Jahresrückblick 2020

Corona, Tops & Flops und gute Wünsche

Ein seltsames Jahr geht zu Ende. Schon lange war immer wieder befürchtet worden, dass eine bisher unbekannte Krankheit sich pandemisch ausbreiten und unzählige Tote verursachen könnte. Mit COVID-19 ist dieses Schreckgespenst Realität geworden und was bisher undenkbar schien ist plötzlich Alltag: Die Menschen tragen auch in Europa Masken wenn sie aus dem Haus gehen, Geschäfte sind über längere Zeiträume geschlossen, ja, es gibt sogar Ausgangssperren. In einigen Gebieten können die Toten nicht mehr schnell genug beerdigt werden und die Krankenhäuser sind über die Kapazitätsgrenzen hinaus mit Patient*innen belegt. Vor einem Jahr wäre das einzig ein Szenario für ein Katastrophensetting gewesen.

Corona hat auch den Comic-Markt ein wenig durcheinander gewirbelt: Erlangen hat nur digital stattgefunden, die Comic-Cons sind ausgefallen, die Rudolph-Dirks-Awards wurden ohne Publikum verliehen, der Gratis-Comic-Tag wurde auf den September dezentralisiert und findet in 2021 gar nicht statt.

Ich wünsche euch und uns allen, dass das kommende Jahr besser wird, die Krankheit mit Impfungen eingedämmt werden kann, und Verschwörungstheoretiker*innen wieder im Keller verschwinden. Vielleicht können wir ja sogar den gemeinsamen Willen, Sterbefälle nicht einfach hinzunehmen, auf andere Ursachen ausdehnen. Andere Gefahrenquellen gibt es genügend.

R.I.P.

Auch 2020 sind wieder viele Akteure im Comicgeschäft verstorben; Größen der franko-belgischen Tradition wie auch der US-amerikanischen sowie ein „Urgestein“ der deutschen Comic-Szene. Da ich hier keineswegs einen vollständigen Nekrolog bieten kann und möchte, sei an die folgenden Namen exemplarisch erinnert: Wolfgang J. Fuchs, Albert Uderzo, Mort Drucker, Dennis O’Neil, André-Paul Duchâteau, Alex Varenne, Malik und Richard Corben.

Die besten Comics in 2020

Ich möchte heute meine Favoriten aus den Erscheinungen von 2020 vorstellen: rein subjektiv und unbeeinflusst. Um das etwas zu gliedern erfolgt die Vorstellung in fünf Kategorien: Alben, Graphic Novels, Gesamtausgaben, Sekundärwerke und Zeitschriften. Dazu kommt dann noch die Reihenfolge der Beiträge basierend auf den Zugriffszahlen in 2020. Wer möchte sei dazu aufgefordert, die eigene „Bestenliste“ als Kommentar zu posten!

Album des Jahres

Für mich ein wenig unerwartet, aber der beste Comic kommt tatsächlich aus dem Superheldenbereich: Joker/Harley – Psychogramm des Grauens ist eine vielschichtige Story von Kami Carcia ohne Schnickschnack, Superkräfte oder göttliche Wesen. Elemente aus Cop-Serien, Psychologie und DC-Universe werden geschickt verwoben und das mit außergewöhnlichem Artwork! Ich bin sehr gespannt auf die beiden noch fehlenden Teile dieser Miniserie unter dem Black Label.

Lucky Luke begleitet mein Leben schon seit fast fünfzig Jahren. Irgendwie immer lustig, gut gezeichnet aber auch ein wenig austauschbar. Schon die letzten Bände von Achdé und Jul haben gezeigt, dass sich das mehr und mehr ändert, aber die Fackeln im Baumwollfeld sind wirklich beeindruckend: aktuelle Themen, der erste farbige Hauptcharakter, starke Frauenfiguren und ein Humor, der auf verschiedenen Altersstufen wirkt, ohne aufgesetzt zu sein! Platz 2!

Platz 3 geht an ein Endzeitszenario: Zep hat mit The End einen Ökothriller allererster Güte abgeliefert. Die Natur schlägt zurück, ist aber doch noch irgendwie versöhnlich dabei. Unterlegt mit dem Refrain eines Doors-Song entwickeln die Bilder eine sehr eigene Stimmung.

Der vierte Rang geht an die Kronieken van Amoras: Legendre und Cambré haben die klassische All-Age-Serie Suske en Wiske auf eine sehr spannende Weise modernisiert und auf ein Niveau für Erwachsene gehoben. Umweltpolitik, Korruption, Gewalt, Arbeitslosigkeit; es gibt kaum ein aktuelles Thema, das nicht irgendwie in die Stories eingeflossen ist. Dazu kommt ein enormes Arbeitstempo der beiden Künstler. Wer kein Niederländisch versteht, darf sich trotzdem freuen: vom Sommer 2021 an wird die Amoras-Sage im ZACK erscheinen.

Und nicht zu vergessen Aristophania! Gute Hexen und Zauberer gegen die Truppen des Verbannten Königs und mittendrin ein paar Kinder, die Hoffnungsträger*innen sein könnten. Grandiose Landschaften und eindrucksvolle Emotionen von Joel Parnotte, eine spannende Story von Xavier Dorison, was will man mehr!

Die besten Graphic Novels in 2020

Bei den Graphic Novels hat es in 2020 so viele gute gegeben, dass die Auswahl wirklich schwerfällt. Trotzdem musste ich mich für fünf entscheiden:

Platz 1 geht an Der Wolf von Jean-Marc Rochette! Der uralte Kampf zwischen Tier und Mensch, gegen die Unbillen der Natur und das Eindringen der Zivilisation auch in die letzten Schutzräume werden mit großartigen Bildern erzählt! Ein Beweis dafür, dass ein Comicprogramm nicht groß sein muss, um tolle Sachen zu produzieren!

Unmittelbar darauf folgt mit CH Links ein Verlag, der eigentlich nicht für Comics bekannt ist: Meine freie deutsche Jugend erzählt die Geschichte über das Heranwachsen in der ehemaligen DDR, mit allen Situationen, die nur dort passieren konnten, aber auch dem Charme der Kindheitserinnerungen. Dies gelingt ohne Hass und auch das ist erwähnenswert! Eine gute Adaption des Romans von Claudia Busch durch Thomas Henseler und Susanne Buddenberg.

Platz drei geht an Omaha, eine Geschichte nur für Erwachsene! Kate Worley erzählt die Geschichte einer Frau, die ihren Platz in der Gesellschaft sucht und mit männlichen Machtstrukturen, Bigotterie, Korruption, Erpressung und Mord aber auch mit Liebe und Freundschaft umzugehen hat. Die Bilder von Reed Waller sind teilweise mehr als freizügig aber nie voyeuristisch! Klassiker der Independents und der Fur-Art, der jetzt wieder aufgelegt wird.

Platz 4 ist eine Literaturadaption. Die Insel des Dr. Moreau von Adams und Rodríguez modernisiert die klassische Story von H.G. Wells behutsam. Tolles Artwork für ein politisch hochbrisantes Thema, gespickt mit einem Kampf der Geschlechter. Besser als Kino!

Platz 5 geht an die wohl klassischste aller Graphic Novels, die jetzt endlich und erstmals komplett auf Deutsch vorliegt: Corto Maltese von Hugo Pratt! Gespickt mit Hinweisen auf Literatur und in historischen Zusammenhängen spielend, graphisch sowohl in schwarz-weiß als auch farbig funktionierend und dann auch noch mit vielen Illustrationen und Artikeln in einer einheitlichen Hardcoverausgabe!

Die besten Gesamtausgaben in 2020

Das Nest von Regis Loisel und Jean-Louis Tripp ist ein Comic-Roman über neun Bände. Eins bis drei sind im ersten Teil der gerade erschienen Gesamtausgabe versammelt. Ein kleines Dorf in Kanada muss sich der Moderne stellen: selbständige Frauen, unmännliche Männer und ganz viel Verwirrung bei den Traditionalisten. Großartig! Platz 1!

© 2018 Casterman, © Carlsen Verlag GmbH, Hamburg 2020

Paolo Eleuteri Serpieri dürfte vielen bekannt sein als Zeichner von Druuna, einer sehr freizügigen SF-Serie. Seine Kariere begonnen hat er aber mit sehr einfühlsamen Geschichten über die Eroberung des sog. Wilden Westens, die Vernichtung der amerikanischen Ureinwohner und den Kampf gegen die Natur. Die mit dem vierten Band abgeschlossene Collection Serpieri – Western hat diese Kurzgeschichten (zum Teil erstmals) dem deutschen Publikum wieder zugänglich gemacht. Platz 2!

