King/Mann/Leon – Batman/Catwoman 4

DC Black Label – Batsy & Cat

Story: Tom King
Zeichnungen: 
Clay Mann, John Paul Leon, Mitch Gerards
Originaltitel: US-
Batman/Catwoman 10 – 12, Batman/Catwoman Special 1

Panini Comics

Hardcover | 124 Seiten | Farbe | 25 €
ISBN: 978-3-7416-3026-2

Batman/Catwoman 4 Cover

Den dunklen Ritter und die diebische Katzenfrau verbinden viele Liebesgeschichten. In der regulären Serie hatten die beiden heiraten wollen, Catwoman hatte allerdings kurz vorher einen Rückzieher gemacht. Im Black Label dürfen allerdings Geschichten erzählt werden, die sich nicht an die Kontinuität halten müssen und dementsprechend kann Tom King in Batman/Catwoman doch von dem Ehepaar Wayne berichten.

Der lange Schatten des Jokers

Selina Kyle und Bruce Wayne haben nicht nur geheiratet, sie sind auch zusammen alt geworden. Eigentlich haben beide ihre Kostüme an den Nagel gehängt und ihre Identitäten an die nächste Generation übertragen. Was also eine einfache Liebesgeschichte sein könnte, ist im Comic aller Wahrscheinlichkeit nach komplizierter, und so ist es auch hier: Der Joker und Catwomans Beziehung zu ihm standen immer ein wenig zwischen den Partner*innen und nun auch zwischen Mutter und Tochter Helena Wayne.

Detail aus Batman/Catwoman 4 part 1

Welche Schuld trägt Selina am Tod des Schurken? Wird sie sich dafür verantworten müssen? Oder ist es nicht vielmehr ein Segen, dass das Monster endlich von der Bildfläche verschwunden ist? Tom King erzählt die ultimative Geschichte einer besonderen Beziehung und baut nicht nur die übliche Tragik der Batman-Stories ein. An ganz unerwarteten Stellen wird es wirklich witzig!

Die Weihnachtsgeschichte in 12 Kapiteln ist an und für sich schon ein echtes Meisterwerk im Bat-Kosmos, bekommt aber noch einen grandiosen Bonus im Special. Dieses dient zugleich als Hommage an den (zu früh) verstorbenen John Paul Leon und führt die Geschichte weiter. Ohne zu viel vorwegzunehmen kann es wohl nicht schaden zu sagen, dass der Kreis sich schließen wird.

Detail aus Batman/Catwoman 4 part 2

Zeichnungen in Poster-Qualität

Das übergroße Format lässt die Zeichnungen von Clay Mann in noch besserem Licht erscheinen. Viele Seiten oder Panels könnten als Posterillustration Verwendung finden. Weiterhin springt die Geschichte zwischen verschiedenen Zeitsträngen hin und her und Mann schafft es, auch die stark gealterten Figuren mit Sympathie darzustellen!

Der Teil aus dem Special ist in einem ganz anderen Stil gehalten: Fast schon holzschnittartige, kräftige Konturen, die mit von Seite zu Seite unterschiedlichen Paletten eingefärbt worden sind. Durch diese Reduktion ist der Gegensatz zu den ersten drei Teilen besonders stark, fällt aber qualitativ nicht ab. Allein, es braucht ein paar Seiten zur Umgewöhnung.

Detail aus Batman/Catwoman 4 part 3

Eine Bereicherung jeder Bat-Sammlung

Die Serie über Batman und Catwoman ist sicherlich in keiner Sammlung mit Charakteren aus Gotham ein Fremdkörper. Sauber erzählt und auf hohem Niveau grafisch umgesetzt, berührt die Serie von Tom King nicht nur das Verhältnis zwischen den Hauptpersonen, sondern auch Standard-Fragen: Ist das Verbrechen nur da wegen des dunklen Ritters oder ist er die Reaktion auf die Gewalt? Wie viele Geheimnisse verträgt eine Partnerschaft? Und nicht zuletzt, ist es richtig/erlaubt/verboten, Monster wie den Joker zu töten?

Das Hardcover im Überformat bringt die Zeichnungen gut zur Geltung, erlaubt natürlich aber auch einen etwas höheren Preis verglichen mit der Standard-Broschur. Wie fast immer gibt es auch noch ein limitiertes Variant mit anderem Covermotiv.

VZA Batman/Catwoman 4 Cover
limitiertes Variant

Dazu passen ein Scavi & Ray und Snarky Puppy!

© der Abbildungen 2022 DC / Panini Verlags GmbH

Ram V/Blanco – Catwoman 7 (Fear State)

Aufruhr in der Stadt der Angst

Story: Ram V
Zeichnungen: 
Fernando Blanco, Nina Vakueva, Laura Braga, Caspar Wijngaard
Originaltitel: US-Catwoman 33-38

Panini Comics

Broschur | 156 Seiten | Farbe | 19 €
ISBN: 978-3-7416-2987-7

Cover Catwoman 7

Fear State bzw. Stadt der Angst in deutscher Übersetzung ist eines der DC (Batman-) Mega-Events, das über viele Serien hinwegfegt. In Gotham hat der Magistrat die Macht übernommen und bekämpft Super-Held*innen wie Schurk*innen gleichermaßen. Die Stadt soll gleichgeschaltet werden und Individualität ausgerottet. Natürlich sind damit nicht alle einverstanden und es entstehen seltsame Allianzen aus vormals Gut und Böse; Grenzen erweisen sich als nicht mehr stabil und der Kampf um die Stadt ist in vollem Gange!

Die Beschützerin von Alleytown

Nachdem Selina Kyle aus ihrem selbstgewählten Exil zurückgekommen ist, haben sich die Ereignisse quasi überschlagen. Immerhin kann sie wieder mit ihrem Ex, dem Dunklen Ritter, obwohl sie die Hochzeit hatte platzen lassen. In Band 5 hatte sie begonnen, sich ihr altes Viertel, Alleytown, wieder zu erobern und eine neue Organisation mit Hilfe von bisher unorganisierten Jugendlichen aufzubauen. In Band 6 ist nachzulesen, wie und warum Catwoman das Leben des Riddler und von Poison Ivy gerettet hat.

Innencover Catwoman 7

In dem aktuellen, aus sechs Einzelheften bestehendem Sammelband, muss sich die maskierte Diebin dem Angriff der Privatarmee des Magistrats gegen ihr Viertel erwehren. Und auch die Sache mit dem auf sie angesetzten Killer, Pater Valley, ist nicht ausgestanden. Da es dabei hart auf hart geht, stellt sie sich die Frage, ob es richtig ist, das Leben von so vielen Menschen aufs Spiel zu setzen, um ihre Idee des Lebens durchzusetzen. Diese Emotionen werden umso stärker als die Gefahren für ihre Freund*innen und sogar ihre Familie immer größer werden. Tatsächlich – und das ist im amerikanischen Mainstream nicht so häufig – überleben auch bekannte Charaktere diese Auseinandersetzung nicht.

