Asterix 40 – Die Weiße Iris

Ehekrise und Achtsamkeit

Story: Fabcaro
Zeichnungen: 
Didier Conrad

Originaltitel: L´Iris blanc

Egmont Ehapa Media

Softcover/Hardcover | 48 Seiten | Farbe | 7,99 € / 13,50 € |

ISBN: n/a / 978-3-770-2440-5

Cover Asterix 40
Offizielles Cover Asterix #40 Die Weiße Iris – (c) Egmont Ehapa Media GmbH Fotograf: LES ÉDITIONS ALBERT RENE

Lang erwartet, wie immer von großem Medienrummel begleitet, ist das insgesamt 40. Abenteuer des kleinen, frechen Galliers nun endlich erhältlich. Eine Startauflage von mehr als 1,5 Millionen Exemplaren lässt keinen Zweifel daran: Auch dieser Band wird Jahresbestsellerlisten anführen! Er wird aber auch die Debatte mit neuem Material befeuern die zwischen den Purist*innen („kein guter Asterix mehr seit Goscinnys Tod“) und Modernist*innen („Erfrischend Neues in der Tradition des Alten“) geführt wird. comix-online meint: Die Weiße Iris lohnt sich, gerade weil sie anders ist!

Die zwischenmenschlichen Beziehungen

Man mag es kaum glauben, aber der neue Texter Fabcaro hat es geschafft ein traditionelles Thema aus vielen Asterix-Bänden auf ein neues Level zu heben: den Umgang miteinander. Standen bisher eher traditionelle Prügeleien zur Auswahl, die wenig Worte zur Einleitung bedurften, sind nun viele blumige Worte gefragt. Visusversus kann Cäsar davon überzeugen, dass er eine sichere Methode kenne, die den römischen Legionären nicht nur den Willen zum Kampf zurückgäbe, sondern sie sogar dazu befähige, auch tatsächlich zu gewinnen.

Detail aus Asterix 40 - Die Weiße Iris
Asterix® – Obelix® – Idefix® / © 2023 Hachette Livre/ Goscinny – Uderzo

Natürlich verlangt Cäsar als Beweis nicht weniger als den Sieg über das kleine, uns bekannte gallische Dorf. Und tatsächlich schafft der eloquente, wortgewandte Römer, das Leben im Dorf zu verändern: Sind Fische essbar, wenn sie weder stinken noch von Fliegen umschwirrt werden? Müssen immer abwertende Worte gewählt werden, oder kann man nicht ein wenig Positives in Allem finden? Und auch die Römer finden andere Wege, mit ihrer Angst umzugehen.

Als dann auch noch eine handfeste Ehekrise im Haus von Majestix und Gutemine ausbricht, scheinen die altbekannten Gewissheiten endgültig überwunden. Die Frau des Chefs verlässt zusammen mit Visusversus das Dorf, unter anderem, um in dem Vielspänner Thalix nach Lutetia zu reisen. Der altmodische Macho und Egomane verliert daraufhin komplett den Halt. Wird der Plan aufgehen, das Dorf wehrlos zu machen? Fabcaro ist möglicherweise ein wenig textlastig, schafft es aber, die Moderne (und die Kritik daran) in liebevoller und witziger Weise darzustellen und dabei fast sämtliche Vorurteile aufzunehmen.

Detail aus Asterix 40 - Die Weiße Iris
Asterix® – Obelix® – Idefix® / © 2023 Hachette Livre/ Goscinny – Uderzo

Bekannt gute Qualität von Conrad

Während es über die Qualität der Inhalte immer wieder Diskussionen gegeben hat, war diejenige der Asterix-Zeichnungen immer (vom allerersten Band Conrads mal etwas abgesehen, dieser wurde teilweise noch als Gesellenstück bezeichnet) unstreitig. Auch in diesem Band feuert Didier Conrad eine Vielzahl von Zeichnungen ab, die Story nach vorne treiben und trotzdem lustig sind. Der Thalix-Führer kommuniziert nicht nur, die gesamte Situation ist jede*r Leser*in sofort bekannt.

Der Strich ist vollkommen klar, das Ergebnis ist energetisch und dynamisch. Das ist – für mich – ein klarer Unterschied zu den eher Standbild-artigen Zeichnungen in der Geschichte zum Film, die nicht wirklich überzeugen konnten. Es bedeutet, dass man Die Weiße Iris nicht nur einmal lesen wird.

Detail aus Asterix 40 - Die Weiße Iris
Asterix® – Obelix® – Idefix® / © 2023 Hachette Livre/ Goscinny – Uderzo

Ein Must-Have

Für viele gehört ein neuer Asterix sowieso auf die Liste des nächsten Einkaufs. Diese können sich freuen. Wer aber mit sich hadert und überlegt, ob er/sie mittlerweile zu alt dafür sei, „die Neuen“ etwas taugen, oder gar, ob noch neue Themen präsentiert werden können, darf sich freuen: Die Antwort ist, dass dieser Band sich auf jeden Fall lohnen wird! Griesgrame und Menschen ohne Humor werden dagegen nicht so viel Spaß daran finden.

Detail aus Asterix 40 - Die Weiße Iris
Asterix® – Obelix® – Idefix® / © 2023 Hachette Livre/ Goscinny – Uderzo

Eine Bedingung gibt es allerdings: In dem Band stecken so viele Details, dass ich anraten würde, den Band nicht nur mehrfach zu lesen, sondern auch, sich für jedes Panel Zeit zu lassen. Es sind die kleinen Dinge, die die Klasse ausmachen!

Dazu passen ein lauwarmes Kellerbier und Aretha Franklin mit „R.E.S.P.E.C.T.“.

© der Abbildungen Asterix® – Obelix® – Idefix® / © 2023 Hachette Livre/ Goscinny – Uderzo

ZACK 293 (November 2023)

ZACK 293

Herausgeber/Chefredaktion: Georg F. W. Tempel

Blattgold Verlag

Heft Din A 4 | 92 Seiten | Farbe | 9,00 €
ISSN: 1438-2792

Cover ZACK 293

Nachdem der Oktober mit teilweise über 30 Grad viel zu heiß war, hat nun endlich der Herbst begonnen. Das Laub fällt, die Tage wechseln sich ab zwischen sonnig und trüb und eine gewisse Melancholie macht sich breit. Wie gut, dass auch in diesem Monat das ZACK ein wenig Abwechslung und Farbe in den Alltag bringt!

