in 80 Tagen.
In dem Mehrteiler Das Spiel des Schicksals hat Dagobert sein gesamtes Vermögen an die Panzerknacker verloren und zerfließt vor Trauer. Dann begegnet er allerdings einem Wesen, das behauptet der Geist seines Schicksals zu sein. Erneut beginnt ein Parforceritt durch haarsträubende Abenteuer in denen Dagobert von Donald und den Neffen unterstützt wird. Hier geht es ums Ganze. Nicht wirklich mit dem Jubiläum verknüpft sind der 18. Teil der Legende des ersten Phantomias, in der Das Gespenst von Notre Duck seinen Auftritt hat, sowie zwei Einseiter.
Der 75. Geburtstag bestimmt diese Disney Publikation trotzdem. Dabei kommt sie ohne die Rückgriffe auf das „klassische“ Repertoire aus und präsentiert an die Substanz gehende aktuelle Beiträge. Wer bereit ist, das fast schon bildungsbürgerliche Albenformat zu verlassen und in die Niederungen des schnellen Kioskmarktes hinabzusteigen, wird hier nicht enttäuscht.
Auch Disneyzeichnungen werden moderner
Die Erwartungen an Disney-Zeichnungen mit den Ducks unterscheiden sich mittlerweile gewaltig. Auf der einen Seite stehen diejenigen, die neben Barks und Don Rosa vielleicht noch ein paar bekannte Holländer dulden, auf der anderen Seite diejenigen, die ihre Prägung aus den Heften oder eben dem lustigen Taschenbuch beziehen. Schon lange sind die Zeichnungen in der Moderne angekommen und besitzen wie zum Beispiel bei Celoni viel mehr Tiefe und farbliche Details, etwa in den Frisuren.
Schrille Layouts darf man natürlich nicht erwarten, die drei Streifen bleiben der Standard. Allerdings ist die Panel-Größe nicht immer einheitlich. Wie mittlerweile üblich werden die Beteiligten und die Identifikatoren der Veröffentlichung genannt.
Das erfolgreichste Kioskprodukt
Das LTB ist im Comic-Segment in Deutschland das erfolgreichste regelmäßig erscheinende Kiosk-Produkt (also ohne zum Beispiel die Asterix- und Lucky Luke-Bände). Zu einem Taschengeld-kompatiblen Preis werden 13-mal pro Jahr eine ganze Menge an neuen Geschichten erzählt, die sich meistens an ein aktuelles Thema hängen. Insofern ist die Nummer 566 ein weiteres gutes Beispiel für dieses Konzept.
Und natürlich ist Onkel Dagobert eine der beliebtesten Comic-Figuren überhaupt. Im Laufe der Jahre ist er eher jünger geworden und viele Lücken im Lebenslauf konnten geschlossen werden. Die Geschichten aus diesem LTB lassen vermuten, dass wir in 25 Jahren seinen Hundersten werden feiern können.
Dazu passen eine Capri Sun und Stevie Wonder mit „Congratulations“.
Erstmals geht es für den gallischen Helden Asterix nach China: Im neuen Album, das am 3. April 2023 erscheint, wird die Geschichte des Realfilms „Asterix und Obelix – Im Reicht der Mitte“ (ab 30.März 2023) nacherzählt. Nach über 10 Jahren kommen die beliebten Gallier somit endlich wieder zurück auf die große Leinwand!
Wir schreiben das Jahr 50 v. Chr. Die Kaiserin von China befindet sich nach einem Staatsstreich, angezettelt von dem verräterischen Prinzen Deng Tsin Qin, in Gefangenschaft. Mithilfe eines phönizischen Händlers und ihrer ergebenen Leibwächterin flüchtet Prinzessin Sass-Yi, die einzige Tochter der Kaiserin, nach Gallien, um sich die Unterstützung der heldenhaften Krieger Asterix (Guillaume Canet) und Obelix (Gilles Lellouche) zu sichern. Die beiden unzertrennlichen Helden sind gerne bereit, der Prinzessin bei der Rettung ihrer Mutter und der Befreiung ihres Landes zu helfen. Und so beginnt eine lange Reise und ein großes Abenteuer auf dem Weg nach China. Aber Cäsar (Vincent Cassel) und seine mächtige Armee dürstet es nach einem neuen Siegeszug und so sind auch sie auf dem Weg zum Reich der Mitte …
Wie immer gehört auch ein illustriertes Bilderbuch zum Merchandise-Bundle. Die Geschichte des Films – Regie führt Guillaume Canet, der auch in die Rolle des cleveren Galliers als Asterix schlüpft – wird mit wunderschönen, großformatigen Zeichnungen aus der Feder von Olivier Gay und Fabrice Tarrin im klassischen Asterix-Stil nacherzählt. Jede Menge Backpfeifen und Angriffe auf die Lachmuskeln sind garantiert.