In der parallelen Handlung geht es um die „Team-Konflikte“: Kann es wirklich gut gehen, wenn Croc, der Riddler, Catwoman und andere auf einer Seite stehen? Es ist sehr unwahrscheinlich, dass der Pinguin sich damit abfinden wird, doch welches Ass hat er Im Ärmel? Vor allem aber stellt sich natürlich die Frage, ob es gelingen wird, Poison Ivy zu beschützen? Ram V präsentiert einen guten Abschluss seines Runs! Grundsätzlich ist mir dieses Event zu „ballerlastig“, es gelingt aber die emotionalen und persönlichen Elemente, die Catwoman bisher ausgezeichnet haben, auch innerhalb dieses Umfelds hochzuhalten und sogar noch auszubauen. Wir dürfen gespannt sein, wie sich das weiterentwickeln wird!

Unterschiedliche Zeichenstile

Im Gegensatz zu europäischen Comics, in denen ein Handlungsstrang typischerweise von einem Künstler*innengespann umgesetzt wird, können bei den US-Serien einzelne Kapitel von unterschiedlichen Autor*innen oder Zeichner*innen umgesetzt worden sein. Gerade bei einer Veröffentlichung in Sammelbänden fällt das natürlich mehr auf, als wenn ein Monat dazwischenliegen würde. Das kann irritierend sein oder aber auch, wie hier, erfrischend.

Detail aus Catwoman 7

Fernando Blanco hat einen sehr realistischen Stil, der trotz allem sehr glatt rüberkommt. Nina Vakueva (teilweise zusammen mit Laura Braga) ist viel rauer. Der Schatten ist nicht mehr nur koloriert, sondern finden sich auch in Schraffuren und Rastern wieder. Vom Layout her fühlt man sich an Popcorn-Kino erinnert. Ständig explodiert etwas, schnelle und harte Schnitte sorgen für Tempo. Den Abschluss liefert Caspar Wijngaard: psychedelische Farben, teilweise an den animated style angelehnte Gesichter vor extrem detaillierten Hintergründen. Diese Überraschung ist für mich gelungen!

Ein würdiges Finale

Dieser Band ist gleich mehrfach ein Finale, denn die Strecke von Ram V endet hier. Er hat die Figur von Catwoman weiterentwickelt, die von allen akzeptierte Chefin von Alleytown kreiert und somit eine neue Inkarnation geschaffen. Gleichzeitig hat er aber auch die Ballerevents in die Serie integriert, ohne die Besonderheiten aufzugeben. Auch diese sind nun durch und die Serien separieren sich wieder etwas.

Auseinandersetzung mit Pater Valley in Catwoman 7

Eine sympathische Heldin, die prinzipiell „gut“ ist, ohne dabei moralinsauer rüberzukommen. Sie akzeptiert nicht nur in ihrem Gefolge (Klein-)Kriminalität, sondern bricht selbst das Gesetz ein ums andere Mal. Dieser Konflikt, auch mit ihrem Lover, ist ein wesentliches Erfolgsmerkmal!

Dazu passen ein Espresso Martini und Offspring – Kids aren’t allright!

© der Abbildungen 2021, 2022 DC / Panini Verlags GmbH

Zauberstern – Phantom 1

Der Geist und das Monster Teil 1

Story: Andrew Constant, Lee Falk
Zeichnungen: 
Giancarlo Caracuzzo, George Olesen

Zauberstern Comics

Heft |108 Seiten | Farbe | 9,99 € |

ISSN: N/A

Nach mehr als 30 Jahren Pause ist der maskierte Beschützer, der älter ist als Batman oder Superman, zurück auf dem deutschen Markt. Seine großen Erfolge in Deutschland hatte das Phantom von Schöpfer Lee Falk in den 70-er und 80-er Jahren bei Bastei feiern dürfen. Am 17. Februar 1936 war die erste Folge von Tagesstrips in den USA erschienen und schon bald folgten auch farbige Sonntagsseiten. Beides wurde später im Comicbook-Format neu aufgelegt und in verschiedenen Ländern starteten eigene Reihen mit zum Teil exklusivem Material. Die deutschen Veröffentlichungen bedienten sich überall. Einen umfassenden Überblick gibt Christian Blees in Lee Falks Phantom!

Cover Das Phantom 1

Das Phantom und der Mythos der Unsterblichkeit

1536 überlebte Christopher Standish als einziger ein Schiffsunglück in den Gewässern vor Bangalla. Seine Retter brachten ihn in eine Höhle, die wie ein Totenkopf geformt war. Nach seiner Gesundung schwor der junge Mann, dass er fortan gegen die Finsternis und für Gerechtigkeit kämpfen werde. Er legte sich ein Kostüm zu und wurde von Verbrechern gefürchtet.

Seit dem wird das Kostüm und die Aufgabe vom Vater an den Sohn übergeben. Die daraus entsprungene Legende des wandelnden Geistes trägt zum Mythos des Kämpfers bei und das aktuelle 21. Phantom, Kit Walker, bewohnt immer noch die Totenkopfhöhle, auch wenn der Radius für die guten Taten aufgrund moderner Möglichkeiten inzwischen weltweit ist.

Auseinandersetzung mit der Vergangenheit

In Der Geist und das Monster bekommt es Phantom mit jemandem zu tun, der schon Kontakt mit dem 17. Phantom hatte. Tippfehler? Nein, denn das sogenannte Monster ist die Figur, die landläufig als Frankensteins Monster bekannt ist und deren Geschichte mehr oder weniger authentisch von Mary Shelley aufgezeichnet worden war.  Die Kreatur bittet Phantom um Hilfe.

Zunächst ist aber fraglich, ob der Besucher wirklich in friedlicher und ehrlicher Absicht gekommen ist. Kit Walker und noch mehr seine Unterstützer sind sich diesbezüglich nicht so sicher und so kommt es zunächst einmal zu einem Kampf zwischen dem riesigen Wesen und dem trainierten Kämpfer.

Spannende Story aus dem Jahr 2021, die serientypisch immer wieder auf die Vergangenheit Bezug nimmt und es somit auch Neueinsteiger*innen erlaubt, sich schnell zurechtzufinden. Geschickt werden Pulp-Elemente, Heldenmomente, Schauerromantik und moderne Gepflogenheiten verwoben und somit sowohl alte Erwartungen als auch neue Anforderungen an zeitgemäße Comicliteratur befriedigt! Teil zwei ist für das nächste Heft angekündigt.

Illustration Phantom

Friede auf Erden

Neben einer aktuellen Story wird es jeweils einen Beitrag in der Rubrik Phantom Classics geben. Den Anfang macht Das Geheimnis der Fischmenschen von 1997. Auch hier ist ein kräftiger Science-Fiction-Einschlag deutlich zu spüren. Um Bangalla ist alles friedlich, Tiere und Menschen leben in tiefer Harmonie, und Gewalt ist vollständig verbannt. Gewährleistet wird das unter anderem dadurch, dass das Volk der Mori andere, vorher von der Jagd lebende Völker sowie Raubtiere mit Fischen versorgt und so vom Töten abhält. Wir ignorieren dabei einfach mal die Tatsache, dass das Töten von Fischen keine Beeinträchtigung des Paradieses darstellt.