Die Neustarts

Michel Vaillant ist nicht nur der Coverboy, sondern auch sonst in diesem Herbst kaum zu übersehen: In diesem Heft startet sein neues Abenteuer Cannonball. Er wird von einem bekannten Influencer namens POG zu einem Rennen quer durch die USA mit zwar aufgemotzten, aber straßentauglichen Wagen aufgefordert. Während Michel selbst dem eher ablehnend gegenüber steht, finden sowohl seine Familie als auch Vaillante die Idee vor allem aus Marketinggesichtspunkten brillant. Allerdings ist ein solches Rennen nicht gerade legal… Spannender Auftakt der Geschichte von Denis Lapière mit Zeichnungen von Marc Bourgne & Olivier Marin. Zusätzlich erscheinen im Herbst Pikes Peak endlich als Album und der erste Band der Gesamtausgabe der Zweiten Staffel. Und dann gibt es ja auch noch einen neuen Band der Collector’s Edition der ersten Staffel.

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Ebenfalls neu ist Libertalia. Triumpf oder Tod füllt die schon länger offene Lücke der Seefahrer- und Piratenerzählungen. Ende des 17., Anfang des 18. Jahrhunderts ist die Sklaverei auch für französische „Unternehmer“ ein gängiger Weg der Profitmaximierung. Gleichzeitig gibt es immer mehr hungernde Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind, während Teile der Kirche ihre Schätze lieber horten möchten. Sowohl Olivier Mission, ein Franzose von Stand, als auch der italienische Priester Carracioli wollen die existierenden Zustände nicht länger hinnehmen. Spannende Geschichte über Menschen, die Ungerechtigkeit aktiv bekämpfen wollen, von Fabienne Pigière & Rudi Miel mit Zeichnungen des vom Bob Morane Restart bekannten Paolo Grella.

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Die Fortsetzungen

MADI erzählt von einer dystopischen Zukunft. Menschen haben die Möglichkeit, ihre Körper durch technische Bauteile zu erweitern. Das gibt Söldner*innen einerseits die Möglichkeit, ihre Aufträge besser als jemals zuvor ausführen zu können, macht sie aber auch zu Objekten, die ferngesteuert werden können. Der aktuelle Teil von Es war einmal in der Zukunft beschreibt die Schwierigkeiten, die Implantate wieder loszuwerden, und ist gezeichnet von Tonci Zonjic, Skylar Patridge & Marissa Louise. Der Stilmix gehört zum Konzept der Szenaristen Alex de Campi und Duncan Jones.

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Für mich persönlich geht es endlich weiter mit Tizombi. Die Serie, die üblicherweise mit einseitigen Gags auskommt, bringt die Storyline über Cassandra nun in einem siebenseitigen Special Das Ende der blauen Pest zu einem serientypischen Abschluss. Bis dahin müssen das kleine Steak und ihre Freunde aber noch einige Schrecksekunden überstehen. Geniale Satire auf Soaps von Cazenove und William!

Detail ZACK 293 page 36

Schließlich geht auch Movie Ghosts in die nächste Runde. In Sunset … und weiter begegnet Jerry Fifth immer wieder Geistern von Hollywoodgrößen (und Sternchen), die schon vor langer Zeit gestorben sind, sich aber noch nicht wirklich lösen konnten. Während Privatdetektive üblicherweise aktuelle Fälle lösen, wird Jerry in längst Vergangenes involviert. Dieses Mal stehen die Suche nach einer letzten Liebe und die Sorge um das Bild für die Nachwelt im Mittelpunkt. Schräge Idee von Stephen Desberg, die Attila Futaki in sehr dunklen Bildern umsetzt. Unerwartet gut!

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Der Abschied

Jack Manini und Ètienne Willem haben es sich zum Ziel gesetzt, alle Weltausstellungen, die in Paris stattgefunden haben, in einer Reihe zu verewigen. Im Mittelpunkt soll dabei jeweils Das Mädchen von der Weltausstellung, Julie Kleinnagel, stehen, die als Hellseherin arbeitet und von vielen Männern umschwärmt wird. Leider enden diese mehr oder weniger festen Beziehungen meistens tödlich. 1878 aber scheint es anders zu sein, obwohl immer noch die Bedrohung durch den entflohenen Massenmörder Pierre Paul Léon Francois im Raume steht. Ein spannendes Finale lässt uns nun leider erneut Monate auf den nächsten Teil warten.

Detail ZACK 293 page 59

Und sonst?

Dazu kommen Grott & Bott, Rezensionen, News und der monatliche Beitrag über das ZACK vor fünfzig Jahren! Komplettiert wird das Heft durch ein Interview mit den Schöpfern von Der kleine Perry, einer Umsetzung der Perry Rhodan Saga in Comics für Kinder, und über den neuen Titel in der ZACK Edition, Von der anderen Seite der Mauer, einem historischen Krimi aus der jüngeren Deutschen Vergangenheit.

Wer ein Mittel gehen den November-Blues sucht, wird hier auf jeden Fall fündig. Madi und Movie Ghosts erlauben das Ausleben dieser Stimmung, der Rest bekämpft sie erfolgreich mit guter Laune! Viel Spaß dabei!

Dazu passen ein Hot Aperol und das neue Album von The Inciters.

