Mora/Cardona – Sigma-Gigantic Integral 1

Gesamtausgabe Band 1: 1979

Story: Víctor Mora
Zeichnungen: 
José Cardona
Originaltitel:
Sigma-Gigantic 1

Kult Comics

Hardcover | 212 Seiten | Farbe | 35,00 € | 
ISBN: 978-3-96430-302-8

Cover Sigma-Gigantic Integral 1

Wie versprochen folgt nun der dritte „Reise-Comic“. Zunächst kam eine Reise um die Welt, dann in einem speziellen Fahrzeug und nun auf einer Welt, die ein Fahrzeug ist. Die Redaktion des alten Koralle-ZACK war nicht nur ein Zweitverwerter von lizensierten Serien, sie hatten auch eigene Reihen in Auftrag gegeben. Viele dieser Produktionen kamen aus Italien oder Spanien, wo große Studiokapazitäten zur Verfügung standen. Víctor Mora wurde dabei gleich zwei Mal um einen Science-Fiction-Plot gebeten: Neben Dani Futuro erschuf er auch Sigma-Gigantic.

Abenteuer im Weltall

Wir schreiben das Jahr 2078. Die Menschheit wird getrieben von der Frage nach anderen Lebewesen im Universum, hat man doch im eigenen Sonnensystem Leben auf vier Planeten entdeckt. Gleichzeitig gibt es Menschen, die sich ein Leben auf anderen Planeten vorstellen können und bereit sind, ihr bisheriges Leben aufzugeben. Das dafür vorgesehen Raumschiff Sigma-Gigantic gleicht einer künstlichen Welt mit Städten, Zoologischen Gärten und zwei künstlichen Satelliten als Begleitern.

Sigma-Gigantic Integral 1 page 22

Mit an Bord während der intergalaktischen Reise sind der Zoologe Bruno Castorp und Mitreia, die Enkelin des Ratsvorsitzenden Professor Glavius. Zusammen mit den beiden Robotern Piccolo und Goliath erleben sie mehr oder weniger gefährliche Abenteuer im All. Das auf drei Bände angelegte Integral enthält die ersten 5 Geschichten, die ihre Premiere als albenlange Stories im ZACK (1, 3, 4) oder als Kurzgeschichten in der ZACK-Parade (2, 5) hatten.

Im Griff der Kralle handelt von Weltrumpiraten, Gefahr lauert auf Pluvia stellt die Frage, ob eine Zoohaltung angemessen ist. Der Planet der Verdammten bringt nicht nur eine Szene, die wir ganz ähnlich schon aus Dani Futuro kennen, sondern stellt vor allem die Frage, ob der Überlebenswille fremder Spezies „böse“ ist. Titanen des Weltraums zeigt die Ambivalenz von Kriegsmaschinen und die grünen Ebenen Arkadias zeigt die versuchte Kolonialisierung einer neuen Welt.

Sigma-Gigantic Integral 1 page 15

Bunt und innovativ

Natürlich atmen auch die Zeichnungen den Zeitgeist der späten 70-er Jahre. José Cardona verwendet durchaus bunte und schrille Farben in seinen Bildern, die teilweise wie eine Mischung aus Pop-Art und früher Disco aussehen. Gleichzeitig hat er aber auch Spaß daran, jugendstilartige Kulissen zu erschaffen und schnörkellastige Klamotten zu entwerfen, die Hippies hätten tragen können. Seine Darstellungen fremder Flora und Fauna sind sehr kreativ und manchmal wirkt es wie ein Crossover von „Vergessene Welt“ und „Star Wars“.

Diese Bemerkungen wären aber nicht komplett ohne den Hinweis auf den grundsätzlich sehr realistisch angelegten Stil, der Technik und Darstellung menschlicher Körper gut kombiniert. Natürlich würde heutzutage niemand mehr so zeichnen. Aber von einer modernen Serie würde es auch kein Integral geben.

Sigma-Gigantic Integral 1 page 28

Eine weitere Perle aus dem Fundus der ZACK-Serien

Während einige der Serien aus dem damaligen ZACK-Magazin gefühlt zum zwanzigsten Mal neu aufgelegt werden, warten andere immer noch darauf, erstmals in Deutschland komplett verlegt zu werden. Für einige mag das auch ganz gut sein, Sigma-Gigantic hätte das aber schon lange verdient. Nicht nur für Fans des legendären Magazins ein endlich gehobener Schatz; auch Science-Fiction Fans und solche der etwas bunteren 70-er Jahre kommen hier auf ihre Kosten.

Das Integral enthält – wie immer bei Kult – einen redaktionellen Teil: Peter Nover führt gekonnt in die Entstehungsgeschichte, die Autoren und andere Serien des Blattes ein. Dazu kommen Illustrationen, bibliographische Angaben und die Möglichkeit, eine limitierte Vorzugsausgabe mit Variantcover und von Cardona signiertem Druck zu ergattern.

Cover Sigma-Gigantic Integral 1 VZA
Cover der limitierten Vorzugsausgabe

Dazu passen Me First and the Gimme Gimmes, etwa mit Science Fiction Double Feature, und ein Rainbow Cocktail.

© der Abbildungen 2021 Víctor Mora/José Cardona  / 2023 Comic Combo, Leipzig

Charlier/Paape – Marc Dacier 1

Abenteuer rund um die Welt

Text: Jean-Michel Charlier

Zeichnungen: Eddy Paape

Originaltitel: Marc Dacier Tome 1 „Aventures autour du monde »

All Verlag

Hardcover | 48 Seiten | Schwarz-Weiß | 17,80 € |

ISBN: 978-3-96804-207-7

Cover Marc Dacier 1

Ein Standbein des All Verlages von Ansgar Lüttgenau sind die Klassiker. Wenn möglich, sollte ein Bezug zum Koralle-ZACK dabei sein, dieser kann aber auch um ein paar Ecken verlaufen. Die neue, auf 13 Bände angelegte Serie über einen jungen Mann, der gerne Reporter werden möchte, entspricht genau diesen Vorgaben: Die Serie lief zwischen 1958 und 1967 in Spirou, also genau zur Hochzeit des klassischen frankobelgischen Abenteuer-Comics, und seine Schöpfer sind Stars der Szene, die mit mehreren Reihen im damaligen Magazin vertreten waren.

