Soule/Noto – Daredevil

Der Tod von Daredevil

Story: Charles Soule 
Zeichnungen: Phil Noto

Originaltitel: US-Daredevil 606 – 612 (2017)

Panini Comics

Broschur | 172 Seiten | Farbe | 17,99 € | 
ISBN: 978-3-7416-0988-6

Superhelden, auch bekannte, verschwinden manchmal. Oder sterben.

Manchmal kehren sie zurück, wie Wolverine vor kurzem. Manchmal nicht.

In Zeiten vor dem Internet war es schwierig, diese Fragen zu klären, heute nicht. Hier wird es aber keinen Spoiler geben, denn das macht das Leben langweilig!

Die Storyline

Mit den sieben Heften aus dem Jahr 2017 verabschiedete sich das Kreativteam Charles Soule und Phil Noto mit einem Knaller von der Serie um den blinden Anwalt Matt Murdock, der als Daredevil in New York das Böse bekämpft. Seitdem sein alter Feind, der Gangsterboss Kingpin unter seinem richtigen Namen Wilson Fisk Bürgermeister der Stadt geworden ist, hat sich die Situation noch einmal verschärft.

Daredevil versucht daher fast schon verzweifelt, Fisk Wahlbetrug und Korruption nachzuweisen und stellt ein Team mit Cipher, dem hackenden Mutanten, dem Inhuman Frank McGee sowie dem Reader zusammen. Letzterer ist ein ebenfalls blinder Superheld, der die Kraft besitzt, das was er liest, real werden zu lassen. Das mag manchmal praktisch sein, manchmal ist es das definitiv nicht und so besitzt er eine Braille-beschriebene Karte, die das letzte Ereignis wieder negiert.

Spannenderweise tritt auch das Alter Ego von Matt Murdock auf, dass er sich virtuell gegeben hatte um seine Identität zu verschleiern. Nun aber tritt ihm sein Bruder Mike real entgegen und findet es gar nicht witzig als die Frage der Negationskarte gestellt wird…

Fisk hat von dem Plan des Teams Wind bekommen und setzt seinerseits gleich eine ganze Handvoll Schurken auf Daredevil an die Phil Noto Gelegenheit geben, seine Fähigkeit in der Darstellung von Kampfszenen zu beweisen. Einige dieser Szenen sind dabei durchaus lustig und gut konzipiert; nicht nur Deadpool kann dumme Sprüche reißen.

Immer wieder taucht ein allerdings wirklich gefährlicher Gegenspieler auf, der mit knöchernen Messern um sich wirft und auch im Nahkampf durchaus Paroli zu geben versteht: Vigil. Tatsächlich geht es in diesen sieben Heften um Leben und Tod, allerdings anders als zunächst gedacht und das potentielle Ende ist der Titel der Geschichte!

Das Artwork

Charles Soule hat Daredevil seinen Stempel aufgedrückt und einen vielbeachteten Run abgeliefert. Obwohl ich persönlich Daredevil spätestens seit Frank Miller für einen der besten Marvel-Charaktere halte, sprechen die Verkaufszahlen eine andere Sprache und so ist die Serie immer mal wieder „on hold“. Üblicherweise liegt Daredevil dabei in einem Cliffhanger-Zwischenzustand im tiefsten Schlamassel und das nächste Team darf sehen, wie es damit klarkommt. Auch Soule beendet seine Ära nach diesem Muster mit einem „Paukenschlag“.

Dabei benutzt er Nebenfiguren, die er auch im Wolverinespektrum mit Inhalten versehen hat und spielt so quasi in seinem eigenen Universum. Über die Serien hinweg sind Frank McGee und Cipher dadurch viel besser charakterisiert und „Helden-tauglicher“ als sonstiges Beiwerk. Das ist einer der Vorteile eines verknüpften Serienuniversums.

Phil Noto beginnt mit einem schwarzen Rahmen um jedes Bild der später wegfällt. Gleichzeitig ändert sich der Zeichenstil von einer Standardablieferung hin zu wie gemalt wirkenden freieren Bildern, die qualitativ deutlich besser sind. Dadurch wird auch die Frage glaubwürdig, ob es sich eigentlich um eine reale oder traumhafte Begebenheit handelt.

Die Ausgabe

Natürlich hat Panini wieder alle regulären Cover von Phil Noto seitenfüllend abgedruckt und noch ein paar Variantabbildungen dazugepackt! So soll es sein. Das glatte Papier spiegelt nicht und gibt die Farben angemessen wieder und das ganze ist auch als limitiertes Hardcover (333 Exemplare) für 27 € erhältlich! Nicht nur für Sammler*innen von letzten Ausgaben sicherlich eine Frage wert!

