Duchâteau/Denayer – Alain Chevallier 9

Das Todeskommando

Story: André-Paul Duchâteau 
Zeichnungen: Christian Denayer

Originaltitel: Team de la Mort

All Verlag

Hardcover | 48 Seiten | Farbe | 15,80 € | 
ISBN: 978-3-96804-034-9

Cover Duchâreau/Denayer - Alain Chevallier 9

Der All Verlag bringt die Abenteuer des Rennfahrers Alain Chevallier erstmals einheitlich und komplett in deutscher Sprache. Der auch im Koralle-ZACK veröffentlichte Rennfahrer stand immer ein wenig im Schatten von zwei anderen ZACK-Serien. Im Motorsport kommt in Deutschland niemand an die Popularität von Michel Vaillant heran und Rick Master, die andere Serie des Texters Duchâteau, hat ebenfalls eine riesige Fanbase. Dieser Zustand basiert allerdings auch auf Unkenntnis und so ist es sicherlich richtig, dass gleichzeitig Bände aus der Anfangszeit der Serie und solche aus der zweiten Hälfte erscheinen. Parallel zu Band 9 ist daher jetzt auch die Nummer 2 erhältlich.

Formel 1 und Gangsterspiele

Eine der großen Fähigkeiten von André-Paul Duchâteau ist die Verknüpfung von Erzählsträngen, die auf den ersten Blick überhaupt nichts miteinander zu tun haben. Wir sehen daher auch zwei Gruppen junger Menschen, die sich über ihre Zukunft unterhalten. Während die einen über ihre Chancen in verschiedenen Motorsportdisziplinen fachsimpeln, planen die anderen generalstabsmäßig eine kriminelle Aktion. Die Leser*innen von Das Todeskommando haben den Akteuren Wissen voraus, sie können bereits ahnen, dass sich die Gruppen und ihre Planungen überschneiden werden.

Alain Chevallier 9 page 25

Tatsächlich stellt sich heraus, dass der Anführer der Gangster früher selbst Rennfahrer war. Er plant einen Anschlag dessen Gelingen sehr gute Fahrkenntnisse voraussetzt, ist allerdings durch eine Verletzung gehandicapt. Natürlich liegt bei diesem Setting die Vermutung nahe, dass Alain Chevallier, der Held dieser Reihe, die Funktion des Fahrers übernehmen soll. Genauso nah liegt allerdings die Ahnung, dass er das nicht freiwillig tun wird. Der Spannungsbogen ist also geöffnet.

Im Weiteren gelingt es sehr gut, die Spannung und das Gefühl des Rennens mit der Ungewissheit und Angst ob der ungewohnten Situation zu verbinden. Im Mittelteil wird auch deutlich, dass die Helden dieser Reihe wirkliche Menschen und keine Superwesen sind als die Rennzeiten deutlich nach unten gehen.

Detail from Alain Chevallier 9

Die Zeichnungen

Der aktuelle Band hat ein wenig mit dem Problem zu kämpfen, dass Druckvorlagen nicht immer digital waren. Teilweise sieht man den Linien an, dass sie ursprünglich etwas kräftiger und klarer gedacht waren. Ansonsten haben wir es hier aber mit einem Musterbeispiel der klaren Linie zu tun. Christian Denayer kennt sich mit dem Thema nicht nur aufgrund seiner Tätigkeit im Studio Graton aus, es ist schließlich auch schon der neunte Band dieser Reihe und die Figuren gehen ihm leicht von der Hand.

Zeitgemäß sind die Klamotten und Frisuren für den heutigen Blick etwas komisch. Gerade die Szenen mit mehreren Fahrzeugen, egal ob auf der Piste oder auf der Rennstrecke, belegen den Spaß, den Denayer beim Zeichnen gehabt haben muss. Routiniert, actionreich und definitiv auch heute noch sehr gut lesbar!

Detail from Alain Chevallier 9

Die Ausgabe

Wie immer sind die Bände des für seine Klassiker bekannten All Verlag im Überformat und kommen als Hardcover daher. Die Rücken sind pro Reihe einheitlich, erlauben aber auch einen schönen Gesamteindruck, wenn mehrere Serien nebeneinanderstehen. Für Sammler*innen gibt es eine auf 111 Exemplare limitierte Vorzugsaugabe, die mit einem Schutzumschlag und einem von Christian Denayer signierten Ex Libris daherkommt!

Alain Chevallier 9 Ex Libris
ExLibris der Vorzugsausgabe

Für die Generation ZACK, die Freund*innen von rasanten Motorsportgeschichten oder von spannend erzählten klassischen Krimis und nicht zuletzt für die Fans der klassischen Linie aus dem Magazin Tintin. Wer möchte kann bei @comixonline auf facebook vorbeischauen. Dort findet ihr ein Gewinnspiel.

Zu einer Geschichte aus den End-Siebzigern passen die Bay City Rollers, die Frisuren und Klamotten auf ihre ganz eigene Weise interpretiert haben und Limonade in zarten Farben in Glasflaschen, die noch nicht soviel Chemie enthielten, dafür aber Zucker en masse.

© der Abbildungen 2021 All Verlag GmbH / 1979 by André-Paul Duchâteau und Christian Denayer

Albert/Vance & Aymond/Bollée – Serienkompass Bruno Brazil

Der vielleicht coolste Geheimagent

Texter: Louis Albert (Greg), Lauren-Frédéric Bollée

Zeichner: William Vance, Philippe Aymond

Reihentitel: Bruno Brazil & Bruno Brazil – die neuen Abenteuer

Aktueller Verlag Deutschland: All Verlag

Verlag Original und Niederlande: Le Lombard / Dargaud

Aktuell 11 und 3 Bände

Veröffentlichungsstatus in Deutschland: Band 1 bis 11 der Gesamtausgabe erschienen, Band 1 bis 3 der neuen Abenteuer erschienen

Der Serienkompass wird laufend aktualisiert. Aktueller Stand: März 2023

Ausschnitt aus dem Ex Libris der VZA Band 1

Das Thema Comicserie über Geheimagent*innen ist gar nicht so klein wie man im ersten Moment denken würde. Zunächst einmal gab es die Zeitungsstrips mit Klassikern wie Agent X/9, Modesty Blaise oder Nick Knatterton. Später diversifizierte sich das Thema in anarchistisch-humoristische Serien wie Spion & Spion oder Clever & Smart, eher actionorientierte Serien wie Lady S. oder XIII oder an den Kinoerfolg angelehnte Episoden um James Bond. Eine der zumindest im Comic wohl am meisten gefeierten Serien war aber Bruno Brazil.

Die Entstehungsgeschichte

Wir schreiben das Jahr 1967, die Auflage des belgischen Comicmagazins Tintin geht zurück und Greg (das ist Michel Régnier), Chefredakteur des Magazins muss sich etwas einfallen lassen. Die Zielgruppe der 8 bis 14-jährigen Jungen wartet nicht mehr unbedingt darauf, dass ein neues Heft erscheint, sondern hat u. a. mit Kinobesuchen auch andere Möglichkeiten, der Realität zu entfliehen. Er beginnt also neue Serien zu entwickeln und diese mit jungen Zeichnern umzusetzen.

Eine der Serien aus dieser Gruppe war Bruno Brazil, gezeichnet von William Vance. Dieser hatte schon Seefahrer und Westernhelden gezeichnet und mit Bob Morane eine dem Agentengenre verwandte Serie übernommen, war aber gerne bereit, auch eine neue, eigene Serie zu übernehmen. Greg war zu dieser Zeit so aktiv, dass er ein Pseudonym bevorzugte, um Abwechslung zu suggerieren. Dementsprechend erschienen die Geschichten um den Agenten und seinen Boss, Colonel L, unter dem Autorennamen Louis Albert.

Die Figur mit den markanten weißen Haaren wurde zunächst in ein paar Kurzgeschichten getestet. Diese wurden dann später mit einer Rahmenhandlung versehen und als letzter Band der originalen Serie veröffentlicht. Schon kurz darauf folgte mit „Der Hai, der zweimal starb“ die erste albenlange Geschichte. Diese zeigt schon sehr deutlich, wie es in den folgenden Geschichten abgehen wird, beginnt sie doch gleich mit einem Verkehrsunfall und drei Toten im ersten Panel. Diese Gewalt war in den belgischen Comics bis dahin nicht nur unbekannt, sondern sogar verpönt. Der neue Stil zog aber durchaus und die Verkäufe stiegen wieder. Im weiteren Verlauf geht es um einen angeblichen Goldschatz in einem gesunkenen U-Boot und einen untergetauchten Alt-Nazi.