Eines Tages jedoch scheint alles in Gefahr, denn die Mori weigern sich, weiterhin auf Fischfang zu gehen und Phantom muss eingreifen. Abgesehen von der eben bereits aufgeworfenen Fragestellung ein perfektes Beispiel wie sich paternalistische Europäer und Amerikaner ein paradiesisches Leben unter Indigenen vorstellen. Die Geschichte ist sicherlich von dieser Warte aus heute alles andere als zeitgemäß, dient aber als klassisches Beispiel für die Vorstellung von „Frieden“ und „Güte“. Zeichnerisch und dramaturgisch ist dem Strip anzumerken, dass er ursprünglich als Tagestreifen konzipiert worden ist.

Logo Das Phantom

Die Wertung

Schön, dass der maskierte Geist seinen Weg zurück auf den deutschen Comicmarkt gefunden hat! Gerade die Kombination aus Klassikern und modernen Geschichten zeigt die Vielseitigkeit und Entwicklung des Comics und bietet Phans dadurch eine gute Mischung. Vom Layout her vermag die Zeitschrift zu gefallen und das Poster im Mittelteil weckt Erinnerungen.

Zwei Kleinigkeiten wären aber auf jeden Fall noch verbesserungsfähig: Zum einen sollte die Rückseite des Posters nicht mit der fortlaufenden Geschichte bedruckt sein. Wenn es nämlich tatsächlich aufgehängt würde, wäre der Comic nicht mehr komplett lesbar. Zum anderen gehört es heute eigentlich zum guten Ton, bibliografische Angaben zu Originalveröffentlichung und allen beteiligten Künstler*innen abzudrucken.

Ansonsten bleibt nur, dem Versuch von zwei Herren, mit Zauberstern Comics einen neuen Verlag zu gründen und das Phantom zurück an die Kioske zu bringen, viel Glück zu wünschen! comix-online drückt die Daumen.

Dazu passen Die Toten Hosen mit „Alle sagen das“ und ein kühles Kingfisher.

© der Abbildungen 1997, 2021 by King Features Syndicate, Inc TM Hearst Holdings, Inc. & Frew Comics / Zauberstern Comics

Brandon Sandersons Weisser Sand

Eine Graphic Novel aus dem Kosmeer

Story: Ric Hoskin, Isaac Stewart nach Brandon Sanderson
Zeichnungen: 
Julius Gopez, Nabetse Zitro, Justyna Gil, Ben McSweeney, Dan dos Santos
Originaltitel: 
White Sand ™ A Cosmere® Graphic Novel

Panini Comics

Broschur | 192 Seiten | Farbe | 24 €
ISBN: 978-3-7416- 2290-8

Cover Brandon Sandersons Weisser Sand

Neue Welten für ein Fantasy-Abenteuer zu kreieren ist gar nicht so einfach. Brandon Sanderson beschreibt in der Einleitung seine ersten Versuche und seine Schwierigkeiten, seinen Erfindungsgeist weg von den eingefahrenen Pfaden Arrakis oder Tatooine zu lenken. Glücklicherweise ist es ihm aber gelungen und Weisser Sand ist kein Klon einer schon existierenden Saga.

Die Sandmeister

Der Planet Taldain hat wie unser Mond eine Tag- und eine Nachtseite. Zwischen den beiden Hälften findet nur wenig Austausch statt, Religionen und Herrschaftssysteme sind jeweils auf ihren Bereich beschränkt. Auf der Tagseite lebt die Kaste der sogenannten Sandmeister. Sie sind in der Lage, eines oder mehrere sogenannte Sandbänder zu erschaffen. Sie bringen Sand dazu, sich in bestimmter Weise zu bewegen und können dadurch sich selbst oder andere durch die Luft transportieren, Gefahren abwehren oder etwa den Sand wie ein Lasso oder eine Peitsche benutzen. Sie sind hierarchisch strukturiert und vergeben jährlich nach Training und Prüfungen neue Ränge.

Weisser Sand page 25

Kenton ist ein junger Sandmeister, der nicht mit allen Traditionen seiner Mistreiter konform geht. Überdies kann er nur ein Sandband kontrollieren, dieses allerdings besser und schneller als alle anderen. Sein Vater ist Fürst-Mastrell, also Anführer der Sandmeister, und weigert sich beharrlich, Kenton den Rang des Mastrells zu übertragen. Aus lauter Frust wagt Kenton eine gefährliche Prüfung. Neben der reinen Stärke geht es auch um Macht, Verantwortung und Ränkespiele.

Parallel ist eine Truppe von Dunkelseiter*innen unter Führung von Herzogin Khrissalla unterwegs auf der Tagseite. Sie glauben, dass allein Sandmeister ihnen noch im Kampf gegen die drohende Vernichtung ihres Reiches helfen können. Obwohl sie feststellen, dass es anscheinend mehr Austausch zwischen den Seiten gibt als gedacht, stellt ihre Sprache doch ein großes Hindernis dar. Werden sie sich verständlich machen können und Hilfe finden?

Weisser Sand page 15

Emotionen, Kampf und Blut in Serie

Comics aus dem Hause Dynamite sind teilweise etwas neben dem Mainstream. Einerseits werden hier Serien wie 007 und Vampirella veröffentlicht, andererseits gibt es auch durchaus härtere Kost wie z.B. The Boys. Brandon Sandersons Weisser Sand ist im Spektrum Teen+ angesiedelt und damit fast schon im Nachmittagsprogramm anzutreffen. Julius Gopez setzt die Story in sehr detaillierten Bildern um. Das Layout erinnert dabei teilweise an Salzkristalle!

Tiefe wird hauptsächlich durch Schraffuren erreicht, was für die aktuelle Zeichenkunst in den Heftchen eher ungewöhnlich ist. Dadurch wird eine gewisse Unruhe erzeugt. Daneben nehmen die feinen Linien aber auch Schärfe aus dem Spiel und simulieren eine ganz eigene Stimmung, die insbesondere die Szenen in der Wüste deutlich glaubwürdiger macht.

Weisser Sand page 34

Eine neue Welt

Taldain hat das Zeug zu einem Ort für viele weitere Geschichten. Der zugrundeliegende, bisher unveröffentlichte Roman von Brandon Sanderson enthält alle Zutaten für ein großes Fantasyepos: politische Ränkeschmiede, Gefahr, junge Menschen, die an den Traditionen rütteln und nicht zuletzt Kämpfe gegen schier übermächtige Gegner*innen. In mehreren Einschüben wird die Welt, ihre Gilden, die Währung etc erklärt. Damit wird vieles an sonst notwendigen Erklärungen aus der Handlung herausgezogen und behindert somit den Erzählfluss nicht.

Natürlich fühlt man sich hier und da an andere Epen erinnert, da die Anzahl der Grundmotive nun einmal begrenzt ist. Da zumindest ich aber nie das Gefühl hatte, eine Kopie vorgesetzt zu bekommen, stört das keinesfalls. Sanderson beweist, dass sein Kosmeer groß genug für mehrere Serien ist und sein eigenständiges Werk sich nicht hinter der Vollendung des Jordanschen Rad der Zeit verstecken muss. Tipp für alle, die eine spannende neue Welt und neue Fähigkeiten kennen lernen wollen. Im Original liegen bereits zwei weitere Bände vor.