Wer an Helden der zweiten Reihe wie etwa den Inhumans Spaß hatte, Deadpool mag oder aber gerne Krimiorientierte Superheldenstories liest, liegt hier auf jeden Fall richtig!

Dazu passen „Gang of Four“ und ein American Pale Ale von der Bronx Brewery.

© der Abbildungen 2020 Marvel c/o Panini Comics, Stuttgart

Howard/Niemczyk – Age of Conan 1

Bêlit

Story: Tini Howard
Zeichnungen: 
Kate Niemczyk

Originaltitel: US-Age of Conan 1 – 5 (2019)

Panini Comics

Broschur | 116 Seiten | Farbe | 13,99 €
ISBN: 
978-3-7416-1380-7

Und damit wäre also auch die dritte neue Conan-Reihe bei Panini auf dem Markt. Während sich die beiden anderen um Conan selbst „kümmern“ stehen bei Age of Conan Nebenfiguren im Mittelpunkt. Es handelt sich also quasi um eine Reihe für Miniserien. Den Anfang macht Bêlit, die Piratenkönigin der schwarzen Küste. Die Originalerzählung ist übrigens vor kurzem in der Splitter-Reihe mit Interpretationen der Erzählungen von Robert E. Howard durch wechselnde europäische Teams erschienen.

Die Story

Tini Howard kreiert aus den wenigen Hinweisen ihres Namensvetters die Herkunftsgeschichte der starken Frau, die so gar nicht dem Pulp-Bild der schönen aber doch untergeordneten Frau entspricht. Bêlit wird als jugendliche Tochter des Königs der Piraten eingeführt. Sie träumt von gefährlichen Abenteuern, Meeresungeheuern und ihrer Zukunft als Piratenkönigin. Ihr Vater unterstützt sie zwar, hält sie aber noch nicht für reif genug um tatsächlich ein Kommando zu übernehmen.

Als er getötet wird, weil er sich zur Ruhe gesetzt hat und seine Position damit sozusagen vakant geworden ist, bleibt der jungen Frau nichts anderes übrig als sich den Gefahren zu stellen. Natürlich wird es dabei um Meeresungeheuer gehen, um Machtkämpfe und Führung aber auch um strategische Allianzen. Das ist auch die sehr positive Seite dieser Geschichte: Kraft und Hau-Drauf Mentalität alleine sind keineswegs ausreichend um eine führende Rolle zu spielen, wenn sie nicht von Geschick, Planung, Erfahrung und dem Willen, lernen zu wollen, begleitet werden. Insofern handelt es sich fast schon um eine Coming-of-Age Story.

Dazu passt auch, dass die junge Bêlit irgendwie an Pippi Langstrumpf erinnert. Sie akzeptiert keine Grenzen außer den selbsterfahrenen, verhält sich altersunangemessen und ist bereit, immer wieder aufzustehen und nicht aufzugeben.

Die Zeichnungen

Selten, aber wahr: Dieser Conan-Band ist nicht nur von einer Frau geschrieben, sondern auch von einer gezeichnet: Kate Niemczyk setzt die Vorgaben von Tini Howard in einer Weise um, die einerseits die erwarteten Leserfantasien erfüllt, etwa wenn es um die Tracht der dann schon etwas älteren Piratin geht. Andererseits ist sie aber in ihren Zeichnungen so jugendlich, dass auch bisher nicht typische Leserinnen sich wiederfinden können. Hier stehen nicht das Blut, der Muskel oder das Gemetzel im Vordergrund!

Dabei gelingt es Niemczyk auch, den Prozess des Reifens und Älterwerdens grafisch in Szene zu setzen. Das junge Mädchen wird zur Frau und auch die Umgebungen passen sich an!

Dabei ist das Ganze natürlich typisch amerikanisch: Das Heftchenformat erlaubt keine europäischen Layouts und der monatliche Erscheinungsrhythmus erfordert andere Qualitäten als alle zwei Jahre 48 Seiten abzuliefern.

Die Wertung

Eine in sich stimmige Story mit dazu passenden Zeichnungen versprechen einen sehr gelungenen Start in diese neue Reihe, setzen aber auch hohe Erwartungen an das Kommende! Natürlich gibt es auch wieder ein paar einführende und erläuternde Worte und die üblichen Abbildungen der unterschiedlichen Cover der Marvel-Hefte. Einziges Manko: Ich weiß nicht so richtig, ob die Frontcoverauswahl gelungen ist oder die Zielgruppe unnötigerweise eingrenzt.

Auf jeden Fall ein Tipp für alle nicht nur testosterongesteuerten Leser*innen!

Dazu passen Doro Pesch und ein Chai Latte!

