Zauberstern – Phantom 3

Flammen der Vergeltung & Hetzjagd

Story: Mike Bullock, David Michelinie
Zeichnungen: 
Silvester Szilagy

Originaltitel: The Phantom  – Ghost who walks 1-4

Zauberstern Comics

Heft |100 Seiten | Farbe | 9,99 € |

ISSN: N/A

Cover Phantom 3 Zauberstern Comics

Das Phantom unterscheidet sich von anderen Held*innen nicht nur dadurch, dass es viele Generationen des Protagonisten gibt, da das Kostüm jeweils vom Vater and den Sohn weitergegeben wird. Es war auch schon sehr früh ein Franchise, das nicht nur im Ursprungsland verschiedene Zeichner und nach Lee Falks Tod auch Szenaristen vereinigte, es gab auch eigenständige Produktionen in anderen Ländern. Diese Vielseitigkeit möchte auch das Herausgeberteam von Zauberstern abbilden.

Organisierter, religiös verbrämter Terror

In dieser Ausgabe beginnt der Abdruck von Geschichten, die ab 2009 bei Moonstone Books erschienen sind. Sie sind allesamt sehr modern und actionorientiert, übernehmen aber gleichwohl die wesentlichen Elemente des Phantom-Universums. Mike Bullock und David Michelinie haben den Dreiteiler Flammen der Vergeltung sehr nah an der (2009-er) Wirklichkeit orientiert. Ein Passagierschiff wird nahe der afrikanischen Küste scheinbar von Piraten geentert. Da allerdings das Phantom ebenfalls als Passagier anwesend ist, müssen die Piraten einiges einstecken.

Im Verlauf wird deutlich, dass der Überfall nur Teil eines wesentlich größeren Plans war. Eine islamistische Organisation will den Kreuzrittern so viel Schaden wie möglich zu fügen und spielt geschickt mit einer Mischung aus Aktion, Fake News und Erwartungen. Allerdings ist es schon wichtig zu betonen, dass hier eine ganze Menge Blut fließt.

Von der zweiten Story Hetzjagd, ebenfalls aus der Reihe Phantom – Ghost who walks, kommt nur das erste Kapitel zum Abdruck. Ein Krimineller, der mit sich hadert, da er seinen letzten Auftrag in den Sand gesetzt hat und nun Erfolg haben muss, um seine Familie nicht zu gefährden, soll ein bestimmtes Artefakt stehlen. Zwar gelingt ihm das, er wird dabei aber von einem „Geist“ beobachtet.

Phantom 3 Zauberstern Comics page 34

American Mainstream

Die Zeichnungen von Silvester Szilagy sind wesentlich detaillierter als die in Ausgabe 1 und 2. Zudem enthalten sie viel mehr Konturen und Schatten, wirken also kompletter. Das größere Format (ich vermute mal, dass die Moonstone Books Veröffentlichungen im Original dem US-Heftformat entsprochen haben) schadet keinesfalls. Die Zeichnungen scheinen allerdings digital entstanden zu sein.

Einige Zeichnungen wirken auf den ersten Blick sehr brutal, etwa wenn nach einer Explosion mehrere Körper durch die Gegend fliegen. Tatsächlich ist im Detail aber kaum etwas zu erkennen: Weder Blut noch Wunden werden dargestellt. Um ein Beispiel aus der Thrillerwelt zu nehmen: Während das Original eher einer Verfilmung eines Kommissar Maigret-Romans entsprach, ist die aktuelle Umsetzung eher einem aktuellen James Bond vergleichbar. Das wird nicht allen gefallen, ist aber die einzige Möglichkeit, auch neue Leser*innen zu gewinnen.

Innovation und Nostalgie

Natürlich zielt die Rückkehr eines Klassikerswie Das Phantom zunächst einmal auf diejenigen, die den Comic noch von früher kennen. Die Bereitschaft der Macher bereits sehr früh auch aktuelles Material zu bringen, beweist aber, dass man nicht den Nostalgiemarkt bedienen möchte sondern versucht, auf dem aktuellen Comic-Geschehen aufzusetzen. Das finde ich persönlich genau richtig, wenn man sich wie Zauberstern es tut entscheidet, den Kiosk- und Verkaufsstellenmarkt zu beliefern und nicht in eine Spezialversandecke zu gehen.

Logo Das Phantom

Über Geschmäcker lässt sich (nicht) streiten, die Story ist jedenfalls spannend, aktuell und gut gezeichnet. Das große Format erlaubt Gimmicks wie das Poster in jeder Ausgabe und einen kostendeckenden Preis, während das Heftchenformat eher in der Menge untergehen könnte. Auch das Konzept, verschiedene Phasen abzubilden und damit vielfältiger zu sein, ist absolut positiv zu bewerten!

Dazu passt Klassisches in neuem Gewand: Dropkick Murphys mit „Ten Times More“ und ein wieder modernes Kellerbier.

© der Abbildungen 2022 by King Features Syndicate, Inc TM Hearst Holdings, Inc. & Moonstone Books 2009 / 2022 Zauberstern Comics

ZACK 281

ZACK 281 (November 2022)

Herausgeber/Chefredaktion: Georg F. W. Tempel

Blattgold Verlag

Heft Din A 4 | 92 Seiten | Farbe | 9,00 €
ISSN: 1438-2792

Bisher ist der Oktober alles andere als kalt und erlaubt, die Heizung noch ausgeschaltet zu lassen. Des einen Freud ist des anderen Leid und so erfahren wir gleichzeitig von Klimaaktivist*innen, die Gemälde attackieren, um auf die Zerstörung der Umwelt hinzuweisen. Dass die Gemälde dabei wegen einer Glasscheibe gar nicht beschädigt werden, wird in der Berichterstattung übrigens gerne verschwiegen. Das aktuelle ZACK berichtet von vielen alternativen Welten, ein Bezug zum Klima ist dabei allerdings nicht so deutlich.

Die bereits angekündigte Gesamtausgabe von Johnny Focus startet übrigens in Kürze.