Das Team der Kaimane entsteht

Bereits im zweiten Band Kommando Kaiman darf sich der Held ein Team zusammenstellen um eine im südamerikanischen Dschungel gelegenen geheime Operationsbasis einer kriminellen Organisation zu zerstören. Auch hier zeigt sich die actionorientierte Ausrichtung: Die Teammitglieder entsprechen nicht den Anforderungen der verantwortlichen Beamten (und sicher auch nicht denen der Jugendschützer) denn Bruno wählt sie aufgrund der Fähigkeiten aus. Und so treffen im Laufe der Zeit Kleinkriminelle, Scharfschützen, Artist*innen und Leute mit Alkoholproblemen ein und müssen sich zusammenraufen. Ihnen allen gemeinsam ist jedoch eine militärische Vergangenheit und so starten sie trotz aller Schwierigkeiten in das Abenteuer.

Trotz der Zerstörung der Basis konnten die Verantwortlichen fliehen und die Augen ohne Gesicht stellen gleich die nächste Herausforderung dar. Das Team soll eigentlich nur einen fast schon routineartigen Überprüfungsauftrag durchführen doch nach und nach werden Teammitglieder von einer unbekannten Macht kontrolliert. Die Gegner sind dabei nicht zimperlich und so droht die totale Vernichtung. Der Plot findet seine Fortsetzung und den Abschluss in Die erstarrte Stadt. In den beiden Bänden werden geschickt technische Errungenschaften genutzt, um das Team herauszufordern. Eine Ähnlichkeit mit den Plots von James Bond ist nicht von der Hand zu weisen, hier agiert allerdings im Gegensatz zum Geheimagenten ihrer Majestät ein Team und sexuelle Aspekte stehen nicht im Vordergrund. Die Serie bleibt aber trotz allem realistisch und driftet nicht in Richtung Science-Fiction.

Der Kampf mit der Mafia

Der folgende Zweiteiler bringt einen neuen Gegner ins Spiel. Bisher ging es quasi um Superschurken. Sie hatten noch Emotionen und waren irgendwie involviert. Die Mafia hat solche Skrupel nicht. Hier geht es um das Geschäft und eine Leiche mehr oder weniger spielt keine Rolle. Vergleichbar mit der Entwicklung des Westerngenres hin zum Italowestern brutalisiert sich hier das Agentengenre. Die Nacht der Schakale beginnt damit, dass der Vater von Gaucho Morales, einem der Kaimane, erpresst wird. Ganz Sacramento scheint korrupt und in der Hand der Gangster, doch wenige Aufrechte leisten der Schreckensherrschaft Widerstand: ein Geistlicher und ein Reporter.

Schließlich greift das Kommando Kaiman ein und der Höllentanz in Sacramento beginnt. Harte Schnitte, das gerasterte Layout löst sich fast vollkommen auf und die Leser*innen werden teilweise gezwungen, sich in dem Chaos zunächst einmal zu orientieren! Sicherlich ein Höhepunkt der graphischen Meisterschaft von William Vance! Das traditionell konservative Tintin-Magazin hatte sich sehr verändert, denn Comanche von Greg und Hermann verwandelte gleichzeitig das traditionelle Westernambiente in eine Gewaltorgie. Die Stories passten damit zu dem gesellschaftlichen Umbruch, der die althergebrachten Traditionen hinwegfegte und unter den Talaren lüftete.

Das Team verliert

Die Kaimane im Reisfeld beenden eine weitere Tradition: Held*innen einer Serie sterben nicht so schnell. Das Team soll in Thailand eine verschollene Waffe aufspüren. Während des Zweiten Weltkrieges war von den Japanern angeblich eine Rakete entwickelt worden, die die ganze Welt vernichten könnte. Wieder darf Vance eine grüne Hölle zeichnen doch dieses Mal zahlt das Kommando einen hohen Preis.

Die dezimierte Spezialeinheit darf sich einer Bewährungsprobe unterziehen und wird dafür mit dem Nomaden verstärkt. Der Einsatz richtet sich gegen Menschenschmuggler doch dem Team droht die Enttarnung und Improvisation ist gefragt. Der Sturm über den Aleuten stellt den Leser*innen deutlich die Frage, ob das Team noch das Ruder herumreißen können wird. Eine pessimistische Grundstimmung wird etabliert und das Grundvertrauen in das Überleben der Held*innen, das bisher die Basis jeder Geschichte war, verschwindet.

Ihren Höhepunkt findet diese Entwicklung in Alles oder Nichts für Alak 6. Wieder beginnt die Geschichte blutig mit einem Anschlag. Nach kurzer Zeit wird deutlich, dass eine fremde Macht versucht, eine Formel für einen Raketentreibstoff zu stehlen, wenigstens aber zu vernichten. Die verunsicherten Kaimane müssen als Band verkleidet in Mogadischu versuchen, den Fall zu lösen. Doch die Gegner scheinen übermächtig.

Der Übergang

Natürlich stellt sich in jeder Organisation nach so hohen Verlusten die Frage nach der Qualität des Chefs. Ist er ein Sicherheitsrisiko? Benötigt er vielleicht sogar mehr als psychologische Betreuung? Gaucho Morales, der trotz aller Fehler immer loyal Bruno gegenüber gewesen war, versucht auch jetzt alles zu geben und zu beweisen, dass Bruno keine Schuld trifft und er weiterhin den Anforderungen gewachsen ist. Es geht um das Dossier Brazil. Eigentlich hatte es danach weitergehen sollen. Aufgrund von Arbeitsüberlastungen kam es leider nicht mehr dazu.

Die Rückkehr des Bruno Brazil enthält drei weitere Kurzgeschichten mit einer Rahmenhandlung. Carlsen hatte diese damals nicht mehr veröffentlicht und die Lücke war es 3 Jahre später durch eine Ausgabe bei Stripspielgel geschlossen worden. Die Gesamtausgabe bei Egmont hatte diese wie auch die unvollendete Geschichte um die Rote Kette bereits integriert. Letztere war auch separat als auf 666 Exemplare limitiertes ZACK-Sonderheft 2 erschienen. Beim All Verlag sind die noch fehlenden beiden Bände angekündigt.

Cover Zack Sonderheft 2 Bruno Brazil

Der Neustart

Nach über 30 Jahren Pause war es dann endlich soweit: Laurent-Frédéric Bollée und der Lady S.-Zeichner Philippe Aymond starteten die neuen Abenteuer von Bruno Brazil und schließen mit dem Zweiteiler Black Program 1 und 2 direkt an die damaligen Geschichten an. Die Geschichte startet im September 1976 und Bruno ist tatsächlich in psychologischer Behandlung. Die Grundstimmung der Serie wird übernommen und die neue Geschichte startet sofort mit einem Anschlag auf ein Privatgelände. Dabei wird Madison Ottoman getötet, seines Zeichens Kopf der geheimen Sendeanlage im Dschungel, die damals in Band zwei zur Gründung der Kaimane geführt hatte.

Als auch noch seine damalige Komplizin Rebelle aus einem Hochsicherheitsgefängnis befreit wird, steht die Frage nach einer Reaktivierung von Bruno Brazil im Raum. Er macht sich auf die Suche nach den ehemaligen Mitgliedern, kann das Team tatsächlich auch reaktivieren und es geht erneut in den Dschungel im dem eine zweite Anlage vermutet wird. Alles steht in Verbindung mit dem geheimen Black Program. Mehr Science-Fiction-Anteile als früher aber eine gekonnte Fortsetzung die mit einem Cliffhanger endet.

Der zweite Teil von Black Program enthüllt ein geheimes Programm der NASA. Die Apollo Missionen hatten nur offiziell aufgehört, eine weitere erfolgreiche Mission zum Mars war im Geheimen durchgeführt worden. Zwischen dem letzten der Astronauten und altbekannten Gegner*innen der Kaimane scheint es eine Verbindung zu geben und eine Spur führt in den südamerikanischen Dschungel und der Anlage von Ottoman. In einer zweiten Storyline müssen Bruno, Whip Rafale, Gaucho Morales und Nomade nicht nur mit ihren eigenen Dämonen fertig werden, sondern auch wieder zusammenfinden.