© der Abbildungen 2019 Conan Properties international LLC c/o Panini Verlag GmbH

Feldstein/Wood – Aus dem EC-Archiv 2

Alle Science Fiction und Fantasy Stories Band 2 (1951 – 1952)

Story: Bill Gaines & Al Feldstein
Zeichnungen: Wallace Wood

Originaltitel: EC Archive 2

All Verlag

Hardcover | 160 Seiten | Farbe | 29,80 € |

ISBN: 978-3-946522-68-3

Let’s get weird!

Ach was waren das für Zeiten: unaufgeregt, von keiner Klima- oder Gesundheitskrise betroffen und zukunftsorientiert! Schick angezogene Männer und Frauen, gerne im Fantasie-Uniform-Style, laufen rauchend durch Raumschiffe, betreten fremde Welten und erkennen, dass der Schein manchmal trügt, gleiche Entwicklung auch gleiche Ergebnisse bringt oder dass heiraten tödliche Folgen haben kann.

In allen im zweiten Band der Sammlung von Wally Woods Geschichten aus den EC-Magazinen steht die Technik nicht im Vordergrund. Sie ermöglicht Raumflüge, Zeitsprünge und alles andere, hat aber immer nur unterstützenden Charakter. Der Mensch bleibt derjenige, der Katastrophen auslöst, wenn er sich mal wieder allmächtig fühlt, seinen sexistischen Vorlieben folgt oder einfach nur zu spät reagiert.

Dazu kommen dann auch noch Geschichten, die der Menschheit einen Spiegel vorhalten, etwa indem sich die Entdecker einer uralten Marszivilisation mit dem Konzept des „Monsters“ auseinandersetzen müssen.  Mein Tipp für ein erstes Reinlesen ist aber „ Projekt … Überleben“.

Die Umsetzung

Insgesamt 18-mal darf Wally Wood seine Zeichenkunst in Geschichten zeigen, 7-mal werden zusätzlich ganzseitige Illustrationen von Covermotiven integriert. Im Mittelpunkt stehen dabei wieder die beiden Reihen Weird Fantasy und Weird Science aber auch der in Shock Suspenstory 2 enthaltene Beitrag fehlt nicht.

Keiner kann Monster so genial in Szene setzen ohne im Vorfeld schon eine klare Richtung vor zu geben. Oft ist bis zum letzten pageturner nicht klar, auf welcher Seite sich Monstrositäten offenbaren werden und wo die Opfer zu verorten sind. Der Seitenaufbau ist dabei gar nicht mal so abwechslungsreich. Auf die grafisch ansprechende, individuelle (und in der deutschen Ausgabe perfekt übersetzte/angepasste) Startseite erfolgt ein relativ starres dreireihiges Schema. Dieses variiert in der Anzahl der Panele sowie der Höhe häufig und bietet anhand der Schraffuren und der vielen Details ein perfektes Gerüst für die kräftige aber immer noch unterstützende Kolorierung.

Wood bietet aber nicht nur anregende fremde Landschaften sondern auch einen fast perfekten Einblick in die Emotionen seiner Figuren über die Gesichtszüge und Körperhaltung und lässt sich den Stress der kurzen Abgabefristen nicht anmerken.

Abgerundet wird der Band durch den Essay von Helmut Kronthaler über das offizielle Verhältnis zwischen Verleger Gaines und Ideenlieferant Ray Bradbury sowie einer Comicographie der von Bradbury autorisierten Adaptionen seiner Stories in den EC-Titeln.

Der Ausblick

Leider wird es nur drei Bände geben, denn dann ist das Material erschöpft. Diese lohnen sich aber unbedingt und sollten nicht nur bei allen Liebhaber*innen klassischer Science Fiction, der Gruselgeschichten und der Pulps im Regal stehen, sondern auch bei denjenigen, die gute, kurze Geschichten lieben, die nicht vorhersehbar sind, spannend und ohne Popcornkinoelemente auskommen! Schade, dass aufgrund der politischen Umstände diese Blüte der Horror/Fantasy/Science Fiction-Literatur nur eine kurze Lebensspanne hatte. Aber vielleicht verdanken wir dieser Situation dafür die Langlebigkeit des MAD.

ExLibri der Vorzugsausgabe

Natürlich gibt es auch wieder eine limitierte Vorzugsausgabe mit anderem Cover und einem ExLibris. – Zu Band 1.

Dazu passen quietschbunte Cocktails und die herrlich schrägen Horrorpops!

© der Abbildungen 2019 All-Verlag, Wipperfürth

© 2019 William M. Gaines, Agent, Inc

Soule/Shalvey – Die Rückkehr von Wolverine

Wolverine ist zurück!