Gleich mit zwei Bänden ist Walhalla – Die gesammelte Saga in diesem Jahr gestartet. In der aus dem Dänischen übersetzten Serie von Peter Madsen und Henning Kure werden die nordischen Heldensagen lebendig. Fast perfekte Ausgabe mit reichlich Hintergrundmaterial und Illustrationen sowie Angaben zu den ursprünglichen Mythen. Erschienen in der Edition Roter Drache.

Abgeschlossen ist die Ausgabe aller Science-Fiction und Fantasy Stories die Wally Wood für den EC-Verlag gezeichnet hat. Nach Szenarios von Bill Gaines, Al Feldstein und Ray Bradbury hat Wood unvergessliche Monster geschaffen, aber vor allem Stimmungen kreiert, die den Leser*innen noch heute Gänsehaut über die Arme jagen und damit Platz 4 verdient.

Schließlich den Weg in die Top five gefunden hat auch Aria von Michel Weyland. Die Kriegerin Aria ist unabhängig, löst die Aufgaben eher mit dem Köpfchen als mit dem Schwert, kann sich aber trotzdem durchsetzen, wenn es darauf ankommt. Sie lebt in einer teils brutalen, teils romantischen Welt und hat ein ganz eigenständiges Kapitel im Buch der Fantasy geschrieben. Zwei Bände pro Jahr mit vielen Illustrationen, weiterführenden Texten und Gedanken von Weyland zur Entstehungsgeschichte jedes Albums.

Eine lobende Erwähnung geht an Kult Comics für die Veröffentlichung von den Werken Eric Heuvels. Nicht nur die bekannten Serien January Jones und Bud Broadway, auch die educational comics, Carbeau oder Gezeichnet hats… erscheinen in schöner Regelmäßigkeit und perfekter Aufmachung, aber eben nicht als Gesamtausgabe und deshalb nicht in diese Kategorien passend!

Die besten Sekundärwerke in 2020

Das ohne jeden Zweifel beste Sekundärwerk des Jahres ist The History of EC Comics von Grant Geissman! Das großformatige und voluminöse Werk aus dem Taschen Verlag wiegt mehr als 6 Kilo und präsentiert über 1000 Abbildungen! Dazu kommt der sehr fundierte Text des langjährigen Kenners der Materie, allerdings auf Englisch. Mit diesem Band beweist Taschen mal wieder, dass Kunstdarbietung, detailreiche Inhaltsvermittlung und perfektes Coffee-table-book keine Widersprüche sein müssen, sondern sich super ergänzen können!

Platz zwei geht an einen Ausstellungskatalog. Kein leichtes Thema in diesem Jahr, waren doch Museen über lange Zeit geschlossen und mussten Pläne über geplante Exhibitions immer mal wieder neu geschrieben werden.  Fix & Foxi – Die Entdeckung von Spirou, Lucky Luke und den Schlümpfen ist eigentlich begleitend zu einer Ausstellung im Karikaturmuseum Krems erschienen, ermöglicht aber natürlich auch den Genuss zu Hause. Während die Geschichte des Kauka-Verlages schon das eine oder andere Mal Gegenstand von Veröffentlichungen und Katalogen war, liegt der Schwerpunkt hier auf der Einführung der frankobelgischen Klassiker in den deutschen Markt.

Auch der dritte Platz geht an die Edition Alfons: Die Reddition ist beständig, informativ, tiefschürfend und reich und sinnvoll illustriert. Die Redaktion geht Themen breit an und präsentiert damit einen Überblick, der seines Gleichen sucht. In diesem Jahr ging es zunächst um Zeitungscomics in Deutschland und dann um die Serie Blake und Mortimer.

Die besten Zeitschriften in 2020

Monat für Monat präsentiert der Gewinner eine genreübergreifende Auswahl an europäischen und anderen Comics: das ZACK vereinigt Klassiker, moderne Varianten davon und eine große Zahl an traditionellen wie auch innovativen Serien für mehrere Generationen von Lesern und Leserinnen. Die alten Recken wie Rick Master und Michel Vaillant wurden modernisiert, moderne Serien wie Giant, Haute Cuisine oder Millennium präsentiert und preisgekrönte Werke wie die Morde im Mai veröffentlicht. Dazu kommen Artikel, Infos und Kurzgeschichten.

Der zweite Platz geht an ein Magazin in unserem Nachbarland: JUMP. Die Uitgeverij Personalia hat schon vor einigen Jahren mit dem ebenfalls absolut empfehlenswerten StripGlossy ein sehr erfolgreiches Konzept gelauncht und versucht jetzt wieder etwas Neues. Während früher Kinder eine ganz natürliche Zielgruppe von Comic-Magazinen waren, gibt es diese mittlerweile entweder als ganz spezielle Themenmagazine, meistens orientiert an TV-Sendungen, oder aber als Disney-Publikationen. Ein unabhängiges, comic-fixiertes Medium ist dagegen neben den auf ältere Leser*innen ausgerichteten Heften nicht mehr anzutreffen. Genau diese Lücke versucht Jump zu schließen!

Platz drei geht an das auflagenstärkste Comic-Heft Deutschlands. Mosaik ist eine Institution und begeistert seit über 540 Monaten kleine und große Leser*innen mit den Abenteuern der Abrafaxe in der Zeit. Aktuell befinden sich die Drei in der Südsee zu Zeiten des deutschen Kaiserreiches. In Zusammenarbeit mit der Stiftung Lesen gibt es in jedem Heft weiterführende Infos, Spiele und Museumstipps.

Comeback des Jahres

Zum Schluss noch das Comeback des Jahres: In den 80-er-Jahren war Dani Futuro zu Gast auf den Seiten des Koralle-ZACK und brachte es 1983 auf drei Alben bei Semic. Seit ein paar Tagen ist er zurück und kommt erstmals komplett und einheitlich in insgesamt acht Bänden beim All Verlag! Band 1 beschreibt die Rettung des verschollenen Jungen Dani. Rezension der Nummer 2 folgt in Kürze.

Eure Lieblinge in 2020

Unangefochtener Spitzreiter in 2020 bei den von euch geklickten Beiträgen ist die Ankündigung des Goldenen Hinkelsteins von Uderzo und Goscinny. Dahinter kommen der Katalog zur brillanten Moebius-Ausstellung in Brühl, der aktuelle Lucky Luke, der Jahresrückblick 2019 und der erste Teil von Omaha!

Auf dem sechsten Platz die Vorstellung des zweiten Halbjahres aus dem All Verlag, Geissman’s History of EC Comics, Zep, Der Serienkompass zu Corto Maltese und Walhalla 1.

Lakota, Mechanica Celaestium, Tunga 4, mosaik 532 und das interview mit Ralf König sind 11 – 15, Michel Vaillant 60, Asterix 38, das ZACK 250, der Ausblick von Georg Tempel auf Zack im Jahr 2021 und Allein 11 beschließen den Reigen der meistgelesenen 20.

Was bleibt?

Ich wünsche allen Leser*innen von comix-online Frohe Weihnachten und ein Glückliches neues Jahr, Vrolijk kerstfeest en een gelukkig nieuw jaar und vor allem Gesundheit für Euch und eure Lieben! Stay safe and healthy!

Musikalisch passt zu dieser Zeit des Jahres etwas Weihnachtliches: The Pogues and Kirsty MacColl mit Fairytale of New York! Dazu ein Kerstbock und die Reise durch die Empfehlungen kann losgehen.

© aller Abbildungen bei den jeweiligen Verlagen und Künstler*innen wie in den Linkzielen genannt.

All Verlag – Programm 2021 Teil 1

Ansgar Lüttgenau zum Programm des All Verlag im ersten Halbjahr 2021

Wenn etwas zum dritten Mal passiert ist es eine Serie, oder? Nun, jedenfalls hat sich Ansgar wieder unseren Fragen zum Programm vom All Verlag gestellt. Vielen Dank!

Neuheitenoffensive im Anmarsch

c-o: Ansgar, das Jahr 2020 war alles andere als geplant: Ladenschließungen, keine Veranstaltungen, mehr online Bestellungen. Wie hat sich covid-19 auf den All Verlag ausgewirkt? Und wie wirkt sich das auf das 10-jährige Jubiläum aus. Ich könnte mir vorstellen, dass trotzdem das eine oder andere in Planung ist.

Konkrete Auswirkungen, was die Arbeit betrifft gab es eigentlich gar nicht, da sowieso alles über Telefon und E-Mail läuft. Der Umsatz ist leicht gestiegen und in unserem Online Shop wurde etwas mehr bestellt. Das kann aber auch an den Neuerscheinungen liegen. Was wir speziell zum 10 – jährigen Verlagsjubiläum machen, überlege ich noch. Wenn wir was machen, dann sowieso erst im 2. Halbjahr. Ich sage nur „Neuheitenoffensive“.

c-o: Das letzte Jahr hat aber auch gezeigt, dass klassische französische Alben Konjunktur haben und nachgefragt werden, wenn denn das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt. Bei Dir wird alles im Hardcover verlegt, oft genug auch noch mit informativem Teil und erscheint als Vorzugsausgabe für Sammler. Was für Reaktionen erhältst du von deinen Kunden?