Cover Bruno Brazil neu 3

Eisiger Terror im Eskimo Point spielt im tief verschneiten Kanada: In einem Fischcontainer aus Eskimo Point wird eine Leiche gefunden die kurz darauf aus dem Leichenschauhaus gestohlen wird. Vor Ort ermitteln Bruno und Nomade und decken verrückte wissenschaftliche Experimente auf. Aymond kann dabei eigen, dass er Eiswüsten genauso gut zeichnen kann wie den Dschungel.

Ein Grafischer Höhepunkt der Siebziger Jahre

Die Zeichnungen von William Vance stehen in ihrer innovativen Strahlkraft den neuen Erzählweisen von Greg nichts nach. Das klassische Seiten-Layout mit drei oder vier Streifen wird förmlich von den Explosionen, Zusammenstößen, ja fast allen Ereignissen weggesprengt. Bilder gehen ineinander über, verschränken und überlagern sich und nehmen die ganze Seite als Leinwand wahr. Die Erneuerung des verstaubten Magazins soll nicht nur inhaltlich passieren, sondern ihren Ausdruck auch in einer neuen Bildsprache finden.

Detail Bruno Brazil Band 6

Im Übrigen sind die Zeichnungen von Vance durch die schwarzen Umrisslinien und Akzente geprägt. Er beherrscht das Spiel mit den Schatten und ist damit im Einklang mit dem aktuellen Kino. Nicht die Schönheit steht im Vordergrund, sondern der Realismus und die Gewalttätigkeit der Gesellschaft. Sicherlich haben dafür die schwarz-weißen Zeitungsstrips Pate gestanden aber die Kolorierung macht die Geschichte moderner und auch heute noch zu einem (wieder-)lesbaren Klassiker.

Man darf nicht vergessen, dass die Geschichten ihre 50 Jahre auf dem Buckel haben. Sicherlich hat sich das Dekors geändert, auch die Technik ist eine andere und mit moderner Kommunikation würden die Plots heute etwas anders funktionieren. Grundsätzlich passen aber sowohl Zeichenstil als auch die Geschichten noch und treiben die Leser*innen erbarmungslos vor sich her, wenn ein Team erst mühsam gegen Widerstände aufgebaut und dann säuberlich wieder dezimiert wird. Mehr Spannung – aufrechterhalten über mehrere Bände einer Serie, geht nicht.

Detail Bruno Brazil Band 7

Der Neustart passt sich gut ein und verspricht einiges. Die Figuren sind dem neuen Team mittlerweile vertraut, strahlen einen gewissen „alten“ Charme aus, haben sich aber etwas modernisiert und wirken frisch. Die Zeichnungen kommen in den Dschungelmomenten an die Originale von Vance heran, bei den Themen „Körper im Raum“ und „Gesicht“ muss Aymond allerdings noch an sich arbeiten.

Die aktuelle Gesamtausgabe

In Deutschland hat die Serie eine bewegte Reise durch fast alle größeren Verlage mit frankobelgischem Schwerpunkt hinter sich. Den Anfang machte bereits 1969 MV Comix, 1972 kam dann das Koralle-ZACK. Bastei verlegte sie ersten drei Bände am Kiosk, Carlsen schaffte 10 als Album. Stripspiegel addierte den 11. Band und das „neue“ ZACK brachte in seiner Reihe der limitierten Sonderhefte die rote Kette auf den Markt. Egmont EHAPA hätte mit der mittlerweile vergriffenen Gesamtausgabe in drei Bänden fast den Kreis geschlossen.

Bruno Brazil - neue Abenteuer 2 page 26

Ansgar Lüttgenau hat sich allerdings entschieden, den Versuch mit Einzelbänden im Hardcover zu wagen. Alle bisherigen Versuche hatten ihre Probleme, oft genug wurde sogar der Inhalt verfälscht, wenn etwa der Nazi in Band 1 zu einem Mafioso wurde oder der Tod von Big Boy Lafayette im ZACK zu einer Verletzung umgeschrieben. Jetzt erscheinen die Bände in neuer originalgetreuer Übersetzung und auch die Titel entsprechen jetzt den französischen Originalen. Jedes Buch hat zudem einen redaktionellen Teil, viele zusätzliche Illustrationen und eine komplette Veröffentlichungshistorie. Für Sammler*innen sind auch limitierte Vorzugsausgaben mit Ex Libri erhältlich! Die noch fehlenden beiden Bände werden vermutlich noch im Laufe dieses Jahres erscheinen.

Die Folgeserie Bruno Brazil – Die neuen Abenteuer von LF Bollée und Philippe Aymond erscheint auf Deutsch ebenfalls im All Verlag. Sie passen sich an das Erscheinungsbild an: Das Rückenbild ist etwas anders und der redaktionelle Teil fehlt wie bei aktuellen Bänden üblich. Dafür ist die ExLibris der VZA aber auch signiert.

Die Titel

Bruno  Brazil

 Deutscher TitelHistorische AusgabenAktuelle Ausgabe
1Der Hai, der zweimal starbKoralle, Bastei, Carlsen, Egmont, GCTAll Verlag
2Kommando KaimanKoralle, Bastei, Carlsen, EgmontAll Verlag
3Augen ohne Gesicht (Die teuflischen Augen)Koralle, Bastei, Carlsen, EgmontAll Verlag
4Die erstarrte Stadt (Die versteinerte Stadt)Koralle, Carlsen, EgmontAll Verlag
5Die Nacht der SchakaleKoralle, Carlsen, EgmontAll Verlag
6Höllentanz in SacramentoKoralle, Carlsen, EgmontAll Verlag
7Kaimane im Reisfeld (Akashitos Vermächtnis)Koralle, Carlsen, EgmontAll Verlag
8Sturm über den Aleuten (Bewährung für das Kommando Kaiman)Carlsen, EgmontAll Verlag
9Alles oder Nichts für Alak 6 (Die Myxin-Formel)Koralle, Carlsen, EgmontAll Verlag
10Dossier BrazilKoralle, Carlsen, EgmontAll Verlag
11Die Rückkehr des Bruno BrazilMV Comix, Koralle, Stripspiegel, EgmontAll Verlag
00Die rote KetteZACK, EgmontAll Verlag (in Bd. 11)

Bruno Brazil – Die neuen Abenteuer

 Deutscher TitelAktuelle Ausgabe
1Black Program 1All Verlag
2Black Program 2All Verlag
3Eisiger Terror in Eskimo PointAll Verlag

© der Abbildungen Éditions du Lombard (Dargaud-Lombrd S. A.) by Greg, Vance, Koralle Verlag, Carlsen-Verlag, Stripspiegel Verlag, 2018-2023 All Verlag, Éditions du Lombard (Dargaud-Lombard S.A.) 2019/2020/2022 by Aymond, Bollée

Zack 262

ZACK 262 (April 2021)

Herausgeber/Chefredaktion: Georg F. W. Tempel

Blattgold Verlag

Heft Din A 4 | 84 Seiten | Farbe | 7,90 €
ISSN: 1438-2792

Cover ZACK 262

Der Frühling ist da und macht angeblich alles neu. Wie aber schon Theodor Fontane in Frühling verkündet hat:

Wohl zögert auch das alte Herz
und atmet noch nicht frei;
es bangt und sorgt: Es ist erst März,
und März ist noch nicht Mai.

Das April-ZACK 262 liegt genau dazwischen, ist aber schon eine seltene Pflanze, denn es enthält weder Neustart noch Abschluss einer Geschichte.

Die Fortsetzungen – Geschichten aus der Vergangenheit,

Das Titelmotiv stammt dieses Mal aus der Fantasy-Serie Saul von den beiden Niederländern Willem Ristier und Apriyadi Kusbiantoro. Der Held war im letzten Heft auf seiner Flucht von Zwergen gerettet worden. Diese hatten ihm den lebenden Mantel umgelegt, der nun langsam beginnt, Einfluss auf den Träger auszuüben. Er soll einen Krieger aus dem Träger machen. Derweil hat das auf Sauls Ergreifen ausgelobte Kopfgeld eine Jägerin angelockt. Auch sie begegnet dem Schneetiger, der ihr sein Geheimnis offenbart. Spannende Melange aus Action und bekannten aber neu gemixten Zutaten im Storm-Stil. Auffallend ist hier, dass die Zwerge nichts Niedliches an sich haben!