Story: Charles Soule
Zeichnungen: Declan Shalvey, Steve McNiven

Originaltitel: US-The Return of Wolverine 1-5

Panini Comics

Broschur | 140 Seiten | Farbe | 16,99 € |
ISBN: 978-3-7416-1343-2

Nachdem gefühlt das ganze Marvel-Universum den getöteten und danach verschwundenen Wolverine gesucht hatte, ist er tatsächlich zurück! Wirklich? Ja! Einer der beliebtesten X-Men, Held vieler Verfilmungen und Comics, weilt wieder unter den Lebenden und hat sogar sein Kostüm übergezogen. Ob er allerdings wirklich er selbst ist oder nicht bleibt wohl eher abzuwarten…

Die Handlung

Wolverine kommt in einem Labor inmitten eines Blutbads zu sich. Er hat keine Ahnung, ob er das Schlamassel angerichtet hat, bekommt aber immerhin noch geflüstert, dass Persephone und ihre Organisation Soteira „Schuld“ sein und getötet werden müssten. In einem weiteren Gemetzel kann der zutiefst verstörte Mutant fliehen. Er trifft eine Frau, die ihm berichtet, dass Soteira ihren Sohn entführt habe und die ihn um Hilfe bittet. Wieder folgt Actionszene auf Actionszene bis die beiden schließlich den geheimen Stützpunkt der Organisation gefunden haben.

Auch die anderen X-Men konnten ihren alten Mitstreiter orten und haben große Sorgen um ihn, ist er doch im Feindesland. Die Begegnung endet allerdings anders als erwartet und wirft für die Zukunft viele Fragen auf. Wolverine erkennt aber wenigstens, dass Persephone dabei ist, die gesamte Erdbevölkerung auszulöschen und auch, dass nur er diese Bedrohung beseitigen kann.

Niemand kann bisher sagen, ob Logan wirklich wieder lebt oder nur zurück ist, wer ihn lenkt oder ob er der Alte ist/werden kann. Die letzte Seite könnte aber als Hoffnungsschimmer gewertet werden.

Die Umsetzung

Charles Soule hatte schon die vorhergehenden Miniserien über die Suche nach Wolverine verantwortet und führt den Story-Arch konsequent weiter. Die verzweifelten Bemühungen des Helden, seine eigene Vergangenheit zu verstehen und verschüttete Erinnerungen Bröckchen für Bröckchen wiederzufinden, sind sehr gut gelungen. Auch die Versuche, Logan zu manipulieren sind durchaus glaubhaft. Seine neue Superkraft ist dagegen vielleicht etwas too much.

Shalvey und McNiven setzen den Plot routiniert um. Kreative Seitengestaltung erlaubt Abwechslung und die farblosen Rückblicke ermöglichen es auch Comicneulingen, zeitliche Abläufe hinzubekommen. Guter Durchschnitt, der dem Beliebtheitsgrad des Kämpfers entspricht und sicherlich niemanden abschreckt.

Für Fans des Mutanten ohne Frage ein Muss, für Marvel-Kinogänger eigentlich ebenfalls und auch als Neueinstieg geeignet! Für Kinder ist das Teil wegen der Gewaltszenen allerdings eher nicht geeignet.

Panini hat wie immer nicht nur die regulären Cover mit abgedruckt, sondern auch ein paar Variants dazu gepackt. Wer noch mehr davon haben möchte sollte sich die deutsche Variantausgabe holen.

Dazu passen The UK Subs (ja, die gibt es auch immer noch) Westcoast IPA.

© der Abbildungen 2019 Marvel c/o Panini Comics, Stuttgart

Johns/Frank – Doomsday Clock 3 von 4

Doomsday Clock 3 – Dr. Manhattan gegen die Helden des DC-Universums

Story: Geoff Johns
Zeichnungen: Gary Frank

Originaltitel: US-Doomsday Clock 7 – 9

Panini Comics

Broschur | 108 Seiten | Farbe | 13,99 € |

ISBN: 978-3-7416-1515-3

Das Universum wird sich ändern! Na gut, tut es ja ständig…

Doomsday Clock nähert sich seinem Ende und so langsam wird deutlich, dass sich das Universum von Batman, Superman und Co. wirklich geändert haben könnte. In Teil 1 und 2 ist Dr. Manhattan als erster aus dem Watchmen-Universum in das der uns bekannten DC-Superhelden hinübergewechselt. Ihm sind noch weitere Bewohner*innen gefolgt: Ozymandias sowie der neue Rohrschach auf der einen Seite aber auch die jetzt mit Joker gemeinsame Sache machenden Marionette und Mime.

Veränderungen

Dabei ist die Welt schon so in Aufruhr: die Supermen-Theorie, nach der Staaten, vor allem aber die USA, Menschen mit einem Metagen bewusst zu Superwesen gemacht haben um sie als Waffe einsetzen zu können, gewinnt immer mehr Anhänger*innen. Der Protest in den westlichen Staaten wird immer militanter und den USA feindlich gesinnte Staaten bauen mittlerweile eine Armee aus „eigenen“ Superwesen auf.