Die Reaktionen halten sich in überschaubaren Grenzen. Man kann das sehr schön im Comicforum verfolgen. Bis die Bücher erscheinen gibt es oftmals viele Beiträge, wenn die Bücher erschienen sind nur wenige. Ich denke, das ist auch ein Ausdruck dafür, dass die Kunden zufrieden sind.

c-o: Mit Messalina kommt jetzt erstmals eine Serie nur für Erwachsene im All Verlag. Kannst Du etwas über Deine Motivation verraten?

Zum einen gehts um Autorenpflege. Zu anderen finde ich es immer spannend auszutesten, was so geht. Im 2. Halbjahr starten wir z.B. auch eine Gesamtausgabe einer Zeitungsstripserie. Das ist dann mehr etwas für den klassischen Buchhandel. Mal schauen, wie das so läuft.

ZACK-Klassiker bekommen Zuwachs

c-o: Bruno Brazil kommt im Original und in der neuen Serie, Luc Orient, Alain Chevallier, im Winter Dani Futuro und nun auch noch Bob Morane – die Herzen der Generation ZACK schlagen immer höher. Dieses Segment ist mittlerweile ein echter Schwerpunkt. Wie schaffst du es als immer noch relativ junger Verlag all diese Lizenzen zu bekommen?

Es kommen ja noch einige mehr. Die Lizenzen dafür zu bekommen ist oftmals eine Herausforderung und zieht sich oft über Monate, manchmal sogar über Jahre. Allein einen Kontakt mit den Rechteinhabern, oftmals die Künstler selbst oder deren Erben, herzustellen, bedarf einiger detektivischer Fähigkeiten. Eine schöne Nische, weil so etwas für jeden „normalen“ gewinnorientierten Verlag zu aufwändig ist.

c-o: Du hältst weiterhin ein ausgewogenes Verhältnis ein von Gesamtausgaben in Sammelbänden und in Einzelausgaben. Nach welchen Kriterien triffst Du die Entscheidung für das eine oder andere Format?

Ich schaue mir an, in welcher Form es die Serie bereits gab und welche Form ich selbst bei der Serie bevorzugen würde.

Tops’n‘Flops

c-o: Wie immer kommt die Frage nach den Tops und Flops des letzten Jahres – was hat dich am meisten überrascht?

Am besten verkaufen sich immer noch die Wunderwaffen. Aber auch mit Hombre und Valentin bin ich sehr zufrieden.

Nicht so gut sah es bei Alwilda, Hel’Blar und Malefosse aus.

c-o: Und worauf freust du dich am meisten?

Am interessantesten finde ich ja immer die Neustarts. Und da kommt im 2. Halbjahr ein Western auf den ich mich besonders freue. Es hat über ein Jahr gedauert bis der Vertrag unterschrieben war, weil da fast ein Dutzend Erben der beteiligten Künstler involviert waren und überzeugt werden mussten. 

Das Programm im Überblick

Februar 2021 
Bruno Brazil – Die neuen Abenteuer 2Black Program 2
Bruno Brazil 9Alles oder nichts für Alak 6
Hombre 3Gesamtausgabe
März 2021 
Alain Chevallier 2Ein teuflisches Rennen
Alain Chevallier 9Das Todeskommando
Messalina 1Der Tempel des Priapos
Messalina 2Lust und Tod
Mai 2021 
Luc Orient 924 Stunden für die Erde
Luc Orient 10Der 6. Kontinent
Die Wege voon Malefosse 5Gesamtausgabe
Juni 2021 
Bob Morane 1Die Atom-Schmuggler
Bob Morane 9Guerilla in Tumbaga
Valentin 2Gesamtausgabe

© aller Abbildungen 2021 All Verlag und jeweilige Lizenzgeber

Nolane/Maza – Wunderwaffen – Geheime Missionen 1

Das Phantom-U-Boot

Story: Richard D. Nolane
Zeichnungen: Maza

Originaltitel: Wunderwaffen – Mission secrètes 1 Le U-Boot fantôme

All Verlag
Hardcover | 48 Seiten | Farbe | 15,80 €
ISBN:  978-3-96804-004-2

Die Story – Verschollen im Bermuda Dreieck

Die Hauptserie Wunderwaffen ist ein Alternativweltszenario in der die Landung der Alliierten in der Normandie schief gegangen ist und das nationalsozialistische Deutschland weiter existiert. Es befindet sich immer noch im Kriegszustand und der im Mittelpunkt stehende Held hat seine persönlichen Widersprüche gegen das Regime, macht aber trotzdem mit. Die Serie ist so erfolgreich, dass es jetzt ein Spin-Off gibt: Die Geheimen Missionen sind weniger eingebunden in den Fortgang des Krieges und präsentieren einen neuen Ermittler in den Reihen des Ahnenerbes.

Auch Richard Wolfart macht keinen Hehl aus seiner Gegnerschaft zum NS-Regime. Als Sonderermittler gehört er zur Kriegsmarine und arbeitet an Problemfällen. Hier wird er direkt von Himmler angefordert um die Vorgänge um U-142, das Phantom-U-Boot aufzuklären. Es war 1918 im sogenannten Bermudadreieck verschwunden und ist nun, im September 1945, wieder aufgetaucht. An den Geschützen haftete noch der Geruch von Pulver, die Besatzung war aber nicht zu sehen.

Das U-Boot wird aus dem feindlichen Gebiet in ein U-Boot-Dock im besetzten Frankreich verbracht und die Mannschaft muss feststellen, dass vielleicht doch nicht alles „Lebendige“ verschwunden ist. Nolane schreibt eine spannende Geschichte die mit etwas anderen Vorzeichen auch gut als X-Akte hätte durchgehen können. Bis auf die für meinen Geschmack zu häufig in das Bild springenden Abzeichen auf Uniformen, Fahnen und Kriegsgeräten ist auch der Rahmen der Armee fast austauschbar, wäre da nicht im Hintergrund die Angst vor der SS und ihren Führern. Wolfart selbst wird zwar als Kritiker vorgestellt, worin seine Kritik oder gar ein aktiv anderes Verhalten aber bestehen sollen wird zumindest in dem ersten Teil nicht deutlich.

Die Zeichnungen

Maza liebt es augenscheinlich, technisches Gerät und Waffen zu zeichnen. Auch den Einsatz dieser Waffen stellt er sehr anschaulich dar und braucht damit sicherlich keinen Vergleich mit zum Beispiel Tanguy & Laverdure oder Buck Danny zu scheuen. Und auch History-Comics zeigen mittlerweile ständig Hakenkreuze. Und schließlich: Alternativszenarios, in denen die Deutschen den Zweiten Weltkrieg gewonnen haben, gibt es relativ häufig, man denke etwa an das auf Phillip K. Dick beruhende Man in the high Castle.

Mazas Stil ist einerseits sehr realistisch, andererseits setzt er stark auf konturierende Linien. Seine Zeichnungen erinnern daher ein wenig an alte Zeitungsstrips und passen sehr gut zu diesem Actionszenario. Die Seiten haben prinzipiell ein ordnendes Raster, dieses wird aber durch wechselnde Überspannungen sehr lebendig und lässt auch Diagonalen und Überlappungen zu. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die erfolgreichen Wunderwaffen ein Spinn-off erhalten haben.

Trotzdem bleibt ein gewisses Unbehagen. Weder Zeichnungen noch Szenario zeichnen ein Bild der glorreichen Deutschen Armee oder gar der NS-Spezialtruppen. Dem Comic ist eine antimilitaristische Haltung total fremd aber auch keine militaristische zu eigen. Für eine Mystery-Serie ist das Setting auf jeden Fall eine Abgrenzung zu den unzähligen anderen Serien mit gleichem Inhalt und wird nicht dazu führen, dass viele Leser Ideologien hinterherlaufen. Handwerklich gut gemacht ist der Band allemal und so sind die Wunderwaffen-Missionen gewissen anderen Erzeugnissen 1000-mal vorzuziehen!

Natürlich ist der Band im Überformat auf festem, etwas glänzendem Papier in stabilem Hardcover wieder in guter All Verlags Qualität und daher auch als limitierte Ausgabe mit signiertem ExLibris und Schutzumschlag erhältlich.

Detail aus dem ExLibris der Vorzugsausgabe

Dazu passen ein Marine-tauglicher Grog und Reinhard Mey & Freunde mit „Nein, meine Söhne geb ich nicht“!