Cover Brandon Sandersons Weisser Sand HC
Cover der Vorzugsausgabe

Dazu passen ein stilles, temperiertes Wasser (Viel trinken bei Hitze!) und The Molotovs!

© der Abbildungen 2022 by Dragonsteel Entertainment, LLC / Panini Verlags GmbH

Lee/Kirby – Avengers Vol. 1 1963 – 1965

Marvel Comics Library Avengers Vol. 1

Story: Stan Lee
Zeichnungen: 
Jack Kirby

Herausgeber: Kurt Busiek, Kevin Feige
Originalausgabe

Taschen Verlag

Hardcover XXL | 630 Seiten | Farbe | 150,00 €

Nummerierte Erstauflage von 5000 Exemplaren

ISBN: 978-3-8365-8234-6

Cover Lee/Kirby – Avengers Vol. 1 1963 - 1965

Taschen lässt nicht locker! Wie angekündigt, ist vor kurzem ein weiterer XXL-Band aus der Marvel Comics Library erschienen. Präsentiert werden im Coffee-Table-Format die ersten zwei Jahre der Avengers, die in ihren frühen deutschen Ausgaben noch „Die Rächer“ hießen. Was damals auf holzigem Papier für den amerikanischen Massenmarkt publiziert wurde, ließ viele Details der Zeichnungen untergehen. Nun gibt es die Möglichkeit, die ersten 20 Ausgaben in einer wohlfeilen Ausgabe zu genießen.

Avengers, assemble!

Wie schon bei der Neuausgabe der ersten Spider-Man Stories gibt es auch hier zunächst eine Einführung eines Fachmannes: Kurt Busiek. Kurt ist seit 40 Jahren erfolgreicher Autor von Comics, unter anderem für Marvel. Marvel war 1963 bereits ein sehr erfolgreicher Verlag, der seine Anfänge als Timely weit hinter sich gelassen hatte und mit DC auf Augenhöhe war. Die Konkurrenz unter den Verlagen war allerdings mörderisch, erfolgreiche Titel wurden gnadenlos kopiert, erfolglose eingestellt. Die Superhelden waren nicht mehr so erfolgreich wie früher, schickten sich aber an, in das Silver-Age zu gehen. Marvel hatte mit seinem eigenen Stil, seiner Jugendlichkeit wie etwa bei Spider-Man schon einige Erfolge erzielt. DC konnte aber mit einem sehr erfolgreichen Titel mit einem Team von Helden punkten.

Lee/Kirby – Avengers Vol. 1 1963 - 1965 Limitierung
limitiert auf 5000 Exemplare

Auch Stan Lee hatte mit den Fantastic Four eine erfolgreiche Marke, es fehlte aber ein Comic, der existierende Einzelheld*innen vereinen würde und somit bestenfalls zu gegenseitigem Upsell führen würde. Lee war für die Ideen zuständig und Jack Kirby sollte trotz seiner hohen Auslastung die Zeichnungen übernehmen. Was also lag näher als Held*innen zu vereinen, die der Künstler sowieso schon zeichnete? Keine Einarbeitung nötig, Plots waren bereits vor der Umsetzung bekannt und die Kontinuität konnte somit störungsfrei gewährleistet werden.

Abgesehen von dieser hilfreichen Komponente entwickelten die Avengers aber sehr schnell ganz eigene Beiträge zu diesem Team-Genre. Zunächst einmal waren nicht alle Mitglieder „gut“. Insbesondere Hulk, der zur Startformation gehörte, war eher unkontrolliert und gewalttätig. Und der Ton der Recken untereinander war nicht immer freundlich. Eine weitere Überraschung kam schon mit der zweiten Ausgabe, denn das Team war variabel. Mitglieder konnten ausscheiden, sich gar gegen das alte Team stellen. Als dann auch noch der re-aktivierte Captain America ab der Nummer 4 mitmachen durfte, standen dem potenziellen Erfolg alle Türen offen.

Lee/Kirby – Avengers Vol. 1 1963 - 1965 Detail vol 1 page 1

Nuff said

Und noch ein weiterer Punkt war nicht unbedingt üblich: Die anderen Teams kannten ihre Geheimidentitäten und waren eine mehr oder minder glückliche Art von Familie. Die Avengers aber trafen sich im Gebäude von Tony Stark, ohne zu wissen, dass dieser in seiner Identität als Iron Man mit am Tisch saß. Aus heutiger Sicht gibt es allerdings auch eine Bemerkung zu machen: Wir kennen Thor, Ant Man, Hulk und Iron Man als die erste Besetzung, die ebenfalls dazugehörende Wasp wird gerne verschwiegen!

Die meisten Leser*innen dieser Rezension dürften den Auftritt damals allerdings verpasst haben. Es gab zwar 1974 eine deutsche Ausgabe im Williams Verlag, viele der Hintergründe fehlten hier aber und es wurden auch nicht alle Serien, zudem nicht in der richtigen zeitlichen Einordnung veröffentlicht. Nicht zuletzt waren die Übersetzungen nicht immer glücklich. Und so dürfen wir hier natürlich auch lesen, dass der sagenhafte Nuff gar kein Kerl war, sondern nur ein Slangausdruck!

Die XXL-Library bietet nun die Möglichkeit, die ersten beiden Jahre am Stück im Original zu verfolgen. Wer jetzt stutzt, der/dem sei gesagt, dass sowohl der einführende Text als auch die Comics weltweit in einer einzigen, auf 5000 Stück limitierten Ausgabe, und damit zwangsläufig auf Englisch erscheinen. Es werden aber tatsächlich die kompletten Hefte faksimiliert, also inklusive der Werbeanzeigen, die für sich selbst schon ein witziges Stück Zeitgeschichte sind.

Lee/Kirby – Avengers Vol. 1 1963 - 1965 Detail vol 1 page 2

Vengeance is ours!

Es bleibt jeder/m selbst überlassen, ob er/sie die Avengers für die mächtigsten (Super)-Held*innen der Welt hält. Sie waren auf jeden Fall ein einzigartiges Team, das schon früh seine eigenen Feind*innen hatte, die einzeln oder als Team teilweise auch einfach nur Lust auf eine ordentliche Prügelei hatten.  Während heute vieler der Stories, insbesondere die großen Events, mit sehr viel Pathos aufgeladen sind, war damals viel mehr Humor im Spiel.

Zudem sind – zumindest für mich – die von Jack Kirby gezeichneten Held*innen genau diejenigen, die ich immer noch suche, wenn ich ein Marvel-Heft öffne. Natürlich ist heute alles viel diverser, korrekter und multidimensionaler. Der Reiz des „Neuen“, Unbekannten, sehnsüchtig Erwarteten war damals aber größer!

Lee/Kirby – Avengers Vol. 1 1963 - 1965 Detail vol 19

Die letzte enthaltene Nummer hat dabei noch ein besonderes Schmankerl bereit, wird sie doch von keinem geringeren als dem „großartigen Wallace Wood“ geinkt!