Währenddessen versucht der undurchsichtige Adam in Kahndaq eine Art Asyl für Metawesen aufzubauen. Welche Absichten dahinterstecken bleibt allerdings zunächst verborgen.

Immer deutlicher aber wird, dass sich die Vergangenheit schon geändert hat. Ein kleiner Ruck hatte genügt um einen bekannten Helden erst gar nicht entstehen zu lassen und mit ihm ist auch eine ganze Gruppe von klassischen Held*innen scheinbar aus dem Gedächtnis gelöscht. Änderungen könnten aber auch die Zukunft betreffen…

Und dann kommt es auch noch auf dem roten Platz in Moskau zu einem folgenschweren Zwischenfall, der die Welt an den Rand eines Krieges bringt. Die Auflösung folgt im Frühjahr, wenn die letzten drei Teile dieser Miniserie auf Deutsch veröffentlicht werden.

Würdigung

Am Anfang sah es so aus als ob Superstar Geoff Johns DC einfach zu mehr Umsatz verhelfen sollte, in dem die Fans zweier Linien nur zusätzliches Geld für die jeweils andere ausgeben sollten. Mittlerweile muss man das etwas anders sehen. Die Watchmen-Serie stellte ursprünglich einen Einschnitt in der Welt der Superhelden dar. Gut und Böse waren nicht klar zu unterscheiden, Superhelden waren nicht länger „gewünscht“ und der Erzählstil mit Geschichte in der Geschichte und scheinbar realen „Fakten“ wie Zeitungsausschnitten als Begleitmaterial war komplett neu im Mainstream.

Die Kritik an Superwesen hat sich mittlerweile als erzählerisches Motiv schon lange etabliert und auch die Auflockerung des Storytellings ist zur Gewohnheit geworden. Dass sich die Welt in einer unruhigen Zeit befindet, Regierungen auch militant von ihren Bevölkerungen in Frage gestellt werden und alternative Fakten die Berichterstattung prägen, ist leider inzwischen auch oft genug Thema der realen Nachrichtensendungen. Hier bastelt Johns aber eine fiktive Geschichte daraus und das ist vielleicht sogar spannender als die X-te Änderung der Superhelden.

Gary Frank setzt das Ganze im Wesentlichen sehr klassisch dreireihig auf und lässt nur selten Ausnahmen zu. Mit seiner Strichtechnik stellt er viele Details dar und die Kolorierung legt sich angenehm zurückhaltend über seine Vorzeichnungen. Die Doppelseite im neunten Teil mit den Ansichten der verschiedenen Helden-Teams, die Konzentration ausdrückt, gleichzeitig aber auch Anspannung und vielleicht sogar schon das Bewusstsein der Sinnlosigkeit der eigenen Aktion ist sicherlich eine der besten Seiten aus diesem Genre in 2019!

Cover der Hardcover-Ausgabe

Nach etwas schwächerem Start also fast schon ein Must-Have im DCU! Natürlich auch wieder als Hardcover und als limitiertes Variant erhältlich.

Dazu passen Braindance z.B. mit „At full volume“ und ein torfiger Whisky!

© der Abbildungen 2019 DC Comics c/o Panini Comics, Stuttgart

Preisträger 2019

Auch 2019 gibt es wieder eine Übersicht mit ausgewählten Comicawards aus diesem Jahr. Natürlich gibt es noch viel mehr. Wenn ihr einen bestimmten Preis in dieser Übersicht vermissen solltet, nutzt doch bitte die Kommentarfunktion.

Festival International de la Bande Dessinée Angoulême

Stripshap Prijzen

ICOM Independent Comic Preis

Eisner Awards

Bunn/Bagley – Deadpool

Deadpool – Mord ist sein Geschäft

Story: Cullen Bunn 
Zeichnungen: Mark Bagley

Originaltitel: US-Deadpool: Assassin 1-6 (2018)

Panini Comics

Broschur | 148 Seiten | Farbe | 16,99 € | 
ISBN: 978-3-7416-1173-5

Die Story

Deadpool ist einer der lustigsten Superhelden überhaupt, ist allerdings wahrlich nicht jedermanns Sache. Auch wenn er von Zeit zu Zeit mit den „Guten“ kämpft und seine Prinzipien hat; er ist und bleibt ein Auftragskiller! Ihm kommt zu Gute, dass seine Verletzungen rasend schnell heilen und er dadurch so etwas wie quasi unsterblich ist. Da Wade Wilson – so sein bürgerlicher Name – allerdings auch fast die größte Klappe im nicht eben leisen Marveluniversum hat, springt er von ungünstiger Situation zu Fettnapf und wieder zurück. Deadpool will allerdings nur noch wenige Jobs machen um sich dann auf sein Altenteil zurückzuziehen.