Cover ZACK 281

Die Neustarts

Cover-Boy dieser Ausgabe ist Michel Vaillant. Der klassische ZACK-Held wird mittlerweile von Denis Lapière getextet, der Band fügt sich aber nahtlos in die zweite Staffel ein. Vaillante wird ja seit dem letzten Band von einer Frau geleitet. Nun, da das Überleben der Firma gesichert erscheint, geht es ihr auch darum, die eigenen Stärken durch Zukäufe zu unterstützen. Währenddessen soll Michel erstmals eines der berühmtesten Rennen der USA fahren: Pikes Peak! Benjamin Benéteau und Vincent Dutreuil bringen die Rennszenen sowie die Natur sehr schön auf das Papier, die Figuren wirken moderner und daher manchmal etwas ungewohnt. Für Langzeitfans gibt es übrigens schon auf dem Cover eine Reminiszenz an den Vailante Mystére!

ZACK 281 page 5

Und auch Aida Nur kehrt zurück. Im Schatten von Anubis müssen die Protagonist*innen des ersten Teils feststellen, dass es möglicherweise doch nicht so klug war, den Handel mit Antiquitäten auf eigene Faust durchführen zu wollen. Sussi Bech präsentiert eine Geschichte mit einer starken Heldin und interessanten Nebenfiguren in Stile der klassischen Klaren Linie. Trotzdem wirkt die Geschichte in keinster Weise altmodisch!

ZACK 281 page 43

Die Fortsetzungen

Die Flintenweiber hätten nach der wilden Schießerei eine Ruhepause eigentlich dringend nötig. Da sie aber herausfinden wollen, warum so viele Parteien an dem Siegelring interessiert sind, machen sie sich erneut nach Paris auf. Dort ist allerdings der deutsche Geheimdienst mit einem großen Aufgebot hinter ihnen her. Das Porträt des Antiquitätenhändlers ist eine Mischung aus witziger Alternativwelt, die Fabelwesen und Menschen in Alltagskonflikte stürzt, einem spannenden Krimi und einer Actionkomödie mit drei toughen Heldinnen von Ètienne Willem.  Pierre Pevel ist dagegen dafür verantwortlich, dass die Teile auch nahtlos ineinandergreifen und Spaß während des Lesens aufkommt. Viele der Szenen zwingen einen dazu, zunächst die Story zu erfassen, und dann später wiederzukommen, um die Details zu genießen. Bravo!

ZACK 281 Detail page 26

Auch MADI von Duncan Jones und Alex de Campi geht in die dritte Runde. Die Zeichnungen stammen dieses Mal von LRNZ, der den Platz der Seite komplett ausnutzt. Die Farben kennen wenig Nuancen und so wirkt das Ganze flächig, obwohl sehr viele Details vorhanden sind. Eher ungewöhnlich im ZACK, durch die Vielfalt der Stiele in diesem Comic aber jedes Mal überraschend! Es war einmal in der Zukunft ist in jeder Hinsicht anders: filmisch erzählte Science-Fiction mit unverkennbar britischem Einfluss. Durch die Episodenstruktur eignet sich die Geschichte aber perfekt für ein Magazin und die düstere Vision von zukünftigen (Wirtschafts-)Kriegen und Söldner*innen ist spannend!

ZACK 281 Detail page 60

Der Abschied

In einer Fantasy-Story muss nicht unbedingt alles ganz logisch sein. Insofern ist es vielleicht akzeptabel, dass Saul zunächst mal in einer nicht näher beschriebenen „Wächter“-Situation gefangen scheint, um sich dann in eine völlig andere Lage zu begeben. Immerhin hat Willem Ritstier damit die Ausgangslage in Endstation wieder hergestellt. Wer muskelbepackte Männer mag, wird an den Zeichnungen von Apri Kusbiantoro seine Freude haben. Ich persönlich würde einer Conan-der-Cimmerier-Story den Vorzug geben.

ZACK 281 Detail page 77

Und sonst?

Gleich zwei Parker & Badger sowie zwei Tizombi Seiten präsentieren Szenen aus dem Alltag der notorisch klammen Schwerenöter und zeigen die Auswirkungen des Hörig-Seins. Willkommene Abwechslung zwischen den Serien. Das gilt natürlich auch für die News und die Kurzberichte. Die Jubiläumsseite erinnert an den ersten Auftritt von Rick Master im ZACK, Christian Endres berichtet über Sandman von Neil Gaiman sowie die Netflix-Adaption und Michael Hüster gratuliert zu 15 Jahren Finix!

Die Mischung machts: Michel Vaillant ist einer der ganz Alten, der allerdings jung geblieben ist. Aida Nur und MADI stehen an unterschiedlichen Enden der Breite der Stilrichtungen und Saul und die Flintenweiber zeigen, wie unterschiedlich man Fantasy-Einflüsse aufnehmen kann. Jede*r mag etwas nicht so gerne mögen, freut sich hoffentlich aber doch über die Horizonterweiterung, die nur in einem breit gefächerten Magazin möglich ist.

Dazu passen The Style Council mit „Walls come tumbling down“und ein Rotes Urtyp aus der Ostermann Braumanufaktur.

© der Abbildungen 2022 bei den jeweiligen Autoren und Verlage c/o Blattgold GmbH

King/Mann/Leon – Batman/Catwoman 4

DC Black Label – Batsy & Cat

Story: Tom King
Zeichnungen: 
Clay Mann, John Paul Leon, Mitch Gerards
Originaltitel: US-
Batman/Catwoman 10 – 12, Batman/Catwoman Special 1

Panini Comics

Hardcover | 124 Seiten | Farbe | 25 €
ISBN: 978-3-7416-3026-2

Batman/Catwoman 4 Cover

Den dunklen Ritter und die diebische Katzenfrau verbinden viele Liebesgeschichten. In der regulären Serie hatten die beiden heiraten wollen, Catwoman hatte allerdings kurz vorher einen Rückzieher gemacht. Im Black Label dürfen allerdings Geschichten erzählt werden, die sich nicht an die Kontinuität halten müssen und dementsprechend kann Tom King in Batman/Catwoman doch von dem Ehepaar Wayne berichten.