Must Have für den Marvel Fan

Marvel, das House of Wonder, hat sich immer wieder neu erfunden. Das aktuelle MCU sorgt für einen Blockbuster nach dem nächsten und hat als Teil der Streaming Plattform Disney+ erneut ganz eigene, neue Maßstäbe gesetzt. Die Anfänge aber, ohne die alles nicht möglich gewesen wäre, liegen in der Neudefinition des in die Jahre gekommenen Konzeptes von Super-Held*innen zu Beginn der 60-er Jahre. Ansonsten hätte das Genre vielleicht das Schicksal so vieler Spielarten geteilt: Wer kennt heute denn noch amerikanische Westerncomics, Romance-Titel oder Kriegsgeschichten?

Wer verstehen möchte, wie alles begann, wer das kongeniale Zusammenspiel von Stan Lee und Jack Kirby erleben möchte, der muss in die Vergangenheit eintauchen. Was gäbe es Besseres als eine Sammlung, die alle Details zugänglich macht, die eine historische Einordnung aus erster Hand bietet, und zudem noch einen sichtbaren Ehrenplatz im Regal genauso selbstverständlich ausfüllt wie die Ablage auf einem Tisch für alle Gäste. Eine Bibliothek der Superlative im XXL-Format.

Lee/Kirby – Avengers Vol. 1 1963 - 1965 Trenner
riesige Abbildungen

Dazu passen Mike Oldfield und „Tubular Bells“ sowie ein klassischer Coktail: Whiskey Sour.

© der Abbildungen 2022 Marvel / 2022 Taschen Verlag

Blees – Lee Falks Phantom

Texte zur Graphischen Literatur Band 5 – Der ultimative Wegweiser durch den Dschungel der deutschsprachigen Veröffentlichungen

Cover Klees - Phantom
Cover und Beilage der VZA

Autor: Christian Blees

Herausgeber: Volker Hamann und Matthias Hofmann
Verlag Volker Hamann, Edition Alfons
Broschur | 240 Seiten | Farbe | 29,95 €
ISBN: 978-3-946266-35-8

Die Texte zur Graphischen Literatur ergänzen das Programm der Edition Alfons seit einiger Zeit. Während das Alfonz seit 10 Jahren (Herzlichen Glückwunsch an dieser Stelle!) die aktuelle Information in Form von Marktübersichten, News, Besprechungen und Leseproben abdeckt, liefert die Reddition themenspezifisch vertiefte Information aus vielen Blickwinkeln. Im Mittelpunkt können dabei Kategorien (wie etwa Musik), Stilrichtungen (z. B. Zeitungsstrips) oder Serien stehen. Die aktuelle Nummer behandelt etwa André-Paul Duchâteau (Besprechung folgt). Daneben gibt es deutlich längere Abhandlungen über einen klassischen deutschen Comic, Hugo Pratt und die Geschichte des deutschen Schwermetall. Nun also alles über den wandelnden Geist und seine deutschen Auftritte.

Das Phantom – ein etwas anderer amerikanischer Held

Am 17. Februar 1936 tauchte das Phantom erstmals auf den Seiten einer Tageszeitung auf, die Geschichte begann ihren Lauf zu nehmen. Das Phantom war ein maskierter Held, er hatte aber keine Superkräfte. Er lebte im Dschungel, war aber kein Tarzan-Klon. Er bekämpfte das Böse und war doch auf eine Familie angewiesen. Er galt als unsterblich und war doch „nur“ ein Familienunternehmen, in dem die Rolle vom Vater auf den Sohn übertragen wurde. Kurzum, das Phantom war ein durchaus eigenständiger Charakter.

Klees - Phantom page 6

Christian Blees beschreibt sehr ausführlich die Geschichte dieses Helden, die Entwicklung über die verschiedenen Tagesstreifen-Abenteuer und später auch Sonntagsseiten hinweg und erklärt, welche Faszination auf die von Lee Falk erfundene und weiterentwickelte Figur zurückzuführen ist, und was eher aufgrund der Zeichnungen der unterschiedlichen Künstler passiert. Er arbeitet dabei die Unterschiede zwischen Ray Moore, Wilson McCoy und Sy Barry genauso verständlich aus wie die späteren amerikanischen Linien.

Der Hauptteil der Arbeit liegt aber auf der deutschen Veröffentlichungsgeschichte. Es begann mit dem Phantom-Heft im Aller Verlag und setzte sich im Buntes Allerlei fort. Danach durften Semic und Moewig ran bevor die große Zeit von Bastei begann. Mit insgesamt zwei „Alben“-Serien und zwei Taschenbuchreihen beglückte der Verlag seine deutschen Leser*innen zwischen 1974 und 1984. Leider zerschnippelte man dort Originale und kürzte, ergänzte oder verfälschte munter drauf los. Wer wissen will, welche Stories (auch mehrfach unterschiedlich) welche Unterschiede zum Original aufweisen, kann sich ab jetzt in dem Werk von Blees informieren!

Klees - Phantom page 56

Das europäische Phantom

Es gab aber neben dem amerikanischen Material auch in Lizenz hergestellte europäische Stories. Zunächst kamen sie aus Italien, später aus Schweden und auch aus Deutschland (zumindest die Szenarien, die Zeichnungen kamen entweder aus Spanien oder aus Italien). Da es passieren konnte, dass eine Originalstory adaptiert worden war und diese Adaption erneut Basis für eine solche war, konnte es vorkommen, dass die gleiche Geschichte dreimal den Weg nach Deutschland fand. Auch dafür bieten die 20 akribisch zusammengestellten Tabellen von Blees Orientierungshilfe.

Dazu kommt eine große Menge an Illustrationen und immer wieder eingestreute Lesetipps mit Hinweisen, warum eine bestimmte Geschichte „besonders“ ist. Das kann auf eine besonders krude Bearbeitung hindeuten, kann aber auch auf eine für einen Zeichner typische Leistung hinweisen. Auch hierbei gab es durchaus Unterschiede. Dank der von Blees zusammengetragenen Ergebnisse sind aber nur noch wenige Fragen über die Herkunft der einzelnen Stories offen!

Klees - Phantom page 206

Für wen lohnt sich der Band?

Nun ja, auf alle Fälle für alle Fans des Dschungelhelden! Nirgendwo findet man eine auch nur annähernd vergleichbare Information, was wann wo veröffentlicht worden ist und worauf beruht. Zudem ist der Band auch eine sehr gute Übersicht über die verschiedenen Handlungsstränge und vor allem auch Unterschiede über die Jahre hinweg. Da das Phantom gerade von zwei deutschen Verlagen „wiederentdeckt“ worden ist und mit neuen Reihen an den Start geht, ist davon auszugehen, dass es immer noch genügend „Phans“ gibt.

Außerdem ist es ein gut lesbares, mit Herzblut zusammengestelltes Werk, das die deutsche Comicgeschichte wieder ein kleines bisschen mehr erhellt und wegen der vielen persönlichen Informationen von Künstlern aber auch Aktiven aus der Bastei-Zeit zu empfehlen ist.

Dazu passen David Bowie als Ziggy Stardust und ein kräftiges Bockbier.