Seine Aufträge beschafft ihm Weasel, ein Broker für blutrünstige Aufträge der mittlerweile ein Doppelleben führt und privat eine bürgerliche Zweisamkeitsfassade aufgebaut hat. Weasel hat die Skrupel Deadpools nicht, jeder, der zahlt, wird vermittelt, denn auch Weasel möchte aussteigen. [und für alle, die sich jetzt fragen, wie das mit der Kontinuität zusammenhängt: Ja, Weasel ist eigentlich schon tot. Diese Miniserie gehört aber nicht unbedingt in die Kontinuität und so darf der Broker noch einmal auf Erden wandeln].

Während anfangs noch alles glatt läuft und unser Held nur eine Söldnertruppe nebst Ninja-Abteilung niedermetzeln muss ist der zweite Auftrag schon schwieriger. Einerseits geht es darum, einen Mann zu beschützen, und dabei eine Vielzahl von Killern aus der Mördergilde abzuwehren, andererseits erweist sich das zu schützende Menschlein als unwürdig und nicht mit den Prinzipien Wades vereinbar. Zu dem Stress zwischen Killer und Auftraggeber aufgrund des letzteren kommt also hinzu, dass sich Belladonna Boudreaux, die Anführerin der Mördergilde gezwungen sieht, eine Fehde gegen Deapool zu starten. Neben seinen auftragsbedingten Gegner*innen hat er es ab jetzt also auch mit der gesamten Gilde zu tun.

Er bekommt aber auch Unterstützung von Threnody, die ihre Energie aus dem Prozess des Sterbens anderer zieht. Für den Showdown fehlt noch eine Prise Herzschmerz: Weasel und seine schwangere Frau werden in den Konflikt mit hineingezogen und im Endeffekt geht es um Grusel-Alien-Momente…

Die Umsetzung

Inhaltlich hat Cullen Bunn keine allzu großen Herausforderungen zu bewältigen: Das Großmaul Deadpool muss sich nur mit abstrusen Gegner*innen prügeln, rasante Action durchleben und Sprüche in etwa im Niveau der 80-er absondern. Trotzdem gelingt es auch hier wieder, den vorlauten Antihelden sympathisch rüber kommen zu lassen. Durch seinen Ehrenkodex, der es nur erlaubt, böse Böse zu töten und seine hohe Meinung von Freundschaft und daraus erwachsende Pflichten relativiert sich der unmoralische Ansatz deutlich.

Mark Bagley ist vor allem durch seinen Spider-Man Run bekannt. Dekors, Kostüme und Monster gelingen sehr detailreich und selbst die Mundpartien sind nicht immer stereotyp. Was hier geboten wird ist die hohe Kunst des amerikanischen Anspruchs, ständig neue Kreative mit Abenteuern von dem Konzern gehörenden Held*innen zu beauftragen und dabei Höchstleistungen zu erwarten. Die Umsetzung gelingt gut: wechselnder Seitenaufbau von dreireihigem Standard bis zur Doppelseite; Perspektivenwechsel, Lautmalereien und Lichtgeblitzel bringen die Action rüber.

Für alle Fans des lauten Humors, die viel Blut sehen können (tatsächlich ist das Ganze sogar jugendfrei und harmloser als so manche TV-Serie; die positive Darstellung dieser Art von Broterwerb mag trotzdem einigen aufstoßen) und vor Teenager-Sprüchen keine Angst haben.

Dazu passen eine Bloody Mary (altersangemessenerweise möglicherweise ohne Alkohol) und Crossover etwa von Rage against the Machine.

© der Abbildungen Marvel Characters B.V. c/o Panini-Verlag 2018, 2019

Was Machine Learning mit Krazy Kat zu tun hat

Krazy Kat ist ein Comic aus der Frühzeit der Zeitungsstrips von George Herriman. Er erschien von 1913 bis 1944 in den Zeitungen des Hearst-Gruppe und gehört aufgrund seines anarchistischen Humors und seines surrealistischen Stils zu den Lieblingen des Feuilletons, war zu seiner Zeit allerdings nicht unbedingt extrem erfolgreich. Dementsprechend unvollständig ist die Liste der erhaltenen Bildfolgen.

Joel Franusic hat es sich zur Aufgabe gemacht, bisher unbekannte Veröffentlichungen dieses Strips mit Hilfe von Machine Learning ausfindig zu machen und der Öffentlichkeit sowohl seinen Weg (inclusive Code) als auch die Fundstücke anzubieten.

Der Artikel lohnt sich schon alleine wegen des Praxisbeispiels, wie viel menschliche Arbeit hinter der künstlichen Intelligenz steckt, die dann allerdings die Fleißarbeit verrichtet, die ansonsten unbezahlbar wäre.