Der lange Schatten des Jokers

Selina Kyle und Bruce Wayne haben nicht nur geheiratet, sie sind auch zusammen alt geworden. Eigentlich haben beide ihre Kostüme an den Nagel gehängt und ihre Identitäten an die nächste Generation übertragen. Was also eine einfache Liebesgeschichte sein könnte, ist im Comic aller Wahrscheinlichkeit nach komplizierter, und so ist es auch hier: Der Joker und Catwomans Beziehung zu ihm standen immer ein wenig zwischen den Partner*innen und nun auch zwischen Mutter und Tochter Helena Wayne.

Detail aus Batman/Catwoman 4 part 1

Welche Schuld trägt Selina am Tod des Schurken? Wird sie sich dafür verantworten müssen? Oder ist es nicht vielmehr ein Segen, dass das Monster endlich von der Bildfläche verschwunden ist? Tom King erzählt die ultimative Geschichte einer besonderen Beziehung und baut nicht nur die übliche Tragik der Batman-Stories ein. An ganz unerwarteten Stellen wird es wirklich witzig!

Die Weihnachtsgeschichte in 12 Kapiteln ist an und für sich schon ein echtes Meisterwerk im Bat-Kosmos, bekommt aber noch einen grandiosen Bonus im Special. Dieses dient zugleich als Hommage an den (zu früh) verstorbenen John Paul Leon und führt die Geschichte weiter. Ohne zu viel vorwegzunehmen kann es wohl nicht schaden zu sagen, dass der Kreis sich schließen wird.

Detail aus Batman/Catwoman 4 part 2

Zeichnungen in Poster-Qualität

Das übergroße Format lässt die Zeichnungen von Clay Mann in noch besserem Licht erscheinen. Viele Seiten oder Panels könnten als Posterillustration Verwendung finden. Weiterhin springt die Geschichte zwischen verschiedenen Zeitsträngen hin und her und Mann schafft es, auch die stark gealterten Figuren mit Sympathie darzustellen!

Der Teil aus dem Special ist in einem ganz anderen Stil gehalten: Fast schon holzschnittartige, kräftige Konturen, die mit von Seite zu Seite unterschiedlichen Paletten eingefärbt worden sind. Durch diese Reduktion ist der Gegensatz zu den ersten drei Teilen besonders stark, fällt aber qualitativ nicht ab. Allein, es braucht ein paar Seiten zur Umgewöhnung.

Detail aus Batman/Catwoman 4 part 3

Eine Bereicherung jeder Bat-Sammlung

Die Serie über Batman und Catwoman ist sicherlich in keiner Sammlung mit Charakteren aus Gotham ein Fremdkörper. Sauber erzählt und auf hohem Niveau grafisch umgesetzt, berührt die Serie von Tom King nicht nur das Verhältnis zwischen den Hauptpersonen, sondern auch Standard-Fragen: Ist das Verbrechen nur da wegen des dunklen Ritters oder ist er die Reaktion auf die Gewalt? Wie viele Geheimnisse verträgt eine Partnerschaft? Und nicht zuletzt, ist es richtig/erlaubt/verboten, Monster wie den Joker zu töten?

Das Hardcover im Überformat bringt die Zeichnungen gut zur Geltung, erlaubt natürlich aber auch einen etwas höheren Preis verglichen mit der Standard-Broschur. Wie fast immer gibt es auch noch ein limitiertes Variant mit anderem Covermotiv.

VZA Batman/Catwoman 4 Cover
limitiertes Variant

Dazu passen ein Scavi & Ray und Snarky Puppy!

© der Abbildungen 2022 DC / Panini Verlags GmbH

Colin/Guérineau – Nur noch Stille

Graphic Novel

Story: Fabrice Colin nach R. J. Ellory
Zeichnungen: 
Richard Guérineau
Originaltitel: 
Seul le Silence

All Verlag

Hardcover | 108 Seiten | Farbe | 19,80 € |

ISBN: 978-3-96804-134-6

Cover Nur noch Stille

Von Zeit zu Zeit überraschen einen Verlage mit einem tollen Produkt, das außerhalb der typischen Angebotsbandbreite liegt. Nur noch Stille ist so ein Fall: ein sehr spannender Roman der in einer bedrückenden Eindringlichkeit als Graphic Novel adaptiert worden ist. Mit diesem (hoffentlich erfolgreichen) Titel beweist der All Verlag, dass er weit mehr ist als ein Verlag für Klassiker.

Eine trügerische Kleinstadtidylle

Die hier erzählte Geschichte von Joseph Vaughan beginnt im Alter von zwölf Jahren als das erste von vielen weiteren kleinen Mädchen bestialisch ermordet wird. Wir schreiben das Jahr 1939 und befinden uns in Augusta Falls, Georgia, USA. Der Weltkrieg in Europa ist zwar präsent, aber sehr weit weg und der Alltag fließt dahin. Der Mord jedoch erschreckt den kleinen, der erst kurz vorher seinen Vater verloren hat, sehr. Umso schlimmer wird es, als im kommenden Jahr ein weiterer Mord stattfindet.

Nur noch Stille page 5

Fabrice Colin setzt den Roman von R. J. Ellroy gekonnt um und konstruiert daher ein Szenario, das am Anfang zwischen Teenager-Roman, endlosen Perspektiven und warmen Sommern auf der einen Seite schwankt und dem Horror, der in den Gedanken Verwirrung stiftet und zudem gerne in der Nacht zum Vorschein kommt. Schnell wendet sich diese Ambivalenz und Bilder vom Massensterben (Krieg und „Schädlinge“) illustrieren das auch sehr deutlich.