© der Abbildungen 2022 by Christian Blees / Edition Alfons / Phantom © 2022 King Features Syndicate Division, Hearst Holdings, Inc/Distr. Bulls

Will Eisner  – Das Komplott

Die wahre Geschichte der Protokolle der Weisen von Zion

Story: Will Eisner mit einer Einführung von Umberto Eco

Zeichnungen: Will Eisner

Originaltitel: The Plot: The Secret Story of The Protocols of the Elders of Zion

Carlsen Comics
Softcover | 152 Seiten | s/w | 15,00 €
ISBN: 
978-3-551-72696-4

Cover Eisner - Das Komplott

Will Eisner gilt als der Vater der Graphic Novel. Seinen ersten Mega-Erfolg hatte er mit der wöchentlichen Beilage THE SPIRIT, einem kompletten Comic-Supplement, das von vielen Zeitungen lizenziert war. Schon hier hatte er Grenzen des Mediums neu gesetzt. Nach einer jahrelangen Pause hatte er dann erneut Neuland betreten: der amerikanische Markt war von Heftchen dominiert, Eisner dagegen wollte Geschichten erzählen. Die Graphic Novel war geboren. Mehr dazu in dem lesenswerten Band von Alexander Braun. Das Komplott ist das letzte abgeschlossene Werk des Meisters und war ihm eine Herzensangelegenheit.

Wie kämpft man gegen Verleumdung?

Antisemitismus ist zwar leider immer noch ein aktuelles Problem, hat aber eine lange Geschichte. Es gibt und gab viele Ursachen für diese Geisteshaltung: Neid, übersteigerter Nationalismus, Raffgier aber auch das Bedürfnis, einen Sündenbock nutzen zu können. Eines der perfidesten Mittel zur angeblichen Begründung dieses Hasses auf Menschen mit jüdischen Vorfahren sind die angeblichen Protokolle der Weisen von Zion. Man weiß seit mehr als 100 Jahren, dass dieses Machwerk eine plumpe Fälschung ist und genauso lange wird es immer wieder veröffentlicht, benutzt und – vor allem – geglaubt.

detail out of Eisner - Das Komplott 3

Will Eisner hatte die Hoffnung, dass wenn er mit seiner Reputation eine Graphic Novel über das Thema schreiben würde, mehr Menschen damit erreicht werden könnten, als mit noch einem wissenschaftlichen Artikel. Er hat alle seine Kunstfertigkeit aufgeboten, das Thema darzustellen. Er fängt dabei mit der Vorgeschichte an: Während der Herrschaft Napoleon III. war eine direkte Kritik an ihm nicht möglich. Maurice Joly verfasste daher 1864 „die Gespräche in der Unterwelt zwischen Machiavelli und Montesquieu“ um verklausuliert die Diktatur an den Pranger zu stellen. Dieses Werk wurde später ziemlich dreist kopiert mit den sogenannten Weisen von Zion in der Rolle der Bösen.

Es sollte 1898 zunächst dazu dienen, den Zaren Nikolaus II. davon abzubringen, zu liberale Ideen zu unterstützen, diente nach der russischen Revolution dann den konterrevolutionären „weißen“ Truppen in der Propaganda gegen die sog. „jüdisch-bolschewistische Weltverschwörung“ und Hitler als Quelle bei der Verfassung von „Mein Kampf“. Unzählige politische Strömungen haben seitdem und immer noch die „Protokolle“ neu veröffentlicht.

Eisner, amerikanischer Jude mit österreichischen Wurzeln, beschreibt aber auch den Kampf um die Wahrheit. Spätestens 1920 war nach einem Artikel in der Times klar, dass die Protokolle eine Fälschung waren. Das Original war bekannt, der Name des Fälschers und seine Auftraggeber. Auch in der Graphic Novel werden die Originaltexte und die Kopien gegenübergestellt, um den Leserinnen zu erlauben, die Behauptungen nachzuvollziehen. Leider haben aber Hass und eigene Überhöhung eine sehr große Widerstandsfähigkeit gegenüber der Wahrheit.

detail out of Eisner - Das Komplott 2

Informationsvermittlung anhand von Zeichnungen

Das Komplott ist schon fast ein „Sachcomic“. Es geht darum, Wissen zu vermitteln, Quellen nachvollziehbar auszulegen und Lügen als solche kenntlich zu machen. Das ist intellektuell schon eine Herausforderung, wird hier aber noch verschärft durch die Notwendigkeit, alles grafisch darzustellen. Eisner gelingt es, seine Figuren „leben“ zu lassen. Ihre Emotionen sind deutlich und Theorie wird dadurch erlebbarer.

Natürlich muss auch viel Information dargestellt werden: viele Zeitschriftenartikel sind wiedergegeben und die Gegenüberstellungen der Originaltete mit den Kopien nehmen viele Seiten in Anspruch. Selbst hier schafft es der Künstler aber, die Information spannend und passend einzurahmen und Leser*innen bei der Stange zu halten. 2005 war dieses Buch erstmals auf Deutsch erschienen, jetzt liegt es endlich wieder vor, zudem als preiswertes Paperback!

detail out of Eisner - Das Komplott 1

Gegen Fake News hilft nur Bildung

Eine kurze Recherche führt zu Tage, dass auch heute die sog. Protokolle leicht bestellbar sind. Umso wichtiger ist es daher, der Hasspropaganda etwas entgegenzusetzen. Für mich gehört diese Graphic Novel von Will Eisner in den Pflichtkanon jede*s Comicleser*in: Nicht nur wegen des Inhalts, sondern auch als Beispiel, wie man Informationsvermittlung und Kunst kombinieren kann.

Das Komplott eignet sich in dieser Ausgabe aber auch als Schullektüre: Der Preis ist angemessen, Taschengeldtauglich und die beigefügten Texte von Umberto Eco und anderen erlauben eine noch bessere Einordnung. Wer sich bei dem Band über Beate und Serge Klarsfeld gefragt hat, wie Nazis eine solch menschenverachtende Ideologie definieren konnten, findet hier einen Teil der Begründung. Must have!

Dazu passen ein starker Kaffee sowie Esther Bejarano & Coincidence mit „Mir lebn ejbig“!

© der Abbildungen 2005 by the Estate of Will Eisner / Carlsen Verlag GmbH Hamburg 2022

Browne – Hägar Gesammelte Chroniken 1973

Alle Tages- und Sonntagsstreifen

Text und Zeichnungen: Dik Browne

Originaltitel: Hagar the Horrible 1973

All Verlag

Hardcover Querformat | 208 Seiten | Schwarz-Weiß | 19,80 € |

ISBN: 978-3-96804-114-8

Cover Hägar Gesamtausgabe 1973

Als Hägar der Schreckliche im Februar 1973 erstmals veröffentlicht wurde, war es der erfolgreichste Start eines Zeitungsstrips überhaupt. Auch heute noch ist der Strip über den gutmütigsten Barbaren der Welt, der mittlerweile von dem dritten Browne verantwortet wird, der in Deutschland meistverbreitete. Der All Verlag von Ansgar Lüttgenau wagt nun den Schritt in das quasi Geschenkbuchsegment und bringt alle Bände der Gesammelten Chroniken, die jeweils ein Jahr umfassen. Mehr zu Zeitungscomics bei der Reddition 71.