ZACK 262 Page 21

Danach geht es in das Frankreich des Jahres 1743. Die uneheliche Tochter des verstorbenen Marquis de Valcourt war zum Tode verurteilt worden und hatte von der Befreiung eines Anführers einer Truppe von Gesetzlosen profitieren können. Nicht alle im Lager sind aber über ihre Anwesenheit erfreut und auch sie selbst muss sich über ihre neue Lage klar werden. In Die Räuberin muss sich die zukünftige Rani langsam damit abfinden, dass ihre bisherigen Ansichten in einem neuen Leben nicht zählen werden. Spannende History-Serie von Altmeister Van Hamme und Alcante mit grandiosen Landschaften von Francis Vallés.

Jack Manini erzählt Geschichten über das Mädchen von der Weltausstellung in Paris. 1855 ist ein Auftritt des Kaisers Napoleon III. geplant und ein Offizier wird erpresst, um ihn öffentlich zu ermorden. Mit Hilfe der kleinen Julie versucht dieser, die Entführer zu enttarnen, um seine Geliebte aus ihren Fängen befreien zu können doch der Plan scheint schief zu gehen! Willem Étienne setzt die Geschichte gekonnt um. Er verwendet dabei durchaus moderne Layouts, bleibt aber grundsätzlich im vertrauten Streifenraster. Mit schnellen Schnitten schafft er Tempo und Dramatik und variiert dabei auch geschickt die Perspektive. Wer Bastos & Zakuski mochte wird auch hier erfreut sein!

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Gegenwart und Zukunft

Nach all der Dramatik bringt Spaghetti den Klamauk zurück: Kampf um Fahrgäste mit allen Mitteln in Taxi! Der niederländische Tausendsassa Daan Jippes bringt die neuen Abenteuer der Figur von Dino Attanasio nach Geschichten von Frans Hasselaar zu Papier. Klassischer Füller in hoher Qualität!

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Bei all der Vergangenheitsorientierung tut es gut, einen Sprung in die Zukunft zu machen: Terence Trolley öffnet das Fenster zum Gehirn und zeigt eine Welt, in der einige wenige Psy-Fähigkeiten haben. Natürlich rufen besondere Fähigkeiten auch die verschiedensten potentiellen Nutznießer*innen auf den Plan und nicht alle haben gute Absichten. Etwas ruppige Zeichnungen von Patrick Boutin-Gagné passen sehr gut zu dem Szenario von Serge Le Tendre das kein nettes Bild der Zukunft entwirft! Etwas erwachsener als das auf einem ähnlichen Grundsetting startende Harmony.

Abschließend bringt uns Empire USA 2.3 zurück in die Gegenwart. Der Kampf zwischen verschiedenen russischen Oligarchen und dem Amerikaner Marlin Deckart wird teilweise im Jet-Set ausgetragen, führt aber auch zu blutigen Auseinandersetzungen auf der Straße. Immer wieder sind auch Top-Models involviert. Und dabei versucht der Held, Jared, doch eigentlich nur die letzten Stunden vor der Ermordung seines Freundes zu rekonstruieren. Spannender Thriller mit ansprechenden Zeichnungen von Griffo der darauf wartet wegen der vielen Personen und Querverbindungen nach Komplettierung noch einmal am Stück gelesen zu werden! Ein guter Vertreter des Krimi-/Thriller-Genres!

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Der ZACK-Held des Jahres 2019 ist … – Tusch!!

… wieder ein Western! Ich hatte meiner Meinung oft genug Ausdruck verliehen und dem One-Shot einiges zugetraut und tatsächlich hat Der Sheriff gewonnen! Auch sonst hat es einige Verwerfungen gegeben obwohl immer noch drei „Klassiker“ in neuem Gewand unter den ersten Fünf sind. Die Silbermedaille wurde von den Leser*innen an Rick Master verliehen! Von den in diesem Heft vertretenen Serien hat es Rani gleich mit dem ersten Teil auf das Treppchen geschafft – wie gut, dass hier noch einiges zu erwarten ist! Die komplette Liste gibt es online.

Und sonst?

Mein Lieblings-Onpager Tizombi hat es leider nicht in die Top Ten geschafft. Trotzdem lernen wir auch in dieser Ausgabe Neues über Schwierigkeiten auf dem Friedhof! Dazu kommen Parker & Badger und der Vater der Sterne mit alltäglichen Problemen. In einem Interview darf der deutsche Marvelzeichner Jonas Scharf über seine Projekte berichten und es geht um Rassismus im Geisterhaus. Das April ZACK 262 bietet einen bunten Frühlingsstrauß und dürfte alle Erwartungen erfüllen! Zum Schluss daher noch zwei Ankündigungen: Die Michel Vaillant-Gesamtausgabe wird im Herbst bei Egmont erscheinen (Näheres dazu bald hier) und ZACK-Abonnent*innen dürfen sich auf ein weiteres Spezial-Album freuen!

Zu diesem Heft passen ein frühlingshafter Kräuter-Gin mit Bitter Lemon und die guten alten Blechreiz mit „Which side are you on?“.

© der Abbildungen 2021 bei den jeweiligen Verlagen und Künstlern c/o Blattgold GmbH; © des Comix-online-Logos 2000 – 2021 Sven Krantz-Knutzen

Aymond/Bollée – Bruno Brazil – Die neuen Abenteuer 2

Bruno Brazil – Black Program Teil 2

Story: Lauren-Frédéric Bollée 
Zeichnungen: Philippe Aymond

Basierend auf den Charakteren von Greg und Vance

Originaltitel: Les Nouvelles Aventures de Bruno Brazil – Tome 2 Black Program

All Verlag

Hardcover | 56 Seiten | Farbe | 15,80 € | 
ISBN: 978-3-96804-028-8

Aymond Bollée Bruno Brazil neuen Abenteuer 2 Cover

In Bruno Brazil Band 9 war das Kommando Kaiman, eine Truppe von Geheimagent*innen unter Führung von Bruno Brazil, entscheidend geschlagen worden. Drei Agenten waren im Laufe der Einsätze gestorben, zwei weitere schwer verletzt und ihr Chef bedurfte der psychologischen Betreuung. Obwohl es schon in den siebziger Jahren Ideen gab, die Geschichte fortzuentwickeln, folgten nur noch ein paar Kurzgeschichten. 2019 war es dann aber endlich soweit:  Laurent-Frédéric Bollée schrieb ein zweiteiliges Szenario zu den Neuen Abenteuern und Philippe Aymond setzte das ganze grafisch um: Black Program war geboren!

Zurück zu den Wurzeln

Bereits in Teil 1 war es Brazil gelungen, seine Dämonen in Schach zu halten und die Reste des Teams wieder zusammen zu fügen. Altbekannte Gegner*innen waren plötzlich zu Opfern geworden und immer wieder tauchte ein Name auf: Black Program. Nun zeigt es sich, dass die NASA nach dem Ende der bemannten Raumfahrt zum Mond keineswegs aufgehört hatte, sondern eine geheime Apollo 18 Mission zum Mars durchgeführt worden war. Zwar hatte es Probleme gegeben, beide Astronauten hatten aber zur Erde zurückkehren können.

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Es wird klar, dass Ottoman und Rebelle nicht nur eine Basis im südamerikanischen Dschungel gebaut hatten und die zweite wieder in Benutzung zu sein scheint. Die dahinterstehende Organisation steht in Verbindung mit den anschlägen und auch mit dem überlebenden Astronauten. Bruno und Gaucho machen sich auf den Weg, diese zu suchen, und werden dabei von Nomade und Whip aus dem Hintergrund unterstützt. Dazu scheint es noch ein Geheimnis zwischen Bruno und Rebelle zu geben.

Die Story von Laurent-Frédéric Bollée ist sicherlich etwas anders gelagert als die damaligen Geschichten von Greg: Neben den weiterhin vorkommenden Agententhriller-Aspekten, den Actioneinlagen und der Teamchemie, bei denen der Originalton sehr passend weitergeführt wird, tauchen auch Science-Fiction-Elemente auf. Diese passen technologisch vielleicht nicht ganz zu den Gegebenheiten Ende der Siebziger Jahre, integrieren sich in das Storykonzept aber ganz gut und machen neugierig auf weitere Folgen. Das neue Kreativteam hat definitiv den Mumm, den Klassiker zwar ehrfürchtig fortzusetzen, dabei aber gleichzeitig auch kräftig zu erneuern!