Der Täter ist über weite Strecken des Bandes, der über 60 Lebensjahre von Joseph abdeckt, unbekannt und versteht es meisterhaft, falsche Fährten zu legen und den Verdacht auf andere zu lenken. Besonders gut gelungen ist dabei das Spiel mit den Vorurteilen. So ist Leser*innen teilweise schon vorher klar was passieren wird, obwohl es so unlogisch ist.

Nur noch Stille page 6

Schönheit und Schrecken nebeneinander

Richard Guérineau zeichnet in einem Stilmix aus realistisch und karikierend. Die Emotionen sind deutlich überzeichnet und ersetzen die dramatische Filmmusik im Hintergrund mit grafischen Mitteln. Als einziges Manko sei vielleicht erwähnt, dass die Kinder auf den ersten Seiten zu alt wirken und ein Teil des Schreckens dadurch nicht deutlich wird.

Die anderen Altersstufen gelingen aber passend. Ganz vorsichtig lassen sich auch Präferenzen erkennen. Obwohl Stereotypen vermieden werden, sind doch einige unsympathischer als andere. Das Layout, prinzipiell in Reihen angeordnet, verlässt nur manchmal den starren Rahmen. Dadurch wird aber auch eine Kontinuität geschaffen, die ein Stück weit die Erfolglosigkeit der Suche nach dem Mörder repräsentiert.

Nur noch Stille page 15

Ein potenzieller Kandidat für die Jahresbestenliste

Muss eine Graphic Novel immer nur vom eigenen Schicksal erzählen und der Traumabewältigung dienen? Sicherlich nicht. Trotzdem ist nicht jeder Thriller gleich eine Graphic Novel. Hier geht es um Horror, der nicht von der typische Kleinstadterfahrung geprägt ist. Hier geht es eher um menschliche Abgründe und die Folgen solcher Taten bei scheinbar Unbeteiligten. Die Auseinandersetzung mit diesen Folgen ist aber eines der typischen Themen.

Die Herausarbeitung der einzelnen Stränge und Traumata gelingt gut, zudem eingebettet in eine spannende Geschichte. Auch die grafische Umsetzung ist auf hohem Niveau und sollte daher Käufer*innen theoretisch in Scharen anlocken! Hoffen wir mal, dass die Schubladen bei Händler*innen und Kund*innen nicht aufgrund des Verlages an dem Titel vorbeigehen. Im Übrigen auch ein Tipp für Weihnachten! Und wer noch mehr haben möchte: Wie immer gibt es auch eine limitierte Vorzugsausgabe mit Ex Libris!

Nur noch Stille ExLibris
ExLibris der VZA

Dazu passen The Smiths mit „barbarism begins at home“ und ein starker Kaffee.

© der Abbildungen seul le silence by R.J.Elroy, F.Colin, R.Guérineau © Philéas –  2021 / 2022 All Verlag

Diaz Canales/Pellejero – Corto Maltese 16

Nacht in Berlin

Story: Juan Díaz Canales
Zeichnungen: 
Rubén Pellejero
Originaltitel: 
Nocturno Berlinés

schreiber & leser

Hardcover | 88 Seiten | Farbe | 24,80 €
ISBN: 
978-3-96582-088-3

Cover Corto Maltese 16

Der Kapitän ohne Schiff ist eine Gestalt von Hugo Pratt. Corto Maltese ist bei sehr vielen zeitgeschichtlichen Ereignissen des letzten Jahrhunderts dabei und ist ein Begleiter des Großen, der im Kleinen agiert. Fast immer ist eine Frau involviert und häufig tauchen bestimmte Personen aus dem Umfeld von Corto immer wieder auf. Mehr dazu im Serienkompass. Vor einigen Jahren setzen die aktuellen Künstler die Reihe nach 25 Jahren Pause fort; Nacht in Berlin ist ihr vierter Beitrag!

Der Tod eines Freundes und die Organisation Consul

Der neue Band spielt im Berlin und Prag des Jahres 1921. Die erstarkenden Nazis haben Prof. Steiner, Cortos alten Freund, ermordet und nun möchte dieser die Gründe dafür herausfinden. Er gerät in ein Konglomerat aus verschiedenen Handlungssträngen. In Berlin, später dann auch in Prag wird ein Film mit dem Titel „Bestia Triumphans“ gedreht. Schnell wird deutlich, dass es Versuche aus dem rechtsradikalen Millieu gibt, Drehbücher umschreiben zu lassen. Daneben geht es um eine besondere Tarot-Karte. Sie ist die einzige noch fehlende, um ein ganz bestimmtes Spiel zu komplettieren, das dann besondere Macht haben würde.

Corto Maltese 16 page 36

Natürlich geht es aber auch um eine schöne Frau zwischen mehreren Männern, um Geheimgesellschaften, den jüdischen Glauben, den österreichischen Künstler Joseph Roth und natürlich um die Machenschaften der Organisation Consul.

Wie so oft verschwimmen dabei die Grenzen zwischen dem Fiktionalen und dem Realen in der Fiktion. Auch Juan Díaz Canales schafft es spielend, seine Leser*innen zu verwirren und bei der Stange zu halten. Hervorzuheben ist aber, dass trotz aller esoterischen, alchimistischen und filmtheoretischen Stränge die Betonung der politischen Gefahr des Nationalsozialismus nicht untergeht.

Die Nähe zum expressionistischen Film

Der moderne, expressionistische Film ist nicht nur eines der Themen des Comics, er hat auch großen Einfluss auf die Zeichnungen. Insbesondere die Panels mit harten Schatten wirken direkt von Murnau und Kollegen inspiriert. Rubén Pellejero hat aber auch dort weitergemacht, wo er im letzten Band aufgehört hat, und „sein“ Corto ist hochklassig!

Corto Maltese 16 page 37

Eben diese Meisterschaft erlaubt es dem Verlag auch, weiterhin eine unkolorierte „Klassik-Ausgabe“ zu veröffentlichen. Sammler*innen können bei dieser Reihe seit Anbeginn wählen oder beides genießen! Für mich ein sehr gelungenes Beispiel dafür, dass „Innovation“ auch im klassischen Setting mit vier Panel-Reihen sehr gut funktionieren kann.