© der Abbildungen 2023 bei den jeweiligen Autoren und Verlagen c/o Blattgold GmbH

Charlier/Paape – Marc Dacier 1

Abenteuer rund um die Welt

Text: Jean-Michel Charlier

Zeichnungen: Eddy Paape

Originaltitel: Marc Dacier Tome 1 „Aventures autour du monde »

All Verlag

Hardcover | 48 Seiten | Schwarz-Weiß | 17,80 € |

ISBN: 978-3-96804-207-7

Cover Marc Dacier 1

Ein Standbein des All Verlages von Ansgar Lüttgenau sind die Klassiker. Wenn möglich, sollte ein Bezug zum Koralle-ZACK dabei sein, dieser kann aber auch um ein paar Ecken verlaufen. Die neue, auf 13 Bände angelegte Serie über einen jungen Mann, der gerne Reporter werden möchte, entspricht genau diesen Vorgaben: Die Serie lief zwischen 1958 und 1967 in Spirou, also genau zur Hochzeit des klassischen frankobelgischen Abenteuer-Comics, und seine Schöpfer sind Stars der Szene, die mit mehreren Reihen im damaligen Magazin vertreten waren.

Eine Kostprobe gefällig?

Marc Dacier, der Held dieser Reihe, ist ein junger Journalist, der es bisher nur zu einigen Artikeln bei einem Lokalblatt gebracht hat. Er hat sich aber in den Kopf gesetzt, für eine renommierte Zeitung zu arbeiten. Diese möchte allerdings nur (zumindest angehende) Stars einstellen aber keine blutjungen Anfänger. Es kommt daher zunächst darauf an, den Chef überhaupt neugierig zu machen.

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Dies gelingt auf durchaus witzige Weise und der zukünftige Held darf sich bewähren: Er muss ohne Startkapital die Welt in vier Monaten umrunden, darf sich kein Geld leihen oder schicken lassen, und soll dabei spannende Artikel verfassen.

Als erfahrene Leser*innen von Jules Verne wissen wir natürlich, dass das in vier Monaten zu schaffen ist, die Reise ist aber kein Plagiat. Die Etappen, Herausforderungen und Begleitumstände wurden von Charlier passgenau entworfen, um einen unerfahreneren, aber unerschrockenen jungen Mann „wachsen“ zu lassen.

Realistische Spirou-Schule

Eddy Paape hat unter anderem mit Luc Orient gezeigt, was für ein Meister er ist. Diese Serie liegt zeitlich etwas weiter zurück, und so ist nicht nur der Held etwas jünger und unerfahrener, auch Paape hat noch nicht die spätere Sicherheit. Allerdings beweist er bereits eine große Klasse in der Ausgestaltung von Landschaften: wilde Meere und weite Wüsten gelingen ausgezeichnet.

Marc Dacier 1 page 36

Auch die Spannung der Szenen auf dem engen Schiff wird durch die Zeichnungen unterstützt. Das Layout ist dabei klassisch vier-spaltig; die Abwechslung wird nicht durch die unterschiedlichen Panelgrößen erzeugt, sondern durch die unterschiedlich gewählten Perspektiven.

Ein gelungener Auftakt!

Nicht immer ist es einfach, auf dem doch teilweise sehr vollen deutschen Comicmarkt noch neue Serien zu platzieren. Viele große, alte Player setzen auf die Zugpferde und kreieren einen Kosmos von Nebenprodukten um diese herum. Andere versuchen es mit sehr modernen, künstlerischen Stoffen oder Konzept-Serien. Insofern ist ein Start einer „alten“ Serie mit 13 Bänden immer auch ein Wagnis.

Marc Dacier 1 page 37

Wer auf die alten Klassiker steht, wird auch an Marc Dacier seine Freude haben. Gelungen erzählt und sorgfältig umgesetzt! Wie immer gibt es auch eine limitierte Vorzugsausgabe mit Druck und Variantcover!

Dazu passen Billie Holiday und ein Grolsch Herfstbock aus der Dose.

© der Abbildungen 2023by CHARLIER & Foundation EDDY PAAPE / 2023 All Verlag

Mitton – Alwilda 3

Die Legende

Text: Jean-Yves Mitton

Zeichnungen: Jean-Yves Mitton

Originaltitel: Alwilda Tome 3 „La Légende »

All Verlag

Hardcover | 64 Seiten | Schwarz-Weiß | 17,80 € |

ISBN: 978-3-96804-219-0

Cover Mitton Alwilda 3

Spätestens seit dem TV-Streaming-Hit Vikings sind die kriegerischen Bewohner*innen des Nordens wieder en vogue. Was läge also näher, als auf das gängige Thema aufzuspringen? Alwilda ist eine schon etwas ältere Serie des französischen Texters und Zeichners in Personalunion. Aktuell laufen von ihm auch Mikros bei Zauberstern und mehrere Reihen bei Kult Comics, etwa Vae Victis.

Eine Legende endet

Alwilda ist eine Person, die in der nordischen Sagenwelt als Piratenkönigin beheimatet ist. Ihre Geschichte, die hier deutlich ausgeschmückt worden ist, spielt im 5. Jahrhundert n Chr. Im ganzen Norden gilt das Gesetz Norglaw. Es soll dafür sorgen, dass Besitztümer immer an den ältesten Sohn gehen und so der Zersplitterung vorbeugen. Sein Nebeneffekt ist aber, dass alle anderen Nachkömmlinge nicht nur nicht erben können, sondern oft genug auch getötet, vertrieben oder in die Sklaverei verkauft werden. Natürlich geschieht das nur, um den Frieden zu wahren. Immer wieder gelingt es einigen von ihnen zu fliehen und eigene Kolonien zu gründen …

Mitton Alwilda 3 page 42

Auch Alwilda gehörte zu den Glücklichen und hatte eine Schar Kriegerinnen um sich scharen können. Bei einem Angriff von Alf Krügger und seinen Mannen wird nicht nur ihr Liebhaber getötet. Nun möchte sie in Västervik, seinem Dorf, um Unterstützung für einen Feldzug gegen Gotland nachsuchen. Ihr Liebhaber war aber verstoßen worden und so ist es äußerst unwahrscheinlich, dass seine Verwandten Alwilda helfen werden. Tatsächlich wird sie in einen Kampf auf Leben und Tod geschickt.

Schließlich machen sich vier Schiffe auf, um Alf zu stellen. Zudem muss die hochschwangere Kriegerin nicht nur mit ihrem veränderten Körper umgehen lernen, auch der eigentlich gewohnte Wellengang stellt sie vor einige Probleme. Da die Reihe mit diesem Band endet, kommt es natürlich zu einem Showdown.

Kämpfe und viel nackte Haut

Die Story ist angelehnt an eine alte Sage; das oft erwähnte und bekämpfte Norglaw sowie die ersten Versuche des Christentums, die heidnischen Nordvölker zu bekehren, sind zwar ausgeschmückt und doch sehr nah an der historischen Wahrheit. All das hindert Mitton aber nicht daran, seiner Leidenschaft zu frönen und viel nackte Haut zu zeigen. Man mag jetzt unterstellen, dass in einer Serie über eine Walküre, also eine freie Kriegerin, es dazu dienen möge, die Gedankenwelt der Männer bloßzustellen.

Mitton Alwilda 3 page 47

Ansonsten ist das Ganze solide Kost. Die Körperproportionen stimmen allerdings nicht immer, insbesondere bei sehr schwierigen Bewegungsabläufen. Wer die Vikings gerne gesehen hat, wird auch hier seinen Spaß haben. Herauszuheben ist hier definitiv die unübliche Fokussierung auf die sonst eher in zweiter Reihe stehenden weiblichen Heldinnen.

Gute Unterhaltung

Wenn eine Serie nicht nur gut unterhält, sondern auch noch quasi en passant das eigene Wissen bereichert, ist das schon mal ein Pluspunkt. Der eher seltene Blickwinkel und eine gute Verknüpfung von ruhigeren und actiongeladenen Teilen sind weitere! Die im Original in neun Teilen erschienene Serie passt in das Portfolio des All-Verlages, der sich auf klassische Geschichten konzentriert.

Mitton Alwilda 3 page 51

Mitton selbst ist ein bekannter Vertreter des französischen Erwachsenen-Comics und als solcher einer der Wegbereiter für das, was wir heutzutage selbstverständlich erwarten. Man würde Sachen nur heute anders angehen. Für Fans gibt es wieder wie immer eine limitierte Vorzugsausgabe mit Variantcover und Druck!

Dazu passen Madness mit „If I go mad“ und ein Faxe aus der Dose.

© der Abbildungen Original Watts 2021 by Jean-Yves Mitton / 2023 All Verlag

Zauberstern – Phantom 8

Hinter der Maske und andere Stories

Story: Martin Powell, Tony DePaul
Zeichnungen: 
Hanibal King, Paul Ryan

Originaltitel: The Phantom Unmasked 1 & 2, 2010, USA; Phantom Daily Strip 2005, USA

Zauberstern Comics

Heft |100 Seiten | Farbe | 9,99 € |

ISBN: 978-3-98953-057-7

Cover Zauberstern - Phantom 8

Wie die Zeit vergeht, schon wieder zwei Monate rum und das neue Phantom-Magazin ist in der Post. Nach einer kurzen Pause gibt es erneut eine neue Story von Moonstone, also für die Freund*innen der modernen Erscheinung, und zwei klassische Geschichten aus dem Run von DePaul und Ryan

Kinder in allen Variationen

Das begleitende Thema aller Geschichten in diesem Heft sind Kinder. Den Anfang macht eine junge Frau die als Kind von dem Phantom aus einem brennenden Haus gerettet worden war. Sie hat sich in den Kopf gesetzt, das Geheimnis ihres Retters zu lösen und das Gesicht Hinter der Maske zu enthüllen. Eine typische Magazin-basierte Story, die sich Zeit lassen kann, eine Geschichte zu entwickeln.

Die Daylies sind formatgerieben etwas anders ausgerichtet. Sie müssen jeden Tag aufs Neue dazu beitragen, dass ihre Leser*innen die gestrige Tageszeitung auch heute kaufen. Der Spannungsbogen muss daher konstant hochgehalten werden. Zunächst geht es in Die Sünden des Vaters um einen Strafgefangenen, der dem Präsidenten von Bangalla eine Geschichte erzählt. Tatsächlich befürchtet er, dass seine Kinder Dummheiten begehen werden, um ihn zu befreien.

In Familienbande stehen dann die Kinder des Phantoms im Mittelpunkt: Sind sie in der Lage, im Dschungel zu überleben? Wären sie bereit und fähig, im Falle eines Falles die Nachfolge anzutreten? Oder geht es um etwas ganz anderes?

Für jede*n etwas

Die Tüte Buntes enthält wieder für beide Lager etwas. Die Modernisten erhalten eine geballte Ladung amerikanischen Heftchen-Mainstreams mit dem ältesten noch aktiven maskierten Helden, die anderen eine genauso große Lieferung von Zeitungsstrips. Beide Stränge haben sowohl Anteile im Dschungel als auch in der Stadt, sind spannend und nicht unbedingt vorhersehbar.

Illustration Phantom

Ich bleibe dabei: Der Reiz von diesem Konzept liegt in der Abwechslung! Das vorhandene Material ist groß genug, um noch viele weitere Magazine füllen zu können.

Stabile Lieferung

Die Reihe hat es tatsächlich geschafft, sich auf dem Markt zu etablieren. Nicht jede*r hätte darauf gewettet, dass das Phantom sich so lange hält. Das zeigt, dass das Konzept der Mischung aufgeht und vor allem auch, dass der „alte“ unsterbliche wandelnde Geist noch immer viele Phans in Deutschland hat. Alles richtig gemacht!

Dazu passen Nick Cave & The Bad Seeds und ein Mate.

© der Abbildungen 2022 by King Features Syndicate, Inc. TM Hearst Holdings, Inc. 2005 & Moonstone books 2010 / 2023 Zauberstern Comics

Sterne – Adler Integral 2

Gesamtausgabe Band 2: 1991 – 1996

Story: René Sterne
Zeichnungen: 
René Sterne
Originaltitel:
2-Adler – Compilation (Works 4 to 6)

Kult Comics

Hardcover | 216 Seiten | Farbe | 35,00 € | 
ISBN: 978-3-96430-195-6

Cover Adler Integral 2

Die späten 80-er und 90-er Jahre waren nicht unbedingt die Zeit für durchaus poetische Serien mit Abenteurern in Deutschland. Das Koralle-ZACK war verschwunden und Versuche, ein ähnliches Konzept erneut zu etablieren, scheiterten allesamt. Der Kiosk-Markt wurde von Reihen wie „Die großen XYZ-Comics“ dominiert, die Alben-Verlage waren mit großen Experimenten gestartet, stellten jedoch nicht rentable Reihen auch wieder ein. So kam es, dass viele Serien nur teilweise ihren Weg zu uns fanden, oft auch noch in fehlerhafter Reihenfolge.

Abenteuer in Asien und der Südsee

Umso besser, dass Adler, die Serie über den ehemaligen deutschen Luftwaffenpiloten Adler von Berg, nun endlich eine angemessene und vollständige Präsentation erfährt. Die von René Sterne getextete und gezeichnete Serie wurde von Chantal De Spiegeleer koloriert. Beide harmonieren extrem gut miteinander und haben auch später bei Blake & Mortimer zusammen gearbeitet. Dieser Band enthält im Übrigen ebenfalls den von Sterne geschriebenen und illustrierten Roman Die Hölle am Rio Negro, der auch als separates Hörbuch erhältlich ist.

Adler Integral 2 page 70

Band 4, Die letzte Mission, war bereits vor Jahren auf Deutsch erschienen. Die beiden anderen Bände sind deutsche Erstveröffentlichungen. 1949: Adler und seine Begleitung, Helen, müssen ungewollt im Nord-Burmesischen Dschungel landen und geraten in Konflikt mit einer örtlichen Bande, die übriggebliebenes Kriegsmaterial nutzen will. In Black Bounty muss Adler zunächst einmal verdauen, dass Helen ihn verlassen hat. Mittlerweile befindet er sich auf einem Boot in der Südsee.

Im Verlauf der Geschichte gelangen er und seine Mitstreiter*innen an eine Schatzkarte, die ihnen allerdings wieder abhandenkommt. In Die verlorene Insel entwickelt sich eine Auseinandersetzung mit mehreren Parteien um den Schatz der legendären Bounty, der durchaus blutig verläuft. Trotz allem schwebt eine eigenartige Romantik über allem.

Adler Integral 2 page 71

Moderner Tintin-Style

Die Geschichten stammen aus dem Tintin-Magazin, sind somit grundsätzlich der „klaren Linie“ verpflichtet. Sterne fügt ein wenig mehr an Hintergrund hinzu als üblich, insbesondere bei den unglaublichen Landschaften im Dschungel oder auf den Südsee-Inseln. Dafür reduziert er die Konturen ein wenig. Bei allem Realismus sind gerade die Personen doch abstrahiert.

Das Layout ist dagegen sehr kantig. Zwar gibt es Überspannungen, die Panel sind aber rechteckig und stehen in Streifen. Trotz dieser Struktur wirkt das Ganze recht aufgelockert und unschematisch, was den Schnitt- und Perspektivwechseln zu verdanken ist. Die Farben von Chantal De Spiegeleer nehmen der Gewalt ein wenig die Spitze, romantisieren aber nicht zu viel.

Adler Integral 2 page 72

Eine wohlfeile Gesamtausgabe!

Integralbände bei Kult Comics haben eine Gemeinsamkeit: Alle enthalten einen umfangreichen editoriellen Teil mit einer Vielzahl an Abbildungen und Texten. Wer will, bekommt also eine Unmenge an Hintergrundinformationen, die das Verständnis erleichtern, insbesondere bei Serien, die vor 30 oder mehr Jahren entstanden sind. Wem das zu viel ist, mag die Texte einfach auslassen. (Anmerkung: Der Verfasser hat bei der Übersetzung mitgewirkt.) Der ebenfalls abgedruckte Roman bietet im Übrigen einen ganz besonderen Zugang zu dem Helden, nutzt er doch ein anderes Medium.

Drei Abenteuer, ein Roman und ein ausführlicher inhaltlicher Teil geben eine perfekte Mischung für diese Gesamtausgabe, die eine sehr schöne, außergewöhnliche Serie endlich komplett auf Deutsch präsentiert. Das satte Papier passt und bringt die Farben angemessen zur Geltung, ohne aufdringlich zu wirken. Für Fans gibt es eine Vorzugsausgabe mit Variant-Cover und einem beigelegten, limitierten Druck.

Cover Adler Integral 2 Variant

Dazu passen The Walkmen und ein Gin Tonic.

© der Abbildungen Editions du Lombard (Dargaud-Lombard S.A.) 1991 – 1996, by Sterne / 2023 Comic Combo, Leipzig

ZACK 291 (September 2023)

ZACK 291

Herausgeber/Chefredaktion: Georg F. W. Tempel

Blattgold Verlag

Heft Din A 4 | 92 Seiten | Farbe | 9,00 €
ISSN: 1438-2792

Cover ZACK 291

Obwohl auch dieser Sommer wieder zu warm war, fühlt er sich teilweise anders an. Wahrscheinlich wird aber die Mehrheit bestätigen können, dass er – zumindest in Deutschland – zu nass war. Das Titelbild, das den Helden aus der neuen Serie Movie Ghosts im Regen zeigt, passt daher sehr gut. Mittlerweile sind auch die Besprechungen zu dem zweiten Abenteuer mit Alain Cardan und der ganz neuen Michel Vaillant Serie Legenden online.

Die Neustarts

Bereits auf dem Cover angekündigt wird der Neustart von Movie Ghosts, einer neuen Serie von Stephen Desberg mit Zeichnungen von Attila Futaki. Der Held ist ein Privatdetektiv namens Jerry Filth. Die Story spielt in Los Angeles, in dem all die gestorbenen Stars und Sternchen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht mit dem Leben abschließen können, herumgeistern. Die ermordete Louise Sandler möchte Gerechtigkeit: ihr ungeklärter Fall soll zu Ende geführt und der Mörder überführt werden. Die Geschichte erinnert an Klassiker des Genres mit düsterer Stimmung, viel Alkohol und Selbstmitleid, verknüpft aber geschickt ein übernatürliches Element, das dem Altbekannten neuen Drive versetzt. Spannend! Desberg ist auch im ZACK ein alter Bekannter, Futaki hat etwa Percy Jackson in Szene gesetzt.

ZACK 291 page 5

Und MADI ist mit dem zweiten Teil von Es war einmal in der Zukunft zurück! Das SF-Epos von Alex de Campi und Duncan Jones ist eine Herausforderung, sind doch die jeweiligen kleinen Teile von unterschiedlichen Zeichner*innen gestaltet. Die aktuelle Episode stammt von Rosemary Valero-O´Connell. Es geht um Söldner*innen, die ihre menschlichen Körper mit allerlei Gadgets anreichern und in einer teils virtuellen, teils realen Welt Aufträge ausführen. Angesichts der Tatsache, dass implantierte NFC-Chips schon Realität sind, vielleicht gar nicht mal so weit hergeholt.

ZACK 291 page 75

Die Fortsetzungen

Die unter falschem Namen geflohene französische Adlige Jolanne De Valcourt hat es zwar zur Herrin eines Bordells in Indien gebracht, ist aber weiterhin als Sträfling relativ rechtlos und den Launen einiger mächtiger Männer ausgesetzt. Nicht alle ihre Pläne sind erfolgreich und nicht immer hat nur sie selbst die Folgen zu tragen. Immerhin schafft sie es aber, Kontakt zu ihrem ehemaligen Gefährten aufzunehmen und Pläne für eine Flucht zu schmieden. Rani ist ein abwechslungsreicher Stoff von Jean Van Hamme & Alcante, farbenfroh umgesetzt von Francis Valles. Man merkt der Serie an, dass sie ursprünglich als Drehbuch geplant war.

ZACK 291 page 23

Ebenfalls bereits im dritten Teil ist Krimson aus der Serie Amoras. Die Schergen des verrückten, superreichen Schurken versuchen immer noch, Suske zu töten, haben dabei aber nicht mit Jerusalem gerechnet. Gnadenlos stark ist der Auftritt von Tante Sidonie, die sich nichts gefallen lässt. Bei unseren niederländischen Nachbarn sind nicht nur die 6 Bände der Originalserie, sondern auch bereits 13 Bände der folgenden Kronieken von Marc Legendre und Charel Cambré erschienen. Es bleibt zu hoffen, dass die Serie auch hier mehr und mehr Fans gewinnt.

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Weiter geht es mit Jack Manini’s Das Mädchen von der Weltausstellung. Die dritte Pariser Weltausstellung 1878 findet just zu einer Zeit statt, die ein Mörder zur Flucht genutzt hat. Obduktionen sind zu jener Zeit noch neu und stellen ebenfalls eine Attraktion dar. Leider verdichten sich die Hinweise, dass die Heldin in ernster Gefahr schwebt. Die erfrischenden Zeichnungen von Étienne Willem machen Lust auf mehr!

Detail ZACK 291 page 57

Und sonst?

Parker & Badger sind den Tücken des Alltags nicht gewachsen, Grott & Bott gehen auf Nummer sicher, Christian Endres berichtet über Die Horde und der Verfasser bespricht die Geschichte der Presse-Grafik. Dazu kommen die ständigen Rubriken über das ZACK vor 50 Jahren, News, Klatsch und Tratsch und Rezensionen.

Fast könnte man verzweifeln: Draußen regnet es und wir lesen von Ermordeten, die nicht loslassen können, Mensch-Maschine-Wesen, entflohenen Mördern und misshandelten Frauen … Wir lesen aber auch von Lösungsansätzen, Menschen, die den Status Quo nicht hinnehmen wollen, und dem Verfechten von Idealen. Frei nach dem Motto: Nur den Kopf nicht hängen lassen!

Dazu passen ein lokaler Kräuterschnaps und Pop von Slade, etwa „Wild Winds are Blowing“.

© der Abbildungen 2023 bei den jeweiligen Autoren und Verlagen c/o Blattgold GmbH

Delporte/Forton – ZACK Spezial 9: Alain Cardan

Die Detektive des Himmels

Story: Yvan Delporte
Zeichnungen: 
Gérald Forton
Originaltitel: A
lain Cardan

Blattgold Verlag – ZACK Edition

Softcover | 48 Seiten | Farbe| 14,00 € | nur für ZACK-Abonnent*innen

Limitiert auf 555 + 55 Exemplare

ISBN: n/a

Cover ZACK Spezial 9 - Alain Cardan 2

Die Reihe ZACK-Spezial, die nur für ZACK-Abonnent*innen erhältlich ist, bringt in Deutschland vergessene oder übersehene Perlen der klassischen Hochzeit des frankobelgischen Comics. Dazu gehören etwa die Sonderbände der Bob Morane-Reihen, die Sportcomics mit Jari, aber auch Abenteuer/Krimi-Stoffe mit Jimmy Stone oder eben Alain Cardan. Alle diese Stoffe hätten es vielleicht auch in das klassische ZACK schaffen können.

Mysteriöse Vorfälle

Im Süd-Pazifik gibt es eine Region, in der immer wieder Schiffe und Flugzeuge spurlos verschwinden. Niemand kann sich einen Reim darauf machen, scheint es doch nicht wirklich eine Verbindung zwischen den Vorfällen zu geben. Cardan, der sich gerade auf eine Stelle bei den Detektiven des Himmels beworben hatte, soll mit einem neu entwickelten Fluggerät das Gebiet absuchen.

Natürlich gerät der Held in Schwierigkeiten und muss feststellen, dass drei Raketen Kurs auf seine Maschine genommen haben. Zusätzlich wird der Funk gestört, das Herbeirufen von Hilfe ist also unmöglich. Aber auch auf der Basis ist man nun gewarnt und überlegt fieberhaft, wie man dem Piloten helfen könnte.

Sehr spannende, klassische Spionage/Weltherrschaftsstory, wie man sie etwa auch von den Sean-Connery-Bond-Filmen kennt. Delporte braucht den Helden kaum noch vorzustellen und die Geschichte kann somit sehr schnell Fahrt aufnehmen. Da die einzelnen Teile der Original­veröffentlichung nur 1 bis 2 Seiten lang sind, ist die Anzahl der Zwischen­höhepunkte oder (neudeutsch) Cliffhanger sehr hoch. Ein schöner Klassiker, im Original mit dem Untertitel „Bürger des Weltraums“!

ZACK Spezial Drucke der VZA
Die Drucke der ZACK Vorzugsausgaben

Realistische Zeichnungen

Damals gab es im Wesentlichen zwei Richtungen: realistisch oder humoristisch. Forton ist ein typischer Vertreter der ersten Ausprägung. Markante Gesichter, detailreiche Technik, viele schwarze Linien für Konturen und Ausdruck. Die Kolorierung überdeckt diese Linien nicht und erlaubt daher diesen etwas altmodischen Look. Obwohl eigentlich sehr straff in vier Reihen organisiert, schaffen Überspannungen in alle Richtungen Abwechslung.

In fast allen Fällen ist die Reproduktion perfekt gelungen. Lediglich ein Beitrag fällt dagegen ab, hier war die Quellenlage augenscheinlich etwas schwieriger. Wer in einem der einschlägigen Antiquariate schon einmal Exemplare von Risque-tout gesehen hat, wundert sich wahrscheinlich, wie gut die Abnahme funktioniert hat!

Nostalgisch, aber immer noch gut

Die ZACK-Spezial Alben haben fast alle einen gewissen nostalgischen Touch, bringen sie doch Sachen (oft erstmals) auf den deutschen Markt, die ihre erste Chance vor einem halben Jahrhundert verpasst haben. Georg F. W. Tempel hat aber ein Händchen dafür, solche Serien auszusuchen, die eine gewisse Zeitlosigkeit in sich haben und nicht zu sehr auf zeitgebundene Ereignisse oder Stimmungen abspielen!

Die Serie ist nur für die regelmäßigen Bezieher*innen des ZACK direkt beim Verlag erhältlich. Kleinauflagen (nur 555 Exemplare) werden damit bezahlbar, gehen doch keine Anteile an Vertrieb und Zwischenverkauf. Dass das Konzept funktioniert, beweist die Tatsache, dass 5 Bände bereits vergriffen sind. Wer schnell genug ist, kann übrigens auch immer wieder ein passendes ExLibris dazubestellen.

Dazu passen Nancy Sinatra mit „Bang Bang“ und ein Black & White Scotch!

© der Abbildungen Forton/Delporte – Edition Hibou – 2023 | 2023 Blattgold GmbH

Monféry – Ein unerwarteter Todesfall

Toxische Männlichkeit

Story: Dominique Monféry
Zeichnungen: 
Dominique Monféry

Originaltitel: Mortel imprévu

Splitter Verlag

Hardcover Überformat | 96 Seiten | Farbe | 22,00 € | 
ISBN: 978-3-98721-139-3

Cover Ein unerwarteter Todesfall

Leider ist männliche Gewalt häufiger als viele es wahrhaben wollen. Trotz allem wird das Thema nicht so oft als Grundlage einer Geschichte genommen. In Ein unerwarteter Todesfall ist es das beherrschende Thema, das in mehreren Variationen beleuchtet wird. Und doch kommt der Comic nicht mit einem erhobenen Zeigefinger daher, endet aber auch nicht wie etwa hier in Gegengewalt.

Gewalt hat viele Formen …

… und die Heldin dieser Geschichte, Edith Womble, befreit sich gleich auf der ersten Seite von ihrem Ehemann, der sie unterdrückt und misshandelt hat. Sie verlässt nicht nur ihn und die Stadt, in der sie gelebt haben, sie wechselt auch noch den Kontinent und immigriert in die USA. In Kalifornien baut sie sich ein Leben als Haushälterin auf und gewinnt ihre Lebensfreude zurück. Sie trifft auf Hans und geht eine neue Verbindung ein.

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Als der große Goldrausch am Yukon beginnt, will auch Hans sein Glück versuchen. Edith lässt sich überreden, ihre Eigenständigkeit für eine Gemeinsamkeit aufzugeben, im Klartext, ihm zu folgen. Der Weg ist beschwerlich, neue Gefährten werden gefunden und der erste Sommer vergeht friedlich und in gewisser Weise auch erfolgreich.

Der nahende Winter aber verändert alles: Das freundliche Land wird zu einer feindlichen Umgebung, die Stimmung kippt und die Gewalt explodiert. Leider bringen extreme Herausforderungen nicht immer die guten Seiten eines Menschen zum Vorschein, oft genug sind es diejenigen, die man selbst in Alpträumen nicht sehen möchte. Doch damit beginnt erst eine lange Abfolge von Katastrophen.

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Zeichnungen, die einen Sog entwickeln

Dominique Monféry hat nicht nur die Geschichte entwickelt und geschrieben, er setzt sie auch zeichnerisch um. Daher weiß er natürlich bei jedem einzelnen Panel genau, was er dort erwartet und wie es zu seiner gewünschten Stimmung passt. So drücken die Bilder Schwermut und Angst aus, gehen in sprühende Freude über, in eine von schwerer Arbeit geprägte Leichtigkeit, bevor dann alles explodiert und in Chaos, Angst und Furcht übergeht.

Hier werden sehr geschickt äußere Elemente wie Wölfe genutzt, um die Emotionen zu kanalisieren. Die unendliche Weite des Landes, der unwirtliche Schnee und die lange Dunkelheit der Wintertage sind fast körperlich spürbar! Der Stil ist einerseits sehr realistisch, wirkt aber gemalt und schafft dadurch eine gewisse Distanz. Die Farbgebung der Seiten lässt sich den Grundstimmungen zuordnen.

Ein unerwarteter Todesfall page 8

WOW

Geschichten, die dieses Thema behandeln, sind teilweise schwer zu lesen und noch schwerer zu verdauen. Ein unerwarteter Todesfall verpackt die Beschreibung in eine spannende Story und überlässt die Deutung (und Wertung) den Leser*innen. Oder anders ausgedrückt: Dieser Comic will niemanden belehren! Die spannende, nachvollziehbare Geschichte in ihrer brillanten Umsetzung steht für sich und kann somit auch in Konkurrenz zu anderen sozialkritischen Stoffen wie etwa von Jack London treten.

Detail Ein unerwarteter Todesfall page 14

Das Hardcover im Überformat und das matte Papier bringen die Stimmungen der Zeichnungen sehr gut rüber und erlauben dem Auge bei Details zu verweilen. Für alle, die eine gute Story mit Tiefgang genauso zu schätzen wissen wie Bilder, die genau zum Inhalt passen und Emotionen wie Situationen umsetzen können. Dominique Monféry hat noch nicht so viel auf dem deutschen Markt veröffentlicht, den Namen sollte man sich aber unbedingt merken!

Dazu passen The Distillers etwa mit „The Hunger“ und ein Nojito!

© der Abbildungen 2022 Rue de Sèvres, Paris by Dominique Monféry | Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2023

Dorison/Montaigne – 1629 Teil 1

… oder Die erschreckende Geschichte der Schiffbrüchigen der Jakarta

Story: Xavier Dorison
Zeichnungen: 
Thimothée Montaigne

Originaltitel: 1629, Les Naufragés du Jakarta – Tome 01

Splitter Verlag

Hardcover Überformat | 136 Seiten | Farbe | 35,00 € | 
ISBN: 978-3-98721-187-4

Cover 1629 1

Schon immer war die Seefahrt ein wesentliches Sujet der europäischen Comics. Hier tummelten sich Piraten, machtgeile Ausbilder von Kadetten zur See, wurden Karrieren erzählt oder aber einfach fremde Länder entdeckt oder bereist. Dazu kommen Seeschlachten und Biografien von Entdeckern und Forschern. Das Themengebiet ist also der Science-Fiction sehr ähnlich, spielt aber in einer anderen Umgebung und zu einer anderen Zeit.

Beklemmende Enge und unglaubliche Grausamkeit!

Auf See gibt es meistens nur ein Gesetz, und das ist der Kapitän. Zu Zeiten der Vereinigten Ostindischen Companie (VOC) stand darüber allerdings noch der Vertreter ebendieser niederländischen Handelsgesellschaft. Er hatte dafür zu sorgen, dass der zu erwartende Profit gesichert wurde. Alle Entscheidungen über Sicherheit, Maßnahmen an Bord, Proviantierung und Bestrafungen von Vergehen hatten sich der Profitmaxime unterzuordnen. Dementsprechend zählte das Leben eines möglicherweise sogar schanghaiten Matrosen nichts.

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Die Geschichte der Jakarta beruht auf Tatsachenberichten Überlebender und ist somit eine Mischung aus Fiktion im erzählenden Teil und Realität bezüglich der äußeren Fakten. Das Schiff, damals noch Batavia genannt, lief 1629 mit 300 Personen an Bord in Richtung Sumatra aus. Neben dem schlimmsten Gesindel aus den Slums von Amsterdam transportierte es auch eine beträchtliche Anzahl von Wertgegenständen und Gold der Kompanie sowie einige Passagiere, unter ihnen Lucretia Hans, die auf dem Weg zu ihrem Ehemann ist.

An Bord ist auch der skrupellose Apotheker Jeronimus Cornelius, seines Zeichens nicht nur Ketzer, sondern auch verschlagen und willens, sich des Goldes zu bemächtigen. Dorison erzählt, wie sich an Bord ein gnadenloser Machtkampf entwickelt. Dieser beginnt mit kleinen Grausamkeiten, entwickelt sich aber zu einem Konflikt auf Leben und Tod. Dazu kommen die Herausforderungen der unberechenbaren See.

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Realistische Zeichnungen, spannendes Layout

Dorison ist bereits ein sehr bekannter und vielseitiger Szenarist (etwa Aristophania, Thorgal oder Undertaker), der in vielen unterschiedlichen Bereichen gefeiert wird. Thimothée Montaigne ist dagegen hierzulande noch relativ unbekannt. Er liefert seine Zeichnungen in einem sehr realistischen Stil ab. Seine Matrosen lassen die rauen Umstände erkennen, die sie geformt haben, die Seekrankheit zeichnet Lucretia deutlich und auch die Gewalttaten werden nicht verbrämt.

Trotzdem ist alles nicht übertrieben. Die Details werden dann eben doch nicht gezeigt oder spiegeln sich eher in den Gesichtszügen de Zuschauer*innen. So ist die Geschichte weit davon entfernt, in das Splatter- oder Adultsegment abzugleiten. Gut gelingen auch die Ansichten des Schiffes, des umgebenden Meeres und der Landschaften.

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Zu Recht auf der Liste der besten Titel des Quartals

Mittlerweile werden in Deutschland neben tausenden von anderen Rankings auch jedes Quartal die besten Comics pro Quartal gekürt und 1629 gehört zu den herausragenden Werken! Meines Erachtens ist diese Ehrung, die ich ehrlichgesagt nicht immer nachvollziehen kann, hier vollkommen zu Recht erfolgt. Die auf Tatsachen beruhende Geschichte ist spannend konstruiert. Die Ich-Erzählung wird immer wieder mit Einschüben aus anderen Perspektiven ergänzt und nimmt die Leser*innen vollumfänglich mit.

Die Zeichnungen sind qualitativ ohne Fehl und die Aufmachung im überformatigen Hardcover mit geprägtem Cover ist ebenfalls ein sehr wertiges Moment. Für echte Liebhaber*innen gibt es auch eine auf 666 Exemplare limitierte Vorzugsausgabe mit Variantcover, Bonusseiten und Druck für die Wand! Westernfans, Freund*innen historischer Dramen und natürlich alle Liebhaber*innen der Geschichten über die „christliche Seefahrt“ werden hier bedient und sollten einen Blick darauf werfen!       

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Was könnte der Profitgier, die Menschen verachtet, gegensätzlicher sein Sinead O´Connor (R.I.P.) etwa mit „This is a Rebel Song“ und ein Saft aus Früchten aus dem eigenen Garten?

© der Abbildungen Editions Glénat 2022 by Xavier Dorison et Thimothée Montaigne | Splitter Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2023

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