Aymond Bollée Bruno Brazil neuen Abenteuer 2page 24

Brillante Hintergründe und viel Action

Während man die Story ohne größere Verrenkungen mit dem Original verbinden kann fällt das bei den Zeichnungen etwas schwerer! Natürlich hat Philippe Aymond einen eigenen Stil (und ich glaube auch nicht, dass Vance‘ Strich einfach zu kopieren wäre). Die Figuren haben auch einen hohen Wiedererkennungsfaktor, es fühlt sich aber trotzdem ein wenig so an als ob die Schauspieler*innen in der Staffelpause ausgewechselt worden wären. Dabei macht Aymond seine Sache gut; die Dschungelszenen sind erstklassig und auch die Darstellung des Weltraums, der technischen Labore, überhaupt aller Umgebungen gelingen ihm ausgesprochen gut.

Die Figuren wirken dagegen manchmal etwas unbeholfen was sich meines Erachtens nach auf eine einzige Schwachstelle zurückführen lässt: Die Mundpartie! Die Lippen sind zu Botox-lastig und die ewig-gleiche weiße Zahnreihe wirkt irritierend.

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Das ist aber nur ein Schönheitsfehler! Actionszenen wechseln sich mit Meetings oder sogar Familienbildern ab und die eine oder andere Reminiszenz an andere Serien hat auch den Weg in das Album geschafft.

Fazit

Die Serie gehört sicherlich zu DEN Klassikern des europäischen Comics. Im Gegensatz zu vielen Anderen hatte sie allerdings nur eine relativ kurze Laufzeit und so ist es zu begrüßen, dass auch Bruno Brazil nun ein zweites Leben erlaubt worden ist. Story-technisch ist der Spagat zwischen reiner Nachahmung und moderner Weiterentwicklung gelungen. Zeichnerisch befindet sich das Team auf sehr gutem Weg dahin. Es bleibt also zu hoffen, dass weitere Abenteuer folgen werden!

Bruno Brazil - neue Abenteuer 2 page 26

Dankenswerter Weise bringt der All-Verlag aktuell nicht nur Bruno Brazil – die Neuen Abenteuer heraus, sondern legt auch die alten erneut auf. Im Buchregal passen also beide Reihen perfekt zueinander! Hardcover, Überformat, gutes Papier und die Möglichkeit, eine limitierte Vorzugsausgabe mit Schutzumschlag und signiertem ExLibris zu erwerben, sind ein Lob wert!

Dazu könnte sicherlich ein gut gekühltes Westcoast-IPA schmecken und Cock Sparrer, die in den letzten 5 Jahrzehnten jeweils mindestens einen Tonträger veröffentlicht haben, schlagen dazu die musikalische Brücke aus den Siebzigern!

Bruno Brazil - neue Abenteuer 2 ExLibris
ExLibris der limitierten VZA

© der Abbildungen Éditions du Lombard (Dargaud-Lombard S.A.) 2020 by Aymond, Bollée

© der deutschen Ausgabe All-Verlag Wipperfürth, 2021

Vance/Albert – Bruno Brazil 9

Alles oder nichts für Alak 6

Story: Louis Albert (Greg) 
Zeichnungen: William Vance

Originaltitel: Quitte ou double pour Alak 6

All Verlag

Hardcover | 68 Seiten | Farbe | 15,80 € | 
ISBN: 978-3-96804-026-4

Bruno Brazil 9 - Cover

Bruno Brazil war eine Agentenserie des neuen Typs in den Siebziger Jahren. Es ging nicht darum, einen strahlenden Helden zu zeigen, der sich mehr mit dem Anbaggern von Frauen beschäftigt als mit dem eigentlichen Auftrag. Dementsprechend waren auch die Geschichten eher blutig und die Auftraggeber kaltblütig.

Dance Hall Crusher

Der Geheimdienst hat sich für den Schutz der geheimen Myxin-Formel etwas ganz Besonderes einfallen lassen: Nur zwei Menschen kennen sie und zusätzlich ist sie in einem geschützten Rechenzentrum gespeichert. Als erst einer der Geheimnisträger ermordet wird und dann eine Bombe die gespeicherten Daten vernichtet wird das Kommando Kaiman benachrichtigt. Sie kommen allerdings zu spät um den Tod der zweiten Person zu verhindern.

Bruno Brazil 9 - page 24

Es stellt sich heraus, dass es einen Plan B gibt: Einem ziemlich erfolglosen Agenten war das Geheimnis unter Hypnose „eingepflanzt“ worden. Nun beginnt ein tödliches Spiel für die Kaimane, die sich als Musikkapelle verkleidet nach Mogadischu begeben, eben Alles oder Nichts für Alak 6. Greg hat ein extrem spannendes Szenario für die Agententruppe geschrieben für das eigentlich auch eine Fortsetzung vorgesehen war. Tatsächlich folgten aber nur noch ein paar Kurzgeschichten bevor ein neues Team vor kurzem mit den neuen Abenteuern den Faden wieder aufgenommen hatte.

Kongeniale Zeichnungen

William Vance ist hier auf der Höhe seiner Zeichenkunst. Ausdrucksstarke Personen in einem modernen 70-er Jahre Ambiente und Panels, die obwohl in einem traditionellen Raster angeordnet, immer wieder Überraschungen enthalten und erstaunlich vielseitig daherkommen. Vance arbeitet  vor allem mit Schraffuren und Linien, die Prägung durch schwarz-weiße Zeitungsstrips ist nicht zu verleugnen.

Bruno Brazil 9 - page 33

Die neuen, von Greg in Tintin lancierten Serien Bruno Brazil, Comanche oder Andy Morgan haben die frankobelgische Comiclandschaft komplett durchgerüttelt und sind heute noch stilprägend! Und so erscheint diese Geschichte nach Auftritten im Koralle-ZACK, bei Carlsen und Egmont EHAPA nun verdientermaßen in einem eigenständigen Hardcover, erstmals im Übrigen mit einem deutschen Titel, der dem Original entspricht.

Die Empfehlung

Bruno Brazil dürfte in keinem Comicregal fehlen und wer die Serie nicht kennt sollte definitiv einen Blick riskieren. Nicht nur, dass sie zeichnerisch und storytechnisch neue Maßstäbe gesetzt hat, sie hat auch heute noch nichts von ihrer Lesbarkeit eingebüßt. Mehr zu der Serie über den smarten Bruno und seine Kaimane in Kürze in einem Serienkompass. Auch in diesem Band gibt es einen Beitrag von Bernd Weckwert über „Brazils Väter“!

Bruno Brazil 9 - Ex Libris der VZA
Das Ex Libris der limitierten VZA

Natürlich gibt es auch von diesem Band eine limitierte Vorzugsausgabe mit exklusivem ExLibris! Für alle Krimifans, Liebhaber*innen von Agententhrillern, Genießer*innen guter Stories (ohne Happy End) und natürlich auch für die Generation ZACK ein echter Tipp!

Dazu passen The Ruts und ein Gentleman Jack’s.

© der Abbildungen Èditions du Lombard (Dargaud-Lombrd S. A.) by Greg, Vance, 2021 All Verlag

Zack 261

ZACK 261 (März 2021)

Herausgeber/Chefredaktion: Georg F. W. Tempel

Blattgold Verlag

Heft Din A 4 | 84 Seiten | Farbe | 7,90 €
ISSN: 1438-2792

Cover ZACK 261

Diese Ausgabe läutet schon wieder den Abschied vom ersten Quartal des Jahres ein. Wir hatten in einigen Gegenden Deutschlands das erste Mal seit Jahren wieder Schnee und ansonsten haben wir coronabedingt aufgeräumt, viel gelesen oder ferngesehen und lustige Frisuren bekommen. Mit diesem ZACK lernen wir zwei weitere neue Serien kennen.

Die Neustarts

Den Anfang macht Terence Trolley, die neue Serie von Serge Le Tendre. Dieser ist in Deutschland alles andere als unbekannt, hat er doch sowohl im Fantasybereich mit Auf der Suche nach dem Vogel der Zeit als auch mit dem Western Chinaman schon große Duftmarken gesetzt. Letztere war im Übrigen auch im ZACK vertreten und wartet immer noch auf die angekündigte Gesamtausgabe. Die aktuelle Serie thematisiert die Frage wie weit „Wissenschaft“ gehen darf, wo genetische Manipulationen aufhören müssen. Patrick Boutin-Gagné zeichnet dazu in einem sehr rauen Stil; zarte Details sind seine Sache nicht, aber zu diesem Thema passt das ganz gut. Im ersten Teil von Das Fenster zum Gehirn fällt eine außergewöhnliche Gedankenkraft eines Jungen bei einem Rummelbesuch auf und wird weitergemeldet.