Gelungen!

Bei Fortsetzungen von hochklassigen Reihen stellt sich immer die Frage, ob „die Neuen“ die Qualität werden liefern und vor allem halten können. Nun kann niemand Hugo Pratt vergessen machen, Díaz Canales und Pellejero setzen aber Corto Maltese angemessen fort und beweisen mit ihrem mittlerweile vierten Band, dass sie auch den langen Atem haben! Für alle Fans daher absolut zu empfehlen.

Die Mischung aus Zeitkolorit, theoretischer Diskussion und Action sollte aber auch Freund*innen anderer Gattungen ansprechen können. Wer etwa Babylon Berlin mag, sollte hier einen Blick riskieren. Zusätzlich gibt es noch eine sehr lesbare Einführung in die Zeit und die Kunst!

Cover Corto Maltese 16 Klassik Edition

Dazu passen Paul Godwin mit „Erst trink‘ mit mir ein bisschen Alkohol“ und ein Bee‘s Knees.

© der Abbildungen 2022 Cong S. A., Switzerland; www.cong-pratt.comwww.cortomaltese.com  / 2022 Schreiber & Leser, Hamburg

MOCA  – 70 Jahre Donald Duck

Die dritte Ausstellung im niederländischen Comic-Museum: 70 jaar Vrolijk Weekblad Donald Duck

Adresse: Bomstraat 11, 2202 GH Noordwijk
Öffnungszeiten: Mittwoch bis Sonntag 12 – 17 Uhr geöffnet
Eintritt: 8 €, Kinder die Hälfte

Logo MOCA 70 jaar een vrolijk weekblad

Das MOCA oder Museum of Comic Art befindet sich in Noordwijk an Zee vom Strand aus kommend gleich zu Beginn der Fußgängerzone und hat sich mittlerweile etabliert. Aktuell läuft bereits die dritte Ausstellung, die sich mit der niederländischen Ausgabe von Disney’S Donald Duck beschäftigt. Wie in einigen anderen Ländern auch ist das Magazin über die Jahre am Markt geblieben, weil es sich ständig angepasst und immer wieder lokale Bezüge hergestellt hat.

Sieben unterschiedliche Jahrzehnte

Die Ausstellung ist chronologisch aufgebaut und hat pro Jahrzehnt eine einführende Tafel mit niederländischem und englischem Text, der die Schwerpunkte herausstellt. Natürlich fing alles mit dem amerikanischen Lizenzmaterial an. Schon bald aber kamen wie beim italienischen Topolino auch eigene Kreationen dazu. Dadurch war es möglich, auf den lokalen Geschmack einzugehen.

Impression MOCA 4

Jeder Abschnitt zeigt repräsentative Originale. Gerade die moderneren Künstler*innen sind auch in Deutschland bekannt, bringt der hiesige Verleger Egmont doch viele Lizenzen in seinen verschiedenen Disney-Reihen. Trotzdem gibt es abseits der Mega-Namen wie Carl Barks, Don Rosa oder Daan Jippes noch genügend Neues zu entdecken.

Dazu kamen im Laufe der Jahre auch viele Serien, die auch eigenständig einen Markt bei unseren Nachbarn hatten. So finden sich etwa auch Texte über und Originale von Tom Poes und Douwe Dabbert. Hier hat es auch teilweise eine Überschneidung im künstlerischen Bereich gegeben. Überhaupt ist es interessant zu verfolgen, wer alles für den niederländischen Donald gearbeitet hat.

Nicht nur für Regentage

Obwohl der Eintritt mit 8€ nicht gerade ein Schnäppchen ist, kann man sich in dem kleinen, aber feinen Museum doch ganz gut aufhalten. Neben den Ausstellungswänden gibt es noch einige Vitrinen, ein Videokino, eine Malwerkstatt und vor allem eine gut bestückte Bibliothek, in der man seinen Horizont erweitern kann.

Impression MOCA 2

Wer will kann auch noch ein Foto mit Asterix und Obelix machen und somit seine Verbundenheit mit Urlaubsort und Hobby auf dem social media Kanal der Wahl teilen. Wem die naturgemäß kurzen Texten nicht ausreichen, kann mit dem Erwerb eines Katalogs geholfen werden. Dieser ist reich illustriert und vertieft die Themen. Alle Kataloge sind übrigens im gleichen Format und haben jeweils noch eine Beilage. Aber Vorsicht: Der Ausgang führt durch einen sehr gut sortierten Shop. Wer Prints, Figuren oder limitierte Luxusausgaben sucht, wird hier garantiert fündig werden.

Ein empfohlener Besuch

Wer sich eh schon in der Nähe von Noordwijk befindet und sich für Comics interessiert, sollte unbedingt einen Abstecher einplanen. Parkplätze sind mittlerweile genügend vorhanden und der Strand ist auch sonst zu empfehlen. Hervorzuheben ist der jeweilige Bezug auf die lokale Szene unter ganz unterschiedlichen Thematiken. Infos zu den aktuellen Öffnungszeiten finden sich im Web.

Impression MOCA 1

© der Abbildungen 2022 MoCA / Disney und die jeweiligen Künstler*innen; Fotos Sven Krantz-Knutzen

Franquin, Désert/Batem – Huba Gags

110 Comicstrips mit dem Marsupilami

Story: Hubert Colson (Désert)

Zeichnungen: Batem (Storyboard: Olivier Labalue)

Originaltitel: Houba Gags

Carlsen Comics

Hardcover Querformat | 64 Seiten | Farbe | 14,00 €
ISBN: 
978-3-551-79040-8

Cover Huba-Gags
© Dupuis, Dargaud-Lombard SA, 2022, by Batem, Désert, d‘après André Franquin

Der großartige André Franquin hat der Welt zwei Geschenke gemacht, die ein wenig Anarchie in sich tragen und die Welt, wie wir sie kennen, hinterfragen: Gaston und das Marsupilami. Ersterer hinterfragt nicht nur den Arbeitsalltag und das traditionelle Arbeitsethos, sondern führt es teilweise auch ad absurdum. Das Fabeltier wiederum ist eher dazu da, um Alltagssituationen „verkehrt“ zu lösen. Es vereinigt dabei kindliche Schläue, Naivität und vor allem Neugier und produziert dadurch immer wieder unerwartete Ergebnisse.