© der Abbildungen 2020 All Verlag, 2019 Éditions Delcourt / D. Nolane / Maza

Burn/Hurtt – Die Sechste Waffe 6

Gesamtausgabe Band 6: Geistertanz

Story: Cullen Bunn
Zeichnungen: Brian Hurtt

Originaltitel: US-The sixth Gun – Ghost Dance (30 – 35)

All Verlag
Hardcover | 160 Seiten | Farbe | 19,80 €
ISBN:  978-3-96804-006-6

Die Story

Ursprünglich war die im Original bei Oni Press erscheinende Serie mal als Western mit Mystery-Elementen gestartet. Sehr schnell hatte sich angedeutet, dass das Setting zwar im Western-Milieu angesiedelt war, auch die Kostüme der Held*innen dort ihre Herkunft hatten, der angedachte Handlungsbogen aber weit darüber hinaus ging.

Es gibt sechs mythische Waffen, die die Fähigkeit besitzen, Welten bzw. Realitäten zu zerstören und neu zu erschaffen. Die neue Realität hängt also sehr eindeutig davon ab, wer die Waffen in die Hände bekommt. Nicht alle Welten sind angenehm für diejenigen, die darin leben müssen und nicht in allen gibt es gleiche Chancen auf einen „Neuanfang“.

Becky, eine der Protagonistinnen, besitzt die Sechste Waffe und wurde auf eine Reise durch die Geisterwelt geschickt. Weder dürfen ihre Begleiter*innen sie aktiv aus dieser Reise herausholen, denn dann würde sie wahrscheinlich irreparablen Schaden nehmen, noch ist garantiert, dass sie diese Reise überstehen wird. Ihr folgen nicht nur Skinwalker und Hungrige Wesen, auch ihre Gegenspieler versuchen die Situation auszunutzen.

Auf ihrer Reise reist die Heldin durch verschiedenste Inkarnationen der Realität und trifft auf Ritter und Drachen, Geister, entartete Kreaturen aber auch auf eine friedvolle Idylle im Mittleren Westen.

Cullen Bunn hat lange auf diese Episoden hingearbeitet wie im dem Band beigefügten Interview deutlich wird und freut sich, alle Register ziehen zu können. Ihm ist dabei eine besondere Serie in der Masse der Mystery-Plots gelungen, die durch den Genre-Mix überzeugen kann.

Die Zeichnungen

Brian Hurtt gibt alles, um die verschiedenen Welten und Realitäten gegeneinander abzugrenzen und wird dabei tatkräftig durch die Kolorierung von Bill Crabtree unterstützt. In dem schon angesprochenen Interview erläutern die Künstler, welche Rolle dabei die Farben spielen. Gerade durch die Beispiele wird dieses sehr deutlich und ermöglicht noch einmal einen ganz anderen Blickwinkel!

Aber auch ohne diese Hinweise wird deutlich, wie stark sich der Stil und die Fähigkeiten des Zeichners im Laufe der Geschichte weiterentwickelt haben. Vereinzelt sehen Panels immer noch etwas unfertig aus, andere sind sehr detailreich, klar in der figürlichen Darstellung und Bewegung und wirken fast schon europäisch. Man merkt der Seire an, dass sie keine Auftragsware ist, sondern mit Herzblut geschrieben und gezeichnet wird.

Den Figuren sind die harte Arbeit und die schwierigen Bedingungen anzumerken. Sie sind nicht gestylt, haben keine Modelmaße und sollen nicht „schön“ sein. Sie sind ehrlich, haben überzeichnete Ecken und Kanten und sind sogar leicht karikierend dargestellt. Dadurch unterstützen die Zeichnungen aber die Geschichte und drängen sich nicht in den Vordergrund! Vom Aufbau her ist das Werk sehr klassisch: Jede Seite hat drei in ihrer Höhe variierende Panel-Reihen mit eckigen Kästen. Auch diese Ordnung unterstützt aber den Fluss der Geschichte, die von so vielen Regeln getragen wird. Zwar werden diese alle hinterfragt, das Leben läuft aber weiter.

Die Ausgabe

Wie immer bringt Ansgar Lüttgenau neben der regulären Veröffentlichung auch eine auf 111 Exemplare limitierte Vorzugsausgabe an den Start. Diese hat neben einem anderen Cover und einem Schutzumschlag wieder ein von Brian Hurtt signiertes ExLibris als Beigabe! Das ist durchaus eine Überlegung wert denn die Sechste Waffe gehört zu den „guten“ alternativen Serien von der anderen Seite des großen Teiches!

Dazu passen ein Gin Tonic mit Rosmarin und der etwas angestrengte Soul der Redskins!

© der Abbildungen  2020 All Verlag / Cullen Bunn and Brian Hurtt

Feldstein/Wood – Aus dem EC-Archiv 3

Alle Science Fiction und Fantasy Stories Band 3 (1953 – 1956)

Story: Bill Gaines & Al Feldstein, Ray Bradbury, Otto Binder, Jack Oleck
Zeichnungen: Wallace Wood

Originaltitel: EC Archive 3

All Verlag

Hardcover | 176 Seiten | Farbe | 29,80 € |

ISBN: 978-3-96804-012-7

Mit diesem Band liegen endlich alle von Wallace Wood gezeichneten Stories aus den EC-Reihen Weird Fantasy und Weird Science bzw. ihren Nachfolgeserien auf Deutsch vor! Band 1 enthält im Wesentlichen die Geschichten von Wood und Harry Harrison, Band 2 enthält thematisch viele Stories nach Erzählungen von Ray Bradbury. Der nun vorliegende Band zeigt Wood auf dem Höhepunkt seines Schaffens für EC und zeigt deutlich, dass die zunächst sehr optimistische Grundstimmung gekippt zu sein scheint. Die Angst vor atomarer Vernichtung und vor unkontrollierbaren Mutationen aufgrund der atomaren Strahlung bilden so etwas wie einen roten Faden durch die insgesamt 24 Beiträge!

Wer mehr über den Verlag EC und seine Geschichte wissen möchte, sollte einen Blick in The History of EC Comics werfen! Der Autor Grant Geissman erzählt nicht nur von der innovativen Schaffenskraft dieses Verlages sondern beschreibt auch den Niedergang.

Die Geschichten

Die beiden Weird-Reihen waren die ersten echten Science-Fiction Comics in der Geschichte der Bildliteratur. Hier standen nicht etwa kostümierte Helden mit Superkräften im Mittelpunkt sondern Wissenschaftler, Militärs, Forscher oder aber auch einfache Raumfahrer! Anzumerken ist, dass es hier in allen Positionen Männer und Frauen gab die aktive handlungstreibende Rollen innehatten. Das Grauen kam aus den Begegnungen mit der Einsamkeit, der dann doch unbeherrschbaren Technik und natürlich auch aus den Begegnungen mit außerirdischen Wesen.

Wie bereits angedeutet stehen in den Geschichten aus der Mitte der Fünfziger Jahre aber eher „hausgemachte“ Probleme im Vordergrund. So langsam war klar geworden, dass atomare Kräfte nicht nur Kriege beenden, sondern auch gleichzeitig eine große Bedrohung für das Überleben der menschlichen Rasse darstellen konnten. So entdecken die Protagonisten der 6 bis 8-seitigen Stories auch immer wieder Zivilisationen, die sich ausgelöscht haben. Eine andere Gefahr deutete sich bereits an: Nicht nur Überlebende aus Japan sondern auch Beobachter der Testexplosionen wiesen nicht nur äußerliche Veränderungen wie Verbrennungen auf. Auch ihr Erbgut hatte Schaden genommen und Kinder waren mit seltsamen Mutationen geboren worden.

Die Zeichnungen

Mein persönlicher Favorit aus diesem abschließenden Band ist allerdings eine der beiden Bradbury Adaptionen – Es wird ein sanfter Regen fallen ist ein Abgesang auf die Moderne, melancholisch und ruhig und ein Meisterstück der SF-Literatur! Wood hat dieses perfekt in Bilder umgesetzt und die Stimmung noch verstärkt! Der Zeichner beweist ein weiteres Mal, dass er nicht nur geniale Monster erschaffen, sondern auch Stimmungen erzeugen kann, die zum Nachdenken anregen.

Ansgar Lüttgenau hat für seine Gesamtausgabe ein etwas dickeres Papier gewählt. Dieses gibt einerseits die Zeichnungen sehr genau und konturenreich wieder, erinnert andererseits aber auch an die alten Hefte! Da sich das Team außerdem sehr viel Mühe gegeben hat, die Einstiegssequenzen an die Übersetzung anzupassen ist dem Genuss keine Grenze gesetzt.