Eine typische Familie

Hägar ist zwar einerseits ein typischer Wikinger, der mit seinen Mannen Burgen und fremde Länder wir England oder Italien überfällt. Aus diesem Zusammenhang entstehen immer wieder Strips, die neben dem auf Hand liegenden Urlaub an den Beginn eines Sales erinnern oder den unerwünschten Besuch entfernter Verwandter. Auch die Verpflegung auf See („Schon wieder Fisch?“) und die Standhaftigkeit angesichts einer feindlichen Übermacht bieten Anlass für viele Tageserzählungen.

Hägar 1973 page 42

Hauptsächlich aber ist Hägar Ehemann und Familienvater. Die Beute, die er seiner Helga von den Raubzügen mitbringt, trifft selten ihren Geschmack. Der Sohn Hamlet ist völlig missraten, wäscht er sich doch gerne und liest Bücher. Die Tochter Honi macht keine Anstalten, sich einen guten Schwiegersohn zuzulegen, sondern trifft sich mit dem Looser Lute, einem Musiker.

Dadurch wird Hägar zu einem Abbild der Wirklichkeit. Jede*r kennt die Archetypen, wenn auch nicht aus dem eigenen Kreis so doch zu mindestens vom Hörensagen. Gleichzeitig ist aber die Verfremdung mit der zeitlichen Verpflanzung zu den Wikingern ein Schutz, der „Lachen ohne Reue“ ermöglicht.

Hägar 1973 page 43

Die Reduktion auf das Wesentliche

Zeitungsstrips müssen sich aus zwei Gründen auf das Wesentliche konzentrieren: Unter der Woche steht nur ein Streifen zur Verfügung der aus ein bis drei, im Extremfall vier Panels besteht. Es bleibt daher wenig Zeit, die Pointe vorzubereiten. Zumal ist (war) der Zeitungsdruck nicht dazu gemacht, Feinheiten zu präsentieren: dickes, saugendes Papier macht filigrane Linien fast unmöglich. Es kommt daher darauf an, erkennbar zu sein! Gerade am Anfang dieser Kunstform waren die Leser*innen zudem oftmals nur rudimentär in der Lage, Text zu lesen, das Bildwerk musste also zur Not allein bestehen können.

Dik Browne arbeitet mit groben Schraffuren, einfachen Formen und klaren Linien. Nicht zuletzt die Knollennasen und die unterschiedliche Kleidung machen die Personen zu einfach wiedererkennbaren Unikaten. Die Emotionen stehen den Handelnden „ins Gesicht geschrieben“ und erfordern kein Textverständnis und die stetig wiederkehrenden Themen sind Allgemeingut. Unter den aktuellen Zeitungsstrips versteht es kaum ein anderer, diese Kombination so prägnant auf das Papier zu bekommen.

Hägar 1973 page 44

Ein liebevoll präsentierter Klassiker

Ursprünglich für den schnellen Einmalkonsum kreiert, erfreuen sich Zeitungsstrips mittlerweile einer großen Fangemeinde, die die Geschichten auch gerne wiederholt und gesammelt genießen möchte. Themen- und Jahresbände haben daher schon seit längerem Konjunktur. Zudem eignen sie sich als Mitbringsel: Niemand wird sich zumindest ein Lächeln verkneifen können, wenn er/sie nach dem Auspacken auch nur einen kurzen Blick in das Innere wirft.

Für die Sammler*innen gibt es – wie immer beim All Verlag – auch hier eine auf 111 Exemplare limitierte Vorzugsausgabe mit beigefügtem ExLibris. Außerdem führt Stefan Schmatz mit zusätzlichen, teils farbigen Illustrationen ein in die Hintergründe der Serie und die deutsche Veröffentlichungsgeschichte.

Hägar 1973 VZA
Ex Libris der limitierten VZA

1973 begeisterten Suzi Quatro, The Sweet oder Albert Hammond. Außerdem wurde in diesem Jahr MezzoMix „erfunden“. Der Nostalgiefaktor kann also einfach bedient werden, auch wenn Häger eigentlich zeitlos ist.

© der Abbildungen 2022 King Features Syndicate, Inc./Distr. Bulls / 2022 All Verlag

Gratis Comic Tag 2022 – Comics für Kids

GCT 2022 zum Dritten – Comics für Kids – eine Übersicht

Endlich! Am Samstag, dem 14. Mai findet er wieder statt, der Gratis Comic Tag. Diese Händler machen mit und veranstalten zusätzlich teilweise noch Aktionen! Damit ihr euch bei der Vielzahl der angebotenen Comics ein wenig orientieren könnt, stellt comix-online einige der Titel etwas ausführlicher vor. Der zweite Teil beschäftigte sich mit Superheld*innen, Teil 1 stellte Fantasy-Titel vor. Haben wir nicht alle den Wunsch, dass unsere Kinder oder Enkel*innen auch Comics lesen sollten? Mit unseren Lieblingen können sie aber meistens nichts anfangen. Wie gut, dass es beim GCT gleich eine ganze Anzahl von neuen Comics gibt, die diese Zielgruppe speziell im Blick haben.

Blasco – Enola Holmes (toonfish)

Wir alle kennen Sherlock Holmes, einige vielleicht sogar noch seinen Bruder Mycroft. Das der Meisterdetektiv aber auch eine Schwester hatte, eben jene Enola, ist eher unbekannt. Zudem verhält sich die gute auch noch völlig rollenbildwidrig und verärgert damit ihre Brüder, die Angestellten, vor allem aber die Gute Gesellschaft. Starke Geschichte für kluge Mädchen, die sich nicht in eine rolle drängen lassen wollen. Ausführlicher Teaser aus Band 1.

Diverse – Star Wars – Die Hohe Republik (Panini Comics)

Star Wars ist ein Multispektakel. Der neueste Ableger sind die Geschichten aus der Zeit der Hohen Republik die zeitlich vor den ersten Kinofilmen spielen. Diese Zeit wird mit Comics und Romanen gleichermaßen erschlossen wobei es aus beiden Gattungen sowohl Bände für erwachsene als auch für jugendliche Leser*innen gibt. Sicherlich ein guter Einstieg für Kinder die in eine Star Wars Familie hineinwachsen!

Wellmann – Nika, Lotte, Mangold! (Rotopol)

Kinder lieben einen krakeligen Stil. Es muss nicht immer alles poliert und glatt sein! Thomas Wellmann zeichnet eher unordentlich und beschränkt sich auf das Wesentliche. Gut wiedererkennbare Figuren, überzeichnete Emotionen und viel Action. Wer die mittlerweile gut eingeführten Figuren noch nicht kennt erhält hier einen guten Einblick!

Härdtfeld – Goofy (Egmont Comic Collection)

Der liebevolle, tollpatschige Charakter hatte am 25. Mai 1932 seinen ersten Auftritt. Was liegt also näher, als den Geburtstag auch mit einem Heft zum GCT zu feiern! Goofy und Micky müssen ein langes Abenteuer in Form einer Queste überstehen. Erwachsene werden, die eine oder andere Anspielung entdecken, für Kinder ist es eine spannende und von Überraschungen geprägte Geschichte.