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Es gibt noch einen weiteren Neustart im Grenzbereich zwischen Fantasy und Science-Fiction: Saul, eine im Stil von Storm sehr realistisch gezeichnete Saga kommt aus dem StripGlossy. Der lebende Mantel erzählt die Geschichte eines Geflüchteten. Zu Unrecht eines Verbrechens bezichtigt, flieht er aus der Hauptstadt seines Planeten Boritas. Ein Wirbelsturm verschlägt ihn in das Land der Riesen, die ihn sofort töten wollen. Und auch eine Großkatze ist nicht gerade freundlich gesinnt. Willem Ritstier ist bei unseren westlichen Nachbarn ein sehr bekannter und vielseitiger Szenarist, der aus Lombok stammende Zeichner Apriyadi Kusbiantoro war bisher mehr in der Werbung unterwegs.

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Beide neuen Serien versprechen mit ganz unterschiedlichen Zeichenstilen spannende Unterhaltung!

Die Fortsetzungen

In eine ganz andere Zeit, nämlich das Frankreich des Jahres 1743, versetzt uns Rani. In Die Räuberin wird die unschuldig zum Tode Verurteilte befreit und entdeckt eine ganz andere Gesellschaft: die der Ausgestoßenen, Vertriebenen und Entrechteten. Jean Van Hamme und Alcante haben ein sehr dichtes Szenario geschaffen das Francis Vallès genügend Möglichkeiten lässt, Menschen in allen Lebenslagen und Landschaften zu zeichnen. Mehr zu den Hintergründen der schönen Historiengeschichte im Serienkompass, der aber Spoiler enthält!

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Spaghetti ist ein ganz klassischer Funny von Dino Attanasio und René Goscinny. Der rasende Lieferant von warmen Speisen wurde für das StripGlossy von Daan Jippes modernisiert. Hier darf er gleich zwei aufeinander aufbauende One-Pager nach Szenarios von Frans Hasselaar durchleiden. Empfehlenswert!

Das Mädchen von der Weltausstellung geht mit dem ersten Teil Paris, 1855 bereits in die dritte Runde. Ein Soldat war gezwungen worden, eine Bombe auf der Ausstellung zu platzieren, um seine Frau zu retten. Diese entpuppt sich zwar als Blindgänger zu Testzwecken, der nun folgende Auftrag ist aber noch gewaltiger. Kann Julie mit ihren hellseherischen Fähigkeiten helfen? Jack Manini erzählt eine spannende Geschichte rund um die Attraktionen der Weltausstellung und Willem Étienne setzt die Mischung etwa im Stil von Bastos und Zakusky kongenial um.

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In Empire USA 2.3 versucht Jared, der Held, immer noch herauszufinden, was sein Freund gemacht hat, bevor er ermordet worden war. Es ist klar, dass russische Oligarchen eine Rolle gespielt haben, und dass es eine Gruppe von ehemaligen KGB-lern gibt, die sich den neuen Verhältnissen angepasst haben. Es scheint aber auch Verbindungen zu Supermodels zu geben. Griffo zeichnet einen harten Thriller mit Blut und nackter Haut den Stephen Desberg entwickelt hat. Es würde mich nicht wundern, wenn diese Geschichte über kurz oder lang bei einem der Streaminganbieter auf der Liste stehen würde.

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Und sonst?

Natürlich gibt es neue Geschichten von der Friedhofs-WG um Tizombi, in der es um (misslungene) Romantik, das richtige Feiern und die Körperpflege geht. Wie immer unterscheiden sich dabei Gepflogenheiten von Lebenden und Untoten ein wenig. Der Vater der Sterne ist dabei, das grandiose Mechanica Caelestium wird vorgestellt, das frankoblegische Comic-Kino geht in die elfte Runde und Rezis, News sowie Frank Neubauers ZACK-Keller runden das Programm ab.

Der ZACK-Held sollte mittlerweile gewählt worden sein. Im Kommentar dürfen gerne Prognosen abgegeben werden. Sicherlich gute Chancen darauf hat Michel Vaillant dessen „Vater“ Jean Graton Anfang des Jahres gestorben ist. Natürlich würdigt das Editorial einen der letzten Vertreter der Generation, die das „alte“ ZACK geprägt haben.

Der Frühling kommt mit frischem Wind, der Winterschlaf ist zu Ende! Lasst euch also mitnehmen von zwei komplett neuen Serien, genießt das (zum zehnten Mal in Folge zu warme) Wetter und bleibt gesund! Dazu passen möglicherweise ein Altbier und als Ausblick auf das kommende die neue Single von den Dropkick Murphys!

© der Abbildungen 2021 bei den jeweiligen Verlagen und Künstlern c/o Blattgold GmbH

Graton/Lapiere/Benetau/Dutreuil – Michel Vaillant 13 Tage

Zweite Staffel Band 8: 13 Tage

Story: Philippe Graton, Denis Lapière
Zeichnungen: Benjamin Benéteau, Vincent Dutreuil

ZACK-Edition

Originaltitel: 13 Jours

MOSAIK Steinchen für Steinchen Verlag
Softcover | 56 Seiten | Farbe | 15,00 €
ISBN: 978-3-86462-077-5

Cover Michel Vaillant Staffel 2 Band 8

Michel Vaillant besticht seit jeher mit der fundierten Kenntnis über die Abläufe rund um den Motorrennsport, insbesondere rund um die Formel 1. Schon Jean Graton war ein gern gesehener Gast in den Boxen und wusste oft mehr als so manch Reporter. Diese akribische Vorbereitung auf die einzelnen Alben, die perfekte Wiedergabe des Ambiente mit all seinen Gerüchen, Geräuschen und Eitelkeiten hat der Vater im Laufe der Zeit an seinen Sohn Phillippe Graton weitergegeben der nun auch bereits seit 30 Jahren für die Entwicklung der Serie verantwortlich ist.

Eine folgenschwere Entscheidung

Vor einigen Jahren wurde die Serie modernisiert und erscheint nun als Zweite Staffel. Was aber geblieben ist, sind die gut recherchierten Szenarien, die sich um Elektromobilität, Wirtschaftskriminalität und natürlich immer noch die Formel 1 drehen. Aufgrund eines Unfalls hat Renault ausgerechnet vor dem französischen Heim-Grand Prix neben einigen Junior-Fahrern nur noch einen erfahrenen Piloten zur Verfügung. Der Verantwortliche traut sich, den alten Champion Michel Vaillant zu fragen, doch dieser hat nur 13 Tage, um aus dem Nichts heraus die nötige Fitness zu erreichen und sich mit dem Auto vertraut zu machen.

Michel Vaillant Staffel 2 Band 8 page 3

Das Skript von Philippe Graton und Denis Lapìere beschreibt das harte Training. Die Piloten müssen in der Lage sein, mehrere G an Beschleunigungsenergie wegzustecken, Atemstillstände zu kompensieren und eine immense Zahl von Funktionen mit ihrem kleinen Lenkrad beherrschen. Einige der beschriebenen Übungen lassen vielleicht das Herz der Freizeitsportler*innen höherschlagen, die Übungen im Wasser sind dann doch eher herausfordernd!

So ein Rennwagen ist aber nicht mehr wie früher einfach nur ein schnelles Auto, es besteht aus Millionen Einstellungen im Computer, die zwischen Fahrer und Team herausgearbeitet werden müssen. Die besondere Schwierigkeit gerade in diesem Fall besteht in einer Regel, die es den Piloten verbietet, das Auto außerhalb von für alle geltenden Zeiten zu benutzen. Und so bleiben nur weitere Computer in Form von Simulatoren.

Zwei Welten

Glücklicherweise stehen die beiden Zeichner Benjamin Benéteau und Vincent Dutreuil ihren textenden Kollegen in nichts nach! Sie beherrschen die von Selbstzweifeln geprägten Momente genauso gut wie die Rennszenen! Bereits das Cover deutet an, dass das Rennen von Regen begleitet sein wird. Das stellt nicht nur zusätzliche Herausforderungen an die Fahrer im echten Leben, sondern auch an die Künstler!

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Dazu kommen all die bereits angesprochenen Trainingseinheiten, der zum Zirkus gehörende Presserummel und sogar Intimität innerhalb der Familie. Spannung und Information. Das war schon immer das Markenzeichen dieser Serie und ist es noch! Erstaunlich, wie diese Serie den Wechsel im Zeichnerstab ohne Verluste wegsteckt.