Es gibt eigentlich zwei Comic-Helden, die die Generation ZACK im Wesentlichen repräsentieren: Rick Master und Michel Vaillant. Während der erstere seine Gesamtausgabe auf Deutsch schon komplettiert hat, ist für zweiteren die Collector’s Edition gerade angelaufen und nun bei Band 4 angekommen. Und bevor jetzt ein Shitstorm anläuft: Natürlich gibt es noch eine ganze Reihe von erstklassigen Held*innen, die Tintin, Spirou und ZACK zu dem gemacht haben, was sie waren bzw. noch sind. Die Jahreswertungen wurden aber mehrheitlich von eben diesen beiden angeführt. Und nicht zuletzt haben auch beide den Sprung in eine modernisierte Version geschafft.
Der Visionär
Jean Graton war nicht nur ein Meister seines Faches was die Zeichnungen betraf. Er hatte schon früh die Werbewirksamkeit von etablierten Comicfiguren erkannt und zunächst mit PubliArt, später mit seinem eigenen Studio unter anderem Michel Vaillant vermarktet. Daneben war er aber auch ein Fan von größtmöglicher Authentizität und Genauigkeit. Am liebsten war er vor Ort, schnupperte Benzin und genoss das Dröhnen in den Ohren. Sollte das nicht möglich sein, nutze er ein Netzwerk von Kontakten, um sich über Fotos und Literatur in die Rennstrecken und die verschiedenen Wettbewerbe einzufühlen.
So war es auch kein Wunder, dass er 1964 in Die Ehre des Samurai den Einstieg einer japanischen Firma in die Formel 1 vorwegnahm. Der tatsächliche Start von Honda folgte dann 1965. Sehr geschickt werden in diesem Band japanische Ehrvorstellungen, altväterliche Flapsigkeit und Gefahren risikobereiten Fahrens miteinander vermischt. Die Geschichte enthält aber auch eines der humoristischen Glanzlichter der frühen Jahre, wenn der Patriarch auf seinem Fahrrad mit der Fahrweise der jungen Wilden in Konflikt gerät. Diese Situation wird noch über Jahre immer wieder auftauchen. Zudem zeigt Graton, dass er durchaus gewillt ist, der Emanzipation Raum zu geben und die Familie offener zu gestalten als Traditionalisten es wünschen würden.
Spannung in Indianapolis ist eines der vielen Abenteuer, das Geschehen auf den Rennstrecken mit kriminellen Aktionen gegnerischer Rennställe verknüpft. Absolute Lieblingsgegner sind dabei sicherlich die Schurken, die hier für die Texas Driver’s fahren. Und in Die Ritter von Königsfeld beweist der Künstler, dass er nicht nur Rennstrecken auf das Papier bringen kann, sondern auch altertümliche Schlösser samt allen Voraussetzungen für eine Mystery-Geschichte. Rennfahrer verschwinden spurlos während Michel und Steve auf dem Schloss Königsfeld die Bekanntschaft von Vater und Tochter Spangenberg machen. Auch diese Geschichte wird sich fortsetzen.
Der Reiz der Serie
Natürlich besticht Michel Vaillant vor allem dadurch, dass niemand sonst das Renngeschehen so glaubwürdig auf das Papier bekommt. Das Renngeschehen spielt sich vor den Leser*innen fast wie bei einer TV-Übertragung ab und lässt ein Mitfiebern zu. Dabei bleibt es aber nicht: Soap-Effekte lassen die Familie Vaillant wachsen, an Konflikten reifen und – vor allem – von Band zu Band langfristige Rahmenhandlungen erleben. Dabei werden die Figuren zwar kaum älter, heiraten aber, werden Eltern, …
Zusätzlich hat Jean Graton ein glückliches Händchen bei der Auswahl seiner Studiomitarbeiter. Christian Denayer etwa wird später Alain Chevallier auf den Markt bringen. Bei den hier abgedruckten Bänden ist er noch als Zeichner für die Autos verantwortlich und unterstützt somit die Produktion der neuen MV Geschichten. Die Collector’s Edition bringt dabei nicht nur die Alben in ungekürzter Version, sondern auch Kurzgeschichten und so rundet Der Autosalon 1946 die Comic-Sammlung ab.
Zusätzliches Material
Eine ordentliche Gesamtausgabe muss heutzutage mehr liefern als eine angemessene Präsentation der Bildgeschichten und so ist es auch hier. Die einzelnen Abenteuer werden von Details zur Veröffentlichungshistorie begleitet und zeigen Magazintitelbilder und sonstige Illustrationen. Zusätzlich gibt es zu den einzelnen Bänden Hintergrundinfos und Volker Haman führt durch die Rezeption von Jean Graton in Deutschland.