Goscinny/Attanasio – Spaghetti (All Verlag)

Goscinny hat nicht nur die nach Meinung vieler besten Asterix-geschichten getextet, sondern auch anderen Zeichnern perfekte Szenarien geliefert. Dazu gehört auch Signore Spaghetti der immer auf der Suche nach Arbeit ist und gut sein will, oft genug aber ausgebeutet oder getäuscht wird. Dazu passieren ihm immer wieder die seltsamsten Dinge. Hier wird er als Versuchskaninchen benutzt, um festzustellen, ob ein Stein wirklich Unglück bringt. Rasant!

Weing – Die geheimnisvollen Akten von Margo Maloo (Reprodukt)

Kleine Kinder fürchten Monster. Vielleicht liegt das aber auch daran, dass sie gar nicht genug Bescheid wissen über diese Wesen? Der kleine Charles, furchtsam, aber nicht mutlos, macht sich zusammen mit der Heldin Margo Maloo auf und begegnet Trollen, Ogern und Vampiren. Ein Höllenspaß der die Furcht nehmen kann!

Tan/Prickly – Die schreckliche Adele (Egmont Bäng Comics)

Auch hier darf man sich als erwachsener nicht von den Zeichnungen abschrecken lassen: zu große Köpfe, fratzenhafte Emotionen und nicht immer erwünschtes Benehmen zeichnen die Heldin der neuen Serie bei Bäng aus. In Frankreich ein Riesenerfolg, hier gerade gestartet. Viele kleine Episoden die von der Länge her eher Zeitungsstrips entsprechen.

Im Fantasy-Beitrag wurden bereits die anderen Comics für Kids besprochen: Die Fantasy-Reihe des Lustigen Taschenbuches und Die Abenteuer von Nilson Groundthumper und Hermy von Stan Sakay aus dem Dantes Verlag.

Dazu empfehle ich einen musikalischen Rutsch durch die Beiträge des diesjährigen ESC und einen Fruchtsaft Orangensaft/Ingwer!

© der Abbildungen 2022 Gratis Comic Tag und den jeweiligen Verlagen und Künstler*innen

Gratis Comic Tag 2022 – Superheld*innen

GCT 2022 zum Zweiten – Comics über Superheld*innen – eine Übersicht

Endlich! Am Samstag, dem 14. Mai findet er wieder statt, der Gratis Comic Tag. Diese Händler machen mit und veranstalten zusätzlich teilweise noch Aktionen! Damit ihr euch bei der Vielzahl der angebotenen Comics ein wenig orientieren könnt, stellt comix-online einige der Titel etwas ausführlicher vor. Dieser zweite Teil beschäftigt sich mit Superheld*innen, Teil 1 stellte Fantasy-Titel vor.

Vehlmann/Yoann – Superpage (Carlsen)

Den Anfang macht ein Held, der vom Alter her mit Supermann vergleichbar ist: Seit 1938 ist Spirou in seiner roten Pagenuniform das Maskottchen des gleichnamigen Wochenmagazins und erlebt seine Abenteuer mittlerweile in mehreren Reihen: Einer fortlaufenden Serie, einer Sammlung von One-Shots von unterschiedlichen Künstler*innen und mehreren lokalen Ablegern. Dazu gibt es auch noch die Jugendabenteuer. Die Superheldenverkleidung als Werbemaßnahme zur Ankurbelung des Absatzes der Umsätze war eigentlich nur als kleine Kurzgeschichte geplant.

Cover GCT 2022 Superpage

Mittlerweile ist das zweite Album mit Stories über Superpage erschienen. Das Heft zum GCT präsentiert eine überraschend erschreckende Begegnung mit dem Batguy und zwei Versuche, die eigene Identität der Presse preiszugeben. Plötzlich sind gleich zwei Superpagen unterwegs. Europäische, zudem frankobelgische Versuche mit Superheld*innen sind nicht einfach und in der Vergangenheit bereits oft gescheitert. Dieser konnte beim Publikum durchaus punkten.

Russel/Benjamin – Batman: Entbehrlich (Panini Comics)

Natürlich darf die Fledermaus auch als Original nicht fehlen! Wie üblich präsentiert Panini gleich eine ansprechende Mischung: Neben einer kompletten Story aus Gotham Nights mit dem Titel Entbehrlich werden zwei Mega-Events angeteasert, die das DC-Universum mal wieder umkrempeln werden: In Fear State – Stadt der Angst geht es darum, ob Gotham sich zum Polizeistaat entwickelt. Infinite Frontier dreht sich um das neue Verhältnis der Realitäten im Multiversum.

Cover GCT 2022 Batman

In den drei Geschichten/Leseproben erlebt Batman zunächst das Ende von Killer Moth, um dann in eine Auseinandersetzung mit Scarecrow und Mr. Saint zu geraten. Schließlich landet noch ein fremder Batman auf Erde 23. Die Justice Incarnation ist aufgerufen, das Rätsel zu lösen. Für alle Fans der Multispektakel!

Diverse – Dr. Strange (Panini Comics)

Marvel lässt sich schon seit längerer Zeit nicht mehr allein auf Comics reduzieren, das MCU (Marvel Cinematic Universum) mit allen offiziellen und inoffiziellen Serien und Filmen spielt mittlerweile eine mindestens ebenbürtige Rolle. So ist es fast schon logisch, dass die Marvel-Portion am diesjährigen GCT den Helden des aktuellen Blockbusters, Dr. Strange, präsentiert.

Cover GCT 2022 Dr. Strange

Das erste Abenteuer von 2016, Der Zauberlehrling, führt uns zurück zu den Anfängen der Ausbildung zum Magier. Dr. Stephen Strange muss lernen, sein altes Leben loszulassen, um Fortschritte machen zu können. Der Kreis wird geschlossen durch das erste Kapitel der Miniserie, die der Tod des Dr. Strange betitelt ist. Dazu kommt dann noch eine Kurzgeschichte aus der Origins-Abteilung: Venom. Für Einsteiger*innen gut geeignet.

Hartnell/Noto – Danger Girl: Viva Las Danger (Dani Books)

Dieser Comic passt nicht lupenrein in die Kategorie Superheld*innen, hat aber neben dem toughe-Girls-erledigen-unmögliche-Aufträge-Szenario eine magische Komponente und passt dadurch wieder ein wenig. Bei einem Danger Girl-Einsatz gelingt es Abbey Chase einen uralten Diamanten in ihren Besitz zu bekommen. Dieser wurde angeblich Prinz Akoo gestohlen und soll nun in Las Vegas zurückübereignet werden. Es scheint aber eine Verbindung zu altägyptischer Magie zu geben und schon stecken alle in großen Schwierigkeiten. Ein kompletter One-Shot für Fans von 3 Engel für Charlie!

Cover GCT 2022 Danger Girl

Dazu empfehle ich Billie Eilish mit „Bad Guy“ und einen Energydrink alter Schule: Orangensaft gemischt mit Grapefruit!

© der Abbildungen 2022 Gratis Comic Tag und den jeweiligen Verlagen und Künstler*innen

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