Jones – Catwoman 1

Catwoman – Copycats

Story: Joëlle Jones
Zeichnungen/Tusche: 
Joëlle Jones, Fernando Blanco

Originaltitel: US-Catwoman 1 – 6 (2018/2019)

Panini Comics
Broschur | 148 Seiten | Farbe | 16,99 €
ISBN: 
978-3-7416-1281-7

Die Story

Catwoman ist eine typische Vertreterin für die Art von Held*innen, die es mit ihrer Serie in Paperbackform mal schaffen, die geforderten Absatzzahlen zu erreichen und mal nicht. Nach dem letzten Versuch von 2012, der immerhin 9 Bände schaffte, ist Selina Kyle jetzt also wieder solo unterwegs.

Die Geschichte startet direkt nach der Flucht vor der Hochzeit und wird sowohl geschrieben als auch gezeichnet von Joëlle Jones, die auch für das Hochzeitskleid der Katze verantwortlich war.

Selina hat Bruce verlassen, weil sie Gotham und der Welt ihren Beschützer nicht entreißen wollte und Gotham, weil sie es in Bruce Nähe nicht ausgehalten hätte. Sie ist daher nach Kalifornien gegangen um in der Stadt Villa Hermosa neu anzufangen. Natürlich ist sie in bestimmten Kreisen auch dort längst keine Unbekannte mehr und so muss sich Selina in rasanten Actionszenen sowohl mit der Polizei als auch mit der Organisierten Kriminalität im Umfeld der Politik auseinandersetzen.

Ersteres schafft sie in gewohnter Routine noch ziemlich gut, letzteres wird deutlich schwieriger, denn ihre Gegnerin ist die Mutter des Gouverneurs, Rania Creel. Ms. Creel hat alles legale und Illegale gegeben, um ihrem Körper ein jüngeres Aussehen zu verleihen und klebt mit allen Mitteln an der Macht. Sie lässt Catwoman ausrichten, dass sie entweder in der Creelschen Organisation arbeiten könne, verschwinden oder sterben. Schon aus dramaturgischen Gesichtspunkten bleibt natürlich kein anderer Ausweg als dem Kampf zu akzeptieren! Die Katze bekommt es daher mit einer großen Anzahl von als Catwoman verkleideten Kriminellen zu tun…

In einer parallelen Storyline geht es um Selinas Schwester, die an einen Rollstuhl gefesselt und unter starken Medikamenten scheinbar nichts mehr von ihrer Umwelt mitbekommt. Auch hier stellt sich die Frage, ob die Bedingungen nicht radikal verändert werden können.

Das Artwork

Joëlle Jones hat einen etwas nervösen Strich. Gesichter, Körper und Umgebung werden mit kleinen Linien konturiert und bekommen so ihren speziellen Look. Die Zeichnungen wirken dadurch erwachsener und härter und unterstreichen das mafiöse Szenario perfekt. Der Unterschied zwischen echter Realität und gezeigter „TV-Realität“ gelingt Jones und Blanco auf geniale Weise und je mehr Fake abblättert, umso nervöser werden die Darstellungen. Den Kampf der Katzenkostüme meistert sie mit einem schönen Trick, denn tatsächlich sind die Verkleidungen der Copycats nicht 100% identisch mit dem Original.

Wert des Anschauens sind im Übrigen sowohl die regulären Cover von Jones als auch die Variants von Stanley Lau, der fast fotorealistisch malt.

Auch von der Geschichte her macht dieser Neustart einiges her: Catwoman bleibt ihrer Ambivalenz zwischen Gut und Kriminell treu. Unrecht, Machtmissbrauch und Straßengewalt wird sie niemals akzeptieren und beginnt daher auch in ihrer neuen Umgebung fast unverzüglich für ihre Art des Lebens einzustehen. Ihre Gegner*innen sind keine Superwesen, keine Dämonen oder Magier sondern ganz normale Kriminelle und der Seitenhieb auf die Verstrickung von Politik und Kriminalität ist deutlich. Es bleibt zu hoffen, dass die Serie dieser Ausrichtung noch ein Weilchen folgt!

Natürlich gibt es für die Sammler*innen auch wieder ein limitiertes Variant im Hardcover.

Dazu passen ein Whiskey Sour und Soul! Warum nicht mal wieder Aretha Franklin?