Selbst diejenigen, die schon alle Einzelbände im Regal haben, könnten durchaus auf die Idee kommen, sich die Collector‘s Edition zusätzlich anzuschaffen. Für alle anderen die Gelegenheit, die Serie in überschaubaren zeitlichen Abständen zu komplettieren!
Dazu passen ein Bölkstoff (auch wenn es von der zwei-rädrigen Variante des Rennsports kommt) und Noir Désir mit „Le Vent Nous Portera“.
Wie versprochen folgt hier die Rezension zu dem aktuellen Lucky Luke Band, der jetzt im Handel ist. Wie schon in den letzten Bänden nimmt Jul, das ist Julien Berjeaut, wieder ein aktuelles Thema auf. Sicherlich erinnern sich die meisten noch an den Sturm der Entrüstung, der durch den deutschen Blätterwald lief, als Freiburg angekündigte, in den städtischen KiTas aus Kostengründen nur noch vegetarisches Essen anzubieten. Kein Grundsatz wurde postuliert, nichts verurteilt oder gelobt, es ging nur um die Frage, was bei der aktuellen Kostensituation in vertretbarer Qualität bezahlbar erscheint…
Aus Cattle Gulch wird Veggie Town
Jul stellt sich vor, was wohl passiert wäre, wenn ein typisches Kaff im Rinderzüchter-dominierten WildenWesten plötzlich gezwungen würde, dem Fleischkonsum abzuschwören. Rantanplans Arche beginnt mit einem Western-Klischee: Lucky Luke kann gerade noch verhindern, dass die aufgebrachte Menge einen Mann lyncht. Ovide Byrde hatte den „Fehler“ begangen, einem Pferd beizustehen und es davor zu bewahren, totgeprügelt zu werden. Besagter Byrde ist (einziges) Mitglied im örtlichen Tierschutzverein und hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, das Leben der Tiere zu bewahren.
Die fleischessende, pelztragende und jagdbegeisterte Community findet daran allerdings wenig Positives. In dem Tierheim Byrdes findet Luke untern anderem den wie immer verwirrten Rantanplan und beschließt, ihn zurück in sein Gefängnis zu bringen. Bevor es dazu kommen kann, findet der liebenswert dusselige Hund allerdings noch Gold auf Ovides Grundstück. Von diesem Schatz könnte doch der Tierschutz profitieren.
Im Gefängnis angekommen hören allerdings auch unerwünschte Ohren den Bericht über die Vorkommnisse in Cattle Gulch und der Spaß beginnt! Sehr unverkrampfte Annäherung an den fast schon religiösen Streit über Fleischverzehr in der Jul erneut mit vielen bekannten Lucky Luke Figuren und Archetypen spielt. Vielleicht nicht ganz so mitreißend wie Fackeln im Baumwollfeld aber sehr gelungen! Es gibt aber einen echten Schocker!
Achdé trifft mit jeder neuen Folge dieser Serie genau ins Schwarze! Man erkennt den Spaß des Zeichners, liebevolle Details hinzuzufügen. Diese können im Gesichtsausdruck liegen, in der Gesichtsfarbe oder aber in der Konzentration eines Kung-Fu-Kampfes auf zwei Bilder! Einzig das Titelbild ist etwas ungewöhnlich, zeigt aber ebenfalls eine Unmenge an Details in der Viecherschar.
Formattechnisch ist die Serie ein Dinosaurier: unveränderliche vier Streifen bilden das Gerüst für die Seitenaufteilung und modischen Schnickschnack wird hier niemand auch nur suchen. Da aber der Inhalt der Zeichnungen jung geblieben ist, verströmt die Reihe keine Nostalgie, sondern allenfalls die beruhigende Wirkung des Sich-Aus-Kennens und ist daher wahrlich für alle Altersstufen lesbar.
Eine kleine Auszeit
Jeder neue Lucky-Luke-Band ist (wieder) eine Besonderheit: aktuelle Inhalte, mit Liebe und Leidenschaft sorgsam modernisierte Zeichnungen und doch der alte Klassiker. Obwohl die Serie vor kurzem das 75. Jubiläum gefeiert hat, lohnt sich das Warten noch immer! Was will man mehr?
Wie immer erscheint der Band als Kiosk-Broschur oder als Buchhandels-Hardcover. Inhaltlich nehmen sich die Formate nichts. Der Band enthält im Übrigen auch eine Möglichkeit, an den Deutschen Tierschutzbund e.V. zu spenden!
Dazu passen ein veganer Riesling und „Land of Hope and Dreams“ von Bruce Springsteen & the E-Street Band.