Der Ausblick

Wahrscheinlich haben es einige schon vernommen: Die Familie Graton hat die Rechte an Michel Vaillant an Dupuis verkauft. Verbunden damit hat Philippe seinen Ausstieg verkündet, denn er möchte sich nach 30 Jahren im Dienst des Lockenträgers wieder auf andere Schwerpunkte konzentrieren! Es bleibt abzuwarten, ob Denis Lapìere mittlerweile allein weitermachen kann, ob ihm ein anderer Autor zur Seite gestellt wird, er vielleicht sogar abgelöst wird und wie es weiter gehen wird.

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Wie auch immer: Die sogenannte Zweite Staffel dieses Klassikers liefert bisher Jahr für Jahr mit hoher Präzision spannende, logisch aufgebaute und gut gezeichnete Abenteuer, die hier in Deutschland in der ZACK-Edition einen perfekten Ort gefunden haben. Ein gewisses Sportinteresse sollten die Leser*innen für diesen Band vielleicht mitbringen, das Lesevergnügen geht aber weit darüber hinaus. Dabei ist allein das Cover in einheitlicher Reihenaufmachung schon ein Grund, nach dem Vorabdruck im ZACK auch hier zuzuschlagen.

Der Vorschlag zur musikalischen Begleitung ist dieses Mal eher eine Huldigung für eine ganz große Truppe und eine ihrer gerade verstorbenen Sängerinnen: The Supremes mit Mary Wilson! Dazu passt ein alkoholfreies, isotonisches Weizen.

© der Abbildungen Graton-Lapière-Benétau-Dutreuil / Graton Editeur, 2019; 2021 MOSAIK Steinchen für Steinchen Verlag + PROCOM Werbeagentur GmbH

Gazzotti/Vehlmann – Allein 12

Allein 12 – Die Aufständischen von Neosalem

Text: Fabien Vehlmann
Zeichnungen: Bruno Gazzotti

Originaltitel: Seuls – Les Révoltés de Néosalem

Piredda Verlag

Hardcover | 48 Seiten | Farbe | 14,00 €
ISBN:978-3-941279-91-9

Cover Allein 12

Allein sein ist etwas, das niemand auf Dauer erleben möchte. Es bietet für Wortspiele Anlass, etwa zu zweit und doch allein, und es ist der Ausgangspunkt für Überlegungen, was man auf eine Inselmitnehmen würde, wenn man dort seine Tage allein zu verbringen hätte. Allein ist aber auch der Titel einer der besten aktuellen Serien aus dem frankobelgischen Raum. Mehr zu den Hintergründen hier.

Brot, Spiele und Rebellion

Natürlich haben auch Bruno Gazzotti und Fabien Vehlmann die klassische Geschichte studiert. Es gab genügend Diktatoren, die versucht haben, ihre Bevölkerung mit blutrünstigen Spielen abzulenken. Die (Stierkampf-)Arenen in Italien und Spanien erzählen noch immer davon. Auch in der Literatur (etwa Spartacus) und im Comic (etwa Mechanica Caelestium) sind entsprechende Szenarien weit verbreitet. Oft genug beziehen diese Beispiele ihren Reiz daraus, dass die Unterdrückten sich keineswegs mit ihrer Opferrolle abfinden, sondern aktiv versuchen, ihre Freiheit, zu mindestens aber ihre Würde wieder zu erlangen.

Allein 12 page 1

In diesem Setting bewegen sich auch die Aufständischen von Neo-Salem. Saul muss beweisen, dass er derjenige ist, auf den die Ältesten gewartet haben, denn nur dann kann er seine Herrscherrolle weiterspielen. Tatsächlich scheint er auch die notwendigen Kräfte zu besitzen, aber nicht kontrollieren zu können. Was läge also näher als das in Klassen separierte „Volk“ zunächst einmal abzulenken und einen Tabubruch dafür zu nutzen.

Dafür ändert Saul die Regeln der etablierten Spiele von Neosalem und erlaubt den Tod der Beteiligten. Bei einer eventuellen Wiedergeburt würden die eingebrannten Schandmale der 8. Klasse nicht mehr sichtbar sein und eine Wiederaufnahme in die 7. Klasse garantiert. So könnte schließlich auch weiterer Klassenaufstieg realisiert werden. Ärgerlich ist nur, dass die Wiedergeburt keinesfalls sicher ist. Und natürlich gibt es noch ein zweites, geheimes Ziel, denn Saul möchte vor allem Leyla ausschalten.

Wie der Titel schon verrät gibt es aber selbst in Neosalem eine Gruppe von Aufständischen, die nicht länger gewillt sind, die Willkürherrschaft zu erdulden. Es reift der Plan, die Spiele für einen Aufstand zu nutzen.

Brillantes Artwork

Allein 12 page 3

Was mir bei dieser Serie ganz besonders gefällt ist der Widerspruch zwischen den auf den ersten Blick sehr freundlichen Zeichnungen und dem teils heftigen Inhalt! Da die handelnden Figuren Kinder sind und der Stil der Marcinelle-Schule folgt, wirkt Allein oberflächlich fast wie ein Semi-Funny. Tatsächlich trachten sich die Akteur*innen aber nach dem Leben, enthält die Story viele Horror-Elemente und ist dystopisch angelegt.

Bruno Gazzotti hat schon eine andere (lesenswerte!) Serie im semi-realistischen Stil über einen Polizisten, der sich wegen der Ängste seiner Mutter als Priester verkleidet aus dem Haus schleicht, gezeichnet: Soda. Seit 2006 arbeitet er an Allein. Seine Bilder sind nicht nur Momentaufnahmen und Umgebung für die Sprechblase, sondern erzählen eigene Geschichten. Sie enthalten so viel Emotionen, Bewegung und Kontext, dass es sich lohnt, die Bände mehrfach zu lesen.

Da Fabien Vehlmann auch genügend Sub- und Parallel-Plots in den Bänden unterbringt wird das mehrfache Lesen auch in dieser Hinsicht zum Genuss! Auf eine Sache möchte ich noch hinweisen: Beiden gelingt es eindrücklich, den Horror des zu schnell erwachsen werden Müssens darzustellen. Sei es der Umgang mit Angst, das der Gefahr stellen, die falsch oder richtig verstandene Romantik oder aber echte Freundschaft. Alle diese Punkte werden ständig in unterschiedlichen Konstellationen thematisiert und tragen viel zur unterschwelligen Grundstimmung des Unbehagens bei.

Allein 12 page 5

Die Empfehlung

Allein ist jetzt wieder komplett lieferbar und würde sich in jeder Sammlung gut machen! Wer bisher schon reingeschnuppert hat, sollte auf jeden Fall am Ball bleiben und sich auch den aktuellen Band zulegen. Für alle anderen sei kurz erwähnt, dass es bisher drei (aufeinander aufbauende) Zyklen gibt, die sich an den unterschiedlichen Farben der Nummerierung auseinanderhalten lassen. Der aktuelle 12. Band gehört zum dritten Zyklus und lässt sich auch ohne Vorkenntnisse lesen. Deutlich mehr Spaß macht es allerdings im Zusammenhang!

Schließen möchte ich mit einem kleinen Spoiler: In Kürze erscheint ebenfalls im Piredda-Verlag ein Making-of mit Zeichnungen und Texten rund um die Serie!

Dazu passen Die Toten Hosen mit Learning English, Lesson Two und ein belgisches Sauerbier/Geuze. Beides widerspricht auf den ersten Blick allen Erwartungen, entwickelt aber eigene Qualitäten.

© der Abbildungen Dupuis 2020 by Gazzotti, Vehlmann, 2021 Piredda Verlag

ZACK 260

ZACK 260 (Februar 2021)

Herausgeber/Chefredaktion: Georg F. W. Tempel

Blattgold Verlag

Heft Din A 4 | 84 Seiten | Farbe | 7,90 €
ISSN: 1438-2792

2020 war schon fast Geschichte und es stand keine Wahl zur ZACK-Serie des Jahres an. Die Frage danach von comix-online in einem Interview mit Georg F. W. Tempel war ein Auslöser dafür, dass es sie jetzt doch gibt! Wer noch nicht teilgenommen hat, sollte dieses schleunigst hier nachholen! Zu gewinnen gibt es im Übrigen das ansonsten nur für Abonnent*innen erhältliche Michel Vaillant Spezial 1 mit Werbecomics des leider gerade verstorbenen Jean Graton. Außerdem dürfen wir uns schon mal auf einen weiteren Western im Sommer von dem aus Deutschland stammenden Martin Frei freuen!