Eine Kostprobe gefällig?

Marc Dacier, der Held dieser Reihe, ist ein junger Journalist, der es bisher nur zu einigen Artikeln bei einem Lokalblatt gebracht hat. Er hat sich aber in den Kopf gesetzt, für eine renommierte Zeitung zu arbeiten. Diese möchte allerdings nur (zumindest angehende) Stars einstellen aber keine blutjungen Anfänger. Es kommt daher zunächst darauf an, den Chef überhaupt neugierig zu machen.

Marc Dacier 1 page 32

Dies gelingt auf durchaus witzige Weise und der zukünftige Held darf sich bewähren: Er muss ohne Startkapital die Welt in vier Monaten umrunden, darf sich kein Geld leihen oder schicken lassen, und soll dabei spannende Artikel verfassen.

Als erfahrene Leser*innen von Jules Verne wissen wir natürlich, dass das in vier Monaten zu schaffen ist, die Reise ist aber kein Plagiat. Die Etappen, Herausforderungen und Begleitumstände wurden von Charlier passgenau entworfen, um einen unerfahreneren, aber unerschrockenen jungen Mann „wachsen“ zu lassen.

Realistische Spirou-Schule

Eddy Paape hat unter anderem mit Luc Orient gezeigt, was für ein Meister er ist. Diese Serie liegt zeitlich etwas weiter zurück, und so ist nicht nur der Held etwas jünger und unerfahrener, auch Paape hat noch nicht die spätere Sicherheit. Allerdings beweist er bereits eine große Klasse in der Ausgestaltung von Landschaften: wilde Meere und weite Wüsten gelingen ausgezeichnet.

Marc Dacier 1 page 36

Auch die Spannung der Szenen auf dem engen Schiff wird durch die Zeichnungen unterstützt. Das Layout ist dabei klassisch vier-spaltig; die Abwechslung wird nicht durch die unterschiedlichen Panelgrößen erzeugt, sondern durch die unterschiedlich gewählten Perspektiven.

Ein gelungener Auftakt!

Nicht immer ist es einfach, auf dem doch teilweise sehr vollen deutschen Comicmarkt noch neue Serien zu platzieren. Viele große, alte Player setzen auf die Zugpferde und kreieren einen Kosmos von Nebenprodukten um diese herum. Andere versuchen es mit sehr modernen, künstlerischen Stoffen oder Konzept-Serien. Insofern ist ein Start einer „alten“ Serie mit 13 Bänden immer auch ein Wagnis.

Marc Dacier 1 page 37

Wer auf die alten Klassiker steht, wird auch an Marc Dacier seine Freude haben. Gelungen erzählt und sorgfältig umgesetzt! Wie immer gibt es auch eine limitierte Vorzugsausgabe mit Druck und Variantcover!

Dazu passen Billie Holiday und ein Grolsch Herfstbock aus der Dose.

© der Abbildungen 2023by CHARLIER & Foundation EDDY PAAPE / 2023 All Verlag

Zauberstern – Phantom 8

Hinter der Maske und andere Stories

Story: Martin Powell, Tony DePaul
Zeichnungen: 
Hanibal King, Paul Ryan

Originaltitel: The Phantom Unmasked 1 & 2, 2010, USA; Phantom Daily Strip 2005, USA

Zauberstern Comics

Heft |100 Seiten | Farbe | 9,99 € |

ISBN: 978-3-98953-057-7

Cover Zauberstern - Phantom 8

Wie die Zeit vergeht, schon wieder zwei Monate rum und das neue Phantom-Magazin ist in der Post. Nach einer kurzen Pause gibt es erneut eine neue Story von Moonstone, also für die Freund*innen der modernen Erscheinung, und zwei klassische Geschichten aus dem Run von DePaul und Ryan

Kinder in allen Variationen

Das begleitende Thema aller Geschichten in diesem Heft sind Kinder. Den Anfang macht eine junge Frau die als Kind von dem Phantom aus einem brennenden Haus gerettet worden war. Sie hat sich in den Kopf gesetzt, das Geheimnis ihres Retters zu lösen und das Gesicht Hinter der Maske zu enthüllen. Eine typische Magazin-basierte Story, die sich Zeit lassen kann, eine Geschichte zu entwickeln.

Die Daylies sind formatgerieben etwas anders ausgerichtet. Sie müssen jeden Tag aufs Neue dazu beitragen, dass ihre Leser*innen die gestrige Tageszeitung auch heute kaufen. Der Spannungsbogen muss daher konstant hochgehalten werden. Zunächst geht es in Die Sünden des Vaters um einen Strafgefangenen, der dem Präsidenten von Bangalla eine Geschichte erzählt. Tatsächlich befürchtet er, dass seine Kinder Dummheiten begehen werden, um ihn zu befreien.

In Familienbande stehen dann die Kinder des Phantoms im Mittelpunkt: Sind sie in der Lage, im Dschungel zu überleben? Wären sie bereit und fähig, im Falle eines Falles die Nachfolge anzutreten? Oder geht es um etwas ganz anderes?

Für jede*n etwas

Die Tüte Buntes enthält wieder für beide Lager etwas. Die Modernisten erhalten eine geballte Ladung amerikanischen Heftchen-Mainstreams mit dem ältesten noch aktiven maskierten Helden, die anderen eine genauso große Lieferung von Zeitungsstrips. Beide Stränge haben sowohl Anteile im Dschungel als auch in der Stadt, sind spannend und nicht unbedingt vorhersehbar.