Die Tagesstreifen

Auch wenn die Hochzeit der Comicstrips in Tageszeitungen, ja, sogar des Mediums insgesamt, vorbei sind, gibt es doch immer noch genügend Fans dieser Comicgattung. Kein Wunder also, dass auch Batem gefragt worden war, ob er nicht neben seiner Reihe mit dem gelb-schwarzen Tier auch Strips produzieren könne.  Er nahm sich schließlich Hubert Colson, das ist der richtige Name von Désert, dazu und die Huba Gags konnten ihren Lauf nehmen!

Detail aus Huba-Gags 2
© Dupuis, Dargaud-Lombard SA, 2022, by Batem, Désert, d‘après André Franquin

Natürlich ist der Platz in einem Streifen auf maximal vier bis fünf Panels begrenzt, statt langer Argumentation und Entwicklung ist daher eher schnelle Action oder Situationskomik gefragt. Eine große Anzahl der Gags dreht sich zum Beispiel um den acht Meter langen Schwanz des Marsupilamis, der sich verheddert, verknotet, aber auch als Waffe tätig werden kann.

Viele andere Gags beweisen, dass die Zielgruppe eher auf den Kinderseiten der Zeitungen verortet wird. Der Humor ist immer fröhlich und selbst Bring M. Backalive wird eher verächtlich gemacht als ernsthaft bedroht. Die tägliche Dosis Freude und Entspannung also und damit genau das, was von einem nicht Abenteuer/Action-orientierten Strip erwartet werden kann.

Die Zeichnungen

Naja, das Marsupilami von Batem sieht genau so aus, wie das Marsupilami von Batem! Fans werden sich hier also sofort heimisch fühlen, auch wenn formatbedingt die Panel etwas größer abgedruckt sind als das Zielformat. Wegen der Detailfülle in den Zeichnungen ist das aber alles andere als störend.

Detail aus Huba-Gags 1
© Dupuis, Dargaud-Lombard SA, 2022, by Batem, Désert, d‘après André Franquin

Alle Strips sind in Farbe. Das gute Papier gibt diese auch brillant und satt wieder. Obwohl die Seiten nicht glänzen, reflektieren sie doch das Sonnenlicht ein wenig und bekommen dadurch sogar noch etwas mehr Tiefe.

Weihnachten naht

Das Buch im Querformat wird wahrscheinlich seinen Weg in viele Nikolausstiefel und weihnachtliche Geschenkverpackungen finden, ist es doch ein Charakter, den die (Groß-)Eltern kennen und die Kleinen trotzdem mögen. Meiner Meinung nach kann man damit nichts verkehrt machen! Allerdings soll damit beileibe nicht gesagt werden, dass das Buch nur für Kinder wäre. Wie heißt es doch so schön: Für alle von 8 bis 77!

Dazu passen eine Limonade auf Zitronen-Ingwer-Basis sowie Dandy Livingstone mit „Rudy, A Message to You“!

© der Abbildungen Dupuis, Dargaud-Lombard SA, 2022, by Batem, Désert, d‘après André Franquin / Carlsen Verlag GmbH, Hamburg 2022

Asterix – Im Reich der Mitte

Die Bildergeschichte zum Film – erscheint am 3. April 2023

Story: Olivier Gay
Zeichnungen:  Fabrice Tarrin
Originaltitel: 
Story House Egmont
Softcover & Hardcover | 48 Seiten | Farbe | 7,99 & 14,50 € |
ISBN: N/A &
978-3-7704-0498-8

vorläufiges Cover Asterix Im Reich der Mitte
© 2022 Egmont Ehapa Media GmbH / LES ÉDITIONS ALBERT RENE

Erstmals geht es für den gallischen Helden Asterix nach China: Im neuen Album, das am 3. April 2023 erscheint, wird die Geschichte des Realfilms „Asterix und Obelix – Im Reicht der Mitte“ (ab 30.März 2023) nacherzählt. Nach über 10 Jahren kommen die beliebten Gallier somit endlich wieder zurück auf die große Leinwand!

Wir schreiben das Jahr 50 v. Chr. Die Kaiserin von China befindet sich nach einem Staatsstreich, angezettelt von dem verräterischen Prinzen Deng Tsin Qin, in Gefangenschaft. Mithilfe eines phönizischen Händlers und ihrer ergebenen Leibwächterin flüchtet Prinzessin Sass-Yi, die einzige Tochter der Kaiserin, nach Gallien, um sich die Unterstützung der heldenhaften Krieger Asterix (Guillaume Canet) und Obelix (Gilles Lellouche) zu sichern. Die beiden unzertrennlichen Helden sind gerne bereit, der Prinzessin bei der Rettung ihrer Mutter und der Befreiung ihres Landes zu helfen. Und so beginnt eine lange Reise und ein großes Abenteuer auf dem Weg nach China. Aber Cäsar (Vincent Cassel) und seine mächtige Armee dürstet es nach einem neuen Siegeszug und so sind auch sie auf dem Weg zum Reich der Mitte …

Wie immer gehört auch ein illustriertes Bilderbuch zum Merchandise-Bundle. Die Geschichte des Films – Regie führt Guillaume Canet, der auch in die Rolle des cleveren Galliers als Asterix schlüpft – wird mit wunderschönen, großformatigen Zeichnungen aus der Feder von Olivier Gay und Fabrice Tarrin im klassischen Asterix-Stil nacherzählt. Jede Menge Backpfeifen und Angriffe auf die Lachmuskeln sind garantiert.