Für mich ist SF aus den 50-er und 60-er Jahren immer noch eine sehr lesenswerte Sache: Der grenzenlose Optimismus und die Technikgläubigkeit sind bereits vergangen und Fragen ob der Sinnhaftigkeit schleichen sich ein. Im Gegensatz zu späteren Epochen stehen aber Drogenexperimente und Endlosserien noch nicht im Fokus. Wally Wood verkörpert genau diese Stimmung als Zeichner und gehört für mich daher in eine Reihe mit Moebius und Mezieres!

Natürlich gib es auch wieder einen Essay über EC, Science Fiction und Wood von Heiko Langhans!

Fazit

Von mir eine klare Empfehlung für alle Fans des klassischen Comics. Wood hat vieles gezeichnet und nicht alles ist wirklich überragend, seine SF-Stories sind es aber wirklich! Für Science Fiction-Fans sowieso ein Muss und als Ergänzung zu dem oben bereits angesprochenen Band über EC mit allen Cover-Abbildungen eine perfekte Ergänzung!

Cover der limitierten Vorzugsausgabe

Für Afficionados gibt es natürlich wieder eine limitierte Ausgabe mit Ex Libris und Schutzumschlag aber auch die einfache Ausgabe kommt bereits im schmucken Hardcover.

Dazu passen Dark Side of the Moon von Pink Floyd und ein Gin Tonic mit Gurke und Eis!

© der Abbildungen 2020 All-Verlag, Wipperfürth

© 2020 William M. Gaines, Agent, Inc

Duchâteau/Denayer – Alain Chevallier 8

Die Rivalen

Story: André-Paul Duchâteau 
Zeichnungen: Christian Denayer 

Originaltitel: Les rivaux

All Verlag

Hardcover | 48 Seiten | Farbe | 15,80 € | 
ISBN: 978-3-946522-98-0

Alain Chevallier ist ein französischer Rennfahrer und Formel 1-Pilot, der sich im Laufe der Zeit immer mehr verbessert hat und mittlerweile zur Weltspitze gehört. Er hat keine große Firma im Familienbesitz hinter sich, sondern muss sich Erfolge und Weiterkommen selbst erarbeiten. Alain lebt in einer festen Beziehung mit einer erfolgreichen jungen Filmschauspielerin, die ihn zwar liebt und unterstützt, aber auch ihr eigenes Leben lebt.

Insgesamt 17 Alben sind erschienen und werden nun vom All Verlag in Form von einzelnen Hardcoveralben erstmals komplett auf Deutsch veröffentlicht. Siehe dazu auch die Rezi zum zeitgleich erschienenen Band 1. Noch ein Hinweis: einige könnten sich an einen gewissen Rolf Thomsen erinnert fühlen; Das war der Name des Helden während seines Auftritts im Koralle-ZACK.

Der Inhalt

Alain ist nicht der erste Rennfahrer in seiner Familie, denn auch sein Vater saß am Steuer eines Boliden bis er schließlich bei einem Unfall während des Rennens auf dem Nürburgring 1962 tödlich verunglückte. In den Unfall war ein englischer Fahrer namens Nick Hayward verwickelt, Alain hatte den Unfall als kleiner Steppke aus der Box verfolgt.

1976 sitzt nun der Junge von damals selbst am Steuer als der Große Preis von Deutschland ausgefahren wird und wie der Zufall es will kommt es erneut zu einem Unfall. Zwar kommt Alain ungeschoren davon, der Sohn von Hayward aber scheidet aus. Zwischen den Beiden entwickelt sich eine Feindschaft auf und neben der Piste die gefährlich auszuufern scheint. Natürlich ist die Situation ein gefundenes Fressen für die Hyänen der Sensationspresse.

André-Paul Duchâteau beweist erneut seine Fähigkeit, eine spannende Story zu konstruieren und dabei einen Mix aus Tragödie, Drama und ein wenig Krimi zu kreieren. Die Figuren sind glaubwürdig dargestellt und auch der Handlungsablauf benötigt keine Unwahrscheinlichkeiten um zu funktionieren. Die Rivalen sind dabei gleichzeitig emotionsgesteuert als auch getrieben von den Umständen.

Die Zeichnungen

Hatte Christian Denayer im Vorwort zu Band 1 noch mitgeteilt, dass er selbst mit der Qualität seiner Zeichnungen nicht wirklich zufrieden sei, hat sich das im Laufe der Jahre deutlich verändert. Der Panel-Aufbau war schon anfangs ziemlich gut und hat sich nur leicht verändert. Die Gesichter und überhaupt die Körper der Akteure haben dagegen einen qualitativen Sprung gemacht. Sahen einige Körper anfangs noch aus wie aus einem übertriebenen TV-Cartoon lassen sich jetzt die Proportionen auch im richtigen Leben wiederfinden.

Auch die Gesichter lassen nicht nur Emotionen erkennen, sondern sind mittlerweile auch einer Person zugeordnet. Spaß beiseite: Denayer hat wie jeder Zeichner ein wenig gebraucht, an seinen Schwächen zu arbeiten. In vielen anderen Projekten und auch bei Alain Chevallier beweist er seit Jahrzehnten seine Klasse. Schöner Klassiker des frankobelgischen Comics aus der Blütezeit der wöchentlichen Magazine.

Die Ausgabe

Alle Comics aus Ansgar Lüttgenaus All Verlag zeichnen sich durch eine hohe herstellerische Qualität aus: Gutes Papier mit passenden Farben, gute Bindung, wertiges Hardcover und für die Sammler*innen auch noch eine auf 111 Exemplare limitierte Vorzugsausgabe mit Gimmick: Ein Schutzumschlag und ein von Christian Denayer signiertes ExLibris lohnen sich durchaus.

signiertes Ex Libris der Vorzugsausgabe

Die ursprüngliche Zielgruppe bestand sicherlich aus Jungen. Einige 14-jährige werden sich immer noch für Motorsport interessieren, die meisten Käufer werden mittlerweile erwachsen sein, ihr ursprüngliches Faszinosum für Technik und Spannung aber bewahrt haben und nun auch das entsprechende „Taschengeld“ besitzen.

Dazu passen The Maytals und ein gekühlter Chardonnay.

© der Abbildungen 2020 All Verlag GmbH / 1978 by André-Paul Duchateau und Christian Denayer 

Goscinny/Tabary – Valentin 1

Valentin Gesamtausgabe Band 1

Story: René Goscinny (Kurzgeschichten), Jean Tabary 
Zeichnungen: Jean Tabary 

Originaltitel: Valentin le vagabond – Intégrale volume 1

All Verlag

Hardcover | 248 Seiten | Farbe | 29,80 € | 
ISBN: 978-3-946522-76-8

Es gibt ein paar Namen, die das Herz von Comic-Fans höherschlagen lassen. Einer davon ist der des französischen Szenaristen René Goscinny, der so klassische Geschichten wie Asterix, Lucky Luke oder den kleinen Nick getextet hat. Einiges davon ist sehr zeitlos, anderem haftet ein wenig mehr ein etwas nostalgischen Geruch an. Viele Klassiker gewinnen ihren Charme genau daraus!

Die Serie

Valentin ist dafür ein sehr gutes Beispiel! Er ist ein Vagabund und schon diese Bezeichnung wird möglicherweise heute nicht mehr verstanden. Sie bedeutet, dass der Held dieser Serie kein Zuhause hat, sondern im Wald, in Scheunen und vielleicht auch mal in Zimmern schläft. Er hat kein festes Einkommen, er arbeitet wenn nötig und nur für das Nötige – Luxusgüter wie Uhren, Wechselklamotten, sogar fließendes warmes Wasser sind im fremd. Trotzdem ist er nicht verwahrlost: Seine Taschen mögen voller Löcher sein, Valentin ist stets frisch rasiert und nutzt den Regen zum Duschen.

Mit seiner freundlichen, etwas naiven Art bietet er sich als Zielscheibe für derben Spott an und natürlich auch als erster Verdächtiger sollte mal etwas abhandengekommen sein. Zu seinem Glück gibt es aber zumindest zwei Personengruppen, die noch bedeutend einfältiger sind: Polizisten und Kriminelle! Beide tänzeln in mehreren Geschichten um den Vagabunden herum und sorgen für eine Slapstick-Pointe nach der nächsten.

Das trifft auch schon den Kern der Geschichten. Legt Goscinny anfangs in den vier Kurzgeschichten noch das Setting für den Rest und beschreibt den Kauz, lässt Tabary in den vier folgenden albenlangen Geschichten ein Feuerwerk von Situationskomik abbrennen. Manchmal hat man das Gefühl, dass der Szenarist keine Ahnung davon hat, was zwei Seiten weiter passieren wird und sich der Leser*in gleich überraschen lässt. Das macht eindeutig aber auch den (auch heute noch zündenden) Reiz der Stories aus.