© der Abbildungen 2018, 2019 DC Comics, c/o Panini Verlag

DC Black Label – Der Weisse Ritter

Batman  – Der Weisse Ritter

Story: Sean Murphy
Zeichnungen: 
Sean Murphy
Farben: Matt Hollingsworth

Originaltitel: US-Batman: White Knight 1-8

Panini Comics
Broschur | 220 Seiten | Farbe | 22,00 €
ISBN: 
978-3-7416-0984-8

Schon wieder eine neue Sub-Reihe? Ja, aber dieses Mal eine spannende! Unter dem neuen Black Label werden düstere Geschichten um die Recken aus dem DC-Universum erzählt, die nicht in die Kontinuität eingebunden sind und damit neue Perspektiven erlauben. Zudem muss niemand das Gefühl haben, dass er/sie ohne Lexikon nichts verstehen würde, denn diese Erzählungen sollen kein Wissen voraussetzen. Kommt euch bekannt vor? Erinnert an Elseworlds? Ja, natürlich, mich auch. Die Inhalte sollen aber düsterer sein. Klingt auf jeden Fall spannend, denn viele der besten Geschichten von früher sind genau unter diesem Label erschienen.

Der Weiße Ritter hat ein sehr modernes Thema: Die öffentliche Meinung und daraus resultierende, sich verselbständigende Bewegungen.

Batman, schon immer kein gewaltfreier Kämpfer, verprügelt den Joker vor laufender Kamera und zwingt ihn, unbekannte Substanzen zu schlucken, die er bei sich hatte. Aufgrund dieser „Medizin“ entwickelt sich der Joker zu dem angesehenen Politiker Mr. Jack Napier, der für das Ghetto Gothams, Backport, in den Gemeinderat einziehen will. Napier deckt auf, dass es einen geheimen Fonds gibt, der durch Batman verursachte Schäden bereinigt und zieht eine direkte Linie von Polizeigewalt und Korruption zu Batman. Unterstützt wird er dabei von allen Wahlbeamten, die ihr Fähnchen wie immer in den Wind hängen, und von Harley Quinn, die ihre alte Identität wieder annimmt.

Auch Batmans Gefährt*innen Nightwing und Batgirl sehen ihre Zweifel an der noch vorhandenen geistigen Gesundheit Batmans bestätigt und müssen sich für eine Seite entscheiden. Wird Gotham den Dunklen Ritter tatsächlich gegen den neuen Weißen Ritter austauschen? Gehört der Joker ins Rathaus und Batman nach Arkham?

Natürlich spielen auch andere Superschurken eine Rolle und geben sich ein Stelldichein… Besonders spaßig dabei die gedoppelte Harley, die je nach Extremstandpunkt den alten oder den neuen Joker liebt.

Viele Versatzstücke in dieser Miniserie kommen einem bekannt vor: Jokers Bemühen, von Batman geliebt zu werden und seine ständige Enttäuschung erinnern an das Lego-Movie. Fake-News und den wechselseitigen Einfluss von Medien und Bewegungen erleben wir jeden Tag neu und den Versuch, alle Schurken zu vereinen, haben wir auch bereits mehrfach miterlebt. Die Frage, ob Batman nicht eigentlich ein militanter Reaktionär oder sogar Schlimmeres sei, ist seit den 80-ern ebenfalls immer wieder aufgeworfen worden (und auch gar nicht so einfach zu beantworten).

Hier gelingt es Sean Murphy aber, etwas neues, Eigenständiges zu kreieren. Die Versatzstücke sind so stimmig, dass Napiers Aufstieg und seine vielfältige Unterstützung glaubwürdig werden. Die Talkshows kann man fast hören und die einfachen Antworten der Politiker im Kreuzfeuer leider auch. Die sich daraus entwickelnde zwangsläufige Abfolge, die fast schon Horror- oder Psycho-Elemente besitzt, ist ebenfalls klar definiert und ein Ausweg scheint nicht in Sicht.

Auch grafisch weiß Murphy zu überzeugen. Sein Werk ist nicht bahnbrechend, hat aber seine Qualitäten. Der Boxkampf zwischen Batman und Napier gehört mit Sicherheit zu den Seiten, die im Gedächtnis bleiben werden. Viele Soundwords und Speedlines lassen das Ganze wie Popcorn-Kino rüberkommen. Die Farben von Matt Hollingsworth tun ein Übriges. Im Gegensatz zur Klasse-Story ist das Artwork aber „nur“ guter Durchschnitt.

Die Ausgabe an sich lässt dagegen wieder einmal keine Wünsche übrig: der glanzapplizierte Joker vor dem Batman-Altar auf dem Cover ist schon ein echter Hingucker und auch die verschiedenen (Alternativ) Cover als Trenner zwischen den einzelnen Heften machen den ersten Black Label-Band zu einem schönen Stück in der Batman-Sammlung! Es existiert auch ein limitiertes, verlagsvergriffenes Hardcover mit anderem Covermotiv.

Dazu passen ein Bier mit (Arbeiter-)Tradition, etwa ein gekühltes Porter von Anchour, und eine Ghetto-taugliche Mischung aus Rap und Punk, etwa von Kevin Abstract.

© 2017, 2018 DC Comics c/o Panini Comics

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