Download-Link zum Filmtrailer: https://youtu.be/uTLg7Bsq4sY

Stay tuned – comix-online wird fortlaufend berichten!

Für die Wartezeit passen Dropkick Murphys „The Last One“ feat. Evan Felker of Turnpike Troubadours und eine Fanta Cassis.

© der Abbildungen 2022 Egmont Ehapa Media GmbH / LES ÉDITIONS ALBERT RENE

ZACK 280

ZACK 280 (Oktober 2022)

Herausgeber/Chefredaktion: Georg F. W. Tempel

Blattgold Verlag

Heft Din A 4 | 92 Seiten | Farbe | 9,00 €
ISSN: 1438-2792

Cover ZACK 280

Kaum sind die sommerlichen Hitzeperioden mit Dürre allerorten Vergangenheit, regen sich schon die ersten wieder über den Herbstregen auf. Nun ja, schön, wenn es keine anderen Probleme gäbe. Trotzdem ist es wichtig, nicht in Depressionen zu verfallen, sondern auch die kleinen Dinge genießen zu können. Für eine relevante Anzahl von deutschen Comicleser*innen gehört das ZACK dazu. Und für eine Teilgruppe, nämlich die Abonnent*innen, gibt es sogar noch die Möglichkeit, das neue ZACK-Spezial mit Alain Cardan hinzuzufügen! Empfehlenswerte Mischung aus Science-Fiction und Krimi aus der Zeit kurz vor Beginn der Weltraumfahrt von Delporte und Forton!

Die Neustarts

Die Flintenweiber sind zurück! Nachdem das letzte Abenteuer dieser Alternativweltgeschichte damit geendet hatte, dass sie gerade noch der Polizei entkommen waren, ist jetzt erst einmal Pflege angesagt. Während die Drei noch im Besitz des Siegelringes sind, werden andernorts schon diplomatische Verwerfungen angedeutet, sollte dieser nicht wiedererlangt werden können. Ètienne Willem zeichnet Das Porträt des Antiquitätenhändlers mit genauso viel Witz und Kunst wie den Vorgänger und Pierre Pevel spielt hervorragend mit der Mischung aus Cyber Punk, Märchenwelt, feministischem Abenteuer und History. Ein Glanzstück!

ZACK 280 page 5

Und als Vorgeschmack auf das nächste ZACK-Spezial Album gibt es schon einmal eine Kurzgeschichte mit Jari. Der junge Tennisspieler ist auf dem Weg, ein Star zu werden und tummelte sich von 1957 an nicht nur auf Sportplätzen sondern auch auf den Seiten von Tintin. Der unbezwingbare Gérard von dem bekannten Raymond Reding ist ein klassischer Sportcomic; ein Topic, der mehr als Motorsport zu bieten hat!

ZACK 280 detail page 66

Die Fortsetzungen

MADI ist ein Comic von Duncan Jones und Alex de Campi, der eigentlich als Film geplant war, und von unterschiedlichen Zeichner*innen umgesetzt wird. In dieser Folge dürfen die sehr britischen Glenn Fabry und Duncan Fegredo ran. Es geht in Es war einmal in der Zukunft um moderne Söldner*innen, die sich selbst an bestimmte Orte bringen. Dort können sie dann von in weiter, sicherer Entfernung sitzenden Menschen übernommen und ferngesteuert werden. Diese menschlichen Quasi-Drohnen haben zudem ihre Selbstoptimierung schuldenfinanziert auf die Spitze getrieben und viele ihrer Körperteile durch „bessere“ Implantate ersetzt. Düstere Vision des Sohns von David Bowie.

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Eine der von unseren westlichen Nachbar*innen übernommenen Serien ist Saul von Willem Ritstier. Ein muskelbepackter Mann wird zur Fahndung ausgeschrieben, von einer Kopfgeldjägerin gefangengenommen und muss sich nun plötzlich alleine in einer postapokalyptischen Welt durchschlagen. Gefährliche, tierische Räuber machen das (Über-)Leben allerdings nicht einfach. Realistische Zeichnungen von Apri Kusbiantoro lassen die Monster sehr eindringlich erscheinen. Endstation hätte auch in das Kobra der 80-er Jahre gepasst.

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Die Abschiede

Die ersten Seiten des Schlusskapitels von Der letzte Link lassen die Leser*innen befürchten, dass alles umsonst war und unter einem Kugelhagel zugrunde gehen wird. Ganz so einfach ist es dann aber doch nicht und der Kampf von Terrence Trolley um die Freiheit der fast schon gezüchteten Mutant*innen endet für einige in gewisser Weise romantisch. Raue Zeichnungen von Patrick Boutin-Cgané betonen den Actioncharakter der Serie von Serge Le Tendre, beweisen ihre Qualität aber auch bei den fröhlichen Panels. Well done!

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Im schon ziemlich genialen Finale von Jerusalem überschlagen sich die Ereignisse: Während Professor Barabas Krimson in der Zeit hin- und herschickt, versuchen Suske und Jerusalem auf Amoras zu überleben.  Und auch über Wiske gibt es Neuigkeiten während Lambik und Jerome unbedingt Hilfeleistung geben möchten, es aber ständig nicht schaffen. Marc Legendre und Charel Cambré haben die Familienserie in ihrer Ausrichtung komplett gedreht und präsentieren Spannung und Adrenalin verknüpft mit Humor und Science-Fiction. Ehrlicherweise verstehe ich nicht, warum diese Serie bei den Wahlen so schlecht abgeschnitten hat. Vielleicht muss man sich erst mit den hierzulande eher unbekannten Figuren anfreunden.

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Und sonst?

Für Onepager ist in diesem Heft wegen der zusätzlichen Kurzgeschichte kein Platz. Es gibt aber natürlich die zwei längeren Artikel, in denen Christian Endres das Humboldt-Wundertier von Flix vorstellt und Bernd Hinrichs die Gesamtausgabe von Fox. Michael Klein erinnert an das ZACK vor 50 Jahren mit den unendlichen Weiten von Raumschiff Enterprise und die üblichen News, Kommentare und Kurzbesprechungen unterstützen uns in dem Bemühen, auf dem Laufenden zu bleiben.