Die Geschichten

Die Kurzgeschichten Der Snob, Das Burgleben und Valentin beim Wintersport zeigen in Variationen die Ungeeignetheit des Vagabunden für geregelte Arbeit. Nicht, dass er nicht wollte, er findet einfach keine Befriedigung in materiellen Dingen, ist zu neugierig und auch zu ungeschickt. Dass er daneben aber ein Herz aus Gold hat wird spätestens in Der Ausbrecher klar!

Der widerspenstige Gefangene ist die erste von Tabary allein verfasste Erzählung. Goscinny hatte sich übernommen und musste sein Engagement konzentrieren. Gleichzeitig hatte er bei Tabary nach einer albenlange Serie für Pilote gefragt und dieser hatte ihm den Ausbau des gemeinsam begonnenen versprochen. Das Landleben ist kein Zuckerschlecken, insbesondere nicht für einen Knecht, der die Tochter des Bauern heiraten möchte. Abstruse aber liebenswerte Ideen werden (erfolglos) angegangen und führen zu ersten Polizei-Kapriolen.

Diese werden in Valentin gibt dem Affen Zucker noch abstruser. Ein Affe im Anzug und vier Gangster kreuzen den Weg von Valentin. Dieser kann mal wieder sein Helfersyndrom nicht unterdrücken und eine teils vollkommen verrückte, daneben aber auch spannende Kriminalgeschichte nimmt ihren Lauf.

Auch Die schlechten Triebe karikiert den Materialismus der Gesellschaft. Während sich der Vater darüber freut, den lange vermissten Sohn wiederzufinden, sehen dessen Geschwister nur ihren geldwerten Vorteil. Bitterböse und doch mit unerschütterlicher Zuversicht, denn die kleinen Kinder geben zur Hoffnung Anlass!

Der Gangsterboss beschließt den ersten Band. Wild, anarchisch, liebenswert und somit unbedingt lesenswert. Da der Geschichte allerdings die geforderte Seitenlänge fehlt, ist sie nie in einem Album erschienen.

Dazu kommen einführende Worte des Herausgebers denen man anmerkt, wieviel Spaß und Herzblut in diesem Projekt stecken!

Die Zeichnungen

Jean Tabary hat neben dem Szenario natürlich auch alle Zeichnungen erstellt. Der Stil ist seinem wohl bekanntesten Zyklus über den Großwesir, der so gerne Kalif werden würde anstelle des Kalifen nicht unähnlich. Insbesondere die Nasen der (im wahrsten Sinne des Wortes) Gezeichneten lassen den gleichen Ursprung recht deutlich erkennen.

Das Layout ist zeittypisch und reglementiert. Wilde, innovative Ausbrüche sind hier nicht zu erwarten aber immerhin ragt schon mal das eine oder andere Detail über den Panelrand hinaus. Die Hintergründe dieses Funnies sind ausgesprochen detailreich und auf Grund ihrer Kolorierung sehr fröhlich. Besonders anzumerken sind die Mimiken der im Vollbild gezeichneten Gesichter in ihrer Vielfalt!

Die Wertung

„Eine vergessene Perle“ lautet der Titel für die Anmerkungen zu der letzten Geschichte und genau das könnte auch als Überschrift über dem ganzen Werk stehen! Die in Pilote veröffentlichten Geschichten über den Vagabunden sind nicht so veraltet wie Stan & Laurel, würden heute aber natürlich auch nicht mehr so geschrieben werden können. Sie wieder zu lesen macht aber Spaß und bringt ein etwas unbekannteres Werk von zwei Großen der Comickunst zurecht wieder in die Regale!

Cover der limitierten Vorzugsausgabe

Die Aufmachung in schönem Hardcover und etwas übergroßem Format tut ihr Übriges und für Sammler*innen gibt es auch wieder eine limitierte Spezialausgabe mit nummeriertem Exlibris.

Dazu passen Jim Bob und ein Mischgetränk auf TriTop-Basis.

© der Abbildungen 2020 All Verlag GmbH / 2018 IMAV éditions / Goscinny – Tabary 

Duchâteau/Denayer – Alain Chevallier 1

Ein Champion geht durch die Hölle

Story: André-Paul Duchâteau 
Zeichnungen: Christian Denayer 

Originaltitel: Enfer pour un champion

All Verlag

Hardcover | 48 Seiten | Farbe | 15,80 € | 
ISBN: 978-3-946522-96-6

Wahrscheinlich ist es nur ein witziger Zufall der im gleichen Monat die Veröffentlichung des einen ZACK-Motorsporthelden erfolgreich enden lässt während die des anderen startet. Alain Chevallier hatte einen Auftritt im Koralle-ZACK als Rolf Thomsen und kommt nun unter seinem eigentlichen Namen zurück nach Deutschland. Ansgar Lüttgenau veröffentlicht in seinem All Verlag viele alte Perlen aus den Siebziger und Achtziger Jahren in mustergültiger Ausstattung neu. So dürfen wir auch hier ein größeres Format, Hardcover und vor allem die Chance auf eine zügige und vollständige Veröffentlichung voraussetzen.

Die Autoren

Das Szenario für diese Serie über einen französischen Rennfahrer stammt von André-Paul Duchâteau der nicht nur den ZACK-Leser*innen wohl hauptsächlich durch seine Krimiserie Rick Master bekannt sein dürfte. Es sind aber auch noch viele andere seiner Serien auf Deutsch erschienen, unter anderem auch Yalek zusammen mit Denayer. Zwischenzeitlich hatte er auch die Leitung von Lombard inne.

Christian Denayer hatte sich seine Rennsportsporen bereits im Studio Graton verdient. Dort war er für Hintergründe und Autos verantwortlich gewesen bevor er dann zu Tibet und Rick Master gewechselt war. Irgendwann hatte Le Soir dann eine Rennfahrerserie bestellt und das Ergebnis waren immerhin 17 Alben! In seiner Einführung schreibt er selber, dass dieser erste Band noch nicht seinen eigenen Ansprüchen genügt hätte. Trotzdem ist das natürlich der Anfang von allem. Parallel ist im Übrigen auch Band 8 „Die Rivalen“ erschienen – Besprechung hier auf comix-online folgt in Kürze.

Die  Story

Alain Chevallier gehört zu einem französischen Team das mit drei Wagen an der Serie von Langstrecken-Rennen teilnimmt. Bei den 24-Stunden von Daytona liegen die Wagen in aussichtsreicher Position als es plötzlich zu einem folgenschweren Unfall kommt. Alain war gerade von seinem Kollegen überholt worden als dieser scheinbar ohne Ursache ins Schlingern gerät. Unser Held kann nicht mehr ausweichen und das andere Fahrzeug überschlägt sich und fängt Feuer. Später wird Alain von der Sensationspresse beschuldigt werden. Auch beim nächsten Rennen kommt es zu einem unerklärlichen Ausfall.

Die Geschichte bringt eine Mischung aus packenden Rennszenen sowohl auf der Strecke als auch später bei einer Verfolgungsjagd auf der Straße als auch einer spannenden Who-dunnit-Story die den Leser*innen zwar Einblicke erlaubt, wesentliche Teile aber bis zum Schluss verschlossen hält.

Die Zeichnungen

Das Titelbild passt nicht wirklich zu der Geschichte. Die Begründung dazu findet sich im Vorwort von Zeichner Christian Denayer! Die Rennszenen und die Hintergründe lassen erkennen, dass es sich hier um einen bekannten und geübten, auch gefragten Studiozeichner handelt. Bildaufbau, Strich und Perspektive sind gut und stimmig! Bei den Gesichtern und Körperproportionen ist diese Meisterschaft noch nicht ganz erreicht. Die Figuren sind zwar eindeutig zu erkennen und charakterisiert, ihr Gewicht und ihre Größe sind aber noch Schwankungen unterworfen. Eine Steigerung ist aber schon im Laufe dieses Albums zu erkennen!

Der Held und seine Freundin entsprechen den Vorgaben der damaligen Zeit. Tina ist selbständig und berufstätig und steht somit weder immer zur Verfügung noch ist sie reines Beiwerk. Trotzdem muss sie Krimitypisch leiden.

Ein Champion geht durch die Hölle ist ein Einstieg in eine Serie, die nicht verleugnen kann, dass ihre Schöpfer von zwei bekannten Serien aus der Schule der klaren Linie kommen. Sowohl Anklänge an Rick Master als auch an Michel Vaillant schaden aber natürlich nicht. Für die Fans der Generation ZACK sicherlich genau das richtige! Wie beim All Verlag üblich gibt es natürlich auch wieder eine auf 111 Exemplare limitierte Vorzugsausgabe mit signiertem ExLibris.

signiertes Ex Libris der Vorzugsausgabe

Dazu passen in Anbetracht der sommerlichen Temperaturen ein Mischgetränk aus sauren Südfrüchten und Weizenbier sowie die etwas schnelleren Klänge von Ska-P.