Illustration Phantom

Ich bleibe dabei: Der Reiz von diesem Konzept liegt in der Abwechslung! Das vorhandene Material ist groß genug, um noch viele weitere Magazine füllen zu können.

Stabile Lieferung

Die Reihe hat es tatsächlich geschafft, sich auf dem Markt zu etablieren. Nicht jede*r hätte darauf gewettet, dass das Phantom sich so lange hält. Das zeigt, dass das Konzept der Mischung aufgeht und vor allem auch, dass der „alte“ unsterbliche wandelnde Geist noch immer viele Phans in Deutschland hat. Alles richtig gemacht!

Dazu passen Nick Cave & The Bad Seeds und ein Mate.

© der Abbildungen 2022 by King Features Syndicate, Inc. TM Hearst Holdings, Inc. 2005 & Moonstone books 2010 / 2023 Zauberstern Comics

Zauberstern – Flash Gordon 1

Zeitgeist und andere Stories

Story: Eric Trautmann, Al Williamson, Archie Goodwin
Zeichnungen: 
Daniel Indro, Al Williamson, Frank Bolle

Originaltitel: Flash Gordon (Dynamite – 2011), Flash Gordon (Sep & Nov 1966)

Zauberstern Comics

Heft |100 Seiten | Farbe | 9,99 € |

ISBN: 978-3-98953-000-3 (Würz-Cover), 978-3-98953-001-0 (Sombetzki-Cover)

Cover A Flash Gordon 1

Zauberstern Comics hatte sie groß angekündigt, die Rückkehr der Helden! Den Anfang machte Das Phantom, das schon lange nicht mehr an deutschen Kiosken präsent gewesen war. Der nächste Streich war Mikros, eine Gruppe von Superheld*innen, die mit Insekten-DNA „verbessert“ worden waren. Nun also einer der Urväter der Science-Fiction-Comics, Flash Gordon! Während Mikros (wie auch der nächste Ableger, Van Helsing) eine chronologisch durchlaufende Serie präsentiert, bieten das Phantom und Flash Gordon einen Mix aus neuem und klassischem Material.

Die Gefahr aus dem Weltall

Ein klassisches Setting für die frühe Science-Fiction-Literatur war die Bedrohung der Menschheit durch eine außerirdische Gefahr. Zwei Weltkriege hatten Europa und Amerika vor Augen geführt, dass moderne Kriege mit ihren Massenvernichtungswaffen und all der Technik nicht mehr auf einige Schlachtfelder einzugrenzen waren, sondern die ganze Bevölkerung existentiell bedrohen konnten. Wie viel schlimmer würde erst eine Bedrohung von weiterentwickelten Außerirdischen sein?

In dem Fall von Flash Gordon kommt die Bedrohung von einem wandernden Planeten, Mongo, und seinem Herrscher Ming, dem Gnadenlosen. Er will die Erde versklaven und ausbeuten. Ein verkannter Wissenschaftler, Dr. Hans Zarkov, der ehemalige Football-Profi Flash Gordon und die Journalistin Dale Arden reisen in einem von Zarkov konstruierten Raumschiff nach Mongo, um zu versuchen, die Erde zu retten. Diese erste Geschichte wird in Zeitgeist neu und modernisiert erzählt.

Cover B Flash Gordon 1

Die klassischen Geschichten Geheimnis der Eisdrachen, Volk der Tiefe, Todesfalle von Mongo und See-Bestie von 1966 zeigen einzelne Abenteuer, die zeitlich weit nach der Origin-Story spielen. Nachdem die Erde zunächst gerettet ist, fliegen die drei Held*innen immer wieder hinüber nach Mongo um dort „nach dem Rechten zu sehen“. Dabei treffen sie auf alte und neue Herausforderungen.

Hyper-Realismus und Zeitungsstrip-Style

Das Schöne an diesem Konzept von Zauberstern ist der Stilmix! Zunächst der Dynamite-Part, der unter künstlerischer Leitung von Alex Ross stand und sehr realistische Bilder mit einer Überbetonung des Körperlichen mischt (überspitzt: Als ob es nur Arnold Schwarzeneggers und Jane Fondas gegeben hätte …) und dabei die Action und Spezialeffekte betont.

Die zweite Hefthälfte ist dann geruhsamer. Sie zeigt zunächst zwei Geschichten des großen Al Williamson, der, in durchaus flexiblem Layout, detaillierte Hintergründe und 60-er Jahre-orientierte Vorstellungen von außerirdischen Kleiderordnungen präsentiert. Frank Bolle übernimmt nahtlos. Durchaus interessant, wie sich die Vorstellungen über die Jahrzehnte gewandelt haben. Wie bei Phantom wird es wieder zwei Lager geben, doch für mich machte es gerade die Mischung.

Flash Gordon advertisement

Die Rückkehr der Held*innen

Tatsächlich löst Zauberstern Stück für Stück die von vielen nicht ernst genommene Ankündigung, die alten Recken zurückzubringen, ein. Geschickt vermeidet man dabei ein Nostalgie-Produkt, wie es etwa viele der Hethke-Ausgaben waren, in dem man die modernen Interpretationen gleichberechtigt präsentiert. Hoffentlich geht dieser Spagat auf.

Für Fans bringt man Variant-Cover und von Zeit zu Zeit ein Poster sowie die Seite mit Briefen der Leser*innen und schafft somit eine gute Bindung. Ich höre im Hintergrund allerdings schon den Ruf nach Goodies für Abonnent*innen.  

Dazu passen Prince Buster mit „One Step Beyond“ und eine „Grüne Wiese“.