Hilft das ZACK mit, irgendeine der aktuellen Krisen zu überwinden? Sicherlich nicht! Aber vielleicht dabei, trotz allem nicht die Nerven zu verlieren und Kraft zu schöpfen. Und damit stärkt es die neudeutsch sogenannt Resilience. Früher hätte es vielleicht ausgereicht, zu sagen, dass das ZACK-Lesen Spaß macht.

Dazu passen The Who mit „My Generation“und außerdem naht die Herfstbok-Zeit.

© der Abbildungen 2022 bei den jeweiligen Autoren und Verlage c/o Blattgold GmbH

Charlot / Fourquemin – Lord Harold GA

Die Fälle von Lord Harold dem Zwölften – Gesamtausgabe

Story: Philippe Charlot
Zeichnungen: 
Xavier Fourquemin

Originaltitel: Les Enquettes de Lord Harold, Douxieme du Nom – Blackchurch/Trois Petites Souris

Piredda Verlag

Hardcover | 144 Seiten | Farbe | 30,00 € 
ISBN: 
978-3-949968-01-3

Cover Lord Harold GA

London ist mit seiner Geschichte, seinem Nebel und seinen lange als gefährlich und verrucht klassifizierten Vierteln an der Themse ein bevorzugter Schauplatz für Kriminalgeschichten. Das gilt besonders für die Viktorianische Zeit als moderne Technologie, moderne Methoden und moderne Auffassungen noch weitgehend unbekannte Zukunft waren. Trotz allem gab es immer schon Menschen, die sich mit dem Staus Quo nicht abfinden wollten und nach Neuem suchten. Einer davon ist Lord Harold Alaister Cunningham Talbot der Zwölfte.

Moderne Ermittlungstaktik und Standesdünkel

Lord Harold, der Zwölfte seines Namens, ist ein junger Adeliger, der nicht viel auf hergebrachte Verhaltensweisen gibt. Und so beschließt er, seine Kenntnisse nicht nur theoretisch zu erweitern, sondern auch praktisch anzuwenden. Als er dementsprechend seinen Dienst bei der Polizei antritt, stößt er gleich einer ganzen Anzahl von Mitbürgern vor den Kopf: Seinem Butler, dem diensthabenden Offizier der Wache in Blackwater, und seinem Butler Donald, der nun nicht mehr weiß, wie er sein Versprechen, dem Herrn zu dienen, umsetzen soll. Auch der Constabler des Towers ist alles andere als begeistert.

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Neben Harolds Tanten steht allein die Königin diesem Experiment aufgeschlossen gegenüber, verlangt allerdings auch Erfolge. Blackchurch führt zunächst die Personen ein, vor allem natürlich den jungen Lord, seinen Hund Hermes und die zwei Beamten, die ihren Dienst mit ihm zusammen versehen werden. Die andere Hauptrolle nimmt eines der verrufenen Viertel Londons ein, Blackchurch, das fest in der Hand von Gauner*innen ist. Leider hat der Ruf mittlerweile so stark gelitten, dass kaum noch betuchte Menschen sich dort blicken lassen.

Harold verliert nie den Mut und glaubt, dass auch die Bewohner*innen dieses Viertels eigentlich gute Menschen sein könnten, wenn sie nicht am Rande des Abgrundes stünden. Der Konstabler und einige Adelige sind dagegen der Meinung, dass Blackchurch ausradiert werden müsse. Drei kleine Mäuse setzt diesen Kampf fort. Philippe Charlot beweist auch in dieser Serie, dass er ein Händchen dafür hat, Geschichten mit kleinen Begebenheiten Tiefe zu geben und sie somit glaubwürdiger zu machen. Dabei beweist er großen Respekt vor den Tugenden und Verachtung für Scheinheilige.

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Rasantes Tempo

Die Geschichte wird in vielen Abschnitten sehr rasant erzählt. Manchmal hat man das Gefühl, dass Xavier Fourquemin seine Personen nur im Laufschritt auftreten lässt. Dieses Tempo artet aber nicht in Hektik aus, sondern entspricht der Unsicherheit der Personen, die sich Stillstand nicht leisten können. Einzig die Tanten und die Königin bilden einen gegensätzlichen Ruhepol mit ihren Teezeremonien. Butler Donald steht irgendwie dazwischen.

Die einzelnen Panels sind in sehr klar gliedernden Streifen angebracht. Diese unterscheiden sich nur in der Höhe und erlauben damit unterschiedliche Dynamiken. Besonders gut gelungen sind die „unheimlichen“ Szenen, die an Edgar Wallace-Filme erinnern und der jugendliche Übermut, den Lord Harold fast in jedem Bild ausstrahlt.

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Sehr schöne, moderne Erzählung

Der Piredda-Verlag schafft es immer wieder, Serien an Land zu ziehen, die auch gut in das ZACK gepasst hätten. Auch Lord Harold ist so ein Fall: nicht zu viel Gewalt, aber auch kein Kindercomic. Ansprechender Semi-Funny, der Humor mit anspruchsvoller Story paart ohne hyper-realistische Zeichnungen zu bringen. Wer Das Mädchen von der Zeitausstellung oder Die Flintenweiber mag, wird hier ebenfalls Spaß haben!

Die Gesamtausgabe enthält neben den Covern der Einzelbände auch noch einen ganzen Schwung von Illustrationen. Figurenstudien, Skizzen und Seitenentwürfe runden die Ausgabe angemessen ab. Für Liebhaber*innen gibt es auch eine (verlagsvergriffene) limitierte Sonderausgabe.

Details aus Anhang Lord Harold GA

Dazu passen No Respect mit “Human Scum” und ein Dark Porter.

© der Abbildungen Editions Glénat 2020-2021 by Philippe Charlot & Xavier Fourquemin / 2022 Piredda Verlag

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