© der Abbildungen 2020 All Verlag GmbH / 1973 by André-Paul Duchateau und Christian Denayer 

All Verlag Programm zweites Halbjahr 2020

Ansgar Lüttgenau stellt das Programm für das zweite Halbjahr 2020 vor und beantwortet die Fragen von comix-online

Ansgar Lüttgenau (links) und Maza, Zeichner von Wunderwaffen, in Erlangen 2014

Wie den meisten bekannt sein dürfte, ist der All Verlag unter der Leitung von Ansgar Lüttgenau sehr darauf erpicht, Perlen und bisher ungehobene Schätze aufzuspüren. Während andere Verlage älteres Material fast nur noch als Gesamtausgabe veröffentlichen, wird hier Serie für Serie entschieden, welcher Weg der Beste ist. Daher erscheinen einige Titel wie etwa Wayne Shelton als Integral, andere wie Bruno Brazil oder Luc Orient erstmals in ihrer Geschichte komplett als einzelne Hardcoverbände mit umfangreichem Bonusmaterial.

Für das zweite Halbjahr dieses Jahres hat der Herausgeber wieder zwei neue Serien ins Programm genommen. Darüber, über die Folgen von Corona und vieles mehr gibt das folgende Interview Auskunft, das wir Ende Mai geführt haben. Natürlich darf hier der Hinweis auf die Vorzugsausgaben nicht fehlen: limitiert auf 111 Exemplare gibt es entweder ein Variantcover oder einen Schutzumschlag und ein limitiertes Ex Libris obendrauf!

Das Interview

c-o: Hallo Ansgar, dies ist bereits das zweite Mal, dass Du Dein neues Programm auf comix-online vorstellst. Das erste Halbjahr 2020 ist ja nun ganz anders verlaufen als wir alle uns das gedacht hätten. Welchen Einfluss hatte Corona auf den All Verlag?

Ich denke das war überall ähnlich. Die Umsätze im stationären Handel sind ziemlich eingebrochen, dafür haben die Bestellungen in unserem Onlineshop deutlich angezogen. Wobei das den Ausfall des stationären Handels natürlich nicht ausgeglichen hat. Da der Verlag aber eh nur ein Hobby ist und wir nicht davon leben (müssen), ist der Umsatzrückgang ärgerlich aber kein wirkliches Problem.

Die Überraschung: Dani Futuro kommt komplett und in Farbe!

c-o: Auch im kommenden Halbjahr bleibst du Deinem Versprechen treu, fast vergessene Schätze zu präsentieren: Dani Futuro ist ein Knaller nicht nur für die „Generation ZACK“. Kannst Du ein wenig darüber erzählen, wie Du zu der Serie gekommen bist und wie die Abstimmung mit dem Zeichner Carlos Giménez aussieht?

Ich hatte von verschiedenen Seiten gehört, dass Carlos nur an einer Veröffentlichung von Dani Futuro in schwarz/weiß interessiert wäre. Da bei dieser Serie aber gerade die Farben den besonderen Reiz ausmachen, war es bisher zu keiner Veröffentlichung in Deutschland gekommen. Auch in Spanien liegt die Serie aktuell übrigens nur in schwarz/weiß vor. Nachdem ich den Zeichner kontaktiert hatte, wurde recht schnell klar, dass es sich wohl um ein Missverständnis gehandelt hatte. Carlos war begeistert, dass jemand die Arbeit auf sich nehmen wollte, digitale Druckdaten zu erstellen und die Serie in Farbe zu veröffentlichen. Er hatte wohl nur deshalb auf einer schwarz/weiß Ausgabe bestanden, weil es keine Druckdaten der farbigen Seiten gab. Carlos, übrigens ein sehr höflicher älterer Herr, hat uns dann mit einer großen Menge von Illustrationen, (teilweise unveröffentlichten) Covern und anderem Bildmaterial versorgt, so dass wir auch für diese Serie wieder einen interessanten Bonusteil anfertigen können. Vielleicht ist auch noch interessant, dass wir beim einscannen der französischen Farbalben festgestellt haben, dass dort Bildstreifen und auch mal eine ganze Seiten gekürzt wurden. Anselm Blocher, der für die Übersetzung und den Bonusteil verantwortlich ist, ist es aber gelungen alte farbige spanische Magazinveröffentlichungen der fehlenden Teile zu finden, so dass wir die Geschichten nach 40 Jahren erstmals wieder komplett präsentieren können.

c-o: Einen ganz anderen Bestseller im Programm des All Verlags stellen die Wunderwaffen dar. Dabei handelt es sich um eine Alternativ-Welt Science-Fiction, die den Zweiten Weltkrieg anders ausgehen lässt und gleichzeitig Aliens in die Handlung einführt. Neben einem neuen Band startet jetzt auch der Ableger Wunderwaffen – Geheime Missionen. Was ist die Zielgruppe für diese Geschichten? Gibt es Überschneidungen zwischen den Leser*innen der SF-Titel von den klassischen Wally Wood-Bänden, den ZACK-Helden Luc Orient und Dani Futuro, dem eher harten Hombre und den Wunderwaffen?

Die Frage nach der Zielgruppe dieser Serie kann ich dir leider nicht wirklich beantworten. Ich nehme an, es sind Menschen die sich für Flieger- bzw. Kriegscomics interessieren. Und davon gibt es scheinbar eine ganze Menge. Wuderwaffen war lange Zeit unsere am besten laufende Serie. Natürlich gibt es auch bei dieser Serie Überschneidungen mit unserem sonstigen Programm. Das sehe ich ja an den Bestellungen in unserem Shop. Allerdings weniger mit 50er-Jahre SF à la Wally Wood oder den Zack-Helden. Eher mit Titeln wie Bärenzahn.

c-o: Aber auch die Freunde des Abenteuers kommen mit Bruno Brazil, Wayne Shelton und dem Abschluss von Hel´Blar auf ihre Kosten, oder?

Ich denke auch. Mit Bruno sind wir ja bald durch und auch bei Wayne Shelton werden wir bis auf ein Album das letzte verfügbare Material präsentieren. Neben einem exklusiv für die deutsche Ausgabe erstellten Cover wird der Band mit Album 12 auch eine bisher auf Deutsch unveröffentlichte Geschichte beinhalten. Besonders schön finde ich auch, dass wir Hel’Blar jetzt doch noch abschließen können. Eine Zeit sah es nach der Insolvenz des französischen Partners nicht so gut dafür aus.

c-o: Bei zwei Serienneustarts und nur einem Serienabschluss besteht die Gefahr, in der Zukunft zu festgelegt zu sein. Dürfen wir auch in naher Zukunft noch Überraschungen erwarten oder geht es erstmal darum, Sachen zu Ende zu bringen?

Serien zu Ende zu bringen ist sehr wichtig, auch für das Vertrauen der Käufer in den Verlag. Deshalb ziehen wir auch schon mal Reihen durch, die man bei kaufmännischen Betrachtungsweise sofort einstellen müsste. Spannender sind für mich aber natürlich neue Reihen. Wenn man langlaufende Serien im Programm hat, ist man normalerweise natürlich festgelegt. Da hast Du Recht. Die Alternative ist, das Programm auszuweiten, damit neue Programmplätze entstehen. Das haben wir in den letzten Jahren ja auch kontinuierlich gemacht. Außerdem werden wir im übernächsten Programm, das auch schon zu 99 % feststeht, 3 Serien beenden und nur eine neu starten. Damit relativiert sich diese Problematik dann wieder etwas.

c-o: Zu guter Letzt die Frage, ob Du unseren Leser*innen mitteilen möchtest, welcher Comic im ersten Halbjahr überraschend gut gelaufen ist und auf welche Veröffentlichung Du dich am meisten freust?

Mit Abstand am besten gelaufen ist Hombre. Trotz (oder gerade wegen) der heftigen Kritik im Comicforum wegen der Entscheidung erst einmal nur die verfügbaren Farbseiten zu bringen, war die erste Auflage bereits nach wenigen Monaten vergriffen. Parallel zur Veröffentlichung des 2. Bandes haben wir den 1. nachgedruckt um die Serie komplett verfügbar zu halten. Im 2. Band ist übrigens, neben den noch vorhandenen Farb- und schwarz/weiß-Geschichten die wir von dem spanischen Lizenzgeber bekommen haben, auch die erste von 12 Farbgeschichten die wir aus einer französischen Albenreihe entnommen und selbst aufbereitet haben. Diese 12 Geschichten sind exklusiv nur in unserer Ausgabe in Farbe. Selbst in der aktuellen spanischen Gesamtausgabe sind die nur in s/w. Nochmal zurück zur Kritik im Comicforum. Natürlich haben wir die Geschichten nicht wild durcheinander in den Büchern platziert, sondern bis auf eine Ausnahme in der umgekehrten Reihenfolge ihrer Erstveröffentlichung. Wenn man sich die Bücher in umgekehrter Reihenfolge ins Regal stellt, also 3, 2, 1, sind die Geschichten wieder (fast) in der richtigen Reihenfolge. Im kommenden Programm freue ich mich am meisten auf Dani Futuro. Wie gesagt, Neues ist immer am spannendsten.