Die Rückkehrer

Die von Jean Van Hamme und Alcante verfasste Serie Rani kehrt mit dem zweiten von bisher acht Bänden zurück auf die Seiten dieses Magazins. Ursprünglich hatte die Geschichte eine TV-Serie werden sollen, aber manchmal kommt es dann doch anders. Tatsächlich war diese zweite Erzählung bereits erhältlich als die Serie dann doch noch im französischen Fernsehen zu sehen war. Glück gehabt, denn Francis Vallès war die richtige Wahl für die bebilderte Umsetzung des Skripts. Jolanne, die uneheliche Tochter des Marquis de Valcourt, war in Band 1 zu Unrecht eines Mordes bezichtigt worden und hatte erfolglos versucht, zu fliehen. Ihr Halbbruder hatte es geschafft, das eigentlich ihr zustehende Erbe an sich zu reißen und Jolanne zum Tode verurteilen zu lassen.

Band 2 – Die Räuberin – beginnt nun mit einer Verlegung der Gefangenen zum Zwecke der Hinrichtung in einem offenen Gitterwagen zusammen mit einem weiteren Mithäftling. Während einer Übernachtung versucht der Polizeiinspekteur Laroche, Jolanne zu sexuellen Gefälligkeiten zu überreden und bringt damit die weiteren Ereignisse ins Rollen. Routiniert und spannend erzählte Geschichte mit teils brillanten Zeichnungen aus dem Frankreich des Jahres 1743. Mehr zu der History-Serie im Serienkompass, aber: Achtung Spoiler!

Und noch eine Serie kehrt zurück: Stephen Desbergs Thriller Empire USA mit dem etwas unspektakulären Titel 2.3! Jared versucht den letzten Tag seines ermordeten Expartners aufzuklären. Vermutlich hatte er sterben müssen, weil er etwas herausgefunden hat, was niemand erfahren darf. Der Comic spielt im Umfeld der nach der Systemwende in der UdSSR emporgekommenen Oligarchen. Viele von ihnen haben sich mit alten Seilschaften verbandelt und nicht alle sind sich grün. Griffo setzt das kühle Jetset und das ausschweifende Leben der High-Society genauso glaubwürdig um wie die brutale Gewalt, die zum Schutz der Privilegien eingesetzt wird. Auch dieses Szenario könnte durchaus die Basis einer Verfilmung sein – Mal sehen, wann die Streamingdienste Nachschub brauchen.

Die Fortsetzung

Im Januarheft hatte eine ungewöhnliche Reihe ihren ersten Auftritt im ZACK: Das Mädchen von der Weltausstellung wird jede Pariser Weltausstellung sowie zwei Sonderschauen als Anlass für einen Band nehmen. Den Anfang macht die erste von 1855. Einerseits geht es darum, die in Bezug zum Herrscher stehenden Toten mit einer Mischung aus Fake News und Ablenkung aus der öffentlichen Diskussion heraus zu halten, andererseits scheint es aber auch jemanden zu geben, der die Ausstellung sabotieren möchte. Die kleine Julie mit ihren hellseherischen Fähigkeiten steht im Mittelpunkt dieser Mischung aus Krimi und History von Jack Manini und Étienne. Eindeutig mehr als einen Blick wert!

Irgendwie auch hierhin gehören die Onepager und Streifen, die leicht übersehen werden können. Parker & Badger von Cuadrado versuchen sich mit allerlei Jobs über Wasser zu halten, scheitern aber meistens grandios. In diesem Heft geben die beiden den Babysitter. Tizombi von Cazenove und Maury handelt von den Abenteuern einer besonderen Clique auf einem Friedhof: Ein paar Zombies und ihre menschliche Freundin, das kleine Steak, vertreiben sich die Zeit mit Kinoabenden, All-you-can-eat-Orgien und schlechter Gesellschaft. Oft ein wenig neben dem guten Geschmack, immer aber herzerfrischend! Und dann gibt es noch den Vater der Sterne von Piquet und Seb, der ständig versucht, seine eigene Welt des Kampfes und der Siegesorientierung über die romantische, verspielte und ziellose Welt seiner kleinen Tochter zu stülpen.

Der Abschied

Giant von Mikaël ist meines Erachtens eine der besten aktuellen Graphic Novels. In ihr sind mehrere Themen miteinander verwoben: Der Aufschwung New Yorks mit seinen gigantischen Hochhäusern als Symbol und seiner gleichzeitigen Begrenzung auf wenige Gewinner, die breite, teils immer noch hungerleidende Masse der Arbeiter und ihre Konflikte, und am irischen Beispiel die zur Auswanderung führende Not der Bevölkerung, die alles hinter sich lassen muss um einen ungewissen Neuanfang in Amerika zu wagen.

Giant hatte sich nicht getraut, der Frau eines Kollegen von seinem Tod zu berichten und hatte ihr stattdessen in seinem Namen Briefe und Geld geschickt. Nun aber steht sie mit den kleinen Kindern vor ihm in New York und erwartet Antworten. Solidarität, Mut und der Zwang weiter zu machen bekommen so ein ganz anderes, persönliches Bild. Die in Erdfarben gehaltenen Bilder erinnern an alte Fotos, geben aber auch die wehmütige Stimmung perfekt wieder! Mehr als ein Kleinod.

Und sonst

Friedrich Engels wird meistens nur in seiner Kombination mit Marx betrachtet. Nun aber gibt es eine Graphic Novel über den Revolutionär und Unternehmer von drei deutschen Comicschaffenden. Michael Hüster präsentiert ein Interview und eine unveröffentlichte Seite!

Bernd Hinrichs ordnet den Band von Taschen über die gefährlichsten Comics der Welt in ihren historischen Kontext ein. Während in Amerika die bahnbrechenden Hefte aus dem EC-Verlag für kurze Zeit als die innovativsten Comics des Jahrhunderts gefeiert wurden, verschafften sich dort und auch hier Lautsprecher Gehör, die „unsere Kinder“ vor „Schmutz und Schund“ und „Verrohung“ zu beschützen vorgaben. Sehr lesenswerte Besprechung eines vorzüglichen Bandes, der hier zum Sekundärwerk des Jahres gekürt worden war.

Eine sehr abwechslungsreiche Mischung aus französischer und amerikanischer Vergangenheit sowie europäischer Gegenwart, Krimi, Abenteuer und Gesellschaftskritik, abgerundet mit spannenden Beiträgen, News und Rezensionen!

Auch musikalisch dazu eine kleine Zeitreise, zurück in die beginnenden 80-er: Die erste von Madness ist immer noch zusammen mit der ersten von The Specials ein Aufbruch in neue Zeiten! Perfekte Hintergrundmusik zu diesem ZACK und einem Hellen Bio-Bier aus der Finne Brauerei.

© der Abbildungen 2021 bei den jeweiligen Verlagen und Künstlern c/o Blattgold GmbH

R.I.P. Jean Graton

Der 1923 in Nantes geborene Jean Graton ist am 21. Januar 2021 in Brüssel gestorben.

Sein bleibender Beitrag zur europäischen Comicgeschichte ist Michel Vaillant, eine in 70 Alben veröffentlichte Reihe über einen Rennfahrer und seine Erfolge, aber auch über die Familie Vaillante, die u. a. Autos und Motorräder herstellt und vertreibt, daneben aber natürlich auch einen eigenen Rennstall hat(te). Sie waren geprägt von dem enormen Insiderwissen Gratons, der mit dem Rennzirkus eng vertraut war, und der Fähigkeit, dieses spannend darzustellen.

2004 hatte Jean Graton aufgehört zu zeichnen, Michel Vaillant ist mittlerweile modernisiert worden und erscheint in einer zweiten Staffel.

comix-online artist

In Deutschland hatte der Rennfahrer Michael Voss seine ersten Auftritt in MV-Comix bevor er unter seinem richtigen Namen das Aushängeschild des ZACK wurde. Zwischenzeitlich verantwortete Jean Graton auch einen Spin-off über eine junge Rennfahrerin Julie Wood.

Aktuell erscheinen die aktuellen Geschichten von Michel Vaillant in Deutschland im ZACK, die MV-Alben sowie ein Band mit Geschichten von Julie Wood im mosaik Steinchen für Steinchen-Verlag.

© der Abbildung 2021 Sven Krantz-Knutzen

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