© der Abbildungen 2023 King Features Syndicate, Inc TM Hearst Holdings, Inc. King Comics 1966 und Dynamite Entertainment 2011 | 2023 Zauberstern Comics

Delporte/Forton – ZACK Spezial 9: Alain Cardan

Die Detektive des Himmels

Story: Yvan Delporte
Zeichnungen: 
Gérald Forton
Originaltitel: A
lain Cardan

Blattgold Verlag – ZACK Edition

Softcover | 48 Seiten | Farbe| 14,00 € | nur für ZACK-Abonnent*innen

Limitiert auf 555 + 55 Exemplare

ISBN: n/a

Cover ZACK Spezial 9 - Alain Cardan 2

Die Reihe ZACK-Spezial, die nur für ZACK-Abonnent*innen erhältlich ist, bringt in Deutschland vergessene oder übersehene Perlen der klassischen Hochzeit des frankobelgischen Comics. Dazu gehören etwa die Sonderbände der Bob Morane-Reihen, die Sportcomics mit Jari, aber auch Abenteuer/Krimi-Stoffe mit Jimmy Stone oder eben Alain Cardan. Alle diese Stoffe hätten es vielleicht auch in das klassische ZACK schaffen können.

Mysteriöse Vorfälle

Im Süd-Pazifik gibt es eine Region, in der immer wieder Schiffe und Flugzeuge spurlos verschwinden. Niemand kann sich einen Reim darauf machen, scheint es doch nicht wirklich eine Verbindung zwischen den Vorfällen zu geben. Cardan, der sich gerade auf eine Stelle bei den Detektiven des Himmels beworben hatte, soll mit einem neu entwickelten Fluggerät das Gebiet absuchen.

Natürlich gerät der Held in Schwierigkeiten und muss feststellen, dass drei Raketen Kurs auf seine Maschine genommen haben. Zusätzlich wird der Funk gestört, das Herbeirufen von Hilfe ist also unmöglich. Aber auch auf der Basis ist man nun gewarnt und überlegt fieberhaft, wie man dem Piloten helfen könnte.

Sehr spannende, klassische Spionage/Weltherrschaftsstory, wie man sie etwa auch von den Sean-Connery-Bond-Filmen kennt. Delporte braucht den Helden kaum noch vorzustellen und die Geschichte kann somit sehr schnell Fahrt aufnehmen. Da die einzelnen Teile der Original­veröffentlichung nur 1 bis 2 Seiten lang sind, ist die Anzahl der Zwischen­höhepunkte oder (neudeutsch) Cliffhanger sehr hoch. Ein schöner Klassiker, im Original mit dem Untertitel „Bürger des Weltraums“!

ZACK Spezial Drucke der VZA
Die Drucke der ZACK Vorzugsausgaben

Realistische Zeichnungen

Damals gab es im Wesentlichen zwei Richtungen: realistisch oder humoristisch. Forton ist ein typischer Vertreter der ersten Ausprägung. Markante Gesichter, detailreiche Technik, viele schwarze Linien für Konturen und Ausdruck. Die Kolorierung überdeckt diese Linien nicht und erlaubt daher diesen etwas altmodischen Look. Obwohl eigentlich sehr straff in vier Reihen organisiert, schaffen Überspannungen in alle Richtungen Abwechslung.

In fast allen Fällen ist die Reproduktion perfekt gelungen. Lediglich ein Beitrag fällt dagegen ab, hier war die Quellenlage augenscheinlich etwas schwieriger. Wer in einem der einschlägigen Antiquariate schon einmal Exemplare von Risque-tout gesehen hat, wundert sich wahrscheinlich, wie gut die Abnahme funktioniert hat!

Nostalgisch, aber immer noch gut

Die ZACK-Spezial Alben haben fast alle einen gewissen nostalgischen Touch, bringen sie doch Sachen (oft erstmals) auf den deutschen Markt, die ihre erste Chance vor einem halben Jahrhundert verpasst haben. Georg F. W. Tempel hat aber ein Händchen dafür, solche Serien auszusuchen, die eine gewisse Zeitlosigkeit in sich haben und nicht zu sehr auf zeitgebundene Ereignisse oder Stimmungen abspielen!

Die Serie ist nur für die regelmäßigen Bezieher*innen des ZACK direkt beim Verlag erhältlich. Kleinauflagen (nur 555 Exemplare) werden damit bezahlbar, gehen doch keine Anteile an Vertrieb und Zwischenverkauf. Dass das Konzept funktioniert, beweist die Tatsache, dass 5 Bände bereits vergriffen sind. Wer schnell genug ist, kann übrigens auch immer wieder ein passendes ExLibris dazubestellen.

Dazu passen Nancy Sinatra mit „Bang Bang“ und ein Black & White Scotch!

© der Abbildungen Forton/Delporte – Edition Hibou – 2023 | 2023 Blattgold GmbH

Pratt – Fort Wheeling 1

Erster Teil

Story: Hugo Pratt
Zeichnungen: 
Hugo Pratt
Originaltitel: 
Wheeling, le sentier des Amitiés perdues

schreiber & leser

Hardcover | 136 Seiten | Farbe oder s/w | 29,80 €
ISBN: 
978-3-96582-124-8 oder 978-3-96582-137-8

Den meisten Leser*innen dürfte Hugo Pratt wohl aufgrund der Abenteuer des Kapitäns ohne Schiff, Corto Maltese, bekannt sein. Der Italiener hat aber deutlich mehr Werke verfasst und gezeichnet. Der Hamburger Verlag schreiber & leser hatte bisher neben den Geschichten um Corto (und den Fortsetzungen) „Die Wüstenskorpione“ sowie zwei Bände der Reihe „Ein Mann – Ein Abenteuer“ im Portfolio. Dieses wird nun durch einen Western, Fort Wheeling, ergänzt. Wie immer sind die Bände sowohl in einer farbigen als auch in einer schwarz-weißen Klassik-Edition erhältlich!

Die Unausweichlichkeit des Krieges

Virginia 1774: Das weite Land unterhalb der großen Seen bietet Platz für Mensch und Tier. Leider ist dieser romantische Ansatz nicht unbedingt derjenige, der bei den dort ansässigen Menschen den meisten Anklang findet. Weiße Rassisten töten grundlos jede*n der First Nations, der ihnen vor die Flinte kommt da „nur ein toter indianer ein guter Indianer“ sei. Diese wiederum wissen durchaus darum, dass sie unterlegen sind, auch, dass es bei den Usurpatoren nicht nur schlechte Menschen gibt, können sich der Rachepflicht aber auch nicht vollständig entziehen.

Pratt Fort Wheeling 1 page 60

Als wäre das nicht schon genug, deutet sich ein weiterer Konflikt zwischen den Engländern und den Kolonialisten an, der sich zu einem siebenjährigen Krieg auswachsen wird. Abgerundet wird diese Gemengelage aus Konflikten mit den zarten Trieben der jungen Liebe, die ebenfalls gerne zu Verwicklungen führt. Trotz allem entstehen mehrere Freundschaften!

Da diese allerdings alle von Gegensätzen gezeichnet sind (Mann und Frau, Weiß und Rot, Engländer und Amerikaner), ist die Frage, wie sie sich entwickeln werden. Gesetze, Scharfschützen, Schlachten und nicht zuletzt gesellschaftliche Erwartungen sind jedenfalls nicht gerade geeignete Rahmenbedingungen. Gnadenloser Realismus gepaart mit unüberwindlicher Romantik!

Reduziert und gleichzeitig voller Details

Die Zeichnungen von Pratt waren ursprünglich für die schwarz-weiße Wiedergabe gedacht. Daher kommt natürlich auch der intensive Einsatz von Schatten und Schwarzflächen. In der kolorierten Version erhalten die ansonsten weißen Hintergründe eine Farbe und wirken dadurch etwas kompletter. Die Farbe lenkt aber auch ein wenig ab und kreiert einen anderen Fokus. Jede*r möge also selbst entscheiden, welche Fassung die gewünschte ist.

Pratt Fort Wheeling 1 page 61

Während die Anzahl der Elemente in einem Panel durchaus reduziert ist, ist die Detailtiefe dieser Elemente teilweise unglaublich. Pratt ist mit Sicherheit zurecht einer der größten Vertreter*innen des italienischen Stils. Und: ja, die Darstellung der indigenen Völker ist möglicherweise nach heutigen Erkenntnissen nicht korrekt. Sowohl Kleidung als auch Kopf- und Körperschmuck mag daher Stereotype beinhalten. Man muss Pratt allerdings hoch anrechnenden, dass er keineswegs dem Zeitgeist gefolgt ist, der „Indianer“ auf skalpierende Mörder reduziert hat.

Sollte in keiner Sammlung fehlen

Fort Wheeling ist einerseits ein Klassiker der Comic-Geschichte, entstanden kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges während des Aufenthaltes von Pratt in Argentinien. Die Drucktechniken waren fern von heutigen Möglichkeiten und erlaubten teilweise nur grobe Formen. Umso beachtlicher ist die Zeichenkunst hier zu sehen! Mehr dazu in der Reddition 68. Die bisher einzige weitere deutsche Veröffentlichung war vor fast 40 Jahren in der comicothek.

Pratt Fort Wheeling 1 Klassik Edition page 62

Hugo Pratt ist zudem neben anderen wie etwa Will Eisner sicherlich einer der Väter der Graphic Novel, Die Südseeballade ist bereits ein Comicroman. Die Anfänge liegen aber früher und werden bereits in Fort Wheeling sichtbar. Zudem ist das Epos eine wichtige Alternative zu den damals marktbeherrschenden US-Western-Comics, die ganz andere Akzente gesetzt haben, und steht somit als einer der Vorfahren in der Tradition des europäischen Westerncomics etwa von Charlier oder Derib! Der Band kommt inklusive der gezeichneten „Einführung“.

Dazu The Jam „That’s Entertainment“ und ein Kellerbier.

© der Abbildungen Casterman, Belgium, 1995, Wheeling, le sentier des Amitiés perdues | Cong SA, Switzerland, 1962/1995 | 2023 Schreiber & Leser, Hamburg

Zauberstern – Phantom 7

Drei Phantom Klassiker

Story: Lee Falk, Ulf Granberg; Lee Falk & Tony DePaul
Zeichnungen: 
Roy Felmang; George Olesen, Paul Ryan

Originaltitel: Sjöjungfrurna I Melosunden (1995) Schweden, Phantom Daily Strip 2004, 2005, USA

Zauberstern Comics

Heft |100 Seiten | Farbe | 9,99 € |

ISSN: N/A

Cover Phantom 7

Das Phantom-Magazin von Zauberstern hat es sich zur Aufgabe gemacht, dem deutschen Publikum möglichst viele unterschiedliche Publikationen mit dem wandelnden Geist zu präsentieren. Nach dem die letzten Hefte schwerpunktmäßig mit Geschichten von Moonstone gefüllt waren, sind jetzt wieder die klassischen Phans an der Reihe. Das erfordert vom Publikum zwar eine gewisse Toleranz, ist aber meines Erachtens nach ein vielversprechendes Konzept, erlaubt es doch die Kombination mehrerer Segmente die für sich genommen möglicherweise zu klein zum Überleben wären.

Meerjungfrauen und Dungeons

Die erste Geschichte, Lockruf der Sirenen, ist eine kleine Besonderheit, hatte doch das schwedische Phantom-Magazin beschlossen, das 50-jährige Jubiläum des Helden mit der Neufassung einer Story von 1945 zu begehen. Diese „Klassiker-Neufassung“ ist mittlerweile selbst fast 30 Jahre alt. Schiffe verschwinden spurlos von ihrer Route und es scheint als würden Sirenen die Schiffe mit ihrem Gesang anlocken und in den Klippen zerschellen lassen. Natürlich ist das ein Fall für die Walkers.

Ergänzend kommen zwei aufeinander bezogene USA Dailies von 2004 (Diebe in Bangalla) und 2005 (Das Geheimnis des Tempels) zum Abdruck. Eine Tauchgesellschaft sucht in einem kurz vor Kriegsende versenkten deutschen U-Boot ein Artefakt. Dieses entpuppt sich als verschlüsselte Landkarte zu einem 5000 Jahre alten Dungeon in dem die Nazis Überbleibsel einer Super-Rasse vermuteten. Natürlich ist kaum anzunehmen, dass das Phantom die aktuellen Schatzsucher*innen auf seinem Gebiet dulden möchte.

Sehr detaillierte schwedische Interpretation

Die schwedische Neufassung kommt in sehr detaillierten Zeichnungen daher und versprüht einen gewissen nostalgischen Charme aufgrund der Frisuren und der Kleidung. Im Gegensatz zu den 60ern sind hier Frauen durchaus aktiv handelnde Personen. Trotzdem muss der Held rettend eingreifen. Eine willkommene Abwechslung zum heutigen Mainstream!

Die beiden anderen Geschichten sind Zeitungsstrips und damit werden wahrscheinlich einige wieder die Dschungel-Post-Seiten mit Klagen füllen. Die qualitativ durchaus ansehnlichen Strips gehören aber genauso zu dem Phänomen Phantom wie die neuen Interpretationen, werden jedoch sicherlich nur einen kleinen Teil das zukünftigen Materials ausmachen.

Gelungene Abwechslung!

Diese Ausgabe ist wieder eher für diejenigen, die schon die Bastei-Hefte verschlungen haben. Ich hoffe, dass der Stamm der Abonnent*innen mittlerweile groß genug ist und die Verkaufspeaks und -dellen nicht allzu stark voneinander abweichen. In Ausgabe 10 gibt es übrigens Neues von Moonstone! Mehr zu der deutschen Veröffentlichungsgeschichte bei Christian Blees.

Dazu passen The Hot Sardines, etwa mit “When I get low, I get high” und ein Mint & Mango iced Green Tea.

© der Abbildungen 2022 by King Features Syndicate, Inc. TM Hearst Holdings, Inc. 2004 & EGMONT Schweden 1995 / 2023 Zauberstern Comics

Le Tendre/TaDuc – Chinaman GA 2

Gesamtausgabe Band 2

Story: Serge Le Tendre, Olivier TaDuc
Zeichnungen: Olivier TaDuc

Originaltitel: Chinaman Compilation 2

Salleck Publications

Hardcover | 256 Seiten | Farbe | 39,90 € | 
ISBN: 978-3-89908-758-1

Cover Le Tendre/TaDuc Chinaman Gesamtausgabe 2

In vielen Western spielen aus China Eingewanderte eine Rolle: Mal als Arbeiter beim Bau der Eisenbahnen, mal mehr stereotypisch als Betreiber*innen einer Wäscherei. Als Hauptpersonen trifft man sie eher selten an. Zwei Serien, die teilweise im ZACK veröffentlicht worden sind, stellen hier die Ausnahme dar. Zum einen die TV-Serien Adaption von Kung Fu, die in den alten Koralle-Tagen die Abenteuer von Caine erzählt hatte. Zum anderen die davon beeinflusste moderne Serie Chinaman. Nach einer Irrfahrt über mehrere Verlage liegt sie nun endlich erstmals komplett in einer zweibändigen Gesamtausgabe vor.

Rassismus und Erwartungshaltungen

Wie im ersten Band zu lesen war, hat sich der chinesische Kämpfer Chen Long Anh gegen seine Herren und die Triaden gewandt und ein eigenes, selbstbestimmtes Leben als John Chinaman begonnen. Dabei wird er immer wieder mit rassistischen Vorurteilen konfrontiert. Band 5, Zwischen zwei Ufern, beschreibt, wie er Ada, eine angehende Lehrerin davor rettet, ausgeraubt und getötet zu werden. Die junge Frau ist durchaus dankbar, aber keinesfalls bereit zu vergessen, dass ihr Retter einer fremden Kultur entsprungen ist. Trotz allem lassen sie sich in Blutsbrüder, einer deutschen Erstveröffentlichung, zusammen nieder. Sie müssen allerdings feststellen, dass ein Chinese möglicherweise noch gerade so geduldet werden kann, mehrere aber schon nicht mehr.

Chinaman Gesamtausgabe 2 page 106

Dass nicht nur die Weißen Vorurteile hegen, wird in Entscheidung in Blue Hill deutlich. Obwohl Chinaman seine Vergangenheit abgestreift hat, lässt sie ihn doch nicht los. Im Schatten des Galgens muss der Held die tragischen Ereignisse verdauen und heuert bei einem Unternehmer an. Während einer der Fahrten trifft er auf einen notorischen Falschspieler, der wiederholt in gefährliche Situationen gerät. Während sich einerseits neue Freundschaften etablieren, entwickeln sich auch neue Feindschaften.

Diese kulminieren schließlich in Tucano, der zweiten deutschen Erstveröffentlichung, in einem Show-Down, der keinen Vergleich mit einer anderen Serie scheuen müsste. Die Serie von Serge Le Tendre und Olivier TaDuc verbindet klassische Elemente des Westerns mit dem ungewohnten Personal und eröffnet dadurch eine neue Perspektive auf Bekanntes. Diese gelingt umso glaubwürdiger als Olivier TaDuc durchaus aus eigenen Erfahrungen schöpfen kann. Sie versuchen aber auch, der Action nicht die Handlungshoheit zu übertragen. Sie ist notwendiger und integraler Bestandteil der Story, aber nicht Selbstzweck.

Natur und Martial Arts

Action, Pferde und Kühe sind Bestandteil jedes Westerns, müssen daher nicht besonders herausgehoben werden. Natürlich sind sie auch hier zu genießen. TaDuc liefert aber etwas mehr als das Gewohnte, lässt er doch Kombattanten traditionell kämpfen. Die Martial Arts Szenen wirken teilweise wie Standbilder aus einem Kung Fu Film und erfordern eine hohe Kenntnis nicht nur der Kampftechnik, sondern auch des Körperbaus.

Chinaman Gesamtausgabe 2 page 107

Ein weiteres Element der Bildsprache sind die großartigen Landschaften. Sie unterstützen einerseits meditative Situationen, können aber auch eine bedrohliche Kulisse abgeben. Das Layout ist grundsätzlich in Streifen sortiert, bietet aber genügend Abwechslung durch das teilweise Aufbrechen der Rahmen und Überlappungen.

Endlich komplett!

In unserem westlichen Nachbarland, den Niederlanden, war diese Serie schon lange komplett erhältlich. Nun also endlich auch hier, und zwar in einer sehr gefälligen, zweibändigen Ausgabe. Der Anhang enthält einige Illustrationen, die als ExLibris ihren Weg in französische Comichandlungen gefunden haben und ein Interview zu den Hintergründen und ist damit sehr informativ.

Chinaman Gesamtausgabe 2 page 111

Für alle Fans des Comic-Westerns fast schon ein Muss, für alle Freund*innen des Easterns aber ebenfalls einen wohlwollenden Blick wert! Abseits des Mainstreams und doch mittendrin; dieser Versuch gelingt. Wer weiter lesen will, sei auf das 20 Jahre spätere Sequel Der Tiger erwacht verwiesen.

Dazu passen The Devil Makes Three und ein Knob Creek Rye Whiskey!

© der Abbildungen Dupuis 2001, 2002, 2004, 2005, 2007, by Serge Le Tendre & TaDuc / 2023 Eckart Schott Verlag

Kolk/de Wit – Gilles der Gauner GA 1

Der Wahnsinn beginnt

Story: Hanco Kolk
Zeichnungen: 
Peter de Wit
Originaltitel: 
Gilles de Geus

Panini Comics

Hardcover | 180 Seiten | Farbe | 39 €
ISBN: 978-3-7416- 3331-7

Cover Gilles der Gauner Gesamtausgabe 1

Was wäre die Geschichte eines Landes ohne „Nationalheld*innen“? Bevorzugt werden dabei (aus literarischer Sicht) diejenigen, die eine gewisse Moral vorweisen können und optimaler Weise gegen einen Schrecken (Drachen, Diktatoren oder Fremdherrscher) gekämpft haben. Eine gewisse Tragik kann dabei nicht schaden. In einigen Ländern haben sich unterschiedliche historische Persönlichkeiten zu einer virtuellen Kunstfigur addiert. Das wohl bekannteste Beispiel ist der französische Asterix. Gilles, der Gauner, wird immer wieder als sein niederländisches Pendant bezeichnet. Historischer Hintergrund ist der Achtzigjährige Krieg der Niederlande gegen die spanischen Besatzer (1568 bis 1648).

Vom Kleinkriminellen zum Volkshelden

Die bei unseren westlichen Nachbar*innen sehr erfolgreiche und beliebte Serie über Gilles, sein „Pferd“ und die Gruppe der Geusen lief mehr als 20 Jahre in diversen Magazinen wie Eppo, hat es aber nie über die Grenze geschafft. Nun endlich gibt es eine auf drei Bände angelegte Gesamtausgabe in einem angemessenen Rahmen und samt einer editoriellen Einführung.

Gilles ist etwas tumb, dafür aber stark und von sich eingenommen. Er lebt von Überfällen auf den im 16. Jahrhundert bekanntermaßen gefährlichen Wegen und muss sich dabei mit innovativen Konkurrenten, dem Wetter und ganz im Allgemeinen seiner totalen Inkompetenz herumplagen.

Wie der Zufall es aber manchmal so will (in diesem Fall eher die Idee des Szenaristen) gerät Gilles an eine Gruppe von Aufständischen, die Geusen, die noch Mitstreiter suchen. Er wird zum Anführer dieser Truppe. Wo Asterix von der Schlauheit und der Dummheit der Gegner lebt, bezieht diese Serie den Humor aus der Dummheit der eigenen Leute, gepaart mit Wahnwitz und Glück. Im Original heißt die Serie Gilles, de Geus. Eine wörtliche Übersetzung bietet sich allerdings nicht an, da hier kaum jemand den Begriff kennen dürfte.

Cover Variant Gilles der Gauner Gesamtausgabe 1
limitiertes Variantcover

Irrsinn in Serie

Die Serie hat mit Kurzgeschichten in Magazinen begonnen und viele der Stories spielen sich auf höchstens drei Seiten ab. Der Band versammelt aber auch drei längere Geschichten: Der Wegelagerer, Die spanische Furie und Sturm über Dubbeldam. Der äußerlich an Errol Flynn angelegte Bandit ist aufgrund seines ständigen Scheiterns ein sehr sympathischer Held, der natürlich trotz allem ein Krimineller bleibt.

Erst als er sich der Gruppe von Freischärlern anschließt, werden seine Taten plötzlich geadelt, dienen sie doch jetzt einer höheren Sache. Die Erfolgsquote ändert sich dadurch allerdings nicht. Der vierstreifige Funny kommt in dem immergleichen Layout daher. Die Abwechslung kommt direkt aus der Situationskomik, die sowohl auf running gags als auch auf den spontanen Irrsinn setzt.

Endlich!

Es war dieser Serie schon seit längerem zu gönnen, dass sie einen deutschen Verleger finden würde. Panini ist aufgrund seiner Vernetzung mit dem stationären Buchhandel dafür wahrscheinlich auch eine gute Wahl. Für Carlsen und Ehapa wäre die Serie zu anarchisch, für Splitter zu klassisch und andere hätten nicht die Präsenz im Nicht-Comic-Fachhandel. Der Band wird hoffentlich auch in der Cartoon-Ecke und im Geschenkbuchsegment platziert werden und dort auch zum Reinschnuppern anregen.

Urkomischer Klamauk gepaart mit historischen Fakten, hier eine gelungene Mischung! Für alle Fans des klassischen frankobelgischen Humors, die auch eine niederländische Prise Absurdität vertragen können!

Dazu passen ein Dubbel-Friss und Lollypop Lorry mit „Simmer Down“!

© der Abbildungen 2020 Hanco Kolk/Peter de Wit | 2020 Matsuoka/Standaard Uitgeverij / 2023 Panini Verlags GmbH

Fernez/Attanasio – ZACK Spezial 8: Jimmy Stone

Operation Hinterhalt

Story: André Fernez
Zeichnungen: 
Dino Attanasio
Originaltitel: 
Jimmy Stone – Dispositif Guet-Aspens

Blattgold Verlag – ZACK Edition

Softcover | 64 Seiten | Farbe| 18,00 € | nur für ZACK-Abonnent*innen

Limitiert auf 555 + 55 Exemplare

ISBN: n/a

Und weiter geht es mit Klassikern der frankobelgischen Blütezeit, die eine deutsche Ausgabe verdient, sie aus unterschiedlichen Gründen aber nicht (angemessen) erhalten haben. Alle diese Bände haben eine gewisse Patina angesetzt, sind sie doch mittlerweile zwischen 50 und 60 Jahre alt. Georg F. W. Tempel hat aber ein gutes Händchen, genau die Reihen rauszusuchen, die zwar eine Art Nostalgiefeeling aufkommen lassen, andererseits frisch genug sind, um auch heute noch zu wirken. Einzig gewisse Stereotype müsste man heute ändern (und den Zeichenstil anpassen) und es würde als neu durchgehen. Wer also – wie wahrscheinblich viele Leser*innen des ZACK – den alten „Krams“ mag, ist hier genau richtig!

Der Rüstungswettlauf im Kampf der Systeme

Wer hätte vor 2 oder 3 Jahren glauben wollen, dass ein „Kalter Krieg“ der Systeme wieder kommt, ja, sogar zu einem „heißen Krieg“ wird? Die Welt war offen geworden, Systemgrenzen schienen in gewisser Weise zu verschwinden, Menschheitsprobleme schienen allgemein in den Fokus zu rutschen. Während COVID einerseits die Verwundbarkeit der gesamten Menschheit offenbarte, gerieten Vorurteile plötzlich wieder in den Vordergrund („Das Chinesische Virus“). Und dann begann der Ukraine-Krieg und der damit verbundene Cyber-War.

Auch Jimmy Stone und sein CIA-Kollege Mario Gardini kümmern sich um die Versuche fremder Mächte, den USA zu schaden. Ausgangspunkt der Geschichte sind zwei zunächst unabhängige Ereignisse. Ein chinesischer Wissenschaftler möchte sich in die Staaten absetzen und will dort Geheimnisse offenbaren. Natürlich muss dieser Mann vor Mordanschlägen geschützt werden. Parallel zeigen sich bei Raketentests unerwartete Phänomene.

Detail Jimmy Stone

Stone und sein Kollege werden beauftragt, die Hintergründe der Störungen, die aus Kolumbien zu kommen scheinen, aufzudecken und gleichzeitig gewisse Ungereimtheiten bezüglich des geflohenen Wissenschaftlers aufzudecken. Mehrere Menschen scheinen ein doppeltes Spiel zu spielen.

Klassische Tintin-Qualität

Die Zeichnungen von Dino Attansio sind ein typisches Beispiel der hohen Kunst, die auf den Seiten von Tintin Mitte der 60-er Jahre geboten wurde. Ein prinzipiell vierstreifiges Layout, das immer wieder aufgebrochen wird. Sowohl Überspannungen als auch variable Zeilenhöhen erlauben ein sehr abwechslungsreiches Bild. Die Linien-Konturen sind teilweise etwas grob und werden durch die Kolorierung noch akzentuiert. Dabei werden Stereotypen (der „gelbe“ Chinese) verwendet.

Obwohl Fernez, zu der damaligen Zeit Chefredakteur des Magazins, mehrere Romane mit dem Helden Stone verfasst hatte, blieb die Operation Hinterhalt die einzige Umsetzung als Comic. Schade eigentlich, die Umsetzung steht den bekannteren Reihen in Nichts nach.

Ex Libris ZACK Spezial
ExLibris der Reihe

Aneinandergereihte Perlen

Die Serie der ZACK-Spezial Alben reiht eine klassische Perle an die nächste. Gut ist dabei, dass nicht nur Serien wie Jari, Bob Morane oder Alain Cardan aufgenommen werden, sondern auch Platz für One-Shots wie etwa Patrick Leman oder eben Jimmy Stone bleibt. Wer möchte und schnell genug ist, kann immer mal wieder ein zusätzliches, ebenfalls limitiertes ExLibris beauftragen, das dazu passt. Aber auch für alle anderen ist eine gewisse Exlusivität nicht nur des Geschmacks sondern auch des Produkts garantiert, da die limitierte Reihe nur von Abonnent*innen des ZACK gekauft werden kann.

Dazu passen die gerade verstorbene Astrud Gilberto mit „The Girl from Ipanema“ und ein kühler Rosé!

© der Abbildungen Attanasio – Fernez – Edition Hibou – 2022| 2023 Blattgold GmbH

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