Aber auch jeder neue Band von Wally Wood ist für mich etwas Besonderes. Das sieht man schon daran, dass das in der Regel das einzigste Buch ist, das ich nach der Anlieferung aus der Druckerei nochmal komplett lese. Normalerweise habe ich mich im Herstellungsprozess so intensiv mit den Büchern beschäftigt, dass ich die Bücher in- und auswendig kenne. Das ist natürlich auch bei Wally Wood der Fall aber die Geschichten mit ihrem speziellen Twist faszinieren mich bei jedem lesen erneut.

Cover der limitierten Vorzugsausgabe

c-o: Danke Ansgar für die Beantwortung der Fragen! Wie gut, dass es Menschen gibt von deren Hobbies alle anderen profitieren!

Das Programm für das zweite Halbjahr

August 2020 
Wunderwaffen 9Der Teufel gibt sich die Ehre
Wunderwaffen – Geheime Mission 1Das Phantom-U-Boot
Die sechste Waffe 6Geistertanz
September 2020 
Bruno Brazil 7Kaimane im Reisfeld
Bruno Brazil 8Sturm über den Aleuten
Wally WoodAus dem EC-Archiv Teil 3
November 2020 
Luc Orient 6Der Krater des Verderbens
Luc Orient 7Die Legion der verfluchten Engel
Hel’Blar2Der König unter dem Grabhügel
Dezember 2020 
Dani Futuro 1Das verschollene Raumschiff
Dani Futuro 2Wenn das Monster angreift
Wayne SheltonGesamtausgabe Buch 4

© aller Abbildungen 2020 All Verlag GmbH und den jeweiligen Lizenzgebern

Bardet/Dermaut – Wege von Malefosse 4

Die Wege von Malefosse Gesamtausgabe – Buch 4

Story: Daniel Bardet 
Zeichnungen: Francois Dermaut 

Originaltitel: Les Chemins de Malefosse – Tome 10, 11 & 12

All Verlag

Hardcover | 152 Seiten | Farbe | 29,80 € | 
ISBN: 978-3-946522-88-1

Cover Wege von Malefosse Band 4

History Comics erfreuen sich schon seit längerem einer großen Beliebtheit. Eine Zeitlang gab es in Frankreich sogar ein Magazin, das sich auf diese Stoffe spezialisiert hatte, das Vecu. Francois Bourgeon ist der wohl ungekrönte König in diesem Bereich, Die sieben Leben des Falken oder die Türme von Bos-Mauri sind aber wahrlich nicht die einzigen Serien, die daneben bestehen können.

Die Geschichte

Eine ebenfalls sehr langlaufende Serie nennt sich Die Wege von Malefosse und erscheint auf Deutsch im All Verlag als Gesamtausgabe. Der bereits vierte Teil, der die Originalbände 10 bis 12 enthält, ist seit kurzem auf dem Markt. Die Geschichte bringt uns in das Frankreich des Jahres 1592. Es herrscht Krieg und der spätere König Heinrich IV wirbt um Verbündete gegen die Liga, ein Bündnis katholischer Mächte, die die Spanierin Isabella auf den Thron setzen möchten. Und dann gibt es da noch die Kirche, die einen bewaffneten Arm, Manus Dei, unterhält und viele kleine Parteien, die für ihr eigenes Wohl kämpfen oder aber einfach nur überleben wollen.

Wege von Malefosse Band 4 page 108

Inmitten all dieser Wirren stehen die beiden Deutschen Gunter und Fritz, die sich als Söldner in Frankreich verdingen. Ende des letzten Integrals hatten sie ein Schiff bestiegen, das sie nun nach Dieppe in der Normandie gebracht hat. Der neue Zyklus beginnt mit einem munteren Treiben, das Francois Dermaut genügend Raum lässt, seine Vorliebe für Architektur auszuleben. Auch das zwischenmenschliche Treiben wird ein ums andere Mal dargestellt und nicht immer ist der Verkehr einvernehmlich. Im Laufe der weiteren Bände nehmen diese Szenen sukzessive ab. Die Serie scheint sich genügend etabliert zu haben und benötigt keine Kaufanreize mehr?

Heinrich belagert mit seinen Truppen Rouen. Das muss man sich allerdings etwas anders vorstellen als es die verschiedenen TV-Serien zu suggerieren scheinen, denn es gibt immer noch Möglichkeiten, in die Stadt hinein und wieder hinaus zu kommen. Auf der Suche nach Verbündeten scheint ein Ausweg gefunden worden zu sein: Die englische Königin Elisabeth I. würde einer Heirat möglicherweise nicht abgeneigt sein und so wird eine Delegation mit ihrer Vertrauten Lady Wincot erwartet.

Wege von Malefosse Band 4 page 117

Die Verwicklungen auch amouröser Art, der Versuch von Manus Dei, die Verbindung zu vereiteln und weitere Konflikte stehen im Mittelpunkt der Handlung.

Die Zeichnungen

Francois Dermaut zeichnet sehr detailliert und stellt den Schmutz aber auch die Landschaft gerade in den Sümpfen realistisch dar. Immer wieder gibt es auch Draufsichten auf Städte oder andere Schauplätze, in die dann sozusagen hineingezoomt wird. Die Erwartungen der Zielgruppe an dieses Comic-Sujet werden also voll erfüllt. Während etwa in Rani (aktuell im ZACK) alles etwas glatter ist, sind die Helden hier unrasiert, die Frauen haben nicht alle eine Model-Figur; der Ton ist allerdings auch etwas rauer und expliziter.

Ausschnitt Wege von Malefosse Band 4

Trotzdem ist die Geschichte von Daniel Bardet nicht brutal; das Blut spritzt nicht, die Taten stehen nicht einmal im Vordergrund sondern treiben die Handlung, werden aber auch nicht weggeblendet. Bardet schafft es, geschichtliche Versatzstücke und Alltagsgegebenheiten zu einem spannenden Plot zu verknüpfen. Auch die Kleidungsstücke entsprechen den historischen Gegebenheiten, dürften im Original allerdings wegen der fehlenden Wäsche etwas weniger geleuchtet haben. Immerhin führt das dazu, dass „nett“ ein sicherlich unmögliches beschreibendes Attribut ist.

Der Seitenaufbau ist nicht revolutionär, aber angemessen und unterstützt die Handlung bei wechselnden Tempi. Einziger Kritikpunkt: Die Cover der einzelnen Bände sind meines Erachtens nach nicht gerade vorteilhaft. Immerhin sind sie aber abgebildet und auch ein Hinweis auf die Erstveröffentlichung fehlt nicht! Die Farbgebung und das Papier unterstützen den Comic im Übrigen perfekt.

Massenszene im Wald

Die Ausgabe

Das Überformat bringt die Zeichnungen gut zur Geltung und das Hardcover ist – wie immer beim All Verlag – gut verarbeitet. Zusätzlich zu den drei Alben gibt es auch noch ein wenig Hintergrundinfos, ein paar zusätzliche Abbildungen und zwei Interviews aus dem oben bereits angesprochenen Vecu. Theoretisch ist die Serie natürlich komplett zu empfehlen. Neulinge können aber auch hier einsteigen denn der neue Zyklus erfordert nicht unbedingt, alles Vorherige gelesen zu haben. Ihr solltet euch daher nicht davon abschrecken lassen, dass es sich um Band 4 von 8 handelt! Natürlich gibt es auch hier wieder eine auf 111 Exemplare limitierte Vorzugsausgabe mit einem Variantcover und einem Ex Libris. Sowohl die reguläre als auch die Vorzugsausgabe haben einen fairen und angemessenen Preis.

ExLibris der Vorzugsausgabe
Detail des Ex Libris der Vorzugsausgabe

Für Statistiker: Die Bände 1 bis 6 der Serie sind übrigens früher mal als Softcover beim Feest Verlag erschienen. Ab Band 7 handelt es sich um Deutsche Erstveröffentlichungen.

Dazu passen Bad Religion und ein Trappistenbier!

© 2020 All Verlag Gmbh / 2000-2004 Editions Glenat by Daniel Bardet & Francois